Studie „Konfessionsfreie Identitäten“

Konfessionsfreie zeigen hohe Wertorientierung

Die von der Universität Innsbruck initiierte internationale Studie "Konfessionsfreie Identitäten" untersuchte die von Konfessionsfreien vertretenen Weltbilder. Sie attestiert Konfessionsfreien eine überdurchschnittlich hohe Wertorientierung und Sinnerfüllung.

Im E-Mail-Postfach von organisierten und nicht-organisierten Konfessionsfreien in Deutschland, Österreich und der Schweiz fand sich im Herbst 2016 eine Mail mit der Bitte, an einer Studie teilzunehmen. Prof. Dr. Tatjana Schnell, Professorin für Psychologie an der Universität Innsbruck, hatte sie gemeinsam mit KollegInnen aus den Niederlanden und Dänemark ins Leben gerufen, um einer Bevölkerungsgruppe auf den Zahn zu fühlen, die rasant wächst, von der wissenschaftlichen Forschung bisher jedoch weitgehend vernachlässigt wurde: die Konfessionsfreien.

"Welche Weltbilder vertreten sie, welche Erfahrungen machen sie? Gibt es andere, nicht-religiöse Organisationen, denen sie sich zugehörig fühlen? Unser Ziel ist es, mehr Wissen über die Vielfalt unserer Weltbilder zu gewinnen. Nur so können die unterschiedlichen Anliegen auch angemessen in der Gesellschaft Gehör finden."

So das 2016 angekündigte Ziel der Studie.

Bis Ende 2016 füllten 1833 Personen den nicht gerade kurzen Online-Fragebogen der WissenschaftlerInnen vollständig aus. Etwas mehr als ein Viertel von ihnen war Mitglied in einer Organisation, die sich für die Rechte von Konfessionsfreien einsetzt oder die eine nicht-religiöse Weltanschauung vertritt. Die meisten der StudienteilnehmerInnen bezeichneten sich selbst als "AtheistIn" (45%). 25% bezeichneten sich als "HumanistIn", 13% als AgnostikerIn und 9% als FreidenkerIn. Mitglied in einer säkularen Organisation waren 39% der HumanistInnen, 24% der FreidenkerInnen, 23% der AtheistInnen und 18% der AgnostikerInnen.

Nachdem die Daten der Studie ausgewertet und Anfang Juli auf einer Tagung mit WissenschaftlerInnen und RepräsentantInnen verschiedener säkularer Organisationen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz diskutiert und validiert wurden, veröffentlichte das Team um Tatjana Schnell in dieser Woche die zentralen Ergebnisse der Studie "Konfessionsfreie Identitäten".

Vor allem HumanistInnen aber auch AtheistInnen erleben laut Studie ihre Positionierung als identitätsstiftend. Die befragten Konfessionsfreien zeigten "eine hoch überdurchschnittliche Wertorientierung", zum Beispiel in Hinblick auf Toleranz, soziale Gerechtigkeit und achtsamen Umgang mit anderen Menschen. Auch die Sinnerfüllung war überdurchschnittlich hoch ausgeprägt. Wobei sich zeigte, dass je stärker die humanistische Orientierung und die Übernahme von Verantwortung für das eigene Leben ist, desto höher sind auch die Lebenszufriedenheit, das Glückserleben, die Sinnerfüllung sowie die seelische und körperliche Gesundheit. Auch Vergnügen und Spaß spielten bei den Befragten eine überdurchschnittlich wichtige Rolle.

Im Gegensatz zu Untersuchungen mit organisierten AtheistInnen aus den USA, die ein dogmatisches Festhalten an den eigenen Überzeugungen zeigten, war der Dogmatismus bei den befragten Konfessionsfreien im deutschsprachige Raum sehr niedrig ausgeprägt.

Da 82,5% der Teilnehmenden Deutsche waren und nur 15% ÖsterreicherInnen und 2,5% SchweizerInnen, treffen die Ergebnisse vor allem Aussagen über die Konfessionsfreien in Deutschland. 61% der Teilnehmenden waren männlich, 37% weiblich. Während Agnostizismus und Humanismus bei Frauen stärker ausgeprägt waren als bei Männern, wiesen Männer höhere Atheismuswerte auf als Frauen. Wie bei ähnlichen Studien im englischsprachigen Raum verorteten sich die befragten Konfessionsfreien politisch deutlich im linken Spektrum.

Die aktuell veröffentlichten zentralen Ergebnisse der Studie "Konfessionsfreie Identitäten" basieren auf Befragungen im deutschsprachigen Raum. Ergebnisse für die niederländische Befragung wurden noch nicht veröffentlicht. Weitere Untersuchungen in Dänemark und Luxemburg sind für das kommende Jahr geplant.