Rezension

Wer oder was ist die "Alternative für Deutschland"?

BONN. (hpd) In der letzten Zeit sind drei Bücher erschienen, die sich mit dem Aufstieg der "Alternative für Deutschland" befassen. Darunter eines des Sozialwissenschaftlers Alexander Häusler und des Journalisten Rainer Roeser, eine weitere des Sozialwissenschaftlers David Bebnowski sowie ferner eine des Politikwissenschaftlers Albert Werner. Alle drei Bücher hat der hpd rezensiert.

Eine kritische Analyse zur "Alternative für Deutschland" – leider etwas fragmentarisch

Der Sozialwissenschaftler Alexander Häusler und der Journalist Rainer Roeser legen mit "Die rechten 'Mut'-Bürger. Entstehung, Entwicklung, Personal & Positionen der Alternative für Deutschland" einen Band zur erfolgreichen Partei "rechts von der Union" vor. Trotz des hohen Informationsgehalts wirkt er ein wenig fragmentarisch, da insbesondere demokratietheoretische Aspekte nur kursorisch angesprochen werden.

Während in anderen europäischen Ländern als "rechtspopulistisch" geltende Parteien mitunter bedeutende Wahlerfolge verbuchen können, gelang es bislang in Deutschland keiner Partei "rechts von der Union" sich als erfolgreiche Wahlpartei zu etablieren. Die Ergebnisse der Landtagswahlen 2014 und 2015 deuten indessen an, dass es damit angesichts der Stimmen von eindeutig über fünf Prozent für die Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) damit vorbei sein könnte. Der Sozialwissenschaftler Alexander Häusler und der Journalist Rainer Roeser haben daher diesem neuen Phänomen mit "Die rechten 'Mut'-Bürger. Entstehung, Entwicklung, Personal & Positionen der 'Alternative für Deutschland'" ein Buch gewidmet. Darin soll es in "erster Linie um die Frage der Verortung der Partei im Spektrum der nationalliberalen, konservativen und populistischen Rechten" gehen. Zudem will man erörtern, "ob mit dem politischen Wirken dieser neuen Partei die bislang in Deutschland noch vorhandene rechtspopulistische Lücke geschlossen werden kann" (S. 11).

Cover

Zunächst geht es den beiden Autoren um die politische Verortung der AfD, welche sie im Kontext der Erfolge ähnlicher Parteien in Europa im Lichte des Abbaus sozialer Standards und des Aufkommens wohlstandschauvinistischer Positionen betrachten. Dabei machen sie einen nationalkonservativen, einen nationalliberalen und einen rechtspopulistischen Flügel aus. Sie wiesen durchaus ideologische Gemeinsamkeiten, aber auch inhaltliche Unterschiede auf: "In der Realität überschneiden sich diese drei Gruppen bei einigen Sachfragen in ihren jeweiligen Grundüberzeugungen und sind daher nicht losgelöst voneinander zu betrachten" (S. 16). Danach geht es um "rechte Vorläuferparteien", die etwa in dem "Bund Freier Bürger", "Die Freiheit" oder der "Partei Rechtsstaatliche Offensive" gesehen werden. Danach steht der Kontext von AfD und "rechtem Populismus" im Zentrum des Interesses, wobei die Anti-EU-Agitation und der Einklang mit den Positionen von Thilo Sarrazin ebenso wie die Sprachspiele von Bernd Lucke und ein Manifest von Marc Jongen erörtert werden.

Dem folgend geht es um die politischen Entwicklungen in einigen Landesverbänden, seien doch in Hessen, Nordrhein-Westfalen oder Thüringen sehr wohl rechtsextremistische Tendenzen auszumachen. Das Verhältnis zu Parteien und Medien "am rechten Rand" steht dann noch einmal im Fokus, einerseits bezogen auf NPD, REP oder Pro-Parteien, andererseits hinsichtlich "eigentümlich frei", "Junge Freiheit" oder "Zuerst". Und schließlich erhält man Informationen zum Wählerpotential auf Basis der Erkenntnisse von Wahlforschungsinstituten. Abschließend heißt es: "Zusammenfassend kann die AfD hinsichtlich ihrer politischen Positionierungen als eine Partei rechts der CDU/CSU und der FDP stehend eingeordnet werden, die sowohl nationalliberale und nationalkonservative als auch rechtspopulistische Tendenzen aufweist. Unklar ist, welche Strömungen künftig in besonderem Maße den Kurs der Partei bestimmen werden. Feststellbar ist, dass die rechtspopulistische Prägung der AfD eine deutlich fassbare Gestalt angenommenen hat" (S. 145).

Angesichts der noch offenen politischen Entwicklung der Partei und den dortigen internen Konflikten ist es in der Tat nicht leicht, eine bilanzierende und prognostische Einschätzung zu formulieren. Bei dem Buch kommt noch als Problem hinzu, dass die einzelnen Kapitel in anderer Form bereits veröffentlicht und hier zu einem Gesamttext zusammengefügt wurden. Dadurch wirkt der Band etwas fragmentarisch, fehlt es doch etwa an näheren Ausführungen zur Parteigeschichte oder dem Personal. Auch hätte man sich zu den Positionen nähere Erörterungen gewünscht, gerade in Richtung einer demokratietheoretischen Einschätzung. Mitunter fehlen wichtige Detailinformationen wie etwa zu den Kontakten des Thüringer Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke zur rechtsextremistischen Zeitschrift "Zuerst!". Gleichwohl liefern Häusler und Roeser wichtige Informationen über die AfD, die Anregungen zu einer näheren Beschäftigung mit der Partei geben. Denn es dürfte sich bei ihr nicht wie bei der "Piratenpartei" um eine elektorale "Eintagsfliege" handeln.


Alexander Häusler/Rainer Roeser, Die rechten “Mut”-Bürger. Entstehung, Entwicklung, Personal & Positionen der Alternative für Deutschland, Hamburg 2015 (VSA-Verlag), 156 S., 12,80 Euro