Mit seinen Äußerungen zu Deutschlands Nazivergangenheit löste Alexander Gauland Empörung aus. Hamed Abdel-Samad, Politologe und Islamkritiker, kommentiert die Rede des AfD-Politikers.
Es gibt eine Menge worauf man in Deutschland stolz sein kann: Die Dichter und Philosophen, die Erfinder, der Wiederaufbau nach dem Krieg und das Wirtschaftswunder, die friedliche Wiedervereinigung. Auf das Grundgesetz und die Rechtsstaatlichkeit und darauf, dass Deutschland immer weltoffener und immer beliebter in der Welt wird. Aber dass manche all das ignorieren und ausgerechnet auf die Wehrmacht stolz sein wollen, kann ich nicht verstehen.
Menschen, die ihre Identität in erster Linie in Abgrenzung zu anderen verstehen, haben keine Identität, sondern diese Identität hat sie. Solche Menschen haben keine Gedanken, sondern sind von einem Gedanken besessen. Das gilt für alle Fanatiker, ob Islamisten, Erdoganisten, Rechtsradikale oder sogar manche Rapper, die sich selbst nur aufwerten können, indem sie andere abwerten.
Ich sage allen, die an den Ruinen der Vergangenheit weinen: Euer statisches Identitätsmodell hat keine Zukunft. Ihr werdet darin gefangen gehalten bis ihr daran erstickt. Denn in dieser sich rasant veränderten Welt haben nur elastische und offene Identitäten eine Chance. Eine Identität, die Menschen nicht nach Herkunft, Rasse oder Religion definiert, sondern nach Werten und Charaktereigenschaften.
Es ist die größte Aufgabe unserer Gesellschaft, eine solche Identität gemeinsam zu finden und deren Konturen gemeinsam zu definieren statt uns in den primitiven Hahnenkämpfen zu verwickeln, die all die Errungenschaften dieses Landes, worauf wir alle stolz sind, zunichte machen könnten. Wer für Deutschland kämpfen will, sollte für dieses Gemeinwesen kämpfen, der für alle einen Platz hat, die an es glauben, egal woher sie stammen!
AfD-Wähler sollten Stellung beziehen
Der Gedanke ist richtig, dass die deutsche Identität nicht ewig der NS-Zeit nachhinken muss und dass diese Identität mehr zukunftsorientiert sein sollte. Doch ich verstehe nicht, wie jemand auf der einen Seite einen Schlussstrich unter die Nazi-Verbrechen setzten will und gleichzeitig fordert, stolz zu sein auf die Leistungen deutscher Soldaten in zwei Weltkriegen, die von Deutschland ausgingen und zig Millionen Menschen das Leben kosteten.
Genau wie ich immer fordere, AfD-Wähler nicht unter Generalverdacht zu stellen und nicht als Nazis zu beschimpfen, fordere ich auch, dass diese nun Stellung nehmen sollten und diesem Schwachsinn widersprechen. Ich bin erschrocken, dass als Gauland das von sich gab nur Jubel bei seinem Publikum ausbrach und kein einziger Widerspruch zu hören war!
Mit der Politik Merkels unzufrieden zu sein, bedeutet nicht automatisch, jeden Schwachsinn zuzujubeln, der in eine andere Richtung geht. Eine demokratische Partei soll sich nicht nur kritisch mit der Konkurrenz auseinandersetzen, sondern auch mit sich selbst, sonst stagniert sie, radikalisiert sich, oder löst sich selbst von allein auf.
27 Kommentare
Kommentare
Rosemarie Krützfeldt am Permanenter Link
Sehr richtig, Herr Abdel-Samad!
Justus Maria Wu... am Permanenter Link
"Genau wie ich immer fordere, AfD-Wähler nicht unter Generalverdacht zu stellen", Herr Abdel-Samad, das unterstellt, dass der "gemeine AfD-Wähler" eigentlich nicht weiß, was oder wen er da wählt.…r />
Aber das ist ein Denkfehler. Die allermeisten wissen genau, was sie da tun, unabhängig vom individuellen Motiv. Aufklappen
Und deshalb halte ich diesen Denkfehler für sehr gefährlich. Die Erklärung der Deutschen von 1945 zu den Wahlen 1933 mit seinen Folgen war: "Das haben wir aber nicht gewusst"
Dieser Fehler darf nicht wiederholt werden. Und das ist kein Generalverdacht. Es ist eine Generalunterstellung!
Joesi am Permanenter Link
Das ist wohl der gebräuchlichste Denkfehler, den Sie selbst da anwenden. Die Masse der Menschheit ist dümmer als Sie glauben.
Bernhard Zaugg am Permanenter Link
Selten liest man einen politischen Kommentar, der mit wenigen Worten so viel Elementares ausdrückt und ohne zu verletzen den armen verlorenen Geistern aufzeigt, dass sie in verkehrter Richtung unterwegs sind.
Kay Krause am Permanenter Link
Bei aller Sympathie für Ihren Artikel, lieber Hamed Abdel-Samad, so glaube ich doch, dass Sie irren, wenn Sie Herrn (?) Gauland durch die Blume als "Schwachsinnigen" bezeichnen.
Uwe Lehnert am Permanenter Link
Ich kann den Ausführungen von Hamed Abdel-Samad grundsätzlich zustimmen.
Am 16.9.17 schrieb »Die Welt«:
„AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland hat seine umstrittene Äußerung verteidigt, die Deutschen dürften stolz sein auf „die Leistungen deutscher Soldaten“ im Ersten und Zweiten Weltkrieg.
„Ich bestreite überhaupt nicht, dass die Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg in Verbrechen verwickelt war“, sagte Gauland am Rande eines AfD-Wahlkampftermins in Berlin der Nachrichtenagentur dpa. „Aber ich habe Namen genannt, Rommel und Stauffenberg, und ich habe ganz deutlich gesagt, dass Millionen deutscher Soldaten tapfer waren und nicht in Verbrechen verwickelt waren.“ Und es müsse erlaubt sein, diese zu loben.
„Ich weiß auch, dass sechs Millionen Juden ermordet worden sind“, sagte Gauland weiter. „Aber Millionen deutscher Soldaten haben ihre Pflicht getan für ein verbrecherisches System. Aber da ist das System schuld und nicht die Soldaten, die tapfer waren.“
… „Im Übrigen habe er nichts anderes gesagt als Frankreichs damaliger Präsident François Mitterrand am 8. Mai 1995 in einer Rede. „Da hat er die Tapferkeit der deutschen Soldaten wie auch der anderen Soldaten gelobt und hat diese Tapferkeit dem verbrecherischen Regime gegenübergestellt“, so Gauland. „Und diese persönliche Tapferkeit, auf die kann man stolz sein.“
Ich finde, dass das, was Alexander Gauland tatsächlich gesagt hat, auch nicht unproblematisch ist und leicht missverstanden werden kann. Dass aber das tatsächlich von ihm Geäußerte eine deutlich differnziertere Aussage darstellt, als was ihm in der schlagwortartig verkürzten Form unterstellt wird. Wenn sich dann Justizminister Heiko Maas zu den Worten hinreißen lässt: „Wer so redet, muss sich vorwerfen lassen, ein Rechtsextremer zu sein“, ist das eher ein Beitrag zur politischen Unkultur als eine angemessene Auseinandersetzung mit einer erlaubten, wenn auch interpretationsfähigen Äußerung. Wer so mit dem politischen Gegner – die AfD ist eine legal zustande gekommene Partei, die auch nicht vom Verfassungsschutz beobachtet und inzwischen von Millionen Bürgern gewählt wird – umgeht, vermutlich weil man inzwischen bitter die Konkurrenz fürchtet, darf sich nicht wundern, wenn viele Wähler sich angeekelt abwenden und vielleicht nur aus Empörung jetzt die AfD wählen.
Unredlich ist auch, der AfD zu unterstellen, dass sie generell gegen Zuwanderung sei. Laut Partei- und Wahlprogramm 2017 bekennt sie sich zum Asylrecht, wenn auch einem der heutigen Situation angepassten (wie das inzwischen viele andere auch fordern). Und sie ist für Zuwanderung, vergleichbar Ländern wie etwa Kanada, von qualifizierten Arbeitskräften.
Im Übrigen erinnere ich an die lesenswerten Ausführungen von Michael Schmidt Salomon in seinem Buch »Die Grenzen der Toleranz«, wo er auf den Seiten 55 bis 66 überzeugend erläutert, wie man in einer Demokratie mit dem politischen Gegner umgeht, der sehr wohl Fragen und Probleme thematisiert, die die Bevölkerung umtreiben. Er exemplifiziert seine Forderungen explizit an der AfD.
Als Wahlempfehlung sei daran erinnert: In NRW kann man am nächsten Sonntag die »Partei der Humanisten« wählen, die ich mit Freunden einst gegründet habe.
Rainer Gebhardt am Permanenter Link
Es scheint heute Usus, dass man sich Fragmente aus Reden und Artikeln herausschneidet, um sie dann als SCHLAG-Wörter gegen den Redner einzusetzen.
malte am Permanenter Link
"Missverständlich" ist daran gar nichts.
Ich kann auch nach Gaulands Relativierung (die kommt bei AfD-Politikern so sicher wie das Amen in der Kirche, das gehört zur Strategie) nichts erkennen, was den Vorwurf des Rechtsextremismus entkräften würde. Die Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz ist ohnehin nur noch eine Frage der Zeit.
anonym am Permanenter Link
Sehr geehrter Herr Abdel-Samad,
ich bewundere seit einiger Zeit Ihren Mut und Ihr Integrität. In den allermeisten Fällen kann ich Ihre Aussagen von vollem Herzen unterstützen, da Sie stets versuchen eine differenzierte Meinung zu vertreten, anstatt wie 90% der Journalisten unreflektiert und reflexhaft reagieren. Auch dieses Mal habe Sie erfolgreich differenziert.
Aber ich habe gegen Teile davon Einwände. Zum ersten, möchte ich Sie noch einmal darauf auffordern, sich umfassend mit der Geschichte des 1. Weltkrieges zu befassen. Die Aussage, dass der erste Weltkrieg alleine von Deutschland ausging erachte ich als in höchstem Maße populistisch. Ausschlaggebend war das "Attentat von Sarajevo" bei dem der Thronfolger Österreich-Ungarns von mutmaßlichen serbischen Attentätern ermordert wurde. Österreich-Ungarn erklärte daher Serbien den Krieg. Das mag nach modernen moralischen Vorstellungen kriegstreiberisch sein, aber man darf dabei nicht vergessen, dass den Menschen damals ein Monarch sehr wohl noch etwas bedeutet haben mag. Wie mögen die Briten heutzutage wohl reagieren, wenn ihre Queen einem Attentat erlegen würden? Das ist doch die Frage, oder nicht? Und 2017 ist eben nicht 1914!
Desweiteren stehe ich hinter ihrer Aussage, dass man die Wehrmacht als Institution nicht uneingeschränkt glorifizieren sollte. Selbst wenn es mich persönlich beeindruckt hat, wie lange erbitterter Widerstand an einem (selbstverursachten) Dreifrontenkrieg geleistet wurde. Aus einer rein militärischen Sichtweise ist das nicht ganz selbstverständlich. Auch aus technologischer Sicht. Nichts desto trotz, sollte die Wehrmacht als Friedensmacht verklärt werden. Viele, wenn nicht gar die meisten Soldaten werden sich dazu gezwungen gesehen haben, den unmenschlichen Befehlen der Obrigkeit zu gehorchen. So etwas mitgemacht haben zu müssen, und vielleicht sogar dadurch selbst auf sich Schuld geladen zu haben und dennoch hinterher voranzuschauen, anstatt z.B. im Alkohol zu versinken, oder irgendwann Selbstmord zu begehen und vielleicht schlichtweg die Generation aufgezogen zu haben, die als erste keinen Krieg mehr miterleben musste, das ringt mir Respekt ab. Respekt für diejenigen die in die Räder dieser Maschinerie geraten sind und daran nicht zerbrochen sind. Falls nun jemand einwenden mag, dass diese zu feige gewesen seien, Widerstand zu leisten, so antworte ich darauf, dass derjenige vermutlich kein einziges Mal in seinem Leben in den Lauf einer Waffe schauen musste. So wie ich selbst. Und ich muss ehrlich sagen, wenn ich einen unschuldigen Menschen exekutieren müsste, oder stattdessen selber hingerichtet werden würde, wüsste ich nicht was ich täte. Vermutlich wollte ich weiterleben.
Ich denke nicht, dass man auf die Wehrmacht Stolz sein sollte. Aber ich denke dass man vielen einzelnen Soldaten etwas Respekt zollen sollte, die aus einem derart traumatisierenden Geschehen heimgekehrt sind. Und teilweise mit Schuld und Schwächte weiter leben mussten. Es waren keine Helden. Aber es waren ebenso wenig alles Soziopathen.
Wenn ich also nun die Aussage von Herrn Gauland in punkto Stolz auf die Wehrmacht verneinen würde, obwohl ich gerne meinen Respekt gegenüber den Überlebenden auf beiden Seiten erweisen würde, bringt mich das in eine dumme Situation.
Ich für meinen Teil stehe kurz vor dem Abschluss eines Studiums. Im Anschluss würde ich gerne promovieren. Ich bin tlw. von einem Iraner aufgezogen wurde und habe mehr befreundete Kommilitonen von außerhalb Deutschlands, als innerhalb. Und dennoch müsste ich Angst darum haben, meine berufliche Zukunft weg zu werfen, wenn ich öffentlich dazu stehen würde, die AFD zu wählen. Ich habe sehr große Angst davor, in den eher politisch links ausgelegten Universitäten, abgelehnt zu werden, nur weil ich eine politische Meinung vertrete, die nicht rechtsextrem, sondern rechtskonservativ ist. Ich mache keine Unterschiede bei Hautfarben und Herkunft. Ich beurteile die Menschen als Individuum. Aber ich bin sehr wohl der Ansicht, dass unsere Regierung sich erstmal um Einheimische (und solche die es geworden sind) kümmern sollte, bevor man Abertausende Andere einlässt. Ich habe fast zehn Jahre in einem Beruf im Gesundheitswesen gearbeitet. Und habe weniger verdient als Feuerwehrkameraden von mir, die Schreinergesellen waren und 10 Jahre jünger als ich, obwohl ich hoch ausgebildet gewesen bin. Unsere Regierung tritt die beruflich benachteiligten mit Füßen und lässt nun Menschenmengen ins Land, die die Löhne zwangsläufig noch weiter drücken werden. Was kann man da bitte noch anderes wählen als die AFD?!
Herr Abdel-Samad, ich würde gerne öffentlich diese Aussage kritisieren und in ein rechtes Licht rücken, und damit vermutlich für über die Hälfte der AFD-Wähler sprechen, aber ich muss leider in unserem "Land der Meinungsfreiheit" handfeste Nachteile in der Berufswelt befürchten, wenn ich meine, ich glaube durchaus differenzierte politische Meinung offen lege.
PS: Lassen Sie sich nicht unterkriegen. Es ist eine Schande, dass es Menschen gibt, die im heutigen Mitteleuropa, ohne Polizeischutz, das Haus nicht mehr verlassen können.
Lars Temme am Permanenter Link
"Unsere Regierung tritt die beruflich benachteiligten mit Füßen und lässt nun Menschenmengen ins Land, die die Löhne zwangsläufig noch weiter drücken werden.
Die LINKE, zum Beispiel. Sie mögen nun einwenden, dass diese Partei ebenfalls zu viele Flüchtlinge aufnehmen möchte, aber sie will gleichzeitig viel für bessere Löhne tun. Damit steht sie übrigens im krassen Gegensatz zur AfD. Es wundert mich immer wieder, dass Menschen mit (berechtigten) Sorgen um ihr finanzielles Auskommen Parteien wählen, die erkennbar nur die Interessen der Wohlhabenden vertreten. Reicht es tatsächlich aus, zwei Gruppen von Benachteiligten gegeneinander auszuspielen, um den Blick darauf zu verstellen?
anonym am Permanenter Link
Sehr geehrter Herr Lars Temme,
danke sehr für Ihren konstruktiven Kommentar. Es ist in der Tat so. Vor der Flüchtlingskrise war ich aus eben diesen Gründen Linke-Wähler.
Und es ist sicher richtig, dass weder eine CDU, eine FDP noch eine AFD (!) die Verteilung des Wohlstandes auf ein, in meinen Augen sozial angemesseneres Maß, beeinflussen werden. Das heißt, unter diesen Parteien droht diesbezüglich ganz klar der Stillstand.
Das Problem mit den Linken, und warum ich jetzt, nach ausführlicher Überlegung, dennoch zur AFD gewechselt habe, liegt darin, dass die Linken in ihrer Oppositionsrolle leider auch keinen diesbezüglichen Fortschritt erwirken werden. Es wird also in naher Zukunft KEINEN Fortschritt geben, egal wie es läuft.
Mehr noch. Mit der Willkommenspolitik der Linken werden unzählige Menschen ins Land gelassen, die allesamt auch irgendwie ernährt werden müssen, die Sprachkurse brauchen, Schule und Ausbildung. Ich persönlich halte einen Anteil von mehr als 10% bis maximal (!) 20% Prozent, direkt vermittelbarer hoch qualifizierter, Einwanderer für Wunschträumerei. Die restlichen 80-90% liegen dem Staat "auf der Tasche". Die Kosten müssen von irgendjemandem getragen werden und mir kann keiner erzählen, dass das Mutti Merkel aus ihrer eigenen Tasche oder der ihrer Parlamentarier entrichten wird. Für mich bedeutet das ganz klar, dass die Schere zwischen Arm und Reich noch weiter auseinander getrieben werden wird. Stellen wir uns mal vor, die Einwanderer blieben. Was passiert mit den Löhnen der einfachen Arbeiter, wenn es auf jede Stelle 50 Bewerber gibt? Der Arbeitgeber kann nun nicht nur einfach den besten auswählen, sondern den besten, der es für das wenigste Geld macht. Das drückt die Löhne. Die Verteilung des Vermögens wird heuer, in meinen Augen, durch die Linken, ironischer weise, zu Gunsten der Wohlhabenden verschoben.
Es geht mir hier auch nicht um Moral oder Ethik. Denn die muss man sich leisten können.
Wenn man sich einmal ein Modell wie die "Maslowsche Bedürfnishierarchie" (s. Wikipedia) anschaut, so wird man sehen, dass Moral und Ethik am ehesten an vierter Stelle von fünf Stufen stehen mag (Individualbedürfnisse).
Die Gefühle des "Abgehängt sein" deute ich hingegen als "Soziale Bedürfnisse" ["Anschlussmotiv"] (auf Stufe 3), welches also eine Stufe basaler ist.
Dieses Handeln erklärt einiges an Wahlverhalten, wie ich finde. Die sozial gut integrierten und erfolgreichen haben ihre "Soziale[n] Bedürfnisse" bereits erfüllen können uns streben daher nach der nächsten Stufe "Individuelle Bedürfnisse". Darin kann ich z.B. studentische Grünen- oder Linke-Wähler sowie erwachsene Akademiker gut erkennen.
Die Wähler aber, die sich als nicht erfolgreich und/oder sozial nicht integriert/abgehängt empfinden nagen noch an der Stufe 3 "Soziale Bedürfnisse". Die Stufe 4 ist für sie im Moment irrelevant, da sie immer noch (verzweifelt) an Stufe 3 arbeiten. Das ist dann wohl der typische Protestwähler, sei es durch nicht-Wahl, AFD, NPD o.ä..
Zur Erinnerung: Das ist keine Rechtfertigung für irgendwas. Nur eine wertungsfreie Analyse.
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Da die Linken also, durch ihre vollkommene Hingebung an die Flüchtlinge, ihre eigenen finanzpolitischen Ziele in Gefahr bringen, musste ich mir eine Partei wählen, die für mich den geringsten Schaden an meiner persönlichen Situation verspricht. Traurig aber wahr. Das ist nun leider die AFD.
Lars Temme am Permanenter Link
Ich habe länger überlegt, was ich Ihnen antworten soll. Meine erste Reaktion war, dass Sie in Ihrer Analyse recht haben.
Dass Flüchtlinge Geld kosten und die Löhne vor allem im unteren Einkommenssegment drücken, sehe ich auch so. Und ich selbst bin auch tatsächlich einer der von Ihnen beschriebenen Akademiker, der davon persönlich eher nicht betroffen ist und sich in diesem Bereich Moral folglich leisten kann.
Ich verstehe aber Ihr Argument nicht, dass es sich für Sie nicht lohne, eine Partei zu wählen, die sich für die Belange der unteren Einkommensschichten einsetzt - wenn auch nicht in der Flüchtlingsfrage - weil sie "in ihrer Oppositionsrolle" eh nichts erreicht, und stattdessen die AfD die bessere Alternative sei. Das Argument lässt sich schließlich ganz genauso auf die AfD anwenden: Auch die AfD wird aller Voraussicht nach in der Opposition landen und nicht in der Lage sein, als Regierungspartei für die Aufnahme von weniger Flüchtlingen zu sorgen. Wenn Sie nun erwidern wollen, dass zumindest ihr Vorhandensein im Parlament einen Druck in die entsprechende Richtung erzeugt, so gilt gleiches auch für die LINKS-Partei, deren Platz im Parlament die Regierung in Richtung sozialer Gesetzgebung, wie der Einführung des Mindestlohns, bewegt.
Im Fußball entspricht das wohl einem 1:1 (allerdings noch ohne Berücksichtigung von moralischen Aspekten).
Die richtige Partei aus Ihrer Perspektive scheint mir daher eine Partei zu sein, die gegen die Aufnahme von Flüchtlingen und für Verbesserungen für die unteren Einkommensschichten ist. Ob und wenn ja, welche von den "sonstigen" Parteien diese Voraussetzungen erfüllt (denn von den Parteien mit Aussicht auf einen Einzug in den Bundestag fällt mir da keine ein), weiß ich nicht. Ob Sie es als lohnend erachten würden, eine solche Partei zu wählen, müssten Sie natürlich für sich selbst abwägen.
Es würde mich freuen, wenn Sie, falls Sie einen Denkfehler in meinen Ausführungen gefunden haben, ihn mir aufzeigen könnten.
anonym am Permanenter Link
Ich könnte nun versuchen zu argumentieren, dass das Durchsetzen einer aktiven Veränderung (z.B.
Aber das wäre nur eine Mutmaßung, da ich die genauen gesetzlichen Regelungen bezüglich der Opposition und der Verfahrensrichtlinien eben nicht kenne.
Ich denke aber, dass Sie Recht damit haben, dass ab diesem Punkt der Bereich "persönliche, individuelle, kaum belegbare Wahrnehmung und (ir)rationale Hoffnungen" beginnen mag. Es ist wohl wirklich ein Unentschieden. Der Rest bleibt "Bauchgefühl".
Was bei mir persönlich den Ausschlag gegeben hat, war nicht zuletzt der Wunsch, ein symbolisches, unübersehbares Zeichen zu setzen. Ich persönlich werde immer etwas wütend, wenn behauptet wird, dass es "eine Bürgerpflicht und ein Segen sei, wählen gehen zu dürfen/zu sollen".
Ich denke durchaus dass man an einer Wahl teilnehmen sollte. Aber zum einen ist das die Sache jedes Einzelnen und zum anderen sehe ich es durchaus als eine, möglicherweise sehr bewusste Wahlmöglichkeit an, nicht wählen zu gehen. Man mag nun sagen, dass man damit, mit den politisch nicht Interessierten in einen Korb geworfen wird, aber ich sage, dass man, wenn man zur Wahl geht und den Stimmzettel ungültig macht, in einen Korb mit denen geworfen wird, "die ja eigentlich UNSERE [beliebige Partei einfügen] Partei gewählt hätten, wenn ihnen dabei nicht ein Missgeschick geschehen wäre, respektive diese nicht zu dumm zum Wählen gewesen wären." Da werde ich lieber mit ersteren in einen Topf geworfen, bevor ich mich implizit dazu benutzen lasse, gerade die Parteien zu unterstützen, die ich verabscheue. Solange keine Wahlmöglichkeit "keine dieser Parteien" und "keiner dieser Direktkandidaten" auf dem Wahlzettel auftaucht, sehe ich es als eine legitime politisch motivierte Entscheidung an, nicht wählen zu gehen.
Welcher Politiker hat denn in der Vergangenheit über ungültige Stimmzettel geklagt? Kein einziger. Aber kaum gehen die Nichtwählerstimmen hoch, geht das (in meinen Augen auch nur geheuchelte) Gejammer von wegen Demokratiemüdigkeit los.
Und dieses Mal war der empfindlichste Punkt den man als Wähler und Kritiker der Regierung (nicht unbedingt als Kritiker der Demokratie per se) treffen konnte, um auf Unstimmigkeiten und Probleme hinzudeuten, die AFD.
Ich würde die Chance nicht höher als 50/50 schätzen, dass die AFD konstruktiv etwas in der Regierung beitragen wird. Aber darum ging es vielen Wählern nicht. Es ging darum, das System ins Stocken zu bringen, weil auf nüchterne, konstruktive, emotionslose und manchmal moralisch nicht so einfache Kritik schlichtweg nicht reagiert wurde.
Wenn ich so darüber nachdenke, war mir das noch viel wichtiger als das Wahlprogramm der AFD. In unserem Land wird, wie selbstverständlich, mit einem moralischen Imperativ über die Stimmen der Unorganisierten und Schwachen hinweg entschieden, dass ich es unverantwortlich finde.
Solidarität einfordern, aber selbst keine gewähren.
Noch etwas anderes:
Ich war gestern Abend tatsächlich so unverschämt und habe voller Genugtuung bei Facebook ohne weiteren Kommentar nur die Emotion "zufrieden" geteilt.
Das hier habe ich heute erhalten:
"Du bist/warst also dieser eine, den jeder in seiner Freundesliste zu haben scheint.....das macht mich tatsächlich etwas traurig! Ich weiß, ich sollte jetzt mit dir diskutieren, statt dich einfach zu ignorieren, aber dafür fehlen mir nach dieser Wahl Kraft und Lust! Hoffentlich findest du in den nächsten vier Jahren zurück zu einer politischen Orientierung, die gestaltet und nicht zerstört, die Programme anbietet statt Parolen und die konstruktiv statt populistisch agiert! Du scheinst dich abgehängt zu fühlen und deshalb hast du Protest gewählt...besser wäre gewesen sich anzuschließen, zu gestalten und konstruktiv zu wählen! Schade,XXX, irgendwie warst du mir immer sympathisch..."
Weil ich also mutmaßlich (!) AFD gewählt habe, kündigt mir dieser Mensch quasi die "Freundschaft". Ohne auch nur ein Wort der Stellungsnahme abzuwarten? Und es handelt sich hier nicht um einen 20jährigen in seiner Sturm-und-Drang-Zeit sondern um einen vermutlich 30-40-jährigen Kommilitonen.
Er hat mich zwar immer irgendwie sympathisch gefunden, aber weil ich wohl AFD gewählt habe, wird er mich von nun an ignorieren...
Mein Vater erzählte mir einmal, dass mein Großvater damals, im dritten Reich, als Schüler im Kunst-Unterricht schlecht benotet wurde, weil dessen Vater nicht Mitglied der Partei gewesen ist.
Ich werde heutzutage sozial ausgegrenzt, weil die Menschen mich verdächtigen, eine Partei zu wählen, die nicht deren politische Vorstellungen erfüllt. Aha. Vielleicht sollte man AFD-Wähler irgendwie kennzeichnen? Vielleicht mit einem gelben Kreis auf der Jacke?...
Erkennen Sie wozu das gewisse Parallelen aufweist? Mit Sicherheit. Ich überzeichne, ja. Dennoch.
Wenn die AFD vermutlich in vier Jahren wieder aus der Regierung weicht, wird ihr wahrscheinlich kaum einer nachweinen. Aber im Moment ist sie das strahlende Symbol dafür, dass auch die bisher ungehörten Bürger unseres Landes Gehör finden können. Es ist schlimm, dass dafür erst eine Partei kommen musste, die als alleinige Regierungspartei, vermutlich das Land in den erneuten Untergang stürzen würde.
Ich trauere darum. Und ich trauere darum, dass mich "unsere" Regierung soweit gebracht hat, dass ich die schlimmste Seite an mir zeigen musste, weil mir klar wurde, dass niemand für mich einstehen wird, wenn ich es nicht selbst tue.
Ein Teil von mir ist dabei auf der Strecke geblieben. Ein Teil von Deutschland ist ebenso auf der Strecke geblieben. Nicht durch die Flüchtlingskrise. Schon lange davor. Nicht durch Probleme mit Einwanderern oder deren Integration, nein durch schleichend zunehmende soziale Ungerechtigkeit.
Am Tag als die Demokratie endgültig einen Teil der Wähler verloren hatte.
Ich bin immer noch ein freiwilliger Feuerwehrmann. Viele meiner Kameraden entstammen einfacheren Bildungsschichten. Als junger Mann mit Anfang 20 habe ich einmal einen der frischen Kameraden (18) zurecht gewiesen, als sich dieser abwertend gegenüber Ausländern geäußert hatte. Er sagte zu mir: "Du hast gut reden, Du bist auch nicht in der Hauptschule XXX gewesen. Dort wo am Ende des Schultages XXX mit seinen großen Brüdern auf Dich wartet um Dich aufzumischen, wenn Du Dich mit ihm angelegt hattest." Mein Kamerad hatte Recht. Ich war auf dem Gymnasium. Dort war man "klug" genug den Wert eines Menschen nicht an der "Rasse" festzumachen. Aber ich hatte keine Ahnung von einer anderen Welt, einer Welt in der es Opfer auf beiden Seiten gibt. In der schonungslos ausgegrenzt und gehasst wird. Auf beiden Seiten. In der die Abneigung von Generation zu Generation weiter gereicht wird.
Nicht in einer Universitätsstadt. Aber in anderen Städten/Gemeinden.
Wir haben gnadenlos darin versagt, Menschen erfolgreich zu integrieren, die z.B. aus der Türkei stammen (ein Land das bis vor 10-15 Jahren noch modern, säkular und aufgeklärt gewesen ist). Wie soll uns das aus Ländern gelingen, bei denen die kulturelle Kluft noch tiefer liegt?
Aber anstatt dass über solche Probleme umfassend diskutiert wird, reden die einen von den Dörfern und die anderen von den Universitätsstädten. Und die wenigsten davon haben jemals wirklich beide Seiten gesehen. Aber mittlerweile hört man seinem Gegenüber ja auch nicht mehr zu, sondern versucht nur noch seinen Standpunkt zu verteidigen uns sich selbst zu überhöhen, indem man den anderen herabstuft.
Sie, Herr Temme, sind leider eine der seltenen Ausnahmen.
Ich würde mir etwas weniger Emotionen und etwas mehr Offenheit wünschen.
Immerhin läuft jeder von uns Gefahr, auch mal im Irrtum zu sein. JEDER.
Um sinngemäß mit Immanuel Kant zu schließen: "Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen."
Solange unsere Schulen, und selbst unsere Universitäten, mehr Wert auf das Vermitteln von Faktenwissen legen, als auf das Anwenden des kritischen Denkens, wird unserer Demokratie konstant Gefahr drohen. Nicht nur vom Rand rechts außen. Aus der Mitte heraus.
Paul Tavan am Permanenter Link
"...
Die Franzosen ehren ihre Toten auf den Kriegsgräberfeldern von Verdun und betrachten sie als Helden, warum sollten die Deutschen ihre dort liegenden Toten nicht ehren, die, ebenso wie ihre Gegner, in bestem Glauben sie verteidigten ihr von den anderen angegriffenes Vaterland, tapfer gekämpft haben.
Ulrich Romahn am Permanenter Link
Danke! Sie sprechen mir aus der Seele.
Wieso gibt es Menschen, die dass nicht erkennen und sich zur AFD hingezogen fühlen?
Die Gründe müssen wir erkennen und gemeinsam dagegen vorgehen....
Ralf Krüger am Permanenter Link
Die traditionsreichste größte und weltoffenste Multikultigesellschaft finden wir in den USA.
Ulf Dunkel am Permanenter Link
"Genau wie ich immer fordere, AfD-Wähler nicht unter Generalverdacht zu stellen und nicht als Nazis zu beschimpfen, [...]"
Spätestens, seit Gauland sein "Lob für die Leistungen deutscher Soldaten in beiden Weltkriegen" bekräftigt hat, ist m.E. dieser Zug abgefahren. Die AfD ist jetzt amtlich eine Nazipartei und jeder, der sie wählt, muss sich genau das gefallen lassen, als Nazi bezeichnet zu werden. Wehret den Anfängen!
Carl Lang am Permanenter Link
Wenn ich richtig informiert bin, bezog Gauland sich in seiner Rede auch auf den „Soldaten Staufenberg“. Es ist also nicht so, dass Gauland in Zweifel ziehen wollte, dass die beiden Kriege verkehrt waren.
Ich habe die Rede im Ganzen auch selbst nicht gehört, ich denke aber, dass es bei diesem Thema im Kern darum geht, ob man, so wie die Amerikaner, keinen Widerspruch darin sieht, einerseits Bush und den Irak-Krieg abzulehnen, gleichzeitig aber den Irak-Veteranen mit Hochachtung zu begegnen, weil diese eben "ihre Pflicht" taten und kein Militär funktionieren kann, das über jeden Befehl diskutiert, oder ob man - so wie wir das normalerweise heute in Deutschland sehen - von Soldaten verlangt, dass sie nicht Befehlen, sondern ausschließlich ihrem Gewissen gehorchen.
Zusätzlich gibt es bei der Situation im 2. Weltkrieg das Problem, dass man - wenn der Krieg schon mal begonnen ist - entweder für das eigene Land kämpfen kann, oder man akzeptiert die Eroberung durch die gegnerischen Truppen, was besonders im Fall der Roten Armee natürlich keine schöne Aussicht war.
Ich gebe ihnen, Herr Abdel-Samad, Recht darin, dass Gauland diese Themen gar nicht ansprechen sollte. Gerade Gauland müsste das auch gar nicht, denn die AfD ist nicht für Auslandseinsätze und braucht sich mit dem problematischen Konflikt zwischen Befehlsbefolgung und Gewissen eigentlich nicht zu beschäftigen. Aber sooo eindeutig, wie sie es darstellen, ist die Sache trotzdem nicht.
Ein Satz, der mir in ihrer Stellungnahme überhaupt nicht gefallen hat, ist folgender: [Zukunft hat nur] "eine Identität, die Menschen nicht nach Herkunft, Rasse oder Religion definiert, sondern nach Werten und Charaktereigenschaften." Das ist eine leere Phrase, die Ihrem Intellekt nicht würdig ist. Ich finde es ganz unsinnig, zu schreiben, dass man nicht nach der Religion, sondern nach den Werten definieren muss. Als ob sich die Werte von Menschen nicht aus ihrer Religion ergeben!
Außerdem muss ihnen bewusst sein, dass man bspw. bei der Zuwanderung gezwungen ist, irgendwelche Selektionskriterien anzulegen. Pragmatisch kann man Menschen eben nur nach ihrer Herkunft oder vielleicht nach ihrer Religion selektieren. Oder halten Sie ein Gesetz für sinnvoll, das sagt "wir nehmen in Zukunft nur nette Leute hier auf, denn nett sein ist ein guter Charakterzug". Da will ich mal sehen, wie Richter über die Nettigkeit von Zuwanderungswilligen entscheiden sollen.
Also: Ihr grundsätzlicher Punkt ist gut. Natürlich sollten AfD-Wähler und AfD-Mitglieder kritisch sein und Leuten wie Gauland oder Höcke klar machen, dass Gerede über die Vergangenheit fast immer kontraproduktiv ist. Wichtiger als dümmliche Sätze ohne programmatische Bedeutung ist aber die Frage, ob der Islam hier in Deutschland und Europa weiter an Bedeutung gewinnt oder nicht. Werden wir hier in 50 oder 100 Jahren weiterhin eine halbwegs homogene europäische Kultur haben, die auf unserer aufgeklärten und säkularisieren Kulturgeschichte basiert, wer werden wir in einer Multi-Konflikt-Gesellschaft leben und mit syrischen/irakischen Verhältnisse zu kämpfen haben. Wenn Merkels Zuwanderungspolitik ohne Obergrenze weiter Programm bleibt, dann könnte die Frage, ob Soldaten grundsätzlich Befehle zu befolgen haben, wieder aktueller werden, als uns lieb ist. Davor möge uns eine bessere Zuwanderungspolitik bewahren, und die wird es eher mit als ohne die AfD geben.
Achim Schiller am Permanenter Link
Hallo Hamed,
«Da hat er die Tapferkeit der deutschen Soldaten wie auch der anderen Soldaten gelobt und hat diese Tapferkeit dem verbrecherischen Regime gegenübergestellt».
Dies gibt immerhin den Familien die einen nahe stehenden Menschen in den Kriegen verloren haben einen gewissen Trost.
Ansonsten teile ich das, was Du geschrieben hast! Danke!
Lass nicht nach, Dich einzumischen, zu informieren, zu streiten auch wenn es manchmal nicht leicht ist!
Frank Linnhoff am Permanenter Link
Ach ja, der deutsche Soldat während der Nazizeit, er soll ein Held gewesen sein.
Marcus am Permanenter Link
Mein Großvater war Soldat und ein Gegner der Nazi Ideologie. Er erzählte nicht viel vom Krieg. Uns Enkelkinder im Grunde nichts. Es gab nichts worauf er stolz zu sein schien was in diesem Krieg passierte.
Zum andern landete mein Großvater schwer verwundet in russischer Gefangenschaft. Dort schnitzte ihm ein Kamerad einen Gehstock mit vielen Ornamenten und Ziehrungen. Diese hingen bis zu seinem Tod zur Erinnerung in seiner Wohnung.
Ich verstehe Gaulands Aussage so. Die Soldaten wie mein Großvater haben fern der Nazi Ideologie um ihr Überleben und das ihrer Kameraden gekämpft. Für diesen Mut und ihre Tapferkeit dürfen wir unseren Großvätern Ehre schenken.
Michael Lang am Permanenter Link
Die meisten Artikel von Hamed Abdel-Samad kann ich voll unterschreiben, da ich über viele Dinge sehr ähnlich denke. Das vorausgeschickt möchte ich nun kurz auf diesen Artikel eingehen.
Ich unterstütze grundsätzlich ja die Aussage, dass das Schwelgen in der Vergangenheit keine großen Zukunftsperspektiven bietet. Gaulands Äußerungen diesbezüglich sind natürlich wahltaktisch unklug - das muss auch nicht diskutiert werden. Es muss aber auch differenziert werden - die Soldaten der Wehrmacht waren reguläre Soldaten einer zur damaligen Zeit eher militaristisch geprägten Nation. Es gab auch in der Wehrmacht Nazis - selbstverständlich - aber zu einem relativ geringen Anteil. Rechtsradikale gibt es auch in der heutigen Bundeswehr - das ist äußerst unschön, aber es lässt sich schlicht nicht vermeiden, dass gewisse Anteile geistig schwacher Menschen im Militär vorhanden sind. Die Leistungen der damaligen Wehrmachtssoldaten wurden und werden von vielen Nationen auch heute noch gelobt - und das hängt sicher nicht mit irgendwelchen Gesinnungen zusammen. Ich halte es für höchst fragwürdig, die Wehrmacht mit der Ideologie der NSDAP gleichzusetzen.
"Ruinen der Vergangenheit"
Wie Sie richtig erkannt haben bringt es nichts, sich ausschließlich an der Vergangenheit festzuklammern. Die Vergangenheit ist allerdings auch ein wichtiger Bestandteil der Gegenwart - die genannten Werte sind Ergebnisse aus geschichtlichen Ereignissen, die Europa im Verlauf mehrerer Jahrhunderte nachhaltig geprägt haben. Um diese Werte zu erhalten ist es unabdingbar, eine eigene Identität zu haben und diese auch nach Außen hin zu vertreten. Wenn die Wurzeln eines Baumes entfernt werden, stirbt der ganze Baum.
Was die beiden durch Deutschland verschuldeten Weltkriege angeht:
Das ist, mit Verlaub, Unsinn. Vor dem ersten Weltkrieg schlossen Deutschland und Österreich ein Bündnis - Bündnisse waren damals und sind auch heute noch essenzieller Bestandteil jeder Geopolitik - sei es aus gesteigertem Schutzbedürfnis heraus oder zur Stärkung einer Angriffsarmee. Deutschland war also Bündnispartner von Österreich.
In Sarajevo wurde ein Attentat auf das österreich-ungarische Thronfolgerpaar verübt was Österreich zum Anlass nahm, entsprechend militärisch zu intervenieren. Deutschland war seinerzeit aufgrund des Bündnisses gezwungen, seinem Bündnispartner Österreich militärisch zur Seite zu stehen. Aufgrund vieler anderer Bündnisse weitete sich dieser Krieg zum Weltkrieg aus - wieso Deutschland an diesem Krieg schuld gewesen sein soll, erschließt sich mir aufgrund der Faktenlage überhaupt nicht.
Ansonsten stimme ich mit dem Tenor des Artikels überein: Rassismus ist kein gangbarer Weg - der hat in einer aufgeklärten Welt keinen Platz mehr (bzw. sollte ihn nicht haben). Es hat aber nichts mit Rassismus zu tun, wenn offenkundig massenhaft kriminelle Migranten nach Europa und hier vornehmlich nach Deutschland gespült und dieser Prozess offen angesprochen wird. Menschen zu helfen, die tatsächlich vom Tode etc. bedroht sind, ist eine humane Pflicht und sollte definitiv auch stattfinden. Glücksrittern und Kriminellen eine fürstlich alimentierte Obhut zu gewähren, ist allerdings gefährlich und genau das ist der Punkt, an dem eingeschritten werden MUSS, wenn sich Deutschland und Europa als weltoffene Region nicht selbst zersetzen soll.
David Z am Permanenter Link
"Es gibt eine Menge worauf man in Deutschland stolz sein kann: ... Aber dass manche all das ignorieren und ausgerechnet auf die Wehrmacht stolz sein wollen, kann ich nicht verstehen."
Hallo Herr Samad,
ich teile im Grunde Ihre Einschätzung. Allerdings zwei Anmerkungen: Nur weil man "stolz auf die Wehrmacht" ist, heisst das noch lange nicht, dass man die anderen genannten Facetten nicht ebenfalls wertschätzt.
Zweitens, rein sachlich betrachtet war die militärische Performance der Wehrmacht in vielen Bereichen überdurchschnittlich. Es verwundert daher auch nicht, wenn zB die israelische Armee IDF als strukturelles Vorbild die Wehrmacht hatte und hat. Wenn die Israelis die militärische Performance der Wehrmacht wertschätzen können, warum können wir es nicht?
Leistungen sind Leistungen, egal ob philosophisch oder militärisch. Ob man generell "stolz" auf die Leistungen anderer sein sollte, ist freichlich ein ganz anderes Thema.
Rainer Gebhardt am Permanenter Link
Werter Hamed Abdel-Samad, ich schätze Ihren Mut und Ihre Aufrichtigkeit, mit der Sie Ihren Standpunkt vertreten.
Sie schreiben: „Menschen, die ihre Identität in erster Linie in Abgrenzung zu anderen verstehen, haben keine Identität, sondern diese Identität hat sie.“ Nun ist aber Identität (jedenfalls in dem Sinne, in dem wir darüber sprechen) zunächst einmal nichts anderes als ein kulturspezifisch definiertes So-Sein einer Ethnie, eines Volkes, ja eines Einzelnen. Ob diese Definition ihren Grund nun in der Sprache, in der Musik, in Philosophie, in Religion, in je und je spezifischen oder überlieferten Kulturtechniken oder in allem zusammen findet, das hängt von den politischen und wirtschaftlichen Bedingungen ab, in die ein Volk und mit ihm der Einzelne als Angehöriger eines Volkes gestellt ist. Aber als Definition ist sie ABGRENZUNG. Und zwar Abgrenzung im Sinne von Unterschied. Ich kann mein Gegenüber als den Anderen gar nicht in seinem eigenen Sein fassen und verstehen, wenn ich nicht weiß, WER ICH BIN. Und um dies zu wissen, muss ich mich gegenüber dem Anderen definieren, also abgrenzen. Es hieße, das gesamte jüdische, griechische, christliche, griechisch-christliche Denken (und ja, auch das Denken des arabischen Humanismus) aus dem ein großer Teil des abendländischen Individualitätsdenken hervorgeht über Bord werfen, würde man, wie Sie es tun, fluiden, vorübergehenden und flüchtigen Existenzentwürfen das Wort reden. Und genau das tun Sie, indem Sie einem angeblich „statischen Identitätsmodell“ (warum das statisch ist, begründen Sie gar nicht) Ihre „elastischen und offenen Identitäten“ gegenüberstellen. Worin nun das Wesen „elastischer und offener Identitäten“ bestehen soll, wäre zunächst auch einmal zu klären. Das tun Sie nicht. Aber ich vermute, Sie meinen damit jene verordneten SELBSTERFINDUNGSPROZEDUREN und –Orgien des Globalmenschen, der um so flexibler ist, je wurzelloser er ist. Zu glauben, man könne sich mit den Luftwurzeln einer „elastischen Identität“ irgendwo im globalen Geschiebe festhalten, gehört zu den schlimmsten Irrtümern der Spätmoderne. Und wenn Sie Ihren Gedanken von den „elastischen und offenen Identitäten“ konsequent zu Ende denken, dann werden Sie zugeben müssen, dass die Hunderttausenden von Flüchtlingen/Migranten/modernen Arbeitsnomaden/Sozialstaatstouristen, die ihren Pass weggeworfen haben, genau diese elastische Identität bereits leben. Und zwar auf eine Weise, die die Identität des Staates, des Volkes, das sie aufnimmt, grundsätzlich in Frage stellt. Denn die Art und Weise, wie sie ihr Anspruchsverhalten, ihr verstocktes Selbstbild, ihre Herkunft, ihre religiöse Intoleranz, ihr Leckt-Mich-Arsch-mit-Euren-Werten vortragen – das ist eben auch eine Identität. Die offenste und flexibelste die es vielleicht gibt.
Ingrid Rauner am Permanenter Link
Wer schweigt macht sich schuldig. Hamed Abdel-Samad hat recht, wenn er die schweigende Mehrheit in der AfD auffordert, zu widersprechen. Demokratie lebt vom Widerspruch, von konstruktiver Kritik.
Andreas B. am Permanenter Link
Eigentlich schätze ich Ihre Kommentare sehr Herr Abdel-Samad, aber den Deutschen jetzt einfach auch noch den Ersten Weltkrieg in die Schuhe zu schieben, finde ich etwas frech und unüberlegt...
Art Vanderley am Permanenter Link
Gauland macht etwas, was früher noch viel häufiger war, er versucht, die militärische Seite von den Verbrechen zu trennen.
Aber selbst wenn man Gauland folgt und sich nur auf die militärische Seite beschränkt, liegt Gauland falsch. Die Wehrmacht war massiv in Verbrechen verstrickt, z.T. sehr aktiv. Die Verbrechen waren gleichzeitig ein Hauptgrund für die deutsche Niederlage.
Die Wehrmacht hat also ihre anfänglichen Erfolge im Osten wieder selbst zunichte gemacht, daher ist es auch dann falsch, von guten Leistungen zu sprechen, wenn man sich (unzulässigerweise) auf die militärische Sichtweise beschränkt.