USA: Bet-Patrouillen gegen Armut und Gewalt?

"Ich schäme mich für den christlichen Glauben"

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Beim Gouverneur klingelt's.

Der Gouverneur von Kentucky hat jetzt einen Aktionsplan gegen Armut und Gewalt in der Großstadt Louisville vorgestellt: Bet-Patrouillen! Niemand kann so recht glauben, dass er das wirklich gesagt hat - vor allem nicht die Geistlichen vor Ort.

Gott ist groß. Wenige wissen das besser als Matt Bevin, der Gouverneur von Kentucky. Immerhin hat bei ihm selbst schon einmal der Blitz eingeschlagen. Zumindest vermutete das die lokale Feuerwehr, nachdem die Glockenfabrik des traditionsreichen Familienunternehmens "Bevin Brothers" über Nacht abgebrannt war. Mehr als 300 Feuerwehrmänner stellten sich dem vom Himmel gesandten Inferno und konnten doch nichts retten. Um den späteren Gouverneur noch härter auf die Probe zu stellen, schickte Gott zudem Plünderer, die offensichtlich im noch glühenden Haus nach Glocken suchten und eine ganze große Menge davon stahlen, die eigentlich für die Heilsarmee vorgesehen waren.

So kann Gott sein. Seine Lieblinge prüft er hart. Matt Bevin aber hat nie etwas umwerfen können. Er trainiert hart, er betet hart. Er war Soldat und Investmentberater. Die Firma seiner Vorfahren hat er auch gerettet, sie kann jetzt wieder Glocken verkaufen. Da hat der Staat auch noch mitgeholfen, bei diesem gesegneten Unternehmen, 100.000 Dollar flossen für den Wiederaufbau und halfen, das Gute, Fromme und Wohlklingende auf der Welt am Leben zu halten.

Gut und fromm ist auch Matt Bevin. Von Geldausschüttungen, die nicht in seine Richtung gehen, hält er weniger. Und so hat er sich kürzlich, der Gouverneur von Kentucky, vor die Menschen hingestellt und ihnen, voller Sportsgeist, voller Redelust, erklärt, wie er die grassierende Mordwelle in der Stadt Louisville zu bekämpfen gedenkt. Wird er Schulen bauen, Drogenberatungen anbieten, Arbeitsplätze schaffen, Kriminalität bekämpfen? Alles viel zu kurz gedacht. Matt Bevin weiß, das Übel an der Wurzel zu packen. Und er weiß, welche Superpower am besten helfen kann, viel besser als Geld: Gott!

Von ihm inspiriert, hat der Gouverneur den Menschen (sowie auch den journalistischen Störenfrieden) seinen Aktionsplan vorgestellt: Es werde in den betroffenen Gegenden nun bald Betpatrouillen geben! Die werden von Freiwilligen getragen. Man verpflichtet sich für mindestens ein Jahr, ein bisschen wie Wehrdienst ist das, und dann geht man zwei oder drei Mal jede Woche, durch immer dieselben Blocks. Immer zur selben Zeit. Man führt Gespräche mit den Menschen. Und man betet mit den Menschen. "Beten wird die Dinge verändern", weiß Bevin. Wann das innovative Rettungsprogramm genau losgehen wird, oder wer daran teilnimmt, oder wer es organisiert, hat er dabei eher weniger erläutert. Denn es ist ja die Idee, die zählt.

Kleinmütige fingen sofort zu meckern an. Die Mutter eines kürzlich erschossenen Siebenjährigen fand, Betpatrouillen machten ihn auch nicht wieder lebendig. Eine pensionierte Busfahrerin rief, einfach so, "Heuchler!" Anwesende Nörgler wollten wissen, ob Bevin selbst an den Patrouillen teilnehmen werde. Und ausgerechnet Geistliche aus den Problembezirken von Louisville begannen, sich öffentlichkeitswirksam zu beklagen.

"Leider hat  er schon durchblicken lassen, dass er keine Ressourcen anbieten wird", moserte etwa Rashaad Abdur-Rahman, einer der führenden Aktivisten der Gewaltbekämpfung in Louisville: "Er führt hier eine sehr vereinfachende Debatte über ein kulturelles und spirituelles Defizit, und das ist unterm Strich verantwortungslos." Ein anderer Pastor, Clay Calloway, verließ Bevins Rede und verlangte, wie überliefert wird, nach einer Kotztüte: "Er hat nichts Substanzielles gesagt. Er hat die politische Verantwortung. Er müsste Maßnahmen ergreifen und Mittel bereitstellen. Wir brauchen keine Predigt und keine Bibelzitate. Wir kennen die Bibel, und wir beten bereits." Auch Baptistenpastor Joe Phelps aus Louisville konnte die Größe des Plans nicht erkennen, in einem Radiosender sagte er: "Ich schäme mich für den christlichen Glauben, dass der Gouverneur von Kentucky solche Dinge sagt – als Lösung für die Gewalt in unserer Gemeinde."

Louisvilles Geistlichkeit beließ es allerdings nicht nur bei spontaner Widerborstigkeit. Sie besaßen sogar die Frechheit, den himmelstrebenden Landeschef in die Niederungen eines Zehn-Punkte-Plans hinunterreißen zu wollen. Hier forderten sie unter anderem eine gerechtere Vergabe von Staatsaufträgen – auch an Firmen von Afroamerikanern. Sie verlangten ein Umdenken in der Waffenpolitik – in West Louisville sei es einfacher, eine Pistole zu kaufen als frisches Obst. Die Privatisierung von Gefängnissen müsse beendet werden. Rassismus müsse bekämpft werden.

So lamentierten sie immer weiter und wagten es also, den rückhaltlosen Glauben an die heilende Kraft des Allmächtigen mit kleinlichen Zweifeln zu kontern. Sehr zweifelhaft, ob das dem Allmächtigen gefällt – aus der biblischen Überlieferung weiß man schließlich, wie schnell er eingeschnappt ist. Wenn alles ehrenamtliche Beten also doch nichts helfen sollte in Louisville, Kentucky, dann weiß man immerhin, woran es gelegen hat.