Putins Angriff auf die Ukraine ist auch ein Angriff auf die offene Gesellschaft. Allerdings steht der russische Machthaber mit seiner religiös-nationalistischen Propaganda keineswegs allein da. Identitäre Denkmuster sind weltweit auf dem Vormarsch – wie Michael Schmidt-Salomon in einem Beitrag für das Anfang Oktober erscheinende "bruno."-Jahresmagazin ausführt, den der hpd an dieser Stelle vorab veröffentlicht.
Friedrich Böttiger, ein promovierter Sozialwissenschaftler, will in "Der Mensch ohne Gesicht" eine so im Untertitel versprochene "Kritik der Identitätspolitik" aus "dialektisch-materialistischer" Sicht vornehmen. Der Darstellung fehlt indessen schlicht die Bodenhaftung, ergeht sie sich doch in abstrakten Reflexionen.
In ihrem Buch "Zynische Theorien" kritisieren Helen Pluckrose und James Lindsay die identititätspolitischen Entwicklungen von links, welche über das Engagement für Minderheiten zur Renaissance des Stammesdenkens führe. Anschaulich machen die Autoren dabei deutlich, dass die ideengeschichtlichen Hintergründe dafür im Postmodernismus zu sehen sind. Ein lesenswertes Buch zu einer aktuellen Kontroverse.
Auch in seinem neuen Buch kritisiert Bernd Stegemann die linke Identitätspolitik, wenngleich der gewählte Titel "Wutkultur" das nicht vermuten lässt. Der Autor macht in seinem Essay anschaulich deutlich, dass mit der kritisierten Form von Identitätspolitik auch Individualismus und Universalismus objektiv negiert würden.
In "Nicht mein Antirassismus" artikuliert die türkischstämmige Journalistin Canan Topçu ihren Unmut darüber, dass identitätspolitische Auffassungen häufig genug mit überdrehten Positionen einhergehen und sich monopolartig als Interessenvertreter für diskriminierte Minderheiten präsentierten.
Das queere "Soura Film Festival" zeigte am 22. Oktober die Filmdokumentation "Seyran Ateş: Sex, Revolution and Islam". Eine vorgesehene Podiumsdiskussion über den Film, der die Gründung und Arbeit der Ibn-Rushd-Goethe-Moschee zeigt, wurde kurzfristig abgesagt mit der Begründung, Seyran Ateş solle kein Podium für ihre "islamophoben" Auffassungen geboten werden.
Nicht nur in den Feuilletons ist immer wieder von einer "Identitätslinken" die Rede. Doch was meint diese Bezeichnung eigentlich? Welche Besonderheiten sind der "Identitätslinken" eigen? Wie unterscheiden sie sich von den "Identitätsrechten" und "Soziallinken"? Passen Bezeichnungen wie "Lifestyle-Linke" oder "Salon-Linke" nicht besser? Und worin bestehen eigentlich die Einwände gegen die gemeinte "Identitätslinke"? Um Antworten hat der hpd den Politikwissenschaftler und Soziologen Armin Pfahl-Traughber gebeten.
In ihrem neuen Buch "Die Selbstgerechten. Mein Gegenprogramm – für Gemeinsinn und Zusammenhalt" kritisiert die bekannte Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht auch die "Lifestyle-Linke", die sich angesichts ihrer intoleranten Identitätspolitik nicht mehr für die soziale Ungleichheit interessiere. Ihre Argumente sind ebenso wenig neu wie ihre aufgezeigte Alternative; gleichwohl positioniert sich hier erstmals eine bekannte linke Politikerin deutlich gegen die identitätslinke Fixierung auf das Moralisieren statt auf den Vernunftgebrauch.
In Frankreich ist von einer "Islam-Linken" die Rede. Dabei geht es um Bündnisse von Islamisten und Linken, was nicht nur aus demokratietheoretischer Blickrichtung ein politisches Problem ist. Auch in Deutschland gibt es erste Entwicklungstendenzen in diese Richtung.
Die italienische Philosophin Cinzia Sciuto kritisiert aus laizistischer und menschenrechtlicher Blickrichtung in ihrem Buch "Die Fallen des Multikulturalismus" die Identitätsdiskurse der politischen Linken, die hier auf Gemeinschaftsidentität und nicht auf Individualität setzen. Die Autorin bringt damit eine Perspektive ein, die in der emotionalisierten und polarisierten Debatte zum Thema häufig fehlte und sehr lesens- und reflexionswert ist.
Gegen rassistisch motivierte Gewalttaten rufen Linke oft – und zu Recht – zu Demonstrationen auf. Auf islamistische Terroranschläge reagiert man im linken politischen Lager hingegen oft mit Schweigen. Wie kommt es zu diesem auffälligen Schweigen, das nach den jüngsten Anschlägen in Frankreich und Österreich sogar von einigen prominenten Linken kritisiert wurde? Ein Interview mit Politikwissenschaftler Armin Pfahl-Traughber.
Immer wieder ist von einer "Identitätslinken" die Rede. Doch was ist damit genau hinsichtlich bestimmter Auffassungen gemeint und welche Positionen werden dort vertreten? Und wie steht es um deren Einstellung zu individualistischen und universalistischen Prinzipien? Antworten auf diese Fragen formuliert der Politikwissenschaftler Armin Pfahl-Traughber.