Katholische Kirche

330.000 Missbrauchsopfer in Frankreich

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Als im April 2019 Notre-Dame de Paris in Flammen stand, war die Solidarität mit der katholischen Kirche groß. Das dürfte sich nun ändern.
Brand in Notre-Dame de Paris im April 2019

Am Dienstag ist der Bericht einer unabhängigen Untersuchungskommission zur sexualisierten Gewalt in der katholischen Kirche in Frankreich veröffentlicht worden. Danach wurden zwischen 1950 und 2020 insgesamt 330.000 Minderjährige Opfer sexualisierter Gewalt, allein 216.000 wurden von Priestern und Ordensleuten missbraucht.

Trotz aller Versuche von Seiten der katholischen Kirche, den weltweiten Missbrauch von Minderjährigen als "Einzelfälle" zu bezeichnen, kommen immer mehr Straftaten ans Tageslicht. Ob in Deutschland, in Kanada oder jetzt in Frankreich: sexueller Missbrauch gehört zum Erbgut der katholischen Kirche. Und leider muss man davon ausgehen, dass die bekannt gewordenen Missbrauchsfälle nur die Spitze des Eisbergs sind.

"Bis Anfang der 2000er Jahre gab es eine totale und grausame Gleichgültigkeit gegenüber den Opfern", sagte Jean-Marc Sauvé, der Leiter der unabhängigen Untersuchungskommission nach Angaben des ZDF. Es sei nur in seltenen Fällen eine Entschädigung gezahlt worden – und das im Grundsatz nur, um das Schweigen der Opfer zu erkaufen.

Die Untersuchungskommission wurde Ende 2018 von der Französischen Bischofskonferenz eingerichtet, um angesichts des Missbrauchsskandals für mehr Transparenz und Vertrauen zu sorgen. Und anders als in Deutschland wurde die Arbeit der Kommission nicht behindert oder die – für die katholische Kirche sehr unangenehmen – Untersuchungsergebnisse nicht unter Verschluss gehalten.

Die Untersuchungskommission habe endlich die Verantwortung der Kirche institutionell anerkannt, sagte der Gründer der Opferorganisation La Parole Libérée, François Devaux, bei der Vorstellung des Berichts: "Etwas, das die Bischöfe bis heute nicht geschafft haben." Die Bischöfe sollten für die Verbrechen bezahlen.

Der Vorsitzende der Französischen Bischofskonferenz, Éric de Moulins-Beaufort, bat die Opfer um Verzeihung und Papst Franziskus gar dankte den Betroffenen für "ihren Mut", über die Taten zu sprechen. Wie ein Eingeständnis der eigenen Schuld klingt das nicht gerade. Das ist sogar der kirchennahen italienischen Zeitung Avvenire aufgefallen: "Die erschreckenden Zahlen des Dossiers über 70 Jahre Missbrauch in der französischen Kirche sprechen nicht von einer Kirche, die vom Weg abgekommen ist, sondern von einer, die den falschen Weg eingeschlagen hat." (Zitiert nach eurotopics.net) "Die Herausforderung, vor der die französische Kirche nun steht, ist über die demütigen 'Mea culpas' der letzten zwei Tage hinauszugehen", schreibt auch Le Figaro.

Dem Missbrauchsopfer Francois Devaux ist zuzustimmen, der in Richtung der Bischofskonferenz sagte: "Meine Herren, Sie sind eine Schande für die Menschlichkeit."

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