Kirchensteuer

28. Subventionsbericht der Bundesregierung: Über 4 Milliarden für die Kirchen

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Während es zuletzt zu den sogenannten Staatsleistungen in Höhe von jährlich rund 549 Millionen Euro, die als staatliche Entschädigungszahlungen für im 18. und 19. Jahrhundert erfolgte Enteignungen der evangelischen und katholischen Kirche in Deutschland von der öffentlichen Hand an die beiden Kirchen gezahlt werden, eine breite Diskussion bis hin zu Bundestagsanträgen gab, gilt die Milliardensubvention für religiöse Gesellschaften im Rahmen der Kirchensteuer als die vergessene Subvention.

Die öffentliche Hand subventioniert die Religionsgemeinschaften, die in Deutschland Kirchensteuern erheben dürfen, jährlich mit über 4 Milliarden Euro. Dies geht aus dem aktuellen 28. Subventionsbericht der Bundesregierung hervor. Für das Jahr 2020 weist der Bericht den absoluten Spitzenwert seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland in Höhe von 4,2 Milliarden Euro (4.200 Millionen Euro) aus. Erstmals wurde die 4-Milliarden-Grenze im Jahr 2019 mit 4,125 Milliarden Euro durchbrochen.

Da die evangelische und die katholische Kirche in Deutschland im Jahre 2019 Kirchensteuer in Höhe von 12,7 Milliarden Euro eingenommen haben, kann man bei den staatlichen Subventionen von 4,125 Milliarden Euro davon ausgehen, dass die in Deutschland gezahlten Kirchensteuern zu über 30 Prozent von allen Steuerzahlenden bezahlt werden, obwohl die größte Bevölkerungsgruppe in Deutschland laut der Forschungsgruppe Weltanschauungen (fowid) mit 38,8 Prozent im Jahre 2019 die der konfessionslosen Menschen ist. Gefolgt von der katholischen (27,1 Prozent) und der evangelischen Bevölkerungsgruppe (24,9 Prozent).

Laut dem 1. Subventionsbericht der Bundesregierung betrug der staatliche Steuerausfall durch die Kirchensteuer im Jahre 1966 nur 332 Millionen Euro. Die Milliardengrenze wurde dann schnell in den 1970er Jahren überschritten. 1991 fiel dann die 2-Milliarden-Grenze. In den letzten 10 Jahren vergrößerte sich der Steuerausfall von 3,04 Milliarden im Jahr 2011 um rund 1 Milliarde Euro auf den von der Bundesregierung geschätzten Wert von 4,055 Milliarden Euro für das Jahr 2021.

Rechnerisch erklärt sich der gigantische Zuwachs der Subventionen durch das stetig steigende Volumen der gezahlten Kirchensteuer. Dank steigender Einkommen der Kirchensteuerzahlenden, die mehrheitlich der Mittelschicht zugeordnet werden, dem Mitgliederschwund zum Trotz. Gesellschaftlich dürfte die Milliardensubvention aber immer schwieriger zu rechtfertigen sein, da die Mitgliederzahl dieser hochsubventionierten religiösen Gesellschaften tatsächlich seit vielen Jahren rasant schwindet. So fiel der katholische und evangelische Bevölkerungsanteil laut der Bundeszentrale für politische Bildung von 95,4 Prozent im Jahre 1966 auf nur noch 52,1 Prozent im Jahre 2019. Tendenz: weiter fallend. Den Subventionsberichten der Bunderegierung kann man entnehmen, dass in dem Zeitraum von 1966 bis einschließlich 2019 der gesamte staatliche Steuerausfall durch die Kirchensteuersubventionen über 120 Milliarden Euro (120.000.000.000 Euro) betragen hat.

Die Milliardensubvention für die Kirchenmitgliedschaft ist im Subventionsbericht der Bundesregierung unter der Rubrik "Einkommen- und Körperschaftssteuer" (Lfd. Nr. 5) mit einem Abstand von über 2 Milliarden zum nächsten Subventionspunkt der größte Einzelposten. Keine Bevölkerungsgruppe wird in diesem Bereich großzügiger von der öffentlichen Hand gefördert. Laut dem Bericht ist die Zielsetzung der Maßnahme die "Begünstigung anerkannter Religionsgesellschaften und ihnen gleichgestellter Religionsgemeinschaften aus kirchen- und sozialpolitischen Erwägungen."

Diesen sozialpolitischen Erwägungen würden die Milliardensubventionen für die Kirchen vermutlich mehr dienen, wenn der Staat diese statt an die Kirchen direkt zu 100 Prozent in staatliche Sozialpolitik fließen lassen würde, da laut einem Artikel von Deutschlandfunk Nova vom 12. November 2019 weniger als 10 Prozent der Kirchensteuer tatsächlich für karitative Zwecke verwendet werden. "Zuschüsse an Caritas und Diakonie machen ungefähr zehn Prozent aus. Kirchliche Einrichtung der Caritas und der Diakonie, Altenheime und Kindergärten zum Beispiel, werden zu einem sehr hohen Prozentsatz – über 90 Prozent – staatlich bezuschusst.", erklärt Christiane Florin, Redaktion Religion und Gesellschaft des Deutschlandfunks. Das Geld diene in erster Linie dem jeweiligen Bistum dazu, sein Personal zu finanzieren.

Möglich ist diese Milliardensubvention dank des eigentlich unscheinbaren Paragraphen 10 Absatz 1 Nummer 4 des Einkommensteuergesetzes. Dieser besagt, dass die Kirchensteuer in voller bezahlter Höhe ohne Beschränkung bei der Steuererklärung als Sonderausgabe angegeben werden kann und somit die Steuerlast für die Steuerpflichtigen senkt. Dadurch verzichtet der Staat jährlich auf besagte 4 Milliarden Euro. Diese Subvention gilt derzeit unbefristet.

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