Esoterikstar: Corona ist eine Chance

Für Esoterikstar Christina von Dreien ist Corona eine Chance und nur "halb so schlimm". Gleichzeitig behauptet der Toggenburger Teenager, das Coronavirus sei von dunklen Mächten in die Welt gesetzt worden.

Man starrt ungläubig auf den Bildschirm und versteht die Welt nicht mehr. Da sitzt ein verängstigt wirkender Teenager mit scheuen Rehaugen, stammelt in "Hauchdeutsch" unfertige Sätze ins Mikrofon und erklärt uns die Welt samt dem Universum. Und die esoterische Gemeinde in den deutschsprachigen Ländern hängt ihr gebannt an den Lippen. Willkommen im Kosmos der 18-jährigen Christina von Dreien, die eigentlich Meier heißt.

Die neue esoterische Heilsbringerin spendet ihrer Fangemeinde Trost in den Corona-Zeiten. Schon früh hatte sie erkannt, dass das Problem mit dem Virus auch ein Fall für sie als angeblich hellsichtiges, hellfühlendes und spirituell hochentwickeltes Medium ist. Treuherzig verkündete sie zu Beginn der Pandemie, dass alles nur halb so schlimm sei.

Ihr müsst keine Angst haben, schrieb der 18-jährige Esoterikstar aus dem Toggenburg im Newsletter mit dem Titel "Corona als Chance" im März. Und wörtlich: "Dass man das Coronavirus als so gefährlich darstellt, hat aus meiner Sicht damit zu tun, dass man die Menschen in Panik versetzen möchte. So sinkt die Schwingung überall und Angst macht bekanntlich manipulierbar."

Weiter bediente Christina Meier die Gläubigen mit den stereotypen Verschwörungsideen: "Diejenigen Menschen, die auf der Erde das Sagen haben, die Fäden ziehen und die diese Macht nicht abgeben möchten, haben diesen Virus in die Welt gesetzt, um ihre Pläne weiter zu verwirklichen."

Im Newsletter von Mitte Mai mit dem Titel "Entscheide dich für die Liebe" interpretierte das Esoterik-Starlett die Pandemie als Folge der Transformation: "Die Erde ist mitten in ihrem Prozess der Schwingungserhöhung. Diese Transformation betrifft nicht nur die Erde, sondern auch andere Planeten und das ganze Universum. (…) Es gibt Kräfte, ich nenne sie ja auch 'das Unlicht', die versuchen, mittels Angst und Leid die Schwingung der Menschheit möglichst tief zu halten." Auch Regierungen seien Befehlsempfänger von anderen Instanzen.

Angebliche Auslöschung des Virus durch Massenmeditation

Christina Meier ist mit ihren kruden Ideen und kosmischen Botschaften in guter Gesellschaft. So organisierten esoterische Kreise eine weltweite kollektive Meditation, um dem Virus den Garaus zu machen.

Am 5. April 2020 um 4:45 Uhr soll die gleichzeitige Meditation von einer Million Menschen zur "endgültigen Auslöschung des Coronavirus" geführt haben. In einer Anleitung dazu hieß es, die Meditierenden sollen sich eine Lichtsäule vorstellen, die von der kosmischen Zentralsonne zu den Zentralsonnen aller Galaxien in diesem Universum verteilt werde. Die Teilnehmer müssten auf dieses Licht meditieren, das in unser Sonnensystem eintrete und dann durch alle Wesen auf dem Planeten zum Mittelpunkt der Erde gelange. Das solle die Viren killen.

Im Internet kursierte bald das Gerücht, Christina Meier habe die Meditationsaktion initiiert. Diese wehrte sich aber in einem Newsletter dagegen. Schließlich hatte sie früher schon zu einer Kollektivmeditation unter dem Titel "21-Uhr-Wohnzimmer-Revolution" aufgerufen, "die eine Welt jenseits der neuen Weltordnung kreieren" sollte. Trotzdem befürwortete der Teenager natürlich die Corona-Meditation.

Was hat die kollektive Meditation gebracht? Nichts, wie die aktuelle Situation mit explodierenden Fallzahlen zeigt. Der Fall dokumentiert eine weitere fundamentale Pleite der esoterischen Meister und Gurus. Dadurch lassen sich diese aber nicht davon abhalten, Esoteriker weiterhin mit ihrem faulen Zauber zu beglücken. Das gilt auch für Christina Meier, die mit ihrer Behauptung, das Virus sei halb so schlimm, bös daneben lag.

Wie lässt sich das Phänomen Christina von Dreien/Meier erklären, wieso füllt das scheue Wesen ohne Charisma und rhetorisches Geschick große Säle, warum hängen ihm selbst akademisch gebildete Leute an den Lippen?

Der Teenager wird in der Esoterikszene als "Kristallkind" verehrt. Das sind Wunderkinder, die angeblich von den höheren geistigen Hierarchien auf die Erde geschickt worden sind, um Licht und Liebe in die Welt zu bringen und die spirituelle Entwicklung der Menschen zu fördern, also die Transformation der Menschheit zu beschleunigen.

Die Legende von den Kristallkindern ist ähnlich abenteuerlich wie der Glaube, mit Meditation Billionen von Viren in Hunderttausenden von Menschen abtöten zu können. Doch in Corona-Zeiten blüht der Aberglaube noch üppiger als sonst.

Übernahme mit freundlicher Genehmigung von watson.ch.

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