WUPPERTAL. (hpd/hvd) Die 17. Shell Jugendstudie 2015 befragte Jugendliche und konstatiert ein "wieder angestiegenes politisches Interesse. Weltweite Vorgänge werden von vielen aufgeschlossener zur Kenntnis genommen." Die Autoren der Jugendstudie kommen zu einem weiteren interessanten Ergebnis: "… während die Jugend langsam wieder ein Verhältnis zur Tradition gewinnt, kann die Religion, eigentlich der stärkste Pfeiler der Tradition, davon nicht profitieren."
Diese Beobachtung kann der HVD in Wuppertal aus seiner Erfahrung bestätigen: die Entwicklung ist nicht neu, Orientierung an Bekanntem aber unter Verzicht auf Religion. Dieses Ergebnis bestätigt vielmehr andere Untersuchungen, z.B. den Bertelsmann Religionsmonitor.
Wenig überraschend ist die Feststellung, dass die Mehrheit der Jugendlichen einer Kirche oder Glaubensgemeinschaft an gehört. Aber bemerkenswert: "An Gott zu glauben finden allerdings nur 38 % der Jugendlichen mit christlicher Konfession wichtig. Vor allem unter katholischen Jugendlichen hat der Glaube an Gott an Bedeutung verloren." Auch in Wuppertal ist bereits seit Jahren zu beobachten, dass die Anzahl konfessionsfreier Kinder und Jugendlicher kontinuierlich zurückgeht. Dies lässt sich anhand städtischer Zahlenveröffentlichungen nachvollziehen.
Des Weiteren ist den Autoren wichtig: "Konfessionslose Jugendliche sind immer noch eine Minderheit in Deutschland (23 %)." Diese Beobachtung widerspricht allerdings den Ergebnissen des Zensus2011, demgemäß es deutlich mehr Konfessionsfreie gibt, nämlich derzeit bundesweit rd. 34%.
Letztlich sind diese Angabe nur formal korrekt. Gehen doch die meisten Kirchenmitglieder längst nicht mehr mit ihren Kirchen konform. Gewöhnlich wird doch einfach hineingetauft.
Um hingegen Mitglied in einem Weltanschauungsverband wie z.B. dem Humanistischen Verband in Wuppertal zu werden, muss das 14. Lebensjahr vollendet sein und ein Aufnahmeantrag unterschrieben werden – mithin eine bewusste und selbsttätige Entscheidung!
Bei Jugendlichen steht die Religion heutzutage nicht mehr im Zentrum ihres Wertesystems. Zu diesem Schluss kommend auch die Autoren und schreiben: "… religiöse Rituale und Vorschriften aus vergangenen Zeiten schrecken viele Jugendliche ab. Sie verneinen nicht das Existenzrecht der Kirche, schätzen ihre soziale Rolle, vermissen jedoch oft Antworten auf wichtige Fragen ihrer Lebensführung."
Junge Leute und ihre Eltern beschreiten längst eigenständige Wege bei der Sinnsuche. Das macht sich auch seit vielen Jahren an dem stabilen Zuspruch zur alljährlichen Jugendfeier in Wuppertal und im Bergischen Land bemerkbar.
"Ein großer Teil dieser Jugendlichen bejaht dennoch die Institution der Kirche. 42 % finden es gut, dass es die Kirche gibt, 39 % nicht", heißt es in der Studie weiter. Aber: 42 % zu 39 %, ist das "ein großer Teil"? Das Glas ist doch halbleer.
Die Lage ließe sich auch so ausdrücken: Nur noch zwei von fünf Jugendlichen bejahen die Institution Kirche.
Pressemitteilung des HVD-Wuppertal / Bergisches Land
7 Kommentare
Kommentare
hp.schulz am Permanenter Link
Die Studie sagt: "42 % finden es gut, dass es die Kirche gibt". Das heißt umgekehrt, 58 % finden das eben nicht gut. Da steckt für säkulare Verbände ungeahntes Potential.
Nora K. am Permanenter Link
Die meisten Konfessionsfreien werden von der Gesellschaft auf zu vielen Ebenen immer noch ignoriert. Dazu lassen sich leider zu viele Konfessionsfreie ignorieren und denken es sei okay.
Axel am Permanenter Link
Der Artikel besagt deutlich, dass 39 % es nicht gut finden. Dann gibt es halt noch die Unentschlossenen.
Stephan am Permanenter Link
müsste es nicht "Auch in Wuppertal ist bereits seit Jahren zu beobachten, dass die Anzahl konfessionsfreier Kinder und Jugendlicher kontinuierlich zunimmt" heissen?
Ludwig Amann am Permanenter Link
Auch ich interpretiere die Grafik als Zunahme. Eine erfreuliche Tendenz al-
so, hoffentlich begleitet von der Hinwendung zum Humanismus, evtl.
mfg
Ludwig
Uwe Lehnert am Permanenter Link
Tatsächlich sagt eine bloße Mitgliedschaft, speziell in einer Kirche, der man von Geburt und aus Tradition angehört, über die tatsächliche Einstellung zum Glauben wenig aus.
Aufschlussreich ist deshalb auch, welche Befunde die beiden letzten – 2003 und 2013 – der alle zehn Jahre durchgeführten »EKD-Erhebungen zur Lage der Evangelischen Kirchen in Deutschland« erbracht haben. Danach betrug der Anteil der Mitglieder, die sich mit ihrer Kirche ziemlich bis stark verbunden fühlen, weniger als 50%, und etwa 40% konnten sich vorstellen, aus der Kirche auszutreten. Es waren dies zwar Aussagen nicht nur von Jugendlichen, aber so grundlegend verschieden sind diese Altersgruppen in ihrer Einstellung nicht.
Die fünfte Erhebung im Jahr 2013 verzeichnete einen leichten Anstieg bei jenen, die sich ihrer Kirche ziemlich bis stark verbunden fühlen. Gleichzeitig ist aber auch die Zahl jener gestiegen, die sich der Kirche kaum oder gar nicht verbunden fühlen. Das Mittelfeld der Schwachverbundenen hat ebenfalls weiter abgenommen. Es ist somit neben dem weiteren Mitgliederverlust eine Tendenz zur Polarisierung festzustellen. Desweiteren werden die Zahlen der Kirchenfernen weniger mit kontroversen Einstellungen erklärt als vielmehr mit völliger Gleichgültigkeit.
Besonders schmerzhaft für die evangelische Kirche ist nach diese letzten Erhebung das wachsende Desinteresse der unter 30-Jährigen. Religion ist in dieser Altersgruppe nur noch für 16 % von Bedeutung. Konfessionslosigkeit – so wird fast resignierend interpretiert – gilt inzwischen nicht mehr als sozial anstößig.
Klaus Maresch am Permanenter Link
Eine gute Nachricht, die Anlaß gibt zu der Hoffnung, dass der Moloch Kirche irgendwann implodiert.