Lebenslange Haft für "Ehren"mord

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No more femicide – Fotografiert in Berlin-Neukölln
No more femicide

Die Schwurgerichtskammer des Berliner Landgerichts hat zwei Brüder des Mordes an ihrer Schwester Maryam H. für schuldig befunden und zu jeweils lebenslangen Haftstrafen verurteilt. Damit ist das Gericht den Forderungen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklage gefolgt.

"Das Urteil bringt Maryam H. nicht zurück", schreibt Terre des Femmes in einer Pressemitteilung zum gestrigen Urteil. "Ihre beiden Kinder werden trotzdem ohne sie aufwachsen müssen, mit dem Wissen, dass ihre beiden Onkel ihre Mutter umgebracht haben."

Der Vorsitzende Richter einer Schwurgerichtskammer des Berliner Landgerichts, Thomas Groß, schildert in der Urteilsbegründung noch einmal das Leben und das Sterben der 34-jährigen Afghanin Maryam H. Sie habe sich hier in Deutschland von ihrem gewalttätigen Mann scheiden lassen, den ihre Familie in Afghanistan für sie ausgesucht habe. "Maryam H. wollte ein selbstbestimmtes Leben als Frau und Mutter führen", sagt Groß laut Berliner Zeitung. Dies sei ihr von den Brüdern und auch der Familie verwehrt worden.

Die Mutter zweier zehn und 14 Jahre alter Kinder wurde unter einem Vorwand in die Wohnung des jüngeren Bruders gelockt worden und dort ermordet.

Das Urteil zeigt: Verbrechen, die darauf gerichtet sind, Mädchen und Frauen eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu verwehren, bleiben in Deutschland nicht ungestraft. "Patriarchale Strukturen, die Mädchen und Frauen einen geringeren Stellenwert als Männer zuweisen, haben keinen Platz in unserer Gesellschaft. Jede Frau hat das Recht, frei, selbstbestimmt und gleichberechtigt zu leben", kommentiert Terre des Femmes das Urteil.

Der Mord an Maryam H. ist kein Einzelfall:

Eine aktuelle Recherche von Terre des Femmes ergab für 2021 19, für 2022 bislang mindestens sieben mutmaßliche Opfer eines versuchten oder vollzogenen "Ehren"-Mordes in Deutschland. Die Muster sind oft ähnlich: Vorausgehende Gewalt, Kontrolle, Unterdrückung, bis hin zur (versuchten) Tötung – eine vermeintlich verletzte Ehre kann eine Triebfeder für Gewalt darstellen, die hauptsächlich, aber nicht ausschließlich, Frauen betrifft.

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