Soziale Ungleichheit beeinflusst die Gehirnentwicklung von Kindern

Erst das "Gute-Kita-Gesetz", nun das "Starke-Familien-Gesetz": Mit den neuen Regelungen will Familienministerin Giffey die Kinderarmut in Deutschland bekämpfen. Laut Kinderschutzbund waren 2018 bereits rund 4,4 Millionen Kinder in Deutschland von Armut betroffen.

Armut oder Wohlstand – in welcher Umgebung ein Kind aufwächst, beeinflusst den gesamten Lebensweg mit. Die finanzielle Ausstattung gehört zu den Faktoren, die den sozioökonomischen Status (SoS) einer Person bestimmen, und ein niedriger sozioökonomischer Status kann sich negativ auf die Entwicklung des Gehirns, die psychische Gesundheit und den Bildungsweg auswirken. Das zeigte ein Forscherteam des US-amerikanischen National Institute of Mental Health in einer nun veröffentlichten Langzeitstudie.

Mit MRT-Scans haben die Wissenschaftler die Entwicklung von Gehirn und IQ von 299 weiblichen und 324 männlichen gesunden Personen verfolgt, über den Zeitraum zwischen dem fünften und dem 25. Lebensjahr hinweg.

Dabei zeigte sich ein klarer Zusammenhang von Gehirn und dem sozioökonomischen Status. Hatten die Eltern einen höheren Bildungsabschluss, oder arbeiteten sie in fachlich qualifizierten Berufen, wiesen die Hirnareale, die mit Lernen, Sprachverarbeitung und emotionaler Entwicklung assoziiert sind, über die gesamte Kindheit und Jugend komplexere Strukturen auf als bei Kindern, deren Eltern einfache Tätigkeiten ausübten.

Die gute Nachricht: Zusätzliche Unterstützung in den ersten fünf Lebensjahren wirkt sich positiv auf die Hirnentwicklung, die psychische Gesundheit und die Bildungsbiografie aus und mildert damit damit den Einfluss eines niedrigen SoS ab, ist das Team um Cassidy McDermott und Armin Raznahan überzeugt.

Ihre Studie ist die erste, die einen Zusammenhang zwischen dem SoS und der Ausformung von Arealen unterhalb der Hirnrinde belegt. Hatte sich die Forschung auf diesem Gebiet bisher auf den Kortex beschränkt, standen diesmal der Thalamus im Zwischenhirn und das benachbarte Striatum im Mittelpunkt des Interesses.

Es bleibt abzuwarten, inwieweit sich die aktuellen Forschungsergebnisse in zukünftigen Förderprogrammen für finanziell benachteiligte Kinder niederschlagen werden, bleibt abzuwarten.

Mallar Chakravarty, Jason P. Lerch, Armin Raznahan. Longitudinally Mapping Childhood Socioeconomic Status Associations with Cortical and Subcortical Morphology. The Journal of Neuroscience: "http://dx.doi.org/10.1523/JNEUROSCI.1808-18.2018".