Ukraine

Was es noch zu sagen gibt (1)

Der Sohn des Gouverneurs der Stadt Mykolaiv zerrt zusammen mit zwei Freunden eine junge Frau in ein Auto, vergewaltigen sie, schlagen sie anschließend brutal zusammen, würgen sie und entsorgen sie im Glauben, sie sei tot, auf einer Baustelle. Sie werden später von der Polizei vernommen und wieder frei gelassen, ohne Anklage. Dieser Fall gelangte an die Öffentlichkeit (was selten passiert) und Bewohner der Stadt gingen auf die Straße, um die Vergewaltiger zu finden und zu lynchen. Woraufhin die Männer zu ihrem eigenen Schutz wieder festgenommen wurden.

 

Das Selbstverständnis, wie Regierungsmitglieder mitsamt Anhang betrügen, stehlen, quälen, morden, treibt vielen in der Ukraine die Zornesröte ins Gesicht. Darauf folgt die Ohmacht gegenüber Behörden, die vertuschen und kuschen.

Richter sind käuflich. In der Ukraine business as usual. Ist ein Richter mal nicht käuflich, oder wurde er von der "falschen" Seite bestochen, kann er schon mal Opfer eines tödlichen Autounfall werden.

Die Demonstrationen in Kiew hatten am 30. November frühmorgens einen traurigen Höhepunkt. Die Sondereinheit Berkut (übersetzt: Steinadler) stürmte den Platz der Unabhängigkeit, wo sich um diese Zeit nur wenige Menschen aufhielten, schlugen auf die übersichtliche Gruppe von Demonstranten ein, meist junge Studenten, einige nicht mal volljährig, luden einige davon in Einsatzwagen, wo weiter auf sie eingedroschen wurde, sperrten sie in Zellen, führten sie einem Richter vor. Vor Gericht ging die Odyssee weiter. Anwälte wurden grundlos und entgegen jeglichen gesetzlichen Bestimmungen des Gerichtssaals verwiesen; ein Anwalt wurde gar im Gerichtsgebäude zusammengeschlagen. Gegen die jungen "Delinquenten", deren Vergehen es war, auf dem Platz gestanden zu haben, - was durch das Versammlungsrecht in der Ukraine eigentlich geschützt ist - wurden zwei Monate Untersuchungshaft angeordnet, mit der "Aussicht" auf mehrjährige Haftstrafen. Nach erheblichem Druck der Öffentlichkeit wurden die meisten wieder entlassen. Sie mussten jedoch Strafe zahlen und gelten als vorbestraft. Einige der abgeführten Demonstranten werden immer noch vermisst. Niemand weiß, wo sich diese jungen Menschen jetzt befinden oder ob sie überhaupt noch leben. Studenten wurden also verhaftet, aber Mitglieder der Berkut und der Polizei blieben trotz Videobeweisen unbehelligt. Obendrein erhielten die uniformierten Beamten noch Prämien in Höhe von 500 USD, jeder einzelne.

Der Druck der Straße veranlasste den Präsidenten schlussendlich, der Menge ein Bauernopfer zu geben. Es waren sogar zwei. U.a. der Bürgermeister Kiews, Popow. Der Hauptschuldige an diesen Übergriffen, Minister Klujew, wurde trotz starker Beweislast freigesprochen und darf weiterhin sein Amt zum wirtschaftlichen Vorteil seines Bruders nutzen, der die größten Solarparks des Landes leitet, ein äußerst lukratives Geschäft seit der Einführung des "green tariff".

Während der bereits über fünf Wochen andauernden Demonstrationen in Kiew wurden über 50 Journalisten brutal zusammengeschlagen.

Sicher, es gab schon immer viele Missstände in der Ukraine. Doch seit 2010 ist eine Explosion an Untaten seitens Staatsbeamten nicht zu übersehen.

Die Ursachen zur Wut sind zahlreich. Die Wut vieler Bürger ist grenzenlos.

 

(wird fortgesetzt)