Die Ende März auf change.org gestartete Online-Petition "Europas Freiheit schützen – Politischen Islam stoppen!" wurde von der Petitionsplattform wegen "impliziter Hassrede" gelöscht. Und das, obwohl sich die Petenten deutlich von Rechtsextremen distanzierten und ihre Kritik auf dem Fundament von Menschenrechten und Humanismus formulierten.
Länder, in denen Staat und Islam miteinander verquickt sind, sind aus menschenrechtlicher Perspektive höchst problematisch: Prügel- oder gar Todesstrafen für Homosexualität, Ehebruch und Abfall vom Glauben sowie Verschleierungszwang für und Entrechtung von Frauen, begründet mit heiligen Schriften aus einem anderen Jahrtausend.
Gegebenheiten, die aus humanistischer Sicht dringend kritisiert werden sollten. Doch mit der menschenrechtlich-humanistischen Islamkritik tut man sich in den Ländern des sogenannten Westens schwer. Allzu leicht gerät hier jegliche Form der Islamkritik in den Mahlstrom des Vorwurfs von Rassismus und Hassrede.
Dies geschah nun auch mit der Petition "Europas Freiheit schützen – Politischen Islam stoppen!" auf der Online-Petitionsplattform change.org. Die Ende März dort veröffentlichte Petition richtet sich gegen den Politischen Islam in Europa, für den islamisches Recht über dem geltenden Recht liberaler Demokratien steht.
"Seit den Attacken auf Salman Rushdie vor mehr als dreißig Jahren fasst der politische Islam in Europa immer mehr Fuß. Das gefährdet die offenen Gesellschaften unserer liberalen Demokratien. Die jüngsten islamistischen Morde in Frankreich, Deutschland und Österreich fordern unseren entschiedenen Widerspruch", so heißt es in der Einleitung der Petition. Und auch: "Wir wollen die Abwehr des islamischen Fundamentalismus nicht mehr den Rechtsextremen überlassen. Wir setzen aus der Mitte der Gesellschaft ein Zeichen dagegen."
Die Petenten und Erstunterzeichner distanzieren sich von Rechtsextremen und sind nach eigener Aussage "zum Teil aktive Mitglieder bei den GRÜNEN, in der SPD, der FDP und auch der CDU. In ihrer kritischen Positionierung zum Politischen Islam überwinden sie interparteiliche Kontroversen und fordern gemeinsam die strikte Orientierung an den säkularen Vorgaben unserer Verfassung" wie:
- die strikte Trennung von Staat und Religion
- die strikte Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frau und Mann
- die strikte Durchsetzung von Meinungs-, Glaubens- und Wissenschaftsfreiheit
- die strikte Zurückweisung von Herrenmenschenmentalität, egal, ob ethnisch oder religiös.
Zum Verhängnis scheint den Petenten jedoch geworden zu sein, dass sie neben den oben genannten Forderungen auch "die patriarchale Verhüllungspraxis des politischen Islam in den liberalen Demokratien Europas" zurückweisen, und damit insbesondere den "Hijab auf Mädchenköpfen" – also bei noch nicht religionsmündigen Personen –, den "Hijab in staatlichen Bildungseinrichtungen, in Behörden, Justiz und Polizei" – also das offensive Tragen religiöser Symbole durch Personen, die den Staat repräsentieren – sowie die "Vollverschleierung im öffentlichen Raum".
Am 6. April wurde die Petition von change.org mit der Begründung gelöscht, dass sie "Hassrede" beinhalte. Auch ein Widerspruch der Petenten blieb erfolglos. "Die Petition wurde mehrfach gemeldet und eine entsprechende Prüfung eingeleitet", erklärte change.org auf Anfrage gegenüber dem hpd. Das "Policy Team" des Vereins sei nach eingehender Analyse der Inhalte zu der Entscheidung gekommen, dass die Petition gegen die Community-Richtlinien verstoße, weil es sich bei dem Inhalt um "implizite Hassrede" handle. "Auf Change.org verstehen wir unter Hassrede jeden Inhalt, der direkt oder indirekt eine ganze Gruppe von Menschen wegen einer Eigenschaft, die sie gemeinsam haben, angreift. Die betreffende Petition kann so interpretiert werden, dass sie das Tragen von Kopftüchern gleichsetzt mit Gewalt, die von islamistischen Extremisten begangen wird. Daher sah das Policy Team hier den von uns definierten Tatbestand der impliziten Hassrede erfüllt."
Nun ist die Sache mit dem Kopftuch eine kniffelige Angelegenheit. Selbstverständlich ist das Tragen des Kopftuchs von einer Muslima nicht gleichzusetzen mit einem islamistischen Mordanschlag. Doch ist andererseits nicht wegzureden, dass der Kampf um die Stärkung des Politischen Islams in Europa tatsächlich zu einem nicht unwesentlichen Teil auf den Köpfen von Frauen ausgetragen wird. Obwohl von einer Verschleierung weiblicher Kinder in islamischen Schriften nicht die Rede ist, setzen Verfechter des Politischen Islams ein Zeichen für ihre Ideologie, indem sie bereits weibliche Kleinkinder verschleiern. Auch bei Gerichtsprozessen, in denen kopftuchtragende Muslimas versuchen als Richterinnen, Staatsanwältinnen, Lehrerinnen oder in anderen Funktionen, die den Staat repräsentieren, das offensive Zeigen ihrer Religion durch Tragen des Kopftuchs durchzusetzen, zeigt sich, dass sie nicht selten finanziert sind von Vereinigungen, die mit dem Politischen Islam liebäugeln. Ein Sachverhalt, der dem Policy Team von change.org möglicherweise nicht bewusst war.
Obwohl die Petenten ihre Forderungen eindeutig humanistisch-menschenrechtlich begründeten, wurden auch rechte Kreise auf die Petition aufmerksam, wie dies häufig beim Thema Islamkritik zu geschehen pflegt. Dass dort der abschließende Absatz der Petition, der sich deutlich gegen rassistisch motivierte Islamkritik ausspricht, auf Gegenliebe getroffen ist, ist allerdings eher unwahrscheinlich: "Europa ist nicht vollkommen. Aber es bietet Schutz vor Krieg und Zerstörung. Viele Menschen sind nach Europa geflohen, weil hier Freiheits- und Grundrechte verbrieft sind. Diese freiheitlich-demokratischen Ordnungen werden wir mit all unseren Kräften verteidigen. Wir stehen für ein säkulares und freies Europa für alle, die hier leben."
Die Petenten haben die von change.org gelöschte Petition nun auf der Online-Petitionsplattform openPetition eingestellt, wo sie gezeichnet werden kann.
24 Kommentare
Kommentare
maik am Permanenter Link
Zurecht ist das verboten. Wenn dort jemand eine Petition unter dem Titel "Finanzielles Judentum stoppen" erstellt hätte, wäre diese wohl ebenso wegen Hassrede gelöscht worden.
Thomas R. am Permanenter Link
"Europas Freiheit schützen – Politisches Judentum stoppen!" wäre (!) unter den entsprechenden Umständen (!) natürlich ebenso zu fordern.
maik am Permanenter Link
Sie wollen also das Judentum "loswerden"?
Robert Fies am Permanenter Link
Selbstverständlich wollen wir das politische Judentum loswerden, das uns vorschreiben möchte, wann und wie qualvoll wir abzukratzen haben.
Thomas R. am Permanenter Link
Bitte beachten Sie die Ausrufezeichen, denn ich habe sie mit Bedacht eingefügt. Und ja, ich möchte die jüdische Religion ebenso loswerden wie alle übrigen Wahnsysteme.
Robert Fies am Permanenter Link
Vollkommen richtig.
Kopftuchverbote sind für mich allerdings kein besonders guter Ansatz für Säkularität. Denn was sage ich einer Frau oder einem Mädchen, die sich auf das Selbstbestimmungsrecht beruft, ein Kopftuch tragen zu dürfen? Lediglich in Fällen, wo das Symbol mit dem säkularen Rechtsstaat in Konflikt steht (z.B. Richterin im Gerichtssaal) kann ich es nachvollziehen.
Thomas R. am Permanenter Link
"Denn was sage ich einer Frau oder einem Mädchen, die sich auf das Selbstbestimmungsrecht beruft, ein Kopftuch tragen zu dürfen?"
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Robert Fies am Permanenter Link
Leider kann man die Selbstbestimmung nicht verteidigen, indem man sie staatlich verbietet. Das ist ein allgemeines Grundprinzip eines freiheitlichen Rechtsstaates.
Thomas R. am Permanenter Link
"Leider kann man die Selbstbestimmung nicht verteidigen, indem man sie staatlich verbietet."
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T. G. am Permanenter Link
@maik
"Wenn" - "hätte" - "wäre" ...
Worin genau sehen Sie denn in dieser Petition eine "Verächtlichmachung religiöser Gemeinschaften"? Wer und/oder was konkret wird da (Ihrer Meinung nach) "verächtlich" gemacht?
Ist die Gegnerschaft gegen den politischen Extremismus bestimmter muslimischer Kreise für Sie schon gleichbedeutend mit Antisemitismus (weswegen Sie hier als Totschlag-Einwand mehrmals auf den Judenhass verweisen)?
Roland Fakler am Permanenter Link
Eine Weltanschauung, die Andersdenkende in die Hölle wünscht (etwa 200 mal im Koran) und den freiheitlichen Staat ablehnt, darf man nicht tolerieren, sondern man sie sie kritisieren…solange Kritik noch möglich ist.
Tyto Alba am Permanenter Link
Anscheinend ist es zu spät. Samuel Paty ist der beste Beweis dafür. Sein bösartiger Mörder ist in Tschetschenien pompös zu Grabe getragen worden und eine Straße trägt seinen Namen.
Hubert Gotzes am Permanenter Link
Nennt man soetwas nicht versteckte Zensur!?
Angelika Wedekind am Permanenter Link
Bei change.org arbeitet eine Kopftuchtragende Frau mit, zu sehen auf deren website mit Foto von allen Mitarbeiter/innen......
A.S. am Permanenter Link
Auch wenn ich die Petition an sich gut finde - die Petitionsplattformen selber sehe ich kritisch, auch unter Datenschutzaspekten.
Die Betreiber dieser Plattformen erfehren genau, wer wie denkt, samt E-Mail-Adresse. Lässt hier Cambridge Analytica grüßen???
Tobias Seyb am Permanenter Link
So langsam mach ich mir echte Sorgen. Da läuft einiges schief in unserer Gesellschaft. Und die Verantwortlichen werden die nächsten Jahrzehnte prägen.
Roland Weber am Permanenter Link
Das haben Religiöse schon immer so an sich: Lieber einen Andersgläubigen dulden, ggf. eben auch ein Verfassungsfeind als irgendwie Ungläubige zu unterstützen bzw. auch nur zu dulden!
Man muss hohe Werte als Früchte des Denkens nur so hoch hängen, dass alle anderen nicht mehr an sie drankommen! Eben!
Egal, was sich die Kirchen und religiös Orientierte so leisten mögen, es gibt immer noch genug stille Sympathisanten im Machtgefüge, die alles dafür tun, um eine wirkungsvolle Opposition abzuwürgen. Kämpferische Lippenbekenntnisse sollen beruhigen.
David Z am Permanenter Link
"Obwohl die Petenten ihre Forderungen eindeutig humanistisch-menschenrechtlich begründeten, wurden auch rechte Kreise auf die Petition aufmerksam, wie dies häufig beim Thema Islamkritik zu geschehen pflegt."
Wir sollten aufhören, ständig verängstigt nach rechts zu schauen. Das ist sowas von lähmend. Die in der Petition genannten Argumente sind gut, die Intention redlich, die Abgrenzung nach Rechtsaußen klar. Ob die bösen Rechten diese Ideen zum Teil teilen, ist völlig unerheblich. Die Argumente bzw die Petition an sich werden dadurch nicht verwerflich.
"Zum Verhängnis scheint den Petenten jedoch geworden zu sein, dass sie neben den oben genannten Forderungen auch "die patriarchale Verhüllungspraxis des politischen Islam in den liberalen Demokratien Europas" zurückweisen."
Ich würde behaupten, dass der Kampf um die Selbstbestimmtheit der "muslimischen" Frauen DER Schlüssel zum Erfolg im Kampf gegen den aggressiven, politischen Islam darstellt. Der Punkt steht somit völlig zurecht in der Petition. Wenn Kritik am orthodoxen Rollenverständnis der Frau, der sich grade auch im Kopftuch manifestiert, bereits Hassrede darstellt, dann "frisst die Revolution grade ihre Kinder.". Erneut ein Zeichen dafür, dass wir hier mit unseren restriktiven Ideen zur sogenannten "Hassrede" völlig über das Ziel hinausschiessen und erheblichen Kollateralschäden verursachen.
A.S. am Permanenter Link
Der ewig wiederkehrende Verweis auf die "Gefahr von Rechts" ist doch nur Mittel zum Zweck, berechtigte Kritik am Islam zu unterdrücken.
Wolfgang von Sulecki am Permanenter Link
Für viele Wochen hatte ich eine Petition von change.org, als deren Ziel die Beendigung der Zahlungen von Bezügen an Mitarbeitende von christlichen Organisationen durch den Staat gefordert wurde, in meinem Blog veröffe
Eine gemeinnützige Organisation wie change.org sollte in der Lage sein zwischen Hassrede und dezidiert dargelegter Absicht zu unterscheiden. Hier wäre es interessant zu erfahren, aus welchem Personenkreis sich die Entscheider dort zusammengesetzt haben. Möglicherweise liegen da Interessenkonflikte vor?
G. Hantke am Permanenter Link
Was ist das anderes als Zensur? Zwar nicht (direkt) von staatlicher Seite, sondern von Politamateuren, denen der Durchblick fehlt.
Für mich ist change.org damit gestorben.
Ingrid Schmall am Permanenter Link
Das Kopftuch ist laut #Koran Sure 33,59 ein koranisches Herrenmenschenerkennungssymbol.
Sure 33 ist eine Sure aus der Medinazeit und hebt daher alle Suren aus der Mekkazeit auf. Die Reihenfolge der Suren wird leider nur von ihrer Länge bestimmt und nicht von ihrer Entstehungszeit.
Thomas R. am Permanenter Link
"Selbstverständlich ist das Tragen des Kopftuchs von einer Muslima nicht gleichzusetzen mit einem islamistischen Mordanschlag."
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VMitschke am Permanenter Link
Christlich Demokratische Union, Christlich Soziale Union wie ist da eine strenge Trennung von Kirche und Staat möglich ? so wahr mir Gott helfe.