Nur wenige Tage vor der NRW-Wahl ist die dortige CDU in einen neuen Graue-Wölfe-Skandal verwickelt. Dieses Mal war es der Neusser CDU-MdL Jörg Geerlings, der den türkischen Rechtsextremisten einen Besuch abstattete. Wäre das ein Einzelfall, könnte man seinen Beteuerungen, er habe nicht gewusst, wo er da war, Glauben schenken. Aber insbesondere aufgrund der Vorgeschichte von 2014 sind diese Rechtfertigungen nicht mehr glaubwürdig. Offenbar hat sich an dem Islamismus-Problem der NRW-CDU trotz der damaligen Skandale und Auseinandersetzungen bis heute nichts geändert. Ein Kommentar.
Am Sonntag wird in Nordrhein-Westfalen ein neuer Landtag gewählt. Und nur wenige Tage vor dieser Wahl ist die Landes-CDU erneut in einen Graue-Wölfe-Skandal verwickelt. Dieses Mal war es der Neusser CDU-MdL Jörg Geerlings, der im Wahlkampf in Räumlichkeiten der vom Verfassungsschutz beobachteten türkischen Rechtsextremisten für Fotos posierte. Diese Fotos wurden dann am 29. April von seinem Parteifreund Yasar Calik auf Facebook veröffentlicht.
Gegenüber der Rheinischen Post verteidigte Geerlings seinen Besuch bei den Grauen Wölfen: "Die Fotos sind entstanden, als ich vor zwei Wochen zu einem offenen Fastenbrechen in Neuss eingeladen war. Wir waren ungefähr eine Dreiviertelstunde vor Ort. Dort waren nicht nur türkische Mitbürger anwesend, sondern Vertreter ganz verschiedener Moscheegemeinden und Nationen – Afghanen, Syrer, Kurden und Aleviten. Insgesamt müssen es etwa 70 Personen gewesen sein." Die Symbole in seinem Rücken habe er nicht wahrgenommen. "Und ich hätte sie wahrscheinlich auch nicht erkannt. Aber selbst wenn, wäre ich nicht weggerannt. Ich diskutiere mit jedem. Und ich würde in jeder Debatte leidenschaftlich für unsere freiheitliche Grundordnung streiten. Mir eine Nähe zu Rechtsextremismus zu unterstellen, ist völlig absurd."
Wäre das ein Einzelfall, könnte man seinen Beteuerungen, er habe nicht gewusst, wo er da war, Glauben schenken. Nur hätten Jörg Geerlings, selbst wenn ihm die Symbolik der Grauen Wölfe nicht bekannt ist, spätestens Bilder von heulenden Wölfen im Hintergrund stutzig machen müssen. Und es ist alles andere als ein Einzelfall, denn Politiker der NRW-CDU sind in den letzten Jahren mehrfach durch Besuche bei örtlichen Vertretern der Grauen Wölfe aufgefallen, so etwa CDU-MdL Frank Boss 2017 in Mönchengladbach. Und jedes Mal, wenn das später von Medien aufgegriffen wird, kommt die immer gleiche Ausrede, man habe ja gar nicht gewusst, wo oder bei wem man da überhaupt war. Gefolgt von der Bekundung, man trete überall für die freiheitlichen Werte ein.
Dass es bei solchen Politiker-Besuchen zu einem ehrlichen Austausch über kritische Punkte kommt, ist jedoch mehr als lebensfern. Man versucht sich allenfalls in gegenseitiger Instrumentalisierung. Hier sprechen wir also von einem Muster, das insbesondere in Wahljahren zu beobachten ist. Offenbar gehören die Grauen Wölfe zu jenen, die von der NRW-CDU in Wahljahren ganz besonders warmgehalten werden. Fotos aus früheren Jahren, die bis heute im Internet zu finden sind, zeigen noch andere CDU-Politiker, die in ähnlicher Weise die Distanz zu türkischen Nationalisten und Islamisten haben missen lassen.
Graue-Wölfe-Problem seit 2014 bekannt
Seit 2014 gibt es immer wieder Auseinandersetzungen und Presseberichte über Graue Wölfe, die in der NRW-CDU Mitglied oder gar politisch aktiv sind. Aufgebracht wurde die parteiintern zeitweise erbittert geführte Debatte durch die damalige CDU-Bundestagsabgeordnete Sylvia Pantel, die einen Unvereinbarkeitsbeschluss gefordert hatte, damit Graue Wölfe nicht mehr in der CDU politisch aktiv sein können. Der damalige CDU-Landesvorsitzende Armin Laschet verhinderte solche Beschlüsse jedoch mehrfach. Damit konnten bei der nordrhein-westfälischen Kommunalwahl 2020 öffentlich bekannte Graue Wölfe sogar auf CDU-Listen kandidieren, so etwa in Duisburg.
Auch macht stutzig, dass die Bilder von Geerlings' Besuch bei den Grauen Wölfen ausgerechnet von Yasar Calik auf Facebook verbreitet wurden. Calik brachte die Neusser CDU im April 2014 in bundesweite Schlagzeilen, weil er im Wahlkampf Taschen verteilte, bei denen das CDU-Logo mit dem türkischen Halbmond verfremdet war. Nachdem dies starke Empörung zur Folge hatte, behauptete er, dies sei ein Fehler der Druckerei gewesen.
Auffällig war damals, dass sich dieser Vorgang zur selben Zeit abspielte, als der Streit von Sylvia Pantel und Armin Laschet über die Grauen Wölfe in der CDU öffentlich eskalierte. Um die Wogen zu glätten, bat Jörg Geerlings Yasar Calik, die Taschen mit dem verfremdeten CDU-Logo nicht mehr zu verteilen. Ebenfalls 2014 stabilisierten CDU und Grüne ihre knappe Mehrheit im Neusser Stadtrat mit einem Stadtverordneten der islamistisch durchsetzten BIG-Partei, der sich selber als Mitglied genau jenes Moscheevereins bezeichnete, bei dem Jörg Geerlings jetzt für die Fotos posierte.
Diese Zusammenhänge dürften kaum Zufall gewesen sein. Das spricht vielmehr dafür, dass CDU-MdL Geerlings genau gewusst hat, wem er da seine Aufwartung macht. Fairerweise muss man dazu natürlich auch sagen, dass das Islamismus-Problem der NRW-CDU nicht repräsentativ für die Bundes-CDU ist. Andere CDU-Landesverbände halten sich von solchen Extremisten und Antisemiten überwiegend fern. Aber an den Vorgängen in Neuss sehen wir leider auch, dass sich in der NRW-CDU beim Umgang mit Islamisten trotz ihres neuen Vorsitzenden noch immer nichts geändert hat. Man zieht noch immer bei und mit Grauen Wölfen in den Wahlkampf. Und wenn man bedenkt, dass diese Zustände jetzt schon seit acht Jahren medial bekannt sind, ist das für eine demokratische Partei ein Armutszeugnis.
7 Kommentare
Kommentare
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Typisch NRW- zum Glück ist Laschet NICHT gewählt worden, damit wurde offensichtlich
ein Rechtsruck in unserer Politiklandschaft verhindert.
Ein Konglomerat aus christlicher und rechtsradikaler Gesinnung hat schon einmal in die
Katastrophe geführt und sollte in der BRD nicht wiederholt werden, wie es uns der Angriff Putins und Kyrill auf die Ukraine beweist und lehrt.
David Z am Permanenter Link
Warum wäre ein Rechtsruck in der Politiklandschaft schlecht?
Linke Politiker werfen sich extremistischen Gruppen aus der juristischen Grauzone genau so vor die Füsse, wahrscheinlich sogar noch sehr viel häufiger, siehe Berlin, Bremen und Hamburg
Hans am Permanenter Link
Lieber David,
um Ihnen zu antworten müsste man Ihnen erklären warum Gender-Problematik, Identiy-Politics(!), Wokeism weder Ideologien sind noch aus dem Ruder laufen noch die Gesellschaft zersetzen.
Da ich bezweifle, dass dieses möglich ist, verbleibe ich einfach nur mit "Nie wieder Faschismus."
David Z am Permanenter Link
Lieber Hans,
Das mögen Sie so sehen, dies macht ihre Sichtweise aber noch lange nicht wahr.
Ihrem letzten Satz stimme ich allerdings vollumfänglich zu. Zum Glück ist ein potentieller Faschismus eines der kleinsten Probleme, die wir in D derzeit haben.
A.S. am Permanenter Link
Beim Hofieren von "grauen Wölfen" und anderen Islamisten hat die CDU eindeutig Nachholbedarf gegenüber der SPD. [Sarkasmus aus]
Uwe Lehnert am Permanenter Link
Die Bundeszentrale für politische Bildung betitelt einen umfangreichen Bericht: »Graue Wölfe – die größte rechtsextreme Organisation in Deutschland.« Darin führt sie weiter aus: »Seit mehr als fünf Jahrzehnten existie
Der Beitrag von Sigrid Herrmann-Marschall ist daher sehr zu begrüßen. Aufklärende und warnende Texte dieser Art müssten viel mehr veröffentlicht werden. Die Gefahren, die unserer Gesellschaftsordnung von solchen Gruppierungen drohen, werden unterschätzt, meist sogar ignoriert. Sie lassen sich zusammenfassen unter der Bezeichnung »politischer Islam«, jener orthodoxen Interpretation des Islam, dessen Ziel die Formierung der gesamten Gesellschaft nach den Regeln von Koran und Scharia ist.
Leider muss festgestellt werden, dass die derzeitige Bundesregierung und zum Beispiel der rot-grün-rote Berliner Senat weit davon entfernt sind, in diesen Gruppierungen das zu sehen, was sie sind: Feinde unserer offenen und liberalen Gesellschaft. Im Gegenteil – sie arbeiten mit den Agitatoren des politischen Islam in vielerlei Weise zusammen. (Man lese im Ampel-Koalitionsvertrag nach in den Abschnitten zur Migration!)
Aktuelles Beispiel für Berlin ist die Problematik der sog. »Konfrontativen Religionsbekundung«. Dabei geht es um die Versuche dominierender muslimischer Schüler, andere muslimische Schüler im schulischen Alltag auf die Regeln des Koran zu verpflichten. Die begründeten Sorgen vieler Lehrer an Schulen mit einem hohen Anteil an Muslimen wegen der damit verbundenen erheblichen Beeinträchtigungen des Unterrichts und des Klassenzusammenhalts werden vom Berliner Senat als »antimuslimisch«, »rassistisch« und als »diskriminierend« bezeichnet. Dagegen wehren sich wiederum der Bezirksbürgermeister von Neukölln, Hikel (SPD), der stellvertretende Bezirksbürgermeister Liecke (CDU) und sogar die Integrationsbeauftragte Güner Balci und erwarten seitens der Schulverwaltung Unterstützung.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
@ Uwe Lehnert:
Ihr Kommentar zeigt deutlich das Problem unserer Politiker, welche nicht verstehen oder nicht verstehen wollen, wie gefährlich deren Anbiederung an den radikalen Islam für uns alle ist.
Danke für Ihren deutlichen Kommentar.