Bottrop hat jetzt eine Kinderkirche

Bärenstark, dubidubidu

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Das Bistum Essen ist stolz auf "Kikeriki", seine erste Kinderkirche in Bottrop. Man kann dort den Gott beim Triangelspielen erfahren.

Bei der Eröffnung der ersten "Kinderkirche" in Bottrop gab es, das melden Berichterstatter übereinstimmend, viele bunte Stühle zu bewundern. Auf den Fotografien des Ereignisses lassen sich zudem erstaunliche Erwachsenenpullis und -blusen erkennen, die vermutlich böse Dämonen fernhalten sollen, sowie  fröhliche und neugierige Kinder, die an dieser Zeitenwende des christlichen Glaubens teilhaben durften. Jetzt kommt die Kinderkirche, ein Konzept, das die Kita-Leiterin Petra Eberhardt ausgearbeitet hat und das vom zuständigen Bischof Franz-Josef Overbeck, der dem Militäreinsatz in Afghanistan seinen Segen spendet, homosexueller Liebe hingegen eher weniger, ausdrücklich gelobt wird: "Ich würde mich freuen, wenn dort viele Kinder Gott mit allen Sinnen erleben."

Gott? "Mit allen Sinnen"? Katholischer Priester? Da muss man erst mal leise schlucken und sich wieder daran erinnern, dass ja doch, wenn die Zahlen so bleiben, tatsächlich sogar die Mehrheit seiner Kollegen sich NICHT sexuell an Kindern vergangen hat, wiewohl sexueller Missbrauch in der Bibel eine ehrwürdige Tradition hat.

Nur wie geht das, Gott mit seinen Sinnen erleben? Wäre nicht ein mit Sinnen erlebbarer Gott das Ende aller Religion, da er nun nachweisbar wäre, somit also das Göttliche und das Irdische mit einem Mal zusammenfielen? Gott entzieht sich. Oder vergeht. Er spricht immer nur zu den Einzelnen, den Zeugenlosen, oder eben tief hinten in einer mystischen Vergangenheit, die ebenfalls keiner mehr nachprüfen kann. Den Sinnen im Jetzt erlebbar ist der Gott wohl immer nur, wenn der Heilige Geist einige der Seinen befällt, und selbst da pflegt der Heilige Geist sich entschieden wirr und unverständlich zu äußern, was man dann "in Zungen reden" nennt.

Wie also erfahren Bottroper Kinder Gott? An einer Stelle sind Decken und Kissen auf dem Steinboden ausgebreitet, mit einem Baldachinlaken darüber, das ist dann ein Beduinenzelt. Im Beduinenzelt kann man sich dann Geschichten aus der Bibel erzählen lassen, die durch die Konkretion des authentischen Beduinenzelts erst ihre volle Wirkmacht entfalten. Beduinen! Weiß man ja. Nächtelang lesen die sich Bibelgeschichten vor. Darüber hinaus macht Gott sich erlebbar in der Benutzung von großen bemalbaren Papierrollen, auch stellt er dem Nachwuchs Instrumente bereit, damit sie frühzeitig mit Hits wie "Einfach spitze, dass du da bist (Komm, wir loben Gott den Herrn)" oder "Bärenstark – dubidubidu" ihre beeinflussbaren Hirne auf das richtige Empfangsniveau herunterpegeln. Auch ist ein Treppchen ans Taufbecken gestellt, damit, wie die inspirierte Kitaleiterin mitteilt, Kinder sich zukünftig gegenseitig oder einfach sich selbst segnen können. Wie praktisch! Wenn der Trend zur Selbstsegnung geht, wird sich die Kirche wohl auch aller Personalsorgen entledigen können.

Am tollsten aber von allem ist der selbstgebastelte große Hahn, der neben dem Altar steht: Hahn, denkt man, wieso nochmal, was hat der mit dem hiesigen Gott zu tun? Dies zu ergründen, ist gar nicht so leicht, da das Hirn noch mit einer anderen praktisch unlösbaren Frage beschäftigt ist: Wenn der Name dieses Events wirklich "Kikeriki" ist, und wenn das tatsächlich bedeuten soll: "Kinder kennen richtig Kirche" – ist das dann noch Deutsch? Oder braucht man eine Einbildungskraft religiösen Ausmaßes, um den Slogan für schlüssig zu halten? Ohne Einbildungskraft wird man ja eh nichts in der Welt des entschlossenen Glaubenwollens. Na gut. Bleibt also aber der Hahn. Der steht da. Und erinnert uns, nach einigem Wühlen im Gedächtnis:

Stimmt. Der Hahn ist der eigentliche Gründervater der Kirche. Er ist das Fundament des ja doch recht bizarren christlichen Glaubens: Das Universum inklusive aller, die dies lesen, sei von einer Art unsichtbarem, allmächtigem Mann erschaffen worden, und demgegenüber müssten wir Menschen, aus Gründen, die auszuführen sich kaum lohnt, ein massiv schlechtes Gewissen haben. Die Kirche, die diesen Glauben in die Welt hinauspustet, wurde nun gegründet von Gottes Follower Petrus. Und wenn wir uns recht entsinnen, ist es ein Hahn, der ihn an seine Fehlerhaftigkeit erinnert, an seine unanständige Leugnung des Gottes.

Aus dieser tief empfundenen Scham heraus, möglicherweise, ist Petrus dann Gründervater geworden, und offensichtlich war er emotional zu verwickelt oder hat rein intelligenzmäßig nicht verarbeiten können, dass das ein Fluch ist, den die Gottheit ihm da angetan hat: Wenn ein allmächtiger Weltenschöpfer mir sagt, dass ich ihn verleugnen werde, dann tue ich nicht nur gut daran, sondern komme ja überhaupt nicht umhin, diesen Auftrag zu erfüllen. Verleugne ihn also. Und weine dann bitterlich, vielleicht ja auch ob der Ungerechtigkeit und der rücksichtslosen, selbstherrlichen Art, mit der der Gott immer schon mit den Seinen verfährt.

Der Hahn jedenfalls wird seitdem von Religionskennern als Symbol der Reue geführt, Reue desjenigen, der von der Gottheit verflucht wurde, darüber, was er der Gottheit angetan hat. Hier also beginnt Kirche, im Zeichen des Hahns dürfen die Kleinsten nun wieder gutmachen, was der arme Gott zu leiden hatte. Indem sie singen, hüpfen, malen, leicht verständliche Lieder singen. Und ein vom Bösen verführter Schelm ist, wer an die Studie desselben Bistums Essen denken muss, in welcher man sich Gedanken machte, wie dem Mitgliederschwund zu begegnen sei, und in der sich verblüffende Sätze fanden wie: "Unbeschadet des Heilsangebots Gottes an alle Menschen scheint es aus ökonomischer Perspektive günstiger, Menschen in der Kirche zu halten als Menschen wieder für diese zu gewinnen."

Strategisch wurde hier empfohlen, an junge, solvente Seelen heranzukommen, durch "niedrigschwellige spirituelle Angebote", oder bei der "Betreuung des Kindes": Die Kinderkirche Kikeriki könnte eine wunderbare Möglichkeit sein, an religiös ausgebohrte Geister heranzukommen und sie in der Kirche zu halten, je niedrigschwelliger, je besser, das hat schon Jesus gesagt, oder hätte doch, wenn ihm das eingefallen wäre. Kommt alle zu mir, hätte Jesus gesagt, die ihr geldbeladen seid, Kinder und wirklich erstaunliche Pullis und Blusen im Schrank habt.