Gesetzentwurf zum Verbot von Kinderehen vorgelegt

Kinder sollen Kinder sein dürfen

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Kinderbräute in Jemen
Kinderbräute in Jemen

Die große Koalition hat sich nach langem Ringen dazu entschieden, ein Gesetz auf den Weg zu bringen, das Kinderehen mit Partnern unter 16 Jahren künftig als "nichtig" erklärt. Der Gesetzentwurf von Justizminister Heiko Maas (SPD) wird jetzt den Ministerien vorlegt und soll so schnell als möglich vom Bundestag beschlossen werden.

Nach dem Entwurf des Justizministeriums sollen künftig alle Ehen unter 16 Jahren "nichtig" werden. Entscheidend dabei soll der Zeitpunkt der Heirat sein. Wenn einer der Partner bei der Heirat minderjährig ist oder war, soll die Ehe annulliert werden; auch dann, wenn sie im Ausland geschlossen wurde. Ob das auch für Ehen gilt, die zwar vor dem 18. Lebensjahr eines der Partner geschlossen wurde, bei der aber inzwischen beide Partner volljährig sind, ist noch umstritten.

Die CDU/CSU möchte das verpflichtend, das SPD-geführte Justizministerium hält es hingegen aus verfassungsrechtlichen Gründen für geboten, Ausnahmen in Härtefällen zuzulassen. Auch über eine von den Konservativen geforderte Verpflichtung der Jugendämter, bei Kenntnis von Auslandskinderehen von Minderjährigen in jedem Falle Familiengerichte zu informieren, damit diese die Ehen "aufheben", herrscht noch Uneinigkeit.

Die Welt beruft sich auf Zahlen des Bundesinnenministeriums, nach denen Mitte letzten Jahres 1.475 verheiratete Kinder und Jugendliche in Deutschland lebten; 361 davon jünger als 14 Jahre. Hierbei handelt es sich um Flüchtlinge aus muslimisch geprägten Ländern, insbesondere aus Syrien.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), hatte bereits im November vergangenen Jahres viel Kritik – zum Beispiel auch von den Ex-Muslimen – einstecken müssen, als sie davor warnte, dass Frauen, deren Ehen aberkannt würden, unter anderem Unterhalts- und Erbansprüche verlieren könnten, "ihre Kinder wären unehelich, für viele würde das sogar eine Rückkehr in ihre Heimatländer unmöglich machen." Dem wurde allerdings zu Recht entgegen gehalten, dass die universellen Menschenrechte, Frauen- sowie Kinderrechte wichtiger als jedes Recht auf Religionsausübung oder übernommene Kultur sein muss.1 Andererseits: Eine Ehe, die ein minderjähriges Mädchen in ihrem Herkunftsland geschlossen hat, hatte andere soziale und rechtliche Bedingungen. Deshalb müssen diese Ehen im Einzelfall gründlich geprüft werden. Und das nicht, um den Mädchen und Frauen zu schaden, sondern um sie zu schützen.

Auch wenn sich der Gesetzentwurf dafür stark macht, dass Kinder zukünftig Kinder sein dürfen (und Jugendliche Jugendliche); es bleibt die Frage, ob das derzeit geltende Recht nicht schon genügen würde, um Kinderehen Einhalt zu gebieten.

Freilich ist es unumstritten, dass Zwangsehen den Werten einer freiheitlich, demokratischen Grundordnung in Deutschland … widersprechen, jedoch ist es auch relativ kurzsichtig anzunehmen, dass mit der ... Gesetzesänderung Zwangsehen rigoros unterbunden werden könnten. Anachronistische Traditionen und Wertevorstellungen innerhalb mancher religiösen bzw. islamischen Milieus bleiben unverändert und können nach wie vor Druck in Bezug auf die Eheschließung ausüben, auch wenn die Betroffenen dann volljährig sind. Ob das geplante Gesetzesvorhaben also wirklich effektiv Zwangsheiraten in naher Zukunft verhindern kann, bleibt zweifelhaft. (F. Meer im hpd)

Um dem Vorwurf des Populismus zu entgehen, muss das Gesetz – so es denn den Bundestag passiert – dann auch mit Augenmaß umgesetzt werden.


  1. Diese Konsequenz allerdings wurde im Zusammenhang mit der nicht medizinisch notwendigen Knabenbeschneidung nicht gezogen. ↩︎