Wenn in Berlin Geld verschenkt wird

BERLIN. (hpd) Berlin ist bekanntermaßen keine sonderlich wohlhabende Stadt. Mit der Charakterisierung "arm, aber sexy" hat der vorherige Regierende Bürgermeister einen ebenso kurzen wie einprägsamen Slogan gefunden, der mehr über die Haushaltslage Berlins aussagt als die trockenen Zahlen des Haushaltsberichts des Senats.

Der Doppel-Haushalt der Jahre 2014/2015 des Landes Berlin umfasst rund 15 Milliarden Euro. Davon entfallen auf den Bereich der Kulturverwaltung rund 560 Millionen. In diesem Plan sind 72.041.200,00 Euro für "Leistungen an die Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften" vorgesehen.

Von diesem Geld bezahlt der Beauftragte für Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften sowohl die großen und kleinen Religionsgemeinschaften als auch "die größte Weltanschauungsgemeinschaft in Berlin", den Humanistischen Verband Berlin Brandenburg e.V.

Anfang des Jahres jubelte der Finanzsenator noch darüber, dass Berlin im vergangenen Jahr ein Plus in Höhe von 820 Millionen Euro erwirtschaftet hat. Inzwischen ist der Jubel etwas verstummt und die Rede ist von einem plötzlichen Haushaltsloch von in Höhe von 1,7 Milliarden Euro.

Doch die Begeisterung über die Mehreinnahmen des vergangenen Jahres scheinen noch immer in den Köpfen einiger Senatoren herumzuspuken. Denn anders ist nicht zu erklären, wie der Senat auf die Idee kam, den Deutschen Evangelischen Kirchentag 2017 in Berlin mit 8,4 Mio Euro zu sponsern.

Zur Begründung heißt es in der Pressemitteilung der Senatskanzlei für Kulturelle Angelegenheiten: "2017 ist für die protestantische Welt ein herausragendes Jubiläumsjahr. Zum 500. Mal jährt sich Martin Luthers Thesenanschlag in Wittenberg, dem Beginn der Reformation. Die Großveranstaltung soll insgesamt 23 Mio. Euro kosten. Eigenmittel des Veranstalters sind in Höhe von 7,4 Mio. Euro eingeplant. Neben den Zuschüssen des Landes Berlin übernehmen das Land Brandenburg 1 Mio. Euro und die Evangelische Landeskirche 3,7 Mio. Euro, Bundesmittel fließen in Höhe von 2,5 Mio. Euro."

Das bedeutet, dass der Staat etwas mehr als die Hälfte der Kosten für ein kircheninternes Event bezahlen wird, insgesamt rund 11,9 Mio Euro. Allein das Land Berlin zahlt eine Summe, die fast 12 Prozent seines für die Jahre 2014 und 2015 geplanten Budgets für "Leistungen an die Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften" entspricht.

Doch wie immer kommt auch die Senatskanzlei für Kulturelle Angelegenheiten allen Kritikern (vermeintlich) zuvor und begründet den Zuschuss mit den Sätzen: "Kirchentage sind Orte religiösen, sozialen und politischen Dialogs. Von ihnen gehen wichtige Impulse für gesellschaftliches und politisches Engagement aus. Schwerpunkte der Berliner Veranstaltung sollen interreligiöse und interkulturelle Themen sein. Nicht nur evangelische Christen, sondern auch Angehörige anderer Religionsgemeinschaften werden teilnehmen. … Berlin hat mit dem Kirchentag 2017 einmal mehr die Chance, sich als offene und tolerante Stadt zu präsentieren. Gleichzeitig ergeben sich für die Berliner Wirtschaft positive Effekte in nicht zu unterschätzender Größenordnung: Hotels, Restaurants und Einzelhandel werden von den vielen Gästen ebenso profitieren wie die Berliner Messe durch die Vermietung ihrer Räumlichkeiten."

Erinnert das einen der Leser des hpd an die Begründungen, mit denen die staatliche Finanzierung der Kirchentage in Leipzig und Münster "begründet" werden sollten? Es scheint in den dafür zuständigen Behörden ein Textbaustein zu existieren, der immer genommen wird - selbst, wenn Tatsachen und Zahlen das Gegenteil beweisen.

Zudem widerspricht die Finanzierung des evangelischen Kirchentages der Selbstbeschreibung der zuständigen Senatskanzlei, die auf ihrer Webseite schreibt: "Grundlage der Tätigkeit des Beauftragten für Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften bildet das Staatskirchenrecht der Bundesrepublik Deutschland. Dessen tragende Säulen sind die garantierte Religionsfreiheit und die Trennung von Staat und Kirche. Diese verpflichten den Staat zu weltanschaulicher Neutralität und ermöglichen den Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, ihre Angelegenheiten selbst, ohne staatlichen Einfluss zu regeln."

Ein Zuschuss in der Höhe dürfte jedoch in jedem Falle als "staatlicher Einfluss" zu bezeichnen sein. Denn im Gegensatz dazu wurde es der Regionalgruppe der GBS in Berlin sehr schwer gemacht, eine Veranstaltung in der Öffentlichkeit durchführen.

Übrigens: Innensenator Frank Henkel (CDU) hat sich für das kommende Luther-Jahr noch etwas ganz Besonderes einfallen lassen: Berlin hat beschlossen, dass "der 31. Oktober 2017 – der 500. Jahrestag des Thesenanschlags durch Martin Luther – … im Berliner Sonn- und Feiertagsgesetz zum gesetzlichen Feiertag bestimmt werden" soll.