Vatikan-Gericht spricht Pater Geißler von Missbrauch frei

Am 15. Mai 2019 hatte die Apostolische Signatur Pater Hermann Geißler vom Vorwurf, die Ordensfrau Doris Wagner im Kontext der Beichte sexuell belästigt zu haben, freigesprochen. Die Betroffene, nun ehemalige Ordensfrau, war nicht gehört worden. Das Urteil erntete harsche Kritik, während Geißler freimütig seine Sicht der Dinge an die Öffentlichkeit gibt.

Nach Informationen des ORF hatte Doris Wagner (heute Doris Reisinger) im Jahre 2009 Pater Hermann Geißler beschuldigt, sie im Umfeld der Beichte sexuell belästigt zu haben. Zu dieser Zeit waren beide noch Mitglieder des Ordens "Das Werk". Sowohl die ehemalige Ordensfrau als auch Kirchenrechtler kritisieren das mit Freispruch endende Verfahren der Apostolischen Signatur, da ihre Seite nicht gehört wurde. Reisinger reichte zwar eine schriftliche Aussage ein, die auch Erfahrungen einer weiteren Betroffenen umfasste, wurde jedoch nicht in den Prozess eingebunden und erfuhr das Ergebnis erst durch die Presse. Ebenfalls kritisch sieht Reisinger, dass eine der Organisation "Das Werk" nahestehende Position den Freispruch unterschrieben hatte.

Reisinger versucht seit ihrem Austritt aus "Das Werk" im Jahre 2011, Aufmerksamkeit auf den sexuellen Missbrauch innerhalb katholischer Ordensgemeinschaften zu lenken. Diesem Thema widmete sie bereits zwei Bücher und berichtete von ihr zugestoßenen sexuellen Übergriffen und Vergewaltigungen auch im Film "Female Pleasure". Wie zahlreiche andere Betroffene stößt sie damit immer wieder auf die Vertuschungs-Strategien der Kirche, die grundsätzlich lieber eigene Gerichte richten lässt, als Informationen an weltliche Behörden weiterzugeben.

Geißler, der sexuelle Übergriffe stets geleugnet hatte, dagegen gibt zumindest übergriffiges Verhalten nach Angaben der Tiroler Tageszeitung offen zu. So gibt er an, Ordensschwester Wagner nach der Beichte als Geste brüderlicher Verbundenheit im Gesicht berührt zu haben.