BERLIN. (hpd) Der Präsident des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, Manfred Schmidt, sprach sich gegenüber das Frankfurter Allgemeinen dafür aus, die Leistungen für Asylbewerber zu kürzen. Er fordert, das "Taschengeld" für Flüchtlinge aus den Balkanländern zu streichen.
Schmidt sagte gegenüber der FAZ, das monatliche Taschengeld in Höhe von 140 Euro sollte für Asylsuchende aus sicheren Herkunftsländern gestrichen werden. Der Anreiz für Migranten vor allem aus dem westlichen Balkan solle damit gesenkt werden. "Die 140 Euro, die es in Deutschland während des Asylverfahrens als Taschengeld gebe, seien in etwa der durchschnittliche Monatsverdienst in Südserbien." Daher sind diese Flüchtlinge als "Wirtschaftsflüchtlinge" anzusehen.
Sehr deutlich sagt Schmidt: "Wir müssen Menschen, die vermutlich kein Asyl bekommen, sagen, dass sie vom ersten Tag in Deutschland an kein Taschengeld erhalten. Dann würde der Zustrom schnell abnehmen."
Was er dabei jedoch vergisst: nach Artikel 47 der EU-Grundrechtecharta steht jedem Asylbewerber das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gesetz zu. Damit kann es grundsätzlich keine pauschale Vermutung darüber geben, ob Jemand Asyl erhält.
Das Deutsche Institut für Menschenrechte (DIM) veröffentlichte bereits am 3. Juli eine Erklärung, in der es heißt, dass Leistungskürzungen für Asylbewerber grund- und menschenrechtswidrig sind. Damit reagierte das DIM auf die Äußerungen des Präsidenten des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge.
"Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Asylbewerberleistungsgesetz aus dem Jahr 2012 hat Kürzungen des soziokulturellen Existenzminimums aus migrationspolitischen Erwägungen eine klare Absage erteilt. Nichts anderes wird aber mit der jetzt vorgeschlagenen Kürzung bezweckt: Sie soll die Menschen abschrecken, sodass sie nicht nach Deutschland einreisen. Das menschenwürdige Existenzminimum steht allen Menschen in Deutschland zu, eine Reduzierung ist nur möglich, wenn objektive Gründe für einen geringeren Bedarf angeführt werden, ansonsten liegt eine gegen Grund- und Menschenrechte verstoßende Ungleichbehandlung vor."
Jüngst kam es in Trier zu einer solchen Menschenrechtsverletzung: In einem Asylbewerberheim gab es Fehl-Feueralarme - ein Grund oder Verursacher der Alarme ist nicht bekannt. Bekannt wurde aber, dass den Bewohnern der betroffenen Asylbewerberheime deshalb das Taschengeld gestrichen wurde.
"Es ist nicht zu bestreiten, dass ein Fehlalarm, wodurch auch immer er hervorgerufen wurde, bedenklich ist und nicht zuletzt auch gefährlich sein kann" heißt es in einem Artikel bei lokalo.de. "Aber ob erzieherische Maßnahmen, die sich heutzutage kein Schüler mehr in der Schule gefallen lassen würde, ein obligates Mittel im Umgang mit erwachsenen Menschen ist, dürfte doch wohl sehr fraglich sein." Es ist nicht nur ein unangemessenes "erzieherisches Mittel", sondern ein Verstoß gegen die Grundrechtecharta.
4 Kommentare
Kommentare
Udo Endruscheit am Permanenter Link
Thesen:
1. Die derzeitigen Leistungen für Asylbewerber bewegen sich nach neuester Rechtsprechung praktisch schon nicht mehr im durch die Menschenwürde garantierten Existenzminimum.
2. Kürzungen wären daher verfassungswidrig. Abgesehen davon, dass allein die Deklaration als "erzieherisches Mittel" eine gar seltsame Geisteshaltung offenbart.
3. Die Forderung des Bundesamtspräsidenten läuft daher auf rechts- und verfassungswidriges Handeln hinaus.
Aber das macht ja nichts, da ja selbst der Gesetzgeber sein Tätigkeitsfeld auf die Produktion ständig als verfassungswidrig einzustufender Gesetzesbestimmungen verlegt hat...
Ich vertrete hier keine blauäugige "Gutmenschenposition" (wobei mir dieses Wort eigentlich zuwider ist). Ich bin sehr wohl auf der kommunalen Ebene mit den rechtlichen und praktischen Aspekten der Flüchtlingsproblematik vertraut. Aber ein derartiges Statement würde mir nicht über die Lippen kommen.
angelika richter am Permanenter Link
"Sie soll die Menschen abschrecken, sodass sie nicht nach Deutschland einreisen."
Der Artikel lässt offen, wie es sonst bewekstelligt werden soll, dass bei prinzipiell begrenzten Kapazitäten die Menschen Asyl erhalten, die aus den vergleichsweise schwersten Beweggründen (Krieg usw) nach Europa bzw Deutschland kommen.
Sollen dann Sozialleistungen für alle gekürzt werden, um den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zu verletzen?
Sadri am Permanenter Link
bezughnehmend auf Ihre Aussage das die Auswanderer wegen den 140 € nach Deutschland kommen, wende ich mich an Sie.
Da die Politker unten Verträge mit Ländern geschlossen haben die das Volk akzeptabel fand, wollten die meisten Jungen Menschen die Initiative ergreifen und nach Deutschland und anderen Ländern auswandern.
Der Mindestlohn im Kosovo liegt bei 200 € egal ob an der Kasse/Tankstelle/Fabrik etc, ausgegangen vom Mindestlohn nicht zu vergessen.
Da fast alle Bewohner im Kosovo entweder Land und Fieh besitzen und durch den Anbau von Gemüse und obst schon mehr verdienen als die von Ihnen erwähnten 140€, finde ich das Ihre Aussage nicht der Tat bzw. der Lage entspricht.
Für diesen kleinen Betrag würde von unten keiner sein LAND verlassen, sie haben/hatten Hoffnung auf eine Arbeitsstelle
die mehr Einbringt als das was sie dorten einnahmen.
Natürlich kann ich verstehen das viele Auswanderer in letzter nach Deutschland kommen und auf Asyl hoffen, nicht´s desto trotz hat der Versuch die 140€ abzuschaffen kein direkte Auswirkung für die Auswanderer aus dem Kosovo.
Da die Mehrheit von Familienangehörigen bzw. selbst erwirtschaftetem Kapitel mitbringen und benötigen, um überhaupt hierher und in andere Länder zu gelangen.
Daher können Sie nicht ohne die Hintergründe dieser Bewegung genau zu kennen alle in eine Topf schmeißen und die Aussage tätigen. Im allgemeinen ist es für die die keine Familienangehörige/Verwandte im Ausland haben nicht mehr als nett von Deutschland das ich abgesehen von Schlafen, essen und trinken noch ein bisschen bekomme.
Zum Beispiel Schwarzafrikaner/innen verdienen sogar im schnitt 200 €, nur von dieser Ausgangslage gesehen wäre es nicht lohnenswert wenn diese Bewohner wie von Ihnen behauptet auf diese 140 € unbedingt angewiesen, den die Gewissheit ob sie hier oder wo anders Asyl bekommen ist nicht gewährleistet.
In diesem Sinne würde ich bei so einer Aussage erstmal gute Ansätze suchen wenn Sie schon für diese Abschaffung sind, bevor man behauptet das die 140 € der Grund sind das die meisten kommen.
Sie sollten Ihren Standpunkt diesbezüglich besser durchdenken. Wenn Ihre Standpunkt mit besserer Begründung gewesen wäre hätte ich und wie bestimmt viele andere nicht diese Meinung, denn ich bin sicher das sehr viele meinem Gedanken für richtig halten.
In diesem Sinne
Mit freundlichen Grüßen
Frank Nicolai am Permanenter Link
Danke für die Präzisierung. Einen Hinweis aber: Es ist nicht meine Aussage, die Sie zitieren; sondern die des Präsidenten des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, Manfred Schmidt.