Todesstrafe im Iran: Religiös gehypt, juristisch geweiht, politisch missbraucht

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Die Islamische Republik Iran klammert sich mit wachsender Gewaltbereitschaft an ihre religiös legitimierte Macht; ein Machtapparat, der längst jede moralische Legitimation verloren hat. Die Gesetzgebung des Regimes erlaubt nicht nur Unterdrückung. Sie sagt: Du darfst töten.

Die Todesstrafe ist im iranischen Strafrecht ein zentrales Instrument. Sie steht auf den Geschlechtsverkehr mit nahen Verwandten – gemeint sind Blutsverwandte wie Eltern und Kinder, Brüder und Schwestern – ebenso wie mit angeheirateten Verwandten.

Auch beim Ehebruch verheirateter Personen, im islamischen Recht Zinā-ye moḥṣene, droht der Tod. Vor allem die verheiratete Frau riskiert die Steinigung. Ist das Paar jung, wird die Frau ohne weitere Strafe hingerichtet. Ist es alt, folgt zusätzlich zur Steinigung eine Auspeitschung mit hundert Hieben. Nur wenn die Angeklagten rechtzeitig Reue zeigen, kann der Richter – ein Amt, das Frauen grundsätzlich verwehrt ist – eine mildere Strafe verhängen.

Homosexualität ist im Iran ein Kapitalverbrechen. Jede gleichgeschlechtliche Beziehung kann mit dem Tod bestraft werden.

Gleiches gilt für Apostasie: Wer als Muslim den Glauben verliert oder seinen Gott infrage stellt, gilt als Abtrünniger, auch das kann tödlich enden.

Politischer Widerstand gegen das System, etwa durch Infragestellung der sozialen Ordnung, der Machtstrukturen oder der religiösen Gesetzgebung, wird als subversiv eingestuft. Wer dies tut, verdient nach dem Verständnis der herrschenden Ideologie den Tod. Der Vorwurf der Subversion reicht, selbst wenn der Widerstand zivil, gewaltfrei und intellektuell artikuliert wird.

Im Namen der sogenannten göttlichen Ordnung kann jeder Akt des zivilen Ungehorsams zur Hinrichtung führen. Und genau darin liegt die ganze Perversion eines Regimes, das im Namen Gottes Menschen vernichtet.

Was bedeutet "Korruption auf Erden durch Spionage für Israel"?

Mehr als ein kafkaesker Vorwurf kann es kaum sein. Der Begriff ist Teil eines juristischen Vokabulars, das im Iran nicht der Aufklärung, sondern der Konstruktion von Schuld dient. Wo Beweise fehlen, genügt die Anklage. "Korruption auf Erden" ist keine Beschreibung einer Tat, es ist ein ideologisches Urteil, gesprochen, bevor das Verfahren überhaupt beginnt.

Gestern meldete die iranische Justiz die Hinrichtung von Rouzbeh Vadi. Dem Mann wurde "Spionage und nachrichtendienstliche Zusammenarbeit zugunsten Israels" zur Last gelegt, ein Vorwurf, der in der Islamischen Republik regelmäßig gegen tatsächliche oder vermeintliche Regimegegner erhoben wird.

Auch das Todesurteil gegen Babak Shahbazi ist mittlerweile vom Obersten Gerichtshof der Islamischen Republik bestätigt worden. Fragen nach der Fairness des Verfahrens, Vorwürfe systematischer Folter, der missbräuchlichen Auslegung von Spionageparagraphen und der gezielten Instrumentalisierung solcher Anklagen zur Einschüchterung politischer Gegner, all das bleibt unbeantwortet. Einer der Vernehmer soll gesagt haben: "Wir brauchen keine Beweise. Wir brauchen nur eine Akte."

Mindestens 740 Hinrichtungen in sieben Monaten

Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen sind derzeit mindestens 67 politische Gefangene im Iran von der Vollstreckung der Todesstrafe bedroht.

Allein im vergangenen Monat wurden mindestens 110 Menschen hingerichtet – ein neuer Höhepunkt in einer seit Monaten anhaltenden Welle von Exekutionen. Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen, da viele Fälle von den iranischen Behörden nicht veröffentlicht werden.

Nach Angaben der Organisation Iran Human Rights sind im Iran allein in den vergangenen sieben Monaten mindestens 740 Menschen hingerichtet worden. Seit dem Jahr 2010 summiert sich die Zahl laut der NGO auf rund 9.546 Exekutionen.

Unter den Verurteilten finden sich zahlreiche Personen, denen politisch motivierte Vorwürfe wie "Korruption auf Erden" oder "Feindschaft gegen Gott" zur Last gelegt werden – Anklagen, die oft auf Zwangsgeständnissen unter Folter beruhen und vor keinem rechtsstaatlichen Maßstab bestehen.

Tatsächlich ist die Todesstrafe in der Islamischen Republik Iran weniger ein Instrument der Rechtsprechung als ein Mittel politischer Machtausübung, religiös legitimiert, strategisch eingesetzt, ideologisch aufgeladen. Was als Strafvollzug präsentiert wird, ist in vielen Fällen ein kalkulierter politischer Justizmord. Kein Triumph der Gerechtigkeit, sondern ihr Gegenteil.

Die genauen Vorwürfe gegen die Verurteilten lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Der Zugang zu Verfahren, Akten und Beweismitteln ist im Iran systematisch eingeschränkt, eine transparente Justiz existiert faktisch nicht.

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