Migrationspolitik: Ein Weckruf für Menschlichkeit und Vernunft

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im Bundestag
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In der aktuellen Debatte über Migration appelliert der Bundesverband des Humanistischen Verbands Deutschlands (HVD) an Politik und Gesellschaft, sich diesen Herausforderungen mit Mut, Verstand und Empathie zu stellen. Es ist Zeit für einen Weckruf: Mitmenschlichkeit und Vernunft dürfen nicht auf der Strecke bleiben.

In der aktuellen Debatte über Migration und Integration erleben wir einen besorgniserregenden Wettbewerb populistischer Äußerungen. Immer wieder ertönt der Ruf nach einem harten Durchgreifen des Staates, nach einer Law-and-Order-Politik, die komplexe Probleme scheinbar einfach lösen kann. Doch gerade in der aktuellen Situation – mitten im Wahlkampf – dürfen wir nicht zulassen, dass tragische Einzelfälle wie die grausame und zutiefst zu verurteilende Tat in Aschaffenburg instrumentalisiert werden. Kinder zu töten ist ohne Frage ein Zivilisationsbruch, der uns alle erschüttert. Aber ebenso klar muss sein: Derartige Ereignisse dürfen nicht als Vorwand genutzt werden, um Politik auf dem Rücken der Schwächsten zu machen.

Was nach Auffassung des HVD stattdessen gebraucht wird, ist ein besonnener Blick auf die Herausforderungen – und mutige, langfristig ausgerichtete Lösungen. Es reicht nicht, an Symptomen herumzudoktern. Es muss an die Wurzeln des Problems gehen: Ein konsequenter Integrationskurs, der gesellschaftliche und berufliche Teilhabe von Anfang an ermöglicht, sowie eine frühzeitige psychologische und therapeutische Betreuung für die oft schwer traumatisierten Menschen, die bei uns Schutz suchen.

Es mangelt vielerorts an den Ressourcen, die nötig wären, um Integration und Betreuung wirklich umfassend zu gewährleisten. Unser Gesundheitssystem ächzt und krächzt – selbst notwendige Behandlungen und Therapien sind für viele Menschen erst nach Monaten verfügbar. Hier muss investiert werden, um ein System zu schaffen, das sowohl den Geflüchteten als auch der gesamten Gesellschaft gerecht wird.

In einer Zeit, in der die Debatte über Migration oft von der Distanz zu und der Abwendung von Hilfesuchenden sowie von Polarisierung geprägt ist, braucht es dringend mehr Anteilnahme. Wir dürfen uns nicht abkehren von den persönlichen Schicksalen der Menschen, die hilfesuchend nach Deutschland kommen. Wir müssen uns auch den Gemeinden, die mit der Aufnahme und Integration oft überfordert sind, zuwenden und dürfen sie nicht allein lassen. Genau jetzt braucht es ein genaues Hinsehen sowie Mitmenschlichkeit und Solidarität – Werte, die daran erinnern, dass humanistische Politik differenziert und gerecht sein muss.

Erschreckend ist, wie schnell sich die mediale Aufmerksamkeitsökonomie in kurzsichtiger Erregungspolitik niederschlägt. Markige Worte und schnelle Schuldzuweisungen treten an die Stelle politischer Klugheit und angemessener Maßnahmen. Doch Populismus löst keine Probleme.

Die vorgestrige Debatte im Deutschen Bundestag hat diese Tendenzen leider bestätigt. Anstatt konstruktive und sachgerechte Lösungen im Einklang mit europäischem Recht zu erörtern, legte die CDU/CSU-Fraktion einen Entschließungsantrag vor, der unter anderem dauerhafte Grenzkontrollen zu allen Nachbarstaaten und die Zurückweisung von Personen ohne gültige Einreisedokumente vorsieht. Dieser Antrag wurde mit knapper Mehrheit angenommen, wobei die erforderliche Mehrheit nur durch die Unterstützung der AfD zustande kam. Doch das Problem ist nicht (allein), dass die AfD mitgestimmt hat – sondern dass sich in Deutschland, zeitgleich mit dem Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus, eine Politik durchsetzt, die sich auf dem Rücken der Schwächsten profiliert, statt echte Lösungen zu suchen. Eine Politik, die Härte inszeniert, ohne nachhaltige Antworten auf die Herausforderungen von Migration und Integration zu bieten.

Der Humanistische Verband Deutschlands (Bundesverband) appelliert an Politik und Gesellschaft, sich diesen Herausforderungen mit Mut, Verstand und Empathie zu stellen. Es ist Zeit für einen Weckruf: Mitmenschlichkeit und Vernunft dürfen nicht auf der Strecke bleiben. Jetzt ist der Moment, solidarisch zu handeln und einander beizustehen – im Sinne einer Politik, die echte Lösungen sucht und schafft, statt in Aktionismus steckenzubleiben.

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