Das Genfer Abkommen

Nachtrag

Bereits am Tag eins nach dem Genfer Abkommen wurden die o.g. Befürchtungen Realität. Russland verlangt nun tatsächlich erst die Entwaffnung der Paramilitärs in Kiew, ansonsten will es auf keinen Fall seinen Einfluss zur Entwaffnung der Provokateure in der Ostukraine geltend machen.

Moskau wirft der Ukraine derweil vor, sich nicht an das Genfer Abkommen zu lassen. Wobei Moskau selber nicht den geringsten Schritt unternommen hat, seinen Verpflichtungen aus dem Genfer Abkommen nachzukommen. Diese Taktik, mit rhetorischen Mitteln Ausreden für ein Nichthandeln im Kontext des Abkommens zu suchen, macht das Genfer Abkommen obsolet. Ein weiteres Stück Papier in dieser Ukraine-Krise ohne jegliche Bedeutung. Eigentlich wäre es mittlerweile nötig, diese Krise als das zu benennen, was sie nun wirklich ist: Eine Russland-Krise.

Vier Tage nach dem Abkommen schreibt die Welt: “Inzwischen ist klar, dass Russland nie auch nur im Entferntesten daran gedacht hat, das Abkommen von Genf einzuhalten. Die ‘grünen Männchen’ in ihren professionellen Tarnunifomen ohne Hoheitszeichen machen in der Ostukraine weiter wie bisher.”

Oder wie es jemand kürzlich in einem Forum formulierte: “Kerry hat sich über den Tisch ziehen lassen. Aber da ist er ja in bester Gesellschaft mit der gelernten Kindergärtnerin Ashton, die Dank Frauenquote zur EU-Außenministerin avancierte.”

Die vorgetäusche Kompromissbereitschaft Russlands in Genf hatte nur einen einzigen Grund: Härtere Sanktionen gegen Russland abzuwenden oder wenigstens zu verzögern. Die EU und die USA sind darauf hereingefallen.

Die absolut naive Denkweise des Westens, dass mit kleinen Sanktiönchen und einigen diplomatischen Alibi- Gesprächen Putin gebremst werden könnte, hat sich als falsch erwiesen. Und deshalb leiden mittlerweile Millionen Menschen auf der Krim und in der Ostukraine und haben eine unsichere Perspektive resp. sind Russland zwangseinverleibt oder riskieren dies demnächst.

Putin wird die Ukraine gängeln, bis er sein Ziel erreicht hat. Er will dieses Land daran hindern, friedlich, demokratisch und wirtschaftlich stabil zu werden. Eine “erfolgreiche” Ukraine an seiner Westgrenze ist für Putin ein nicht hinnehmbares Szenario. Die Menschen in seinem Land, in der Russischen Föderation, würden sich ansonsten die Frage stellen, warum es den Menschen in der Ukraine bedeutend besser gehe als ihnen selber. Die aus der Beantwortung dieser Frage resultierende Unzufriedenheit könnte einen Maidan in Moskau auslösen … und somit der Anfang von Putins Ende sein.

 

Der Autor ist Luxemburger Staatsbürger, Jurist und als Unternehmensberater in der Ukraine tätig. Er lebt seit 15 Jahren in der Ukraine, hat die Orange Revolution aktiv miterlebt und damals für das Luxemburger Tageblatt und Radio berichtet.