Alle reden vom misslungenen Afghanistaneinsatz, dem Sieg der Taliban und über die kurzfristigen Folgen. Das ist gut und richtig. Allerdings sollte man auch jetzt schon mal einen Blick auf die langfristigen Folgen richten. Der Frage nachgehen, was der Erfolg der Taliban langfristig bedeutet. Auch für uns in Deutschland. Ein Kommentar von Lale Akgün.
Ich denke da vor allem an den Steinzeit-Islam der Taliban und ihr Weltbild.
Folgende Punkte sollten wir festhalten:
- Die Taliban haben eine extreme Auslegung des Islam, aber diese Auslegung ist immer noch innerhalb der Grenzen des Islam.
- Es gibt genügend islamische Gruppierungen, die sich durchaus mit der Islamauslegung der Taliban arrangieren können. Es gibt genügend Länder, die den Politischen Islam zur Staatsform erhoben haben und die wohl seit Jahren Kontakte zu den Taliban haben. Wenn ich mir auf bestimmten türkischen Sendern die Diskussionen ansehe, wo die Islamauslegung der Taliban als "überhaupt nicht schlimm" dargestellt und Afghanistan unter den Taliban als eine Art Idylle beschrieben wird, dann weiß ich, wo die Reise hingehen soll. Erdoğan will angeblich in Afghanistan vermitteln? Zwischen wem bitte?
- All diese Gruppierungen haben auch Dependancen in Europa, und natürlich auch in Deutschland. Der Erfolg der Taliban wird diese Gruppierungen in ihrem Selbstverständnis stärken und ermutigen. Jetzt schon leiden liberale Muslime, Säkulare und Atheisten aus Ländern mit islamischer Regierungsform unter dem Druck der Fundamentalisten. Ich spreche von Deutschland. Und sie haben Angst. Was passiert, wenn diese Fundis durch die Akzeptanz der Taliban Morgenluft wittern?
Aus den Ausführungen wird auch klar, der Steinzeit-Islam der Taliban wird nicht mit den geflüchteten Afghanen zu uns kommen. Da sind ganz andere Netzwerke, über die Islamisten sich weltweit verbinden. Und der Erfolg des einen ebnet dem anderen den Weg.
- Es wird im Moment immer wieder darüber diskutiert, ob man mit eigenen Wertevorstellungen andere Länder beglücken kann. Das scheint nicht der Fall zu sein, wenn man sich die Entwicklungen bei diesen Beglückungsversuchen anschaut. Aber es sollte doch möglich sein, im eigenen Land an diesen Werten festzuhalten.
Können wir uns darauf einigen, dass diese Werte die Allgemeinen, in der UN-Menschenrechtserklärung definierten Menschenrechte von 1948 sind? Und nicht die Kairoer Erklärung der Menschenrechte im Islam von 1990, die alle Menschenrechte unter Schariavorbehalt stellt!
Anscheinend sind die europäische Demokratie und die europäische Lebensform keine Exportschlager! Aber sei es drum! Für mich sind sie die Grundlage einer freien Lebensgestaltung. Gerade als Frau. "Kein Fußbreit dem Faschismus" heißt auch: kein Fußbreit dem Islamofaschismus!