Peyman Farah-Avar, ein iranischer Dichter und Satiriker aus der Provinz Gilan, ist von einem islamischen Revolutionsgericht in Rascht zum Tode verurteilt worden. Der etwa 37-Jährige soll laut Anklage die öffentliche Sicherheit gefährdet haben, die Vorwürfe gelten als konstruiert und politisch motiviert.
Peyman Farah-Avar wurde im Juli 2024 von Schergen des iranischen Geheimdienstes verhaftet und in das berüchtigte Gefängnis Lakan in Rascht überstellt. Der als Todesrichter bekannte Ahmad Darvish-Goftar wirft ihm "Baghi", bewaffneten Aufstand gegen die Regierung, sowie "Moharebe", den "Krieg gegen Gott" und die "bewaffnete Bedrohung der öffentlichen Sicherheit" vor. Die Verhandlung fand am 30. April unter Ausschluss der Öffentlichkeit und ohne rechtlichen Beistand statt. Darvish-Goftar ist bereits durch Todesurteile gegen Manouchehr Fallah und Scharifeh Mohammadi in Erscheinung getreten.
Farah-Avar wird beschuldigt, eine im Bau befindliche Siedlung in der Region Shaft in Brand gesetzt und zerstört zu haben, ein Vorwurf, der bislang nicht in einem öffentlichen Verfahren belegt wurde.
Sein Gesundheitszustand gilt als besorgniserregend. Farah-Avar leidet unter Lymphkrankheiten und starken Schmerzen, eine angemessene medizinische Versorgung wird ihm Berichten zufolge verweigert. Während seiner Haft soll er schwerer physischer und psychischer Folter ausgesetzt gewesen sein.
Wer ist Peyman Farah-Avar?
Peyman Farah-Avar sicherte seinen Lebensunterhalt und den seiner Familie als Obst- und Straßenverkäufer. Zugleich engagierte er sich als Umweltschützer und setzte sich für die Rechte von Bauern ein, insbesondere in seiner Heimatprovinz Gilan. In seinen Texten verwendete er teils Gilaki, einen persischen Dialekt, der am Kaspischen Meer gesprochen wird, ein Umstand, der ihn bei Vertretern der Zentralregierung zusätzlich in Misskredit brachte.
Peyman Farah-Avar ist kein prominenter Name. Er betrieb einige Instagram-Seiten mit jeweils kaum mehr als 300 bis 400 Followern. Seine Gedichte trug er dort in kurzen Videoclips und vertonten Beiträgen vor.
In seinen Texten prangerte Peyman Farah-Avar unter anderem die Villenbebauung durch Superreiche in der Provinz Gilan an. Seiner Ansicht nach zerstören wohlhabende Eliten die Umwelt und tragen zur sozialen Ungerechtigkeit bei, gegen die er offen zum Widerstand aufrief. In einem seiner Gedichte richtet er sich direkt an die Revolutionsgarden und fordert sie zum Aufbegehren auf, denn, so schreibt er, "die Stadt unseres Herzens ist zerstört worden".
Er kritisiert, dass "unsere Religion zur Schande gemacht wurde" und den Menschen sei die Hoffnung aufs Leben geraubt worden. Der Regierung wirft er vor, "aus dem Blut der Märtyrer und aus der Religion ein Geschäft" gemacht zu haben. Farah-Avar äußerte sich auch klar gegen die Korruption von Regierungsvertretern und verurteilte in seinen Gedichten den blinden Gehorsam gegenüber religiöser Autorität sowie den Missbrauch der Religion durch die Machthaber.
Tatsächlich belegen zahlreiche Berichte der vergangenen Jahre eine fortschreitende Zerstörung von Wäldern und Weideflächen im Norden Irans durch umfangreiche Villenprojekte. Nach offiziellen Angaben wurden in der Provinz Gilan über 20 Prozent der Wald- und Ackerflächen, in der benachbarten Provinz Mazandaran sogar mehr als 30 Prozent der Wälder und Weiden in luxuriöse Wohngebiete umgewandelt. Schätzungen zufolge fielen mehr als 25.000 Bäume der Bauwut zum Opfer. Auch die Wasserversorgung der Bauern in der Region gilt inzwischen als massiv gefährdet.
All das hatte Farah-Avar in seinen Gedichten scharf und satirisch kritisiert.
In einem seiner Gedichte klagt er:
"Mädchen, die im Müll verloren sind
Kinder, die Männer für jede Arbeit sind
Männer, die berauscht sterben
Dichter, die schwer krank sind…"
Farah-Avar soll in seiner Jugend islamische Theologie studiert haben. Möglicherweise erklärt das auch die besondere Härte, mit der die Behörden gegen ihn vorgehen: Er hätte einer von ihnen sein können, stattdessen wurde er zu einem ihrer schärfsten Kritiker.
Sokrates wurde vor etwa 2.425 Jahren im antiken Athen zum Tode verurteilt, wegen angeblicher Verführung der Jugend und der Leugnung der staatlichen Götter. Peyman Farah-Avar ist weder ein Pariser Clochard noch ein Sokrates. Er ist ein Straßenverkäufer, ein ehemaliger Theologiestudent und Familienvater, der satirische Gedichte verfasst und vorträgt.