Der erneute Vorfall von Diskriminierung und Mobbing an der evangelikalen "Freien Evangelischen Bekenntnisschule" in Bremen/Habenhausen unterstreicht einmal mehr, dass es unverantwortlich ist, christlichen Fundamentalisten die Erziehung von Kindern und Jugendlichen zu übertragen. Das Forum Säkulares Bremen fordert daher die Bürgerschaft und die Bildungssenatorin auf, die Finanzierung dieser Schule umgehend einzustellen.
Die Diskriminierung eines trans*Mannes, wie von der taz am Wochenende berichtet, ist in evangelikalen Einrichtungen kein Einzelfall. Die Ablehnung und Ausgrenzung von Menschen, die nicht konservativ-religiösen Geschlechterkategorien entsprechen, fußt auf der evangelikalen Überzeugung, alle Menschen hätten sich ihrer Bibel-Auslegung unterzuordnen. Die psychischen Schäden, die dieses bei betroffenen Kindern und Jugendlichen verursacht, werden ignoriert.
Große Teile der Lehrerschaft, des Vorstandes und der Geschäftsführung der Bekenntnisschule sind evangelikale ÜberzeugungstäterInnen, die auch außerhalb der Schule in evangelikalen Gemeinden und Kirchen aktiv sind. Die Geschäftsführerin der Schule, Frau Tayser, gehört dem Vorstand der Evangelischen Allianz, dem Netzwerk der Evangelikalen in Bremen, an. Die Bekenntnisschule ist aus dem Netzwerk der Evangelikalen innerhalb der Evangelischen Landeskirche entstanden. Bei der Gründung waren bekannte evangelikale Gemeinden beteiligt. Hierzu gehörten die Matthäus-, die Hohentors- und die Martinigemeinde (Olaf Latzel). Sie gründeten die Christliche Elterninitiative als evangelikales Sozialprojekt, aus dem der Elternverein der Schule, heutiges Mitglied der Evangelischen Allianz, hervorging.
Heute ist die Bekenntnisschule das zentrale Schulprojekt der Evangelikalen in Bremen. Dementsprechend sind Personen aus der Martini- und Matthäusgemeinde, Pfingstkirchler, Baptisten und andere Sektenangehörige im Personal der Schule zu finden. Die Schule unterrichtet circa 1.500 Kinder, mit einem Anteil von fast 34 Prozent aller Kinder im Stadtteil Habenhausen. Zusammen mit der evangelikalen Christlichen Elterninitiative werden zwei Kindergärten betrieben.
Die Evangelikalen haben in den vergangenen Jahren wiederholt ihre deutliche Ablehnung zum Gender-Mainstreaming, zu Homosexualität und jeder Form nicht biblisch legitimierter Sexualität zum Ausdruck gebracht. Im Mai 2019 formulierte die Europäische Evangelische Allianz: "Für Evangelikale ist es keine Option, sich von Gottes Plan für das Familienleben zu entfernen." Uwe Heimowski, Lobbyist der Allianz bei der Bundesregierung, begrüßte entsprechende Texte des Vatikans mit den Worten: "Es entspreche der Schöpfungsordnung Gottes, dass er die Menschen als Mann und Frau erschaffen habe. Damit sei die Vorstellung, dass man sein Geschlecht nach Belieben wählen könne, nicht vereinbar." (idea.de vom 11. Juni 2019)
Die sinnverwandten Ausführungen von Pastor Olaf Latzel sind bekannt und führten zu einer Anzeige wegen Volksverhetzung. In diesen Kontext passt folgende Passage des Vorsitzenden der Martinigemeinde, Jürgen Fischer, aus deren neuestem Gemeindebrief von September 2020: "Eine große Irrlehre unserer Zeit kommt im Gewand des sogenannten 'Gender-Mainstreaming' daher, deren Protagonisten uns weismachen wollen, dass es nicht nur zwei, sondern mindestens 4.000 verschiedene Geschlechter gibt. Gender Mainstreaming ist eine unbiblische Ideologie, ein gewaltiges Umerziehungsprogramm, ein Angriff auf Gottes Schöpfungswirklichkeit und damit ein Generalangriff auf Gott, den Schöpfer, selbst." Die Martinigemeinde ist mit der Bekenntnisschule seit 40 Jahren eng verbunden.
Wenn LehrerInnen einer evangelikalen Bekenntnisschule sich gegenüber outenden SchülerInnen diskriminierend und mobbend verhalten, ist dies weniger auf individuelles pädagogisches Fehlverhalten als vielmehr auf die christlich missionarische Grundhaltung dieser Einrichtung und des dafür eingestellten Personals zurückzuführen.
Während sich große Teile der Zivilgesellschaft, LehrerInnen und ErzieherInnen an staatlichen Schulen mit großem Einsatz bemühen, Homophobie und die Diskriminierung von queeren Menschen zu verhindern und ihr den Boden zu entziehen, wirken evangelikale Einrichtungen wie Superspreader bei der Verbreitung von Hass und Verachtung gegen anders Liebende.
Die Grundfinanzierung der Schule als auch der Kindergärten erfolgt aus staatlichen Mitteln der Bildungsbehörde. Das Forum Säkulares Bremen fordert daher die Bürgerschaft und die Bildungssenatorin auf, die Finanzierung dieser Schule umgehend einzustellen.
7 Kommentare
Kommentare
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Dagegen wettere ich schon seit Jahren, Wir alle sollen über unsere Steuern, egal ob Gläubig oder Atheist, die Lehrer und Kindergärten finanzieren, aber die Kirchen bestimmen was gelehrt wird.
Roland Fakler am Permanenter Link
„Wir wollen, dass die Erde wieder eine Scheibe ist, weil das so in der Bibel steht“…mir wird schwindlig!
Hanno Köster am Permanenter Link
Also in meiner Bibel steht nirgends, dass die Erde eine Scheibe wäre. Das ist eine Lehre aus dem Mittelalter. In der Bibel steht vielmehr, dass Gott die Erde „über dem Nichts“ aufgehängt hat (Hiob 26,7).
Roland Fakler am Permanenter Link
@Hanno Köster Da hast du Recht. So steht das nicht da, aber das Weltbild der Bibel geht von einer scheibenförmigen Erde aus, über der sich der Himmel wölbt und darunter ist die Hölle.
In den erwähnten Bibelstellen mit chug finden sich weitere Elemente einer Flacherdvorstellung: ein gespanntes Himmelszelt, stützende Säulen, und „oben“ und „unten“ als absolute Richtungsangaben.
Seit der Antike war beknnt, dass die Bibel eine Kugelgestalt besitzt.
A.W. am Permanenter Link
"Die Grundfinanzierung der Schule als auch der Kindergärten erfolgt aus staatlichen Mitteln der Bildungsbehörde.
Wo bitte ist die Petition oder Unterschriftenliste , die ich unterschreiben kann.
Sonst ist der hpd, mit entsprechenden Links ,immer vorbildlich .
Konrad Schiemert am Permanenter Link
Jeder kann eine Petition starten. Siehe dazu https://weact.campact.de/. Ich würde sie auch unterschreiben, aber zuerst müsste jemand mit mehr Hintergrundkenntniss die Petition formulieren.
Christian am Permanenter Link
Der in der taz aus Sicht des betroffenen Schülers geschildeter Vorfall hätte sich genauso an einer staatlichen Schule ereignen können.
Mal abgesehen davon, dass die Schule den Vorfall ja auch bestreitet und sich die transfeindliche Ideologie damit nicht zu eigen macht. Das würde sie tun, wenn sie de Vorfall rechtfertigen würde, davon aber keine Spur.
Auch der Umstand, dass Schulleiter, Lehrer, Hausmeister o.ä. privat Mitglied in "Sekten" oder Kirchengemeinden sein sollen, in denen ein Kirchenvorstandsmitglied sich in einem Gemeindebrief negativ über Gender-Mainstreaming äußert, sind zwar alles interessant recherchierte Fakten, dürften für ein Verbot der Schule oder eine Benachteiligung bei der Finanzierung dieser jedoch keine Relevanz haben.