2013 wies der italienische Atheistenverband UAAR mit einer Plakatkampagne darauf hin, dass man auch ohne Gott gut sein kann. Die Stadt Verona verbot die Plakate. Zu Unrecht, wie nun der Oberste Kassationsgerichtshof Italiens entschied.
Im Jahr 2013 führte die italienische Union der Rationalisten, Atheisten und Agnostiker (Unione degli Atei e degli Agnostici Razionalisti – UAAR) ihre Plakatkampagne "Gut sein ohne Gott" ("Viviamo bene senza D") durch. Auf den Plakaten stand in schwarzer Schrift auf gelbem Hintergrund groß das Wort "Dio" (Gott) zu lesen. Wobei das "D" mit einem weißen Kreuz durchgestrichen war, so dass nur die Buchstaben "io" übrigblieben, das italienische Wort für "Ich". Darunter stand der Satz: "10 Millionen Italiener leben gut ohne Gott – und wenn sie diskriminiert werden, steht die UAAR hinter ihnen".
Die Plakate wurden überall in Italien aufgehängt, außer in der Stadt Verona. Die dortige Stadtverwaltung zensierte die Plakate mit der Begründung, dass ihr Inhalt möglicherweise verletzend gegenüber jeglicher Religion sei. Was folgte, war ein siebenjähriger Rechtsstreit, den die UAAR nun vorläufig gewonnen hat, wie sie am Wochenende auf ihrer Webseite bekanntgab. Der Oberste Kassationsgerichtshof, das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit Italiens, kassierte das Urteil des römischen Berufungsgerichts, das das Vorgehen der Stadt Verona für rechtmäßig befunden hatte.
"Wir sind glücklich und zufrieden über diese Entscheidung des Obersten Kassationsgerichtshof, der unsere Berufung akzeptiert und unser Recht anerkannt hat, Atheisten und Agnostiker zu sein und das auch laut zu sagen", so Adele Orioli, die rechtspolitische Sprecherin der UAAR. Nach einem langen Kampf, so Orioli, habe der Gerichtshof klargestellt, dass Atheisten und Agnostiker das Recht hätten, eine Überzeugung zu bekennen, die in der Ablehnung jeglicher religiösen Überzeugung besteht.
Doch der Kampf ist noch nicht zu Ende. Der Oberste Kassationsgerichtshof hat das Verfahren zurückverwiesen an das römische Berufungsgericht. Dieses muss nun den Fall unter Berücksichtigung der Argumentation des Kassationsgerichtshofs neu beurteilen.
27 Kommentare
Kommentare
Andreas Lichte am Permanenter Link
ist die Botschaft "io" – "ich" – gute Werbung für Atheismus?
Klingt für mich doch sehr nach "Egoismus". Nicht nur in "Corona-Zeiten" fände ich es wünschenswert, das Miteinander, das Gemeinsame, zu betonen.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Ich verstehe die Aktion so: Wir müssen Eigenverantwortung für unser Handeln übernehmen - und nicht alles auf einen imaginierten "Gott" schieben.
D. h. das "Ich" steht hier nicht im Sinne von Egoismus im Mittelpunkt, sondern - ganz im Gegenteil - als Aufforderung, zu den eigenen Taten - guten wie schlechten - zu stehen. Und das geht ohne Gotteswahn leichter und ehrlicher...
Andreas Lichte am Permanenter Link
@ Bernd Kammermeier Sicher eine mögliche, sinnvolle Interpretation. Ich lese das "io" "direkter", "einfacher":
es gab da mal eine Kampagne eines anthroposophischen Unternehmens, der Slogan: "Endl-ICH" – endlich dreht sich alles nur noch um mich ...
Gerhard Lein am Permanenter Link
Wenn denn die Religiösen keine Ablehnung von uns Atheisten betreiben würden.....
Åse am Permanenter Link
Also ich bin des Italienischen nicht wirklich mächtig, aber ich meine "viviamo bene senza D(io)" bedeutet "wir leben gut ohne G(ott)" und nicht wir sind gut.
Und der Slogan lautete doch "io senza D(io)" also "ich (bin) ohne G(ott)". Was für mich kein Statement für Egoismus oder Egozentrik ist.
Tolles Wortspiel, oder habe ich falsch übersetzt?
Andreas Lichte am Permanenter Link
@ Åse Ich sehe nur das Plakat, und da steht nach Streichung des "D" nur noch "io" ...
alla fine c’è solo "io": lo trovo un pò egocentrico ...
Åse am Permanenter Link
... aber, wer weiter liest, ist klar im Vorteil.
"WIR leben gut ohne G(ott)" - übersehen?
Am Ende stellt sich Gott (dio) nur als aufgeblasenes Ich (io) dar.
Ist das kein schönes Bild?
Andreas Lichte am Permanenter Link
@ Åse Wo steht denn auf dem Plakat:
"WIR leben gut ohne G(ott)" – "Viviamo bene senza D(io)"?
Auf dem Plakat steht ergänzend zu (D)io:
"10 millioni di italiani vivono bene senza D." – "10 Millionen der Italiener leben gut ohne D."
Abgesehen davon, dass der von Ihnen vorgestellte Satz gar nicht auf dem Plakat steht, ist das "Kleingedruckte" auch unwichtig: Bei so einem Plakat, das man meist nur kurz (zum Beispiel im Vorbeifahren) sieht, geht es um die "große Message" – den "Slogan" – den ersten, unmittelbaren Eindruck. Wer hier Sekundärtexte zum Verständnis liest, ist klar im Nachteil. Sagt Ihnen jemand, der selber mal Werbung gemacht hat.
"Am Ende stellt sich Gott (dio) nur als aufgeblasenes Ich (io) dar.
Ist das kein schönes Bild?"
das Ihr Wunschdenken, hat nichts mit dem Plakat zu tun.
Junius am Permanenter Link
Die Überzeugung der Atheisten und Agnostiker besteht in der Ablehnung jeglicher religiösen Überzeugung? Wenn es doch nur so einfach wäre!
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Hallo Junius, es ist einfach, wenn man die Lügen der Religionen durchschaut hat und mit logischen Denken und mit Hilfe vieler Bücher über das Thema Religion, sowie mit gesundem
Alles was wir uns heute noch nicht rational erklären können, hat eine Naturgesetzliche Ursache und wird eines Tages als selbstverständliches Wissen in die Menschheit übergehen.
WISSEN IST TAUSENDMAL MÄCHTIGER ALS JEDER GLAUBE!!!
Wolfgang am Permanenter Link
Das Problem, viele wollen oder wissen einfach nicht, was sie da glauben.Glauben heißt nicht wissen wollen, was wahr ist.Nietzsche
Gerhard Lein am Permanenter Link
So einfach ist es - zum Glück!
Junius am Permanenter Link
Nein, so einfach ist es eben (leider) nicht. Nur weil jemand Religionen ablehnt, kann er trotzdem allen möglichen und unmöglichen Mythen aufsitzen oder Ideologien anhängen.
Roland Fakler am Permanenter Link
Vielleicht sollte man die abrahamitischen Religionen einmal darauf hinweisen, dass sie mit ihren angeblich heiligen Büchern seit Jahrhunderten gegen „Gottlose“ hetzen.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Hallo Roland, bei einer Unterhaltung mit einem Nachbarn hat dieser gesagt er sei religiös geprägt, was bedeutet das, geprägt? Antwort:: unter enormen Druck in die gewünschte Form gebracht.
A.S. am Permanenter Link
Wichtig wäre meines Erachtens, der religiösen Moral eine atheistische entgegenzusetzen. Vorschlag:
"Behandele Deine Mitmenschen so, wie Du selbst von ihnen behandelt werden möchtest."
Dieser Ansatz ist, finde ich, selbsterklärend und unmittelbar eingängig.
Thomas R. am Permanenter Link
Es gibt keine "religiöse Moral", weil es auch keine religiöse Ethik gibt, und die Goldene Regel ist weder "atheistisch", noch von nennenswerter ethischer Bedeutung.
A.S. am Permanenter Link
Vielleicht mache ich mir die Sache etwas einfach, aber leider haben Sie kein Beispiel für Ihre These gebracht.
Zurück zur "religiösen Moral". Es gibt meines Erachtens schon eine und die heißt: "Gehorche den Priestern", die sich ihrerseits auf Gottes Willen berufen. Es ist eine Moral des Gehorchens ohne eigenes Nachdenken. Seit der Aufklärung ist eigenens Nachdenken in homöopatischer Dosierung erlaubt worden, aber nicht in allen religiösen Spielarten.
Thomas R. am Permanenter Link
"Vielleicht mache ich mir die Sache etwas einfach,"
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"Es gibt meines Erachtens schon eine und die heißt: "Gehorche den Priestern", die sich ihrerseits auf Gottes Willen berufen. Es ist eine Moral des Gehorchens ohne eigenes Nachdenken."
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Wie kann ein Verhalten "moralisch" sein, dem VORSÄTZLICHER VERZICHT auf ethische Reflexion zugrundeliegt??? Was sollen die Begriffe Ethik und Moral bedeuten, wenn man sie auf jede beliebige Form der Normativität und jedes von ihr ausgelöste Verhalten anwendet?
E. Staub am Permanenter Link
Keine Regierung, kein Politiker, kein Medienerzeugnis, noch sonst jemand, klärt uns auf und macht darauf aufmerksam, dass wir ab Baby-Alter unbemerkt manipuliert und auf eine willkürliche Lokal-Religion eingeschworen
Wolfgang am Permanenter Link
Keine Regierung, kein Politiker, kein Medienerzeugnis, noch sonst jemand, klärt uns auf, weil sie alle Schiss haben.
Schnackbacke am Permanenter Link
Denken ist allen erlaubt- vielen bleibt es erspart.
mtheburner am Permanenter Link
Es geht doch nicht um Ich oder Wir. Atheisten können Egoisten oder Altruisten oder was auch immer sein. Es geht um das Wortspiel Dio - Io, also Mensch (ich) BIN auch auch ohne Gott (also wenn das D gestrichen ist).
Thomas R. am Permanenter Link
Hmmm, gut SEIN und gut LEBEN ist leider nicht dasselbe...
Marianne Mauch am Permanenter Link
Die Aktion war toll und das Plakat gewitzt und kreativ (und im Übrigen lange vor Corona). Und toll auch, dass die Italiener so lange drangeblieben sind und um ihr Recht gekämpft haben!
Wolfgang am Permanenter Link
Frage: Wieso haben eigentlich Christen vor Atheisten so eine Heidenangst?
Kathi am Permanenter Link
Dasselbe Prinzip wie alle Sekten funktionieren: Nur unter ihresgleichen fühlen sich Christen stark. Sobald sie in Frage gestellt werden, kommen sie ja in Erklärungsnöte. Das heißt, die Scheinlogik bricht zusammen.