Am Freitag erklärte Präsident Erdoğan mit sofortiger Wirkung den Austritt der Türkei aus der "Istanbul-Konvention". Das von über 40 Staaten unterzeichnete internationale Abkommen dient dem Schutz von Frauen gegen Gewalt.
"Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt" lautet der volle Titel jenes seit 2011 gültigen völkerrechtlichen Vertrags, der kurz als "Istanbul-Konvention" bezeichnet wird. Seine Kurzbezeichnung verweist auf den Ort, an dem der Vertag am 11. Mai 2011 von 13 Mitgliedsstaaten des Europarats unterzeichnet wurde, mehr als 30 weitere Staaten folgten bis heute.
Doch ausgerechnet die Türkei, jener Staat also, nach dessen bevölkerungsreichster Stadt die wichtige Konvention benannt ist, und dessen Parlament die internationale Übereinkunft als erste ratifizierte, gab am vergangenen Freitag mit sofortiger Wirkung ihren Austritt aus dem Übereinkommen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen bekannt. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan kommt damit konservativen und islamistischen Kreisen entgegen, die den Austritt mit der Begründung gefordert hatten, die Istanbul-Konvention schade der Einheit der Familie und fördere Scheidungen.
In der Türkei führte die Bekanntgabe des Austritts umgehend zu Protesten. Am Samstag demonstrierten Tausende gegen die Entscheidung Erdoğans und forderten ihn auf, die Entscheidung zurückzunehmen. Kritik kam auch aus dem Ausland. In Deutschland kritisierte das Auswärtige Amt den Rückzug der Türkei aus dem Gewaltschutzabkommen mit deutlichen Worten als "falsches Signal an Europa, aber vor allem an die Frauen in der Türkei". Klar sei, dass weder kulturelle, religiöse noch anderweitige nationale Traditionen als Deckmantel dienen könnten, um Gewalt gegen Frauen zu ignorieren.
7 Kommentare
Kommentare
Giordano Bruno am Permanenter Link
Die Türkei unter Erdogan entwickelt sich immer mehr zu einer radikal Islamistischen
Hochburg in Europa.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Erdogan hat ja schon vor Jahren Frauenproteste niederknüppeln lassen. Vielleicht waren die zu aufmüpfig und dann muss man sie halt - folgt man dem Koran - schlagen?
Ich persönlich nehme die Türkei als politischer Gesprächspartner ernst, wenn auch Männer auf die Straße gehen, um gegen die Zurückdrängung türkischer Frauen in die alten Rollenklischees zu protestieren.
Ansonsten bleibt das dumpfe Gefühl, die würden sich darüber freuen, wenn die Frau zu Hause wieder kuschen und sich wieder bei Widerworten schlagen lassen muss, wenn das "traditionelle Familienbild" wieder gelebt wird...
Klaus Weidenbach am Permanenter Link
Nach Meinung des Präsidenten sind Frauen doch am besten durch ein Kopftuch und in der Küche geschützt, daher bedarf es keines zusätzlichen Frauenschutzabkommens. Wenn sich die Frauen nur daran halten würden...
Hans Trutnau am Permanenter Link
Rä-Tä-Ä, wie er in der Türkei nach seinen Initialen spöttisch genannt wird, handelt nur konsequent. Muss man erstmal durchhalten.
Roland Fakler am Permanenter Link
Wer eine Diktatur gewählt hat, sollte sich nicht beklagen, wenn der Diktator mal schlechte Laune hat und dem Volk eine über den Schädel zieht…das ist normal!
Roland Schütze am Permanenter Link
Hab ich das richtig verstanden? Nicht die Täter, sondern diejenigen, die sich ihrer Gewalt entgegenstellen, schaden der Familie und fördern Scheidungen?
Martine Landau am Permanenter Link
Und auf ein Neues: Religiös-Konservative alte weiße Männer. Es ist immer dasselbe und es spielt überhaupt keine Rolle wie die Religion ideologisch gelabelt ist.
Wenn Religion Kultur ist, dann ist Zivilisation sie zu überwinden.
Ich weiß, dass ich das ständig wiederhole. Wer hat's mir denn beigebracht?