Der Vatikan erteilt dem "Synodalen Weg" eine deutliche Absage

Der Vatikan will das Reformtreiben deutscher Katholiken in die Schranken weisen und mahnt in einem Brief, adressiert an die Dialogplattform "Synodaler Weg", vor einer Spaltung der katholischen Kirche. Es sei "nicht zulässig im Alleingang neue amtliche Lehren und Strukturen einzuführen", heißt es darin.

Es brodelt in der katholischen Kirche. Schon häufiger klang der Unmut des Vatikans über den "Synodalen Weg" mindestens unter der Hand an. Nun gab es ein offizielles Schreiben des Kirchenstaats, das es in sich hat. Das Brisante: Es gibt noch nicht einmal eine Unterschrift eines Absenders unter dem Brief aus Rom. Darin heißt es: "Der 'Synodale Weg' in Deutschland ist nicht befugt, die Bischöfe und die Gläubigen zur Annahme neuer Formen der Leitung und neuer Ausrichtungen der Lehre und der Moral zu verpflichten". Außerdem sei es "nicht zulässig, in den Diözesen vor einer auf Ebene der Universalkirche abgestimmten Übereinkunft neue amtliche Strukturen oder Lehren einzuführen, welche eine Verletzung der kirchlichen Gemeinschaft und eine Bedrohung der Einheit der Kirche darstellen würde". Einige Kritiker sehen tatsächlich die im Brief beschriebene Möglichkeit einer Abspaltung der deutschen katholischen Kirche von Rom. Auch auf solche Gerüchte hat man in dem Schreiben vorsorglich gleich eine Antwort gefunden. So würde eine Teilkirche, sollte sie sich von der Weltkirche abspalten, "sich schwächen, verderben und sterben".

Die Vorsitzenden des "Synodalen Wegs" zeigten sich mehr als irritiert von den ungehaltenen Worten aus dem Vatikan und versuchten bereits, die Wogen zu glätten: "Wir werden nicht müde zu betonen, dass die Kirche in Deutschland keinen 'deutschen Sonderweg' gehen wird." Man sei sehr überrascht über die harsche Kritik des Heiligen Stuhls.

Das Bündnis "Synodaler Weg" plant trotzdem, weiter an seinen Reformvorschlägen festzuhalten. Abspalten wolle man sich nicht, heißt es in einer öffentlichen Antwort, jedoch sehe man es als Pflicht an, in bestimmten Bereichen weiter auf Änderungen hinzuwirken, wo diese notwendig seien. Dabei würden sich die Probleme und Forderungen vieler Katholiken weltweit durchaus mit den Kritikpunkten des "Synodalen Wegs" decken.

Die katholische Reformbewegung "Wir sind Kirche" zeigte sich von dem Schreiben aus dem Vatikan noch deutlicher vor den Kopf gestoßen. Sie sieht die Kritik nicht als gerechtfertigt an und führt die Worte aus Rom auf eine "bedrohliche Informationslücke" zurück. Man will die Dokumente und Ideen des "Synodalen Wegs" schnellstmöglich in mehrere Sprachen übersetzen lassen, um Missverständnisse auszuräumen.

Der "Synodale Weg" wurde 2019 vor allem als Reaktion auf die Missbrauchsskandale von der deutschen katholischen Kirche als Dialogplattform ins Leben gerufen (der hpd berichtete). Vier Themenbereiche haben die Reformer dabei als Debattenthemen besonders ins Auge gefasst: Die Abänderung des Zölibats, eine Verbesserung der Stellung der Frau und ihr Zugang zu höheren Ämtern, eine generelle Reform des Machtapparates und eine Anpassung der katholischen Sexualmoral. Das Dialogforum besteht aus Mitgliedern der Deutschen Bischofskonferenz und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK). Im "Synodalen Weg" beraten sich deutsche Bischöfe und Katholiken ohne Weihe, also Laien, wie es mit der katholischen Kirche in Deutschland weitergehen soll.

Noch steht eine Mehrheit der Deutschen Bischofskonferenz hinter dem "Synodalen Weg". Papst Franziskus hatte sich jedoch bereits zuvor skeptisch gegenüber der Reformbewegung und ihren Bestrebungen geäußert. "In Deutschland gibt es eine sehr gute evangelische Kirche. Wir brauchen nicht zwei davon", so die lapidare Aussage des Kirchenoberhauptes. Der Brief aus Rom hat die Gräben zwischen Hardlinern und Reformern unter den Katholiken nun noch einmal frisch aufgerissen.

Es ist nicht mehr zu übersehen, dass die katholische Kirche vor enormen Herausforderungen steht: Viele ihrer Mitglieder gerade in Westeuropa sind in ihren persönlichen Wert- und Moralvorstellungen deutlich moderner und offener eingestellt, als es der Katechismus und die katholische Glaubenslehre hergeben. Dieser Zwiespalt ist nun noch deutlicher als bisher hervorgetreten. Im Vatikan scheint es nicht mehr möglich gewesen zu sein, den immer stärker werdenden Wunsch nach "Reformation" wie sonst immer zu ignorieren. Der aktuelle Brief aus Rom zeugt vom krampfhaften Festhalten an längst überkommenen Strukturen, die von den meisten Gläubigen immer mehr abgelehnt werden. Die katholische Kirche steht vor dem Dilemma, ihre Identität zu verlieren, um mit der Zeit zu gehen, oder aufgrund weiter zunehmender Austritte in nicht allzu ferner Zukunft völlig bedeutungslos zu werden. Das aktuelle Schreiben scheint das trotzige Aufbegehren gegen einen Wandel zu sein, der bereits begonnen hat.

Unterstützen Sie uns bei Steady!