Die AfD und das Schweigen nach Christchurch

"Wegen Fake News sterben Menschen"

Immer wieder wird von einigen AfD-Mitgliedern bestritten, dass es in ihrer Partei eine große Nähe zu den christlichen Religionen und eine strikte Ablehnung des Islam gibt. Und so wundert es nicht, dass das Attentat in Christchurch (Neuseeland) nicht in das Konzept der Partei passte. Erst war lautes Schweigen die Reaktion der AfD und dann sollte ein Strohmann aufgebaut werden.

Die "Christen in der AfD" versuchen erfolgreich, ihre Positionen in evangelische und katholische Gemeinden zu tragen. Beatrix von Storch sah man das Banner vom "Marsch für das Leben" tragen – evangelikale Lebensschützer scheinen ihr und der gesamten Partei weniger rückschrittlich als Islamisten. Dabei sind sich die beiden Lager näher als man denkt: Beide sind Feinde der offenen Gesellschaft, sehnen sich nach einem totalitären Staat und möchten gern alle Andersdenkenden zum Schweigen bringen.

Als nun ein Gesinnungstäter in Christchurch (Neuseeland) wahllos Muslime ermordete, reagierte die AfD und das Umfeld der Partei erstaunlich schweigend. Wenn ein Muslim irgendwo auf der Welt einen Sack Reis umschubst, sind die Stimmen, die von einer Islamisierung der Welt tönen, kaum zu überhören. Doch mordet ein Vertreter der eigenen Denkrichtung … Nichts.

Screenshot Twitter
Screenshot Twitter

Mit Ausnahme des Berliner AfD-Abgeordneten Harald Laatsch, der – warum auch immer – auf Twitter die Schuld am Anschlag in Christchurch den Schülern gab, die Freitags für den Klimaschutz demonstrieren, war das Schweigen der Rechten unüberhörbar.

Als sich die Partei und rechte Blogs dann meldeten, war es ein Strohmann, den sie aufstellen wollten. Sie warfen den "Mainstream-Medien" vor, Morde an Christen in Nigeria "verschwiegen" zu haben. Es wurde behauptet, weltweit würde um Muslime getrauert, während Morde an Christen verschwiegen würden.

Dem hat sich der Faktenfinder der Tagesschau angenommen. Danach habe das rechte Nachrichtenportal "Breitbart" am 16. März berichtete, militante Muslime hätten in Nigeria innerhalb von drei Wochen 120 Christen getötet. Nun ist "Breitbart" wahrlich keine Quelle, der man trauen kann. Der Begriff "Fake News" wurde erfunden, um "Breitbart"-"Meldungen" zu charakterisieren.

Wie die Tagesschau richtig schreibt, ist der Konflikt in Nigeria kein religiöser Konflikt, sondern einer zwischen nomadisch lebenden Tierzüchtern und sesshaften Bauern. Der Konflikt dauert seit Jahrzehnten an und es geht grundsätzlich um den Zugang zu Wasser in der von Trockenheit und Dürre geplagten Region. Und dabei sterben sowohl (christliche) Bauern als auch (muslimische) Nomaden. "Breitbart" pickt sich aber nur die Toten heraus, die ins Konzept passen.

"Experten betonen", schreibt die Tagesschau", "es gebe verschiedene Ursachen für den Konflikt, die Religion sei eine von vielen Komponenten. Rechte Blogs reduzieren den komplexen Konflikt hingegen auf eine Ursache und erwähnen ausschließlich die Angriffe auf Bauern, blenden dafür Attacken auf Fulani-Nomaden aus."

Ein nigerianischer Polizeisprecher fasst zusammen: "Wegen Fake News sterben Menschen."