In Großbritannien wurden neue Richtlinien zur Einnahme der Antibabypille veröffentlicht. Eine monatliche Pillenpause samt damit verbundener Blutung wird nicht mehr als notwendig erachtet. Diese bis heute weit verbreitete Pillenpause geht laut einem Professor für Reproduktionsmedizin auf den Versuch zurück, den Papst vor rund 60 Jahren durch Nachahmung eines natürlichen Menstrualzyklus für die Pille zu begeistern.
Verhütung ist in der Praxis bis heute in erster Linie Frauensache. Das beliebteste Mittel der Wahl ist hierbei die Antibabypille. Die hierin enthaltenen Hormone verhindern im weiblichen Körper den Eisprung, so dass es beim Geschlechtsverkehr nicht zu einer Schwangerschaft kommen kann. Verbreitet sind vor allem Antibabypillen, die nach 21-tägiger Einnahme eine Einnahme-Pause von sieben Tagen vorsehen. In diesen sieben Tagen ohne Pille kommt es durch den Hormonentzug zum Einsetzen einer Blutung.
Doch diese Pillenpause samt Blutung und der hiermit verbundenen Krämpfe und Schmerzen ist nach Ansicht der britischen Faculty of Sexual and Reproductive Healthcare (FSRH) überhaupt nicht notwendig. Die FSRH, die das britische Gesundheitssystem in allen Fragen rund um die sexuelle Reproduktion berät, hat deshalb neue Richtlinien für die Einnahme der Antibabypille veröffentlicht. Danach hat die siebentägige Pillenpause keinerlei medizinischen Nutzen. Frauen, so heißt es in einer Pressemitteilung der FSRH, könnten ohne Sicherheitsbedenken weniger oder gar keine Pillenpausen einlegen, um so Blutungen, Krämpfe und andere Symptome zu vermeiden. Ein Auslassen der Pillenpause oder das Verkürzen der Pillenpause auf 4 Tage könne sogar das Risiko ungewollter Schwangerschaften verringern. "Wir brauchen keine regelmäßige Blutung, um gesund zu sein, und viele Frauen begrüßen die Möglichkeit, eine Blutung zu vermeiden", erklärt hierzu Dr. Sarah Hardman, Co-Direktorin der Abteilung für klinische Effektivität an der FSRH.
Doch wie kommt es, dass die Pille rund 60 Jahre lang mit siebentägiger Blutungspause eingenommen wurde, wenn dies doch keinerlei medizinischen Nutzen hat und es die Verhütungsmethode sogar unsicherer macht? Eine Antwort hierauf gibt John Guillebaud, emeritierter Professor für Familienplanung und Reproduktionsmedizin. Mit der britischen Zeitung The Telegraph sprach er über einen der Pioniere der Antibabypillenforschung, den US-amerikanischen Mediziner John Rock:
"Der Gynäkologe John Rock hat sich die Pause ausgedacht, weil er hoffte, dass der Papst die Pille akzeptieren und ihren Gebrauch für Katholiken erlauben würde. Rock dachte, wenn er den natürlichen Zyklus imitieren würde, dann würde der Papst sie akzeptieren. Als seine Kampagne für die Akzeptanz der Pille durch den Papst fehlschlug, hörte er auf, Katholik zu sein, was er zuvor sein ganzes Leben lang mit großer Überzeugung gewesen war. – Wie kann es sein, dass die Pille 60 Jahre lang in einer suboptimalen Weise eingenommen wurde, nur wegen dieses Wunsches, dem Papst zu gefallen?"
Eine überaus berechtigte Frage, mit der sich auch in Deutschland medizinische Fachgremien beschäftigen sollten. In Großbritannien jedenfalls erwarten medizinische Experten laut der Zeitung The Independent, dass bei Umsetzung der neuen Richtlinien die Verschreibung von 365-Tage-Antibabypillen-Packungen auf den britischen Inseln demnächst allgemein verbreitet sein wird.
13 Kommentare
Kommentare
Stefan Dewald am Permanenter Link
Und da gibt es Menschen, die sich wundern, wenn ich die römisch-katholische Kirche als christliche Satire-Religion bezeichne.
Kay Krause am Permanenter Link
Es kommt imgrunde nicht darauf an, lieber Herr Dewald, wie Sie (oder ich, oder andere) diesen menschenverachtenden Verein bezeichnen.
Christian Fiala am Permanenter Link
Fast 60 Jahre nach Einführung der Pille werden Frauen endlich darüber informiert, dass sie die Wahl haben: Chilene and menstruation by choice not chance
M. Becker am Permanenter Link
An Endometriose erkrankte Frauen wissen das in der Regel schon länger.
Kay Krause am Permanenter Link
Frage: Ist die Wissenschaft/ Pharma-industrie bereits dabei, eine Pille gegen religiösen Wahnzu entwickeln (täglich einzunehmen, sonntags zwei, Wirkzeit 24 Stunden?
awmrkl am Permanenter Link
"Wirkzeit 24 Stunden"
Warum nur 24 Std?
Wie wär es mit (per langzeit-wirkenden) Depot-Mitteln mit Wirkzeiten von 4 Wochen oder gar 1-mehreren Jahr(en)? Die wären auch wie Entwöhnungs-Mittel zu sehen, mit Hilfe derer die Religion-/Glaubenssucht bzw -Abhängigkeit langsam verschwindet.
Uli am Permanenter Link
Glauben Sie wirklich, dass die Pillenpause dem Papst zuliebe empfohlen wurde - und auch nachdem der trotzdem dagegen war, weiter empfohlen wurde?
Aber zum Thema Pille und Gesundheit: Hormonelle Empfängnisverhütung verdreifacht das Suizidrisiko: Association of Hormonal Contraception With Suicide Attempts and Suicides, siehe https://ajp.psychiatryonline.org/doi/abs/10.1176 /appi.ajp.2017.17060616?journalCode=ajp
mw am Permanenter Link
Daruf gibt es nur eine Antwort: Katholizismus und Wahnsinn sind dieselbe Krankheit.
Nils am Permanenter Link
Dadurch dass Verhütung ein Tabu ist entstehen eben mehr Katholiken... Every sperm is sacred!
Anonümus am Permanenter Link
Leider, lieber Uli, ist der zweite Absatz am Thema vorbei: Es geht ja nicht darum, ob man die Pille nehmen soll, sondern darum, dass man denen, die sie sowieso schon nehmen, unnötige Unpässlichkeiten erspart.
Dass alternative Verhütungsmethoden (auch aus den genannten Gründen) weiterhin erforscht und bekannt gemacht werden, ist auf jeden Fall ein Muss. Leider ist es für Männer immer noch schwierig, abseits von Kondomen reversibel zur Verhütung beizutragen. Gäbe es hier nennenswerte Fortschritte, wäre das sehr zu begrüßen.
Franka am Permanenter Link
Uiui, das ist schlecht recherchiert oder zielt absichtlich nur auf Klicks ab. Die Pille suggeriert dem Körper hormonell, bereits schwanger zu sein, d.h.
Sylvia L. am Permanenter Link
Oh mann, was für eine schlechte Argumentation für diesen schlechten Claim. Ich schlage etwas ähnlich krudes vor und begründe es ähnlich krude:
Die Pille wurde von Männern entwickelt, um Frauen aus Führungspositionen fern zu halten.
Warum? Weil sie damit Hormone bekommen, die dem Körper sagen: Du bist schwanger, aber was passiert, wenn du schwanger bist, besonders mit deiner Weltwahrnehmung?
Du bist mehr im Einklang mit dir, findest alles nicht mehr so wichtig, sondern siehst das große Ganze des Am-Leben-Seins. Du winkst schneller ab, mischt dich weniger ein, wischt Kleinigkeiten auch rigoroser vom Tisch. Anderseits bist du bei allem Sozialen auch viel empfindlicher, Deine Stimmung schwankt zwischen heulen und lachen, Du weinst überhaupt schneller, wenn es um zB sterbende oder verletzte Kinder geht, sogar in Filmen (belegen Studien™).
Sicher nicht jede Frau, aber im Regelfall ist das so. Eine dauerbepillte Frau merkt das aber nicht, weil sie den Vergleich ja nicht hat. Den hast du nur mit wirklich natürlichem Zyklus ohne Pille. So eine Frau will also gar keine Führungsposition und hat sie eine, ist sie da sehr anstrengend.
Na, überzeugt? Nein? Ich auch nicht, weder von diesem Argument noch von dem im Artikel ;)
Jacky am Permanenter Link
Der Artikel überhöht ja Mr. Rocks Einfluss gnadenlos, siehe sogar Wikipedia:
https://de.wikipedia.org/wiki/Antibabypille
Bezug und Argument zum Text: Ein Berliner Unternehmen hat sich ganz sicher nicht nach dem Papst gerichtet, während es sein eigenes Medikament entwickelt. Aber auch die hatten diese pseudonatürliche Pause als Teil der Anwendungsregeln. Wäre die medizinisch nicht als notwendig erachtet worden, hätten sie das nicht gemacht, allein schon, weil das der Kassenschlager gewesen wäre.