In Wien wurden mehrere Personen, die sich als "Sittenwächter" gerierten, von der Polizei festgenommen. Die Gruppe stellte vor allem tschetschenische Frauen, die sich "zu westlich" verhielten, in Moscheen an den Pranger.
Dem Landeskriminalamt Wien ist es gelungen, "insgesamt fünf Männer und eine Frau im Alter zwischen 19 und 37 Jahren (alle aus Tschetschenien) festzunehmen". Die Festgenommenen stehen im Verdacht, einer hierarchisch strukturierten Gruppierung anzugehören, die seit zumindest Anfang des Jahres in mindestens zehn Fällen aus Tschetschenien stammende Frauen sowie in manchen Fällen auch deren Lebensgefährten oder Familien verfolgt, "belehrt", bedroht oder sogar physisch verletzt zu haben, da diese sich der Ansicht der Beschuldigten nach "zu westlich" und nicht den Wertevorstellungen entsprechend verhielten.
Die Bilder der Frauen wurden in Moscheen ausgestellt, um sie an den Pranger zu stellen. Die mutmaßlichen Opfer berichteten, dass beispielsweise ein Foto in Badebekleidung oder eine Beziehung zu einer nicht tschetschenisch-stämmigen Person ausgereicht hätte, um in den Fokus der Gruppierung zu geraten.
"Nach intensiven Ermittlungen erfolgte in den Nachtstunden des 17. Juni 2020 ein koordinierter, simultaner Zugriff an den Wohnadressen der mutmaßlichen Täter in Wien und Linz. Neben den sechs Festnahmen stellten die Beamten Mobiltelefone (vermutliche Kommunikationsmittel zur Organisation in bestimmten Messenger-Diensten), diverse Gas- und Schreckschusswaffen sowie 5.000 Euro Bargeld sicher", informiert das Landeskriminalamt Wien. "Die mutmaßlichen Täter wurden wegen zahlreicher strafrechtlicher Delikte angezeigt, insbesondere wegen des Verdachts der mehrfachen Körperverletzung, Nötigung sowie der kriminellen Vereinigung. Die Ermittler gehen davon aus, dass es noch weitere Mitglieder dieser Gruppierung gibt, die Ermittlungen sind im Gange."
Laut ORF erklärte ein Polizeisprecher, dass die Täter systematisch vorgegangen seien. Man habe den Bekanntenkreis und Soziale Netzwerke entsprechend beobachtet. Wenn es Anhaltspunkte für "Vergehen" gegeben habe, sei jemand losgeschickt worden, um mit der jeweiligen Frau zu sprechen. Blieb dies erfolglos, wurden auch Familienmitglieder in die Drohungen miteinbezogen, so die Polizei.
"Weiters sollen Bilder der Frauen in Moscheen aufgehängt worden sein, um sie zu denunzieren", schreibt der ORF wörtlich. Falls die Frau sich nicht an die Vorgaben gehalten habe, sei es zu weiteren Drohungen und zu Gewalt gekommen, entweder zu Hause oder am Arbeitsplatz, so die Polizei weiter. Die Gruppierung der festgenommenen Tschetschenen soll sich als "Sittenwächter" verstehen. Die Polizei geht davon aus, dass es noch weitere Opfer gibt.
Diese Methoden der Einschüchterung von Frauen, die sich nicht islamkonform verhalten, sind seit langem bekannt, aber nur in wenigen Fällen ist es gelungen, der Täter habhaft zu werden und Beweise vorzulegen. Aufgrund der Einschüchterungen sind Anzeigen der Opfer selten. Wie sehr das Phänomen verbreitet ist, lässt sich schwer feststellen, weil es verschiedenste Schattierungen von Machtausübungen gegenüber Frauen gibt, wovon die leichteren Fälle oft gar nicht ans Tageslicht kommen.
In Österreich gibt es zahllose Initiativen, um Gewalt gegen Frauen besonders im Kontext von Integration einzudämmen. Der Integrationsfonds hat dazu eine Broschüre herausgegeben.
3 Kommentare
Kommentare
Roland Fakler am Permanenter Link
Solche „Sittenwächter“, die unsere Gesellschaft ins Mittelalter zurückführen wollen, haben kein Recht auf Asyl und sollten so schnell wie möglich ausgewiesen werden.
Heidi Dettinger am Permanenter Link
Sind vor dem Gesetz nicht alle gleich?
Wenn das so ist, sollten diese selbsternannten Sittenwächter angeklagt und bestraft werden - warum dann obendrein noch mit Ausweisung drohen?
Roland Fakler am Permanenter Link
Leute, die gar nicht erst die Absicht haben, die Hausordnung zu befolgen, sollte man meiner Ansicht nach auch gar nicht erst in die Hausgemeinschaft aufnehmen. Man nimmt ja auch keinen Brandstifter in sein Haus auf.