Bayerischer Verwaltungsgerichtshof entscheidet über Ungleichbehandlung von Weltanschauungs- und Religionsgemeinschaften

Klage gegen Privilegien der Kirchen

Am 30.05.17 wird vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH Bayern) die Klage des ersten Vorsitzenden des Bundes für Geistesfreiheit München (BfG München), Michael Wladarsch, verhandelt. Wladarsch weigert sich für die Räume seines Designbüros in der Georgenstraße, das gleichzeitig Sitz des BfG München ist, den Rundfunkbeitrag zu bezahlen.

Der Kläger verweist dabei auf Paragraf 5, Absatz 5, Nr.1 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages. Dort steht, dass für Betriebsstätten, die "gottesdienstlichen Zwecken gewidmet sind", kein Rundfunkbeitrag zu entrichten ist.

Vor knapp zwei Jahren wies das Verwaltungsgericht München die Klage Wladarschs gegen den Mahnbescheid der Gebühreneinzugsbehörde, den Bayerischen Rundfunk, ab, obwohl die Räume wie zuvor gefordert in einer 'religionstypischen' Zeremonie der Kirche des Fliegenden Spaghettimonster" geweiht worden waren und die Weltanschauungsgemeinschaft BfG München als Körperschaft des öffentlichen Rechts den Religionsgemeinschaften rechtlich gleichgestellt ist.

Was vor zwei Jahren als witzig satirische Aktion begann, wird jetzt vor dem VGH Bayern mit ernsthaftem Hintergrund neu verhandelt. Dabei geht es dem Kläger um die grundgesetzwidrige Ungleichbehandlung von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften. Der BfG München ist eine Weltanschauungsgemeinschaft, die sich an den Grundsätzen der Aufklärung und des Humanismus orientiert. Humanistische Werte, die ein friedvolles und tolerantes Zusammenleben der Menschen untereinander ermöglichen, werden seit vielen Jahren in den regelmäßigen Treffen der Mitglieder des BfG München, bei Feiern und Festlichkeiten in den Betriebsräumen des Klägers gelebt. Als erster Vorsitzender des BfG München nimmt der Kläger mit seiner Betriebsstätte somit mindestens eine vergleichbare Stellung wie ein christlicher Pfarrer ein, der in seiner Berufsausübung die Messe in der Kirche zelebriert, heißt es in der Klageschrift. 

Die öffentliche Verhandlung vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof am Dienstag, 30.05.2017 beginnt um 10.00 Uhr im Sitzungssaal 3 in der Ludwigstraße 23.

Wladarsch fordert daher die Gleichbehandlung von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften: "Es kann nicht sein, dass mit den Versammlungsräumen bzw. 'Kulträumen' des BfG München anders umgegangen wird wie mit den Betriebsräumen bzw. 'Kulträumen' eines christlichen Pfarrers. Denn das hieße ja, dass ein Pfarrer wegen seines Glaubens bevorzugt wird, ich hingegen mit meiner ethischen Weltanschauung diskriminiert werde." Der Vorsitzende des BfG München sieht sich dadurch in seinen Grundrechten verletzt und verweist dabei unter anderem auf Artikel 3, Absatz 3 GG. Dort steht, dass niemand wegen seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden darf.

Zudem möchte der Kläger juristisch klären lassen, was der Begriff 'gottesdienstlich' im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag bedeutet. Er möchte wissen, welcher Gott der richtige ist oder wie mit Weltanschauungsgemeinschaften ohne Gott zu verfahren ist: "Warum fallen in den Betriebsräumen der christlichen Kirchen keine Rundfunkbeiträge an, warum gelten die gleichen Privilegien nicht für eine humanistische Weltanschauungsgemeinschaft wie dem BfG München oder für die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters?" Wladarsch weiter: "Oder anders gefragt - was hat dieser rechtlich nicht definierte Paragraf und das damit verbundene Privileg von 'gottesdienstlich' genutzten Räumen in einem Staatsvertrag zwischen den Bundesländern zu suchen?"

Der BfG München-Vorsitzende betont: "Falls das Gericht die Klage abweist, werden wir die nächst höhere Instanz einschalten und, falls nötig, bis zum Europäischen Gerichtshof gehen." Angesichts des Urteils des Bundesverfassungsgerichts im vergangenen Jahr ist Wladarsch aber guter Dinge. Am 30.11.2016 erklärte das Gericht das Verbot der 'Münchener Heidenspaß-Party 2007' und die entsprechenden Bestimmungen des Bayerischen Feiertagsgesetzes für nichtig. Die Richter in Karlsruhe hatten entschieden, dass Artikel 5 des Gesetzes mit der Weltanschauungsfreiheit und der Versammlungsfreiheit nicht vereinbar ist. Damit folgte es einer Verfassungsbeschwerde des BfG München, der sich nach dem Verbot im Jahr 2007 durch alle Instanzen geklagt hatte. Zehn Jahre später, am Karfreitag, 14.04.17, konnte die Heidenspaß-Party endlich stattfinden.