KONSTANZ. (hpd) Der ehemalige bayerische Innenminister, Beckstein regte auf einer Fachtagung der CSU nahe stehenden "Hanns-Seidel-Stiftung" an, vorrangig Flüchtlingen mit christlichem Bekenntnis in Deutschland Schutz zu geben. Diese Forderungen, wonach bei der Aufnahme von Flüchtlingen nach Religionszugehörigkeit selektiert werden soll, ist menschenverachtend.
Beckstein könne nicht verstehen, weshalb die Bundesrepublik Muslime gleichsam bereitwillig aufnehme. Die Lage der Christen in Syrien und anderswo sei besonders katastrophal, weshalb der Westen ihnen bevorzugt Hilfe zukommen lassen müsse. Hinter dem Vorbehalt, muslimische Flüchtlinge aufzunehmen, könnte die pauschalisierte Angst stecken, Anhänger des sogenannten "Islamischen Staates" könnten sich unbemerkt einschleusen.
Das Asylrecht kennt keine Unterscheidung zwischen Religionen. Daher sind die von Politikern der CSU getroffenen Aussagen nicht mit unserem Grundgesetz vereinbar. Im Gegenteil: Es ist besonders perfide, dass unter anderem die "Genfer Flüchtlingskonvention" die religiöse Verfolgung als Asylgrund benennt – während die CSU eine entsprechende Diskriminierung mit ihren Parolen noch befördert. Asyl steht jedoch Menschen zu, nicht Religionsangehörigen. Eine Differenzierung des Anrechts auf Schutz nach Glaubenszugehörigkeit ist deshalb völlig inakzeptabel. Allein die tatsächlichen Gründe für Verfolgung und Flucht sind entscheidend dafür, wer in der Bundesrepublik Chance auf ein Bleiberecht hat. Hierbei dürfen keine anderen Persönlichkeitsmerkmale zum Tragen kommen, Religion spielt für die Bewertung nur dann eine Rolle, wenn sie Ausschlag gebend für die Not ist, die Asylsuchende zur Flucht animiert.
Seit langem ist eine einseitige Betrachtung der Union, wenn es um die Frage von Verfolgung geht, zu beobachten. CDU und CSU blicken in der Argumentation um Vertreibung und Flucht ausschließlich auf die Situation der Christen in der Welt. Anhänger anderen Glaubens, aber besonders auch Menschen ohne religiöses Bekenntnis werden von der Union offenbar bewusst vergessen. Gerade die letzten Monate haben gezeigt, dass selbst Muslime als Anhänger zu einer bestimmten Richtung im Islam unter ihresgleichen geächtet werden, gleichsam erfahren sie Verfolgung durch bestimmte Hinduisten oder Buddhisten – und umgekehrt. Und nicht zuletzt durch das Schicksal von atheistischen Bloggern ist in den vergangenen Wochen deutlich geworden, dass eben auch Religionsfreie brutaler Gewalt ausgesetzt sind.
Bayerns Vorschläge in der Asylpolitik mögen zwar an manchem Stammtisch Zustimmung finden – aber für die Vereinbarkeit mit unserer Verfassung und völkerrechtlichten Grundlagen eignet sich das Ausspielen religiöser Bekenntnisse von Flüchtlingen in keinem Fall.
5 Kommentare
Kommentare
Atheist Steinbrenner am Permanenter Link
Solche Forderungen sind in meinem Denken so absurd, dass es mir im ersten Moment glatt die Stimme verschlägt. Wäre Beckstein noch im Amt könnte man wenigstens seinen Rücktritt fordern.
Andererseits, was will man erwarten wenn die Eidesformal für bayrische Minister standardmässig (auch wenn man den Gottesbezug weglassen kann) noch immer noch lautet
„Ich schwöre Treue der Verfassung des Freistaates Bayern, Gehorsam den Gesetzen und gewissenhafte Erfüllung meiner Amtspflichten, so wahr mir Gott helfe.“
Quelle: Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder der Staatsregierung
Dieser Gottesbezug in Gesetzen ist es der endlich generell fallen muss. Schon die Verwendung einer Eidesformel mit Gottesbezug schließt doch die Diskriminierung jener die, nicht unbedingt an einen anderen Gott glauben, aber doch zumindest einer anderen Konfession angehören, mit ein.
Es mag Religionen geben in denen das anders ist, aber bei den Hierzulande verbreiteten abrahamitischen Religionen halte ich es für ausgeschlossen sowohl Verfassungstreue zu halten als auch den Willen Gottes bzw. der diesen verehrenden Kirchen gerecht zu werden. Insofern müsste schon allein als Loyalitätsgründen der Dienstherr den Gottesbezug in Eideformeln verbieten. Wer ohne Gottesbezug in seiner Eidesformal ein Amt nicht antreten möchte, kann gerne darauf verzichten, wie auch ich auf diese Person verzichten kann, wenn sie öffentliche und Privatsache nicht zu trennen vermag.
Udo Endruscheit am Permanenter Link
Ich kann das eigentlich überhaupt nicht mehr kommentieren. Mir kommen wirklich die Tränen, vor Trauer und vor Wut.
Fremdschämfaktor 110 Prozent.
David am Permanenter Link
"könnte die pauschalisierte Angst stecken, Anhänger des sogenannten "Islamischen Staates" könnten sich unbemerkt einschleusen."
Ich denke, dies ist letztendlich das, was gemeint war.
Dass wir mit der Aufnahme von Flüchtlingen auch Menschen mit grenzwertigen, inakzeptablen, ja vielleicht sogar gefährlichen Ideen und Vorstellungen aufnehmen, liegt in der Natur der Sache. Darüber sollten wir uns schon im klaren sein.
Dass diese Erkenntnis jedoch eine pauschale Selektion nach Religion rechtfertigen soll, kann man in der Abwägung nur schwer nachvollziehen.
Atheist Steinbrenner am Permanenter Link
"Dass wir mit der Aufnahme von Flüchtlingen auch Menschen mit grenzwertigen, inakzeptablen, ja vielleicht sogar gefährlichen Ideen und Vorstellungen aufnehmen, liegt in der Natur der Sache.
Und genau deswegen ist Säularismus jetzt noch notwendiger. Wenn der Einflussnahme von Religion auf öffentliche Angelegenheiten ganz klar eine Absage erteilt wird, die Verquickungen von Staat und Kirchen gekündigt und eingestellt werden, kann man meiner Meinung nach besser mit den religiösen Vorstellungen jedweder Religion die im Widerspruch mit unserer Freiheitlich Demokratischen Grundordnung sind umgehen.
Dies bedeutet freilich, dass zuerst der Einflussnahme der alteingesessenen Großkirchen ein Ende gesetzt werden muss. Denn solange nicht endlich gilt ist, dass in Deutschland religiöse Vorstellungen NICHT höher stehen als die Verfassung, dass in Deutschland zwar Religionsfreiheit herrscht, aber Religion Privatsache ist, werden Religiöse jeder Couleur die Einflussnahme ihrer religiösen Vorstellungen auf die Allgemeinheit als legitim betrachten. Zumal das Vorantreiben der Trennung von Staat und Kirchen seit der Weimarer Republik (1919) Verfassungsauftrag ist (Vgl Art 140 GG), ist dies eine Bringschuld die Parlamentarier auf allen Ebenen seit nurn fast 100 Jahre NICHT geleistet haben. Diese nun in schnellen Schritten aufzuholen, um Deutschland endlich zu einem Staat zu machen in dem nicht verschiedenste Religiöse um die Mitbeherrschung des Öffentlichen eifern, sondern verschiedenste Weltanschauungen friedlich koexistieren können, wäre nun in Zeiten zunehmender Religiöser Vielfalt geboten.
Rudi am Permanenter Link
Selektierung nach Bekenntnis mag vielleicht menschenverachtend sein. Wesentlich menschenverachtender ist es Flüchtlinge zu erzeugen. In Deutschland gibt es nach offiziellen Angaben über 3000 Moscheen.