Rezension

Wer oder was ist die "Alternative für Deutschland"?

Die AfD als Symptom einer "unpolitischen Demokratie" – eine Analyse

Der Sozialwissenschaftler David Bebnowski legt mit der knappen Schrift "Die Alternative für Deutschland. Aufstieg und gesellschaftliche Repräsentanz eine rechten populistischen Partei" eine Analyse zum Thema auf unter 40 Textseiten vor. So sehr etwa die Einschätzung der AfD als Symptom einer "unpolitischen Demokratie" überzeugen mag, sind andere Kategorien zur Einschätzung doch eher diffus und unsystematisch genutzt worden.

Die letzten Landtagswahlen sowohl in den ost- wie westdeutschen Ländern deuten an, dass sich mit der "Alternative für Deutschland" (AfD) möglicherweise auch in Deutschland eine als rechtspopulistische geltende Kraft als Wahlpartei etablieren könnte. Aufgrund der dortigen heftigen internen Konflikte fällt es indessen schwer, eine politisch-ideologische Einordnung zwischen "Extremismus", "Konservativismus" und "Populismus" vorzunehmen. Auf damit einhergehende Fragen will die Arbeit "Die Alternative für Deutschland. Aufstieg und gesellschaftliche Repräsentanz einer rechten populistischen Partei" von David Bebnowski eingehen. Der Autor ist Sozialwissenschaftler am Institut für Demokratieforschung an der Universität Göttingen. Sein Buch hat nur einen Umfang von 46 Seiten und erschien in der Reihe "essentials", worin in knapper Form über ein aktuelles Thema informiert werden soll. Insofern darf man dem Autor nicht pauschal eine zu kurze oder oberflächliche Behandlung des Themas vorwerfen. Mehr ist aus Gründen der Aktualität und des Umfangs nicht drin!

Cover

Zunächst konstatiert Bebnowski, dass die Existenz von einem "rechten" Einstellungspotential auch in Deutschland durch die Sozialforschung schon lange als belegt gilt. Es wurde bislang aber noch nicht von einer Partei bei Wahlen "abgerufen". Die AfD könnte jetzt ein solcher Akteur sein, womit man es hierzulande mit einer ähnlichen Entwicklung wie in vielen anderen europäischen Ländern zu tun hätte.

Der Autor will in seiner Analyse "eine mehrdimensionale Bestandsaufnahme der AfD über die Entwicklung der Partei, prägende Persönlichkeiten und die Weltanschauung" (S. 3) vornehmen. Zunächst geht es um die ideologischen Bausteine zwischen Konservatismus, Marktliberalismus und Populismus. Es würde zwar unterschiedliche Strömungen geben, deren verschiedene Stoßrichtungen stünden aber nicht im Widerspruch zueinander. Bebnowski geht auf die Auffassung von Familie als Keimzelle der Gesellschaft und die Sehnsucht nach Souveränität ein. Er prüft auch die Frage, inwieweit die Partei die typischen Merkmale des Populismus erfüllt.

Der Autor konstatiert hier: "Die AfD ist eine populistische Partei. Fraglos ist dieser Populismus offen nach rechts. Dennoch balanciert die Partei auf der Grenze zum Tabubruch. Dies gelingt, weil ihr Populismus über Chiffren funktioniert. Hierin liegt sein Spezifikum" (S. 16). Danach geht es um die Entstehungsgeschichte und Repräsentanz der Partei, wobei Bernd Lucke, Joachim Starbatty, Hans-Olaf Henkel, Beatrix von Storch, Marcus Pretzell, Bernd Kölmel und Ulrike Trebesius näher vorgestellt werden. Zur Entstehungsgeschichte heißt es: "Die Gründung der AfD war ein generalstabsmäßig geplanter Prozess, kein spontanes Zusammenfließen schwarmintelligenter konservative Graswurzeln" (S. 34). Insgesamt seien die Erfolge der Partei auch als Folge einer Entwicklung hin zu einer "unpolitischen Demokratie" zu deuten. Danach gelinge es einer zusehends verwaltenden Politik nicht mehr, politische Standpunkte im öffentlichen Raum abzubilden. Bei der Partei handele es sich um ein "entschlossenes, nationalistisch eingefärbtes Projekt neoliberaler Eliten" (S. 37).

Insbesondere die Deutung der AfD als "Symptom einer 'unpolitischen Demokratie'" (S. 39) überzeugt und kann zur Erklärung der Wahlerfolge dienen. Auch ideologische Aspekte werden kritisch kommentiert: "Der Bezug der AfD auf ein homogenes Volk, das seinerseits Grundlage von Identität, Staatszugehörigkeit und Souveränität ist, kann als 'ethnizistisch' … eingestuft werden" (S. 7).

Gleichwohl bleiben mitunter die Kategorien diffus: Der Autor betont etwa, mit dem Souveränitätskonzept gebe es "Berührungspunkte mit dem Rechtsextremismus", meint aber gleichzeitig, nicht alle Standpunkte könne man "per se als rechtspopulistisch einstufen" (S. 10). Doch worin liegen die Unterschiede bei beiden Kategorien? Auch andere Verortungen bleiben unklar. Warum bei den Portraits Konrad Adam oder Alexander Gauland keine Erwähnung finden ist ebenfalls unverständlich. Und dann nimmt die Entstehungsgeschichte und Netzwerkstruktur gerade mal eine Druckseite ein. Da wäre auch in einem Band von unter 40 Textseiten mehr drin gewesen.


David Benowski, Die Alternative für Deutschland. Aufstieg und gesellschaftliche Repräsentanz einer rechten populistischen Partei, Wiesbaden 2015 (Springer VS), 46 S.