Als erster großer Sportbekleidungshersteller hat Nike die Produktion eines sportlichen Hijabs für muslimische Frauen angekündigt. Sportriese Nike trägt auf diese Weise dazu bei, dass die Entrechtung der Frauen in der muslimischen Welt für immer selbstverständlicher gehalten wird, findet hpd-Redakteurin Daniela Wakonigg.
Passend zum gestrigen Weltfrauentag gab es gute Neuigkeiten für muslimische Frauen. Nein, es ist nicht so, dass Frauen in Saudi-Arabien jetzt endlich Autofahren dürften. Und nein, sie sollten sich in Saudi-Arabien auch nach wie vor besser nicht vergewaltigen lassen, weil sie es sind, die dafür ins Gefängnis kommen, da sie ja außerehelichen Sex hatten. Es ist auch nicht so, dass sich Frauen nun im Iran ohne Kopftuch auf der Straße blicken lassen dürfen. Und nein, natürlich werden sie in islamischen Ländern, in denen die Scharia die Grundlage des Rechtssystems bildet, auch nicht als den Männern gleichberechtigte Wesen betrachtet. - Das wäre ja wohl noch schöner!
Nein, das alles ist nicht passiert. Die frohe Botschaft für muslimische Frauen kommt vom Sportbekleidungshersteller Nike: Ab 2018 gibt es endlich einen Sport-Hijab mit stylischem Nike-Aufdruck! Nachdem sich in den vergangenen Jahren nur kleinere Sporthersteller für dieses Special-Interest – Produkt interessierten, steigt nun mit Nike einer der weltweit führenden Sportbekleidungsspezialisten in das Geschäft mit den verschleierten Frauenköpfen ein.
Ein Jahr lang hat sich Nike mit der Entwicklung seines Sport-Hijabs Zeit gelassen. Der eingesetzte Stoff weist kleine Löcher auf, damit der Hijab atmungsaktiv ist, und die Länge ist genau so designt, dass bei sportlicher Aktivität nichts verrutscht und so – Gott bewahre – etwas von der mit dem Hijab verpackten Ware enthüllt würde.
"Na, das ist doch aber nett von Nike", wird jetzt der eine oder die andere sagen, "so können doch endlich auch muslimische Frauen vernünftige Sportklamotten tragen". Ja ja, gewiss. Und es gibt bestimmt auch einige muslimische Sportlerinnen, die sich gern verhüllen, weil sie konservative Auslegungen des Islam verinnerlicht haben und tatsächlich meinen, dass die Frau sich vor den stets lüsternen Blicken des ewig geilen Mannes verhüllen sollte. Nur: Was ist mit den anderen muslimischen Frauen?
Bei sportlichen Wettkämpfen ist muslimischen Athletinnen aus bestimmten Ländern eben nicht freigestellt, ob sie ihren Kopf bedecken wollen oder nicht. Ein Verhüllungszwang, der auf gesetzlicher oder gesellschaftlicher Ebene in vielen muslimischen Ländern für Frauen gilt. Die Verhüllung des weiblichen Körpers – in welchem Umfang auch immer - ist sichtbarer Ausdruck der Degradierung der Frau. Nicht umsonst zelebrieren Frauen in ehemaligen IS-Gebieten ihre Befreiung durch das Verbrennen ihrer Zwangsverschleierung und nicht umsonst setzt sich die iranische Frauenrechtsgruppe My Stealthy Freedom für ein Ende des Verschleierungszwangs ein.
Indem Verschleierungen wie der Hijab immer normaler im Alltag werden, tritt ein Abstumpfungseffekt ein und es macht sich eine Blindheit für die Hintergründe der Verhüllung breit. Mit seinem Sport-Hijab trägt auch Nike dazu bei, diesen Zustand voranzutreiben. Bei internationalen Wettkämpfen werden immer häufiger muslimische Sportlerinnen mit coolem Nike-Hijab zu sehen sein. Man wird sich an die stylische Kopfbedeckung mit Nike-Logo gewöhnen – so wie die eine Nike-Hosen trägt, trägt die andere eben einen Nike-Hijab. So what?
Es kann daher nicht oft genug darauf hingewiesen werden, dass die islamische Verschleierung – welchen Umfangs auch immer – eben kein normales Stück Kleidung ist. – Und da höre ich sie schon wieder, die Aufschreie: "Aber ich trage mein Kopftuch freiwillig!" und "Frauen das Kopftuch zu verbieten ist total unfeministisch!". Ich schlage deshalb einen Deal vor: Alle Frauen weltweit, die ihren Kopf oder Körper komplett nach vermeintlich islamischem Gebot freiwillig verhüllen wollen, dürfen das ohne wenn und aber tun. Im Gegenzug dürfen alle Frauen in muslimischen Ländern weltweit, die ihren Kopf oder Körper nicht freiwillig verhüllen, die Hülle ablegen und ein vollkommen selbst bestimmtes Leben führen – ohne dafür ins Gefängnis zu kommen oder ausgepeitscht zu werden, ohne von ihren Ehemännern oder männlichen Verwandten verprügelt oder von weiblichen Verwandten und Nachbarinnen als Huren beschimpft zu werden. Ich wage eine Prognose: Die Kopftuchindustrie würde weltweit herbe Verluste hinnehmen müssen.
11 Kommentare
Kommentare
libertador am Permanenter Link
"Indem Verschleierungen wie der Hijab immer normaler im Alltag werden, tritt ein Abstumpfungseffekt ein und es macht sich eine Blindheit für die Hintergründe der Verhüllung breit."
Ilse Rose am Permanenter Link
Mit Glaube und Aberglaube lässt sich gut Geld verdienen.
Kay Krause am Permanenter Link
Das kann man nicht einfach so stehen lassen, liebe Frau Rose:
Wer entscheidet, was "religiöser Glaube" ist und wo der "religiöse Aberglaube" beginnt?
Sie haben recht: mit beidem läßt sich das Volk gut einwickeln, läßt sich gut verdienen.
Ich kann zwischen gläubigem Wahnsinn und abergläubigem Wahnsinn allerdings keinen Unterschied sehen, außer in der Popularität und in der Machtausübung.
Alexander von d... am Permanenter Link
Manchmal fragt man sich, warum sich so viele Menschen für Frauenrechte einsetzen, wenn dann im Endeffekt alles den Interessen weltweit agierender Konzerne geopfert wird.
Ursula Hollwedel am Permanenter Link
Stimmt das? Das habe ich bisher noch nirgends gelesen. Ich werde auf der homepage von Nike nachsehen. Wenn sich das bewahrheitet, werde ich mit Sicherheit kein Produkt dieser Firma mehr kaufen!
Michael am Permanenter Link
Die Marketing-Experten von Nike wissen genau, was sie tun.
Beim Verkauf von Sport-Hijabs mit stylischem Nike-Aufdruck geht es Ihnen nicht um Moral, sondern um Gewinnmaximierung.
kerstin erlewein am Permanenter Link
liebe daniela,
irgendwann wird es werbung auf den hijabs geben. wenn damit viel geld zu machen ist, wird das niemanden interessieren.
wenn angebliche feministinnen dann noch von "freiwillig" reden, ist auch der feminismus der postfaktischen zeit erlegen.
danke für den ernüchternden artikel.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Der Deal - eigentlich ganz einfach und plausibel.
Atheist Steinbrenner am Permanenter Link
Nachdem strenggläubige Muslime sowieso keine Nike Produkte tragen dürfen, da diese nach dem Namen einer anderen Göttin heissen: Nike, glaube ich nicht, dass sich die Produkte in Kreisen muslimischer Hardliner absetzen
angelika richter am Permanenter Link
Gut, dass das so in die Öffentlichkeit kommt.
Helene am Permanenter Link
Naja, vielleicht müssten wir den Schleier in Europa halt einfach wieder wie im 18-19. Jhr. mit "orientalischer Erotik" verbinden, um ihn unpopulär zu machen ;)