BERLIN. (hpd) Zum Spitzengespräch des Bundesvorstandes von B90/Die Grünen mit Vertretern von säkularen Vereinen und Verbänden am Montag vergangener Woche haben der Humanistische Verband Deutschlands (HVD) sowie Jugendweihe Deutschland e.V. Stellungnahmen veröffentlicht.
Nach Auffassung des HVD zeigte das Spitzengespräch bei Bündnis 90/Die Grünen eine breite Übereinstimmung mit den Forderungen des Humanistischen Verbandes zur Weiterentwicklung des Verhältnisses von Staat, Religionen und Weltanschauungen in Deutschland.
"Angehörige von Konfessionsgemeinschaften und Menschen ohne ein religiöses Bekenntnis müssen in der Bundesrepublik Deutschland konsequent gleichberechtigt und gleichbehandelt werden. Dafür sind gesetzgeberische und andere politische Reformen unverzichtbar. So lautete der zentrale Konsens des ersten Spitzengesprächs zwischen Vertretern von Bündnis 90/Die Grünen, des Humanistischen Verbandes Deutschlands und weiterer im Koordinierungsrat säkularer Organisationen (KORSO) versammelter Vereinigungen" heißt es in der Pressemitteilung des HVD.
Frieder Otto Wolf, der für den HVD an dem Spitzengespräch teilnahm, betonte, dass der Humanistische Verband für die konsequente Umsetzung von kooperativem Laizismus eintritt. Deshalb müssen "Benachteiligungen aufgrund des weltanschaulichen Bekenntnisses … daher in Zukunft ebenso abgebaut werden wie die bestehenden Defizite bei der vom Grundgesetz ausdrücklich vorgeschriebenen Gleichbehandlung von weltanschaulichen Gemeinschaften nichtreligiöser Menschen."
Dem kurz zuvor vorgestellten Abschlussbericht der religionspolitischen Kommission von Bündnis 90/Die Grünen, der vor allem der Arbeit des Bundesweiten Arbeitskreises Säkularer Grüner zu verdanken ist, sprach er seine Anerkennung aus. "Die im Bericht enthaltenen Positionen und religionspolitischen Reformvorschläge entsprechen in vielen Punkten den Positionen und Forderungen des Humanistischen Verbandes. Deutliche Übereinstimmung gab es hier auch darin, dass eine Kooperation zwischen staatlichen Institutionen und anerkannten Religions- bzw. Weltanschauungsgemeinschaften weiterhin möglich sein müsse, da diese Teile und Träger einer lebendigen Zivilgesellschaft in Deutschland sind."
Konny G. Neumann von Jugendweihe Deutschland e.V. (JwD) begrüßte ebenfalls das erstmals in dieser Form stattgefundene Spitzengespräch zwischen einer Parteiführung und säkularen Vereinen und Verbänden.
Für Jugendweihe Deutschland e.V. schrieb er: "Wir begrüßen es, dass nun endlich eine der großen Parteien die Fragen, die sich durch die veränderte Gesellschaft der Bundesrepublik ergeben, breitgefächert aufgreift und Handlungsbedarfe aufzeigt, die von Bündnis 90/ Die Grünen angepackt werden sollen."
Er weist darauf hin, dass, als das Grundgesetz vor fast 70 Jahren 1949 beschlossen wurde, noch rund 95 Prozent der Bundesdeutschen Mitglied einer der beiden großen Kirchen waren; "heute sind mehr als ein Drittel der Bevölkerung konfessionsfrei, also keiner der Kirchen angehörig (beide je unter 30 Prozent). Dies wird weder in Gesetzgebung noch im Handeln der Bundesregierung oder der Länderregierungen berücksichtigt."
Jugendweihe Deutschland ist "deshalb dem Bündnis 90/ die Grünen dankbar, dass sie hier Änderungen herbeiführen wollen. Die z.T. komplexen Probleme (z.B. Religionsunterricht, gleichberechtigte Vertretung in Gremien, Einbeziehung in Forschung und Lehre, bei der Seelsorge, Abschaffung der Privilegierung ('Dritter Weg', Beteiligung an den 'öffentlich-rechtlichen Medien', Einzug der Kirchensteuer, etc.) werden in dem lobenswerten Papier ausführlich aufgezeigt und durch Lösungsansätze ergänzt. Es bleibt zu hoffen, das es auf der Bundesdelegiertenkonferenz im November beschlossen wird."
Neumann überreichte im Anschluss an das Gespräch dem Bundesvorstand von B90/Die Grünen Bücher, die die Position von Jugendweihe Deutschland direkt oder indirekt verdeutlichen. So unter anderem auch die Jugendweihe Geschenkbücher, die Dokumentation des Deutschen Humanistentages "Freier Blick 2014" sowie "20 Jahre Jugendweihe Deutschland – 120 Jahre Jugendweihe Hamburg". Aus den Büchern wird nach seinen Worten deutlich, "dass die im Positionspapier von Bündnis 90 /Die Grünen bezüglich der Voraussetzung der Arbeit genannten Werte und Festlegungen sich mit denen von JwD weitgehend decken: uneingeschränkte Anerkennung der Menschenrechte, Toleranz, Ablehnung von Fundamentalismus und Gleichberichtigung der Weltanschauungen mit den Religionen."
6 Kommentare
Kommentare
Klaus Bernd am Permanenter Link
Man wird sehen, ob entsprechende Taten folgen: z.B. kleine und große Anfragen im Bundestag und in den Landtagen, Gesetzesinitiativen ...
"Angesichts des Trümmerfeldes, zu dem eine Staats- und Gesellschaftsordnung ohne Gott ..."
oder Art. 131 :(2) Oberste Bildungsziele sind Ehrfurcht vor Gott
Den anti-atheistischen Charakter dieser Texte braucht man wohl nicht weiter zu erläutern; sie passen genau in die Reihe der dummdreisten Entgleisungen à la Algermissen, die hier diskutiert wurden.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Ein (fast?) interessiert schauender Cem Özdemir, etwas besorgt Bettina Jarasch; verständlich soweit.
Aber immerhin ein Anfang, wenn auch zaghaft! Die religiösen Teilnehmer der Kommission dürften Bauchgrimmen gehabt haben (und wohl auch noch haben), wie andererseits auch die säkularen. In Hinsicht auf eine wünschenswerte konsequente Trennung von Staat und Kirche war ein anderes Ergebnis bei dieser Kommissionszusammensetzung aber auch nicht zu erwarten.
Bleibt abzuwarten, was die Bundesdelegiertenkonferenz im November dazu sagen wird.
Gerne wünschte ich mir hier Kommentierungen des Berichts von Carsten Frerk (z.B. zu Lobbyismus), Ingrid Matthäus-Maier (Arbeitsrecht), Gerhard Czermak (staatliches Kirchenrecht) oder Horst Herrmann (generell).
Aber zunächst einmal bin ich gespannt auf weitere persönliche Anfeindungen durch schulze, resp. Schulze.
Frank Nicolai am Permanenter Link
IMM hat das Papier bereits kommentiert: http://hpd.de/artikel/fortschritt-doch-es-bleiben-wuensche-offen-12869
Natürlich waren keine "Wunder" vom Papier zu erwarten: aber es ist ein großer, erster Schritt in die richtige Richtung. Und wie alle Kommentatoren festgestellt haben: den Grünen (und vor allem den Säkularen Grünen) kommt das Verdienst zu, als erste Partei sich dieses Themas offensiv anzunähern.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Ja, richtig, Frank; danke. Hatte mir den bereits damals angehängten Bericht sogar gespeichert, aber nicht gleich gelesen...
Und die Grünen die erste Partei? Nein! Da war z.B. die FDP mal weiter, jetzt aber in der Versenkung; und die PdH ist von Anfang an viel weiter, aber gerade erst am Aufgehen. Schaunmermal.
Marvin am Permanenter Link
So lange Islam- und Religionsapologeten wie Katrin Göring-Eckardt, Claudia Roth und Renate Künast weiter in Gesprächsrunden als Vertreter der Grünen auftreten glaube ich rein Garnichts von irgendeiner angeblichen Neup
Andrea Diederich am Permanenter Link
Für den gesellschaftlichen Fortschritt ist
eine Emanzipation jeglicher Religion
erforderlich.
Ob dies jemals wahr wird, wage ich zu
bezweifeln. Ich hoffe aber weiter.