Säkulare kritisieren religiöses Privileg

Muezzinruf in New York City

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Moschee in Harlem, New York
Moschee in Harlem, New York

Moscheen in New York City dürfen den Gebetsruf jetzt ohne gesonderte Genehmigung der Stadtverwaltung erschallen lassen. Während islamische Verbände die Entscheidung begrüßen, weist die säkulare NGO Atheist Republic auf problematische Konsequenzen hin. Die neue Regelung bedeute nicht nur die Privilegierung einer Religion gegenüber anderen Glaubensgemeinschaften, sondern sie verwische auch die verfassungsmäßig garantierte Trennung von Staat und Kirche.

Mit dem islamischen Gebetsruf, auch "Adhan" genannt, werden muslimische Gläubige zum Besuch der der Moschee aufgefordert. Die Gemeinden in New York City dürfen dies nun auch ohne gesonderte Genehmigung der Stadt tun: freitags zwischen 12 und 12:30 Uhr, im Fastenmonat Ramadan auch an jedem Abend. Erlaubt ist eine Lautstärke bis zu 10 Dezibel über den Umgebungsgeräuschen. Der demokratische Bürgermeister Eric Adams bezeichnet die Entscheidung als einen historischen Schritt in Richtung Inklusion. Die Musliminnen und Muslime in New York City sollten seinen Worten zufolge wissen, dass sie in der Stadt ihren Glauben frei ausleben könnten, denn nach dem Gesetz würden alle gleich behandelt. Von den rund 8 Millionen Einwohnern gehören rund 9 Prozent dem muslimischen Glauben an.

Bei islamischen Einrichtungen stoßen die neuen Richtlinien auf breite Zustimmung. Laut Afaf Nasher, der Geschäftsführerin des New Yorker Council of American-Islamic Relations, sei der Adhan nicht nur ein Ruf zum Gebet, sondern auch ein Appell zu Einheit, Reflexion und Gemeinschaft. Die Leiterin der Ideal Islamic School in Queens, Somaia Ferozi, begrüßte ebenfalls die Entscheidung, die sie als identifikationsstiftendes Signal an ihre Schülerinnen und Schüler deutete. Den Adhan "in einem New Yorker Stadtviertel zu hören, gibt ihnen das Gefühl, Teil einer Gemeinschaft zu sein, die sie anerkennt", sagte Ferozi auf der Pressekonferenz des Bürgermeisters.

Unter engagierten Säkularen rufen solche Narrative indes Kopfschütteln hervor. So spricht Susanna McIntyre, Geschäftsführerin der NGO Atheist Republic, von einem "Akt, der eine Religion gegenüber anderen bevorzugt und die Trennung zwischen Staat und Kirche verwischt". Im Gespräch mit dem Atheist-Republic-Gründer Armin Navabi auf YouTube bezeichnen beide den Gebetsruf als ein Statement der Überlegenheit des Islam gegenüber anderen Religionen. Nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung müsse entweder allen Religionen eine vergleichbare Möglichkeit gewährt werden oder sie müsse ausnahmslos allen Glaubensgruppen verschlossen bleiben – diese Alternative präferieren die Aktivist:innen von Atheist Republic. Vergleichbare Debatten gibt es auch in Deutschland, seit die Kölner Stadtverwaltung 2022 den Muezzin-Ruf von der dortigen DiTiB-Moschee erlaubt hat.

New Yorks Bürgermeister Eric Adams hatte bereits Anfang des Jahres für Aufsehen gesorgt, als er sich auf einer interkonfessionellen Veranstaltung gegen die Trennung von Staat und Kirche aussprach. "Der Staat ist der Körper, die Kirche ist das Herz. Nimmt man das Herz aus dem Körper, stirbt der Körper", sagte Adams damals. Später erklärte ein Sprecher des Bürgermeisteramts, Adams habe ausdrücken wollen, dass sein Handeln vom Glauben geleitet sei.

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