Neuer Vorstoß für Gottesbezug in Kiel

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Der Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages
Der Plenarsaal des Schleswig-Holsteinischen Landtages

Ein breites Bündnis aus christlichen Kirchen, jüdischen und muslimischen Verbänden sowie der CDU unternimmt in Schleswig-Holstein einen erneuten Versuch, einen Gottesbezug in die Landesverfassung aufzunehmen. Befürworter wie Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt sehen darin ein verbindendes Element über Glaubensgrenzen hinweg, während Kritiker von einem übergriffigen Eingriff religiöser Gruppen in den säkularen Staat sprechen. Der Vorstoß offenbart nicht nur die wachsende Distanz zwischen Religion und Gesellschaft, sondern auch brisante Allianzen zwischen Kirchen und islamischen Verbänden, die im Verdacht stehen, Islamismus zu fördern.

Ein Bündnis aus christlichen Kirchen, jüdischen und muslimischen Verbänden sowie der CDU in Schleswig-Holstein versucht laut Meldung des NDR erneut einen Gottesbezug in die Präambel der Landesverfassung von Schleswig-Holstein zu bekommen. Dies ist nach gescheiterten Versuchen in den Jahren 2014 und 2016 der dritte solche Anlauf. Während die Landesbischöfin der evangelisch-lutherischen Kirche Norddeutschland Kristina Kühnbaum-Schmidt meint, ein "Gottesbezug [verbinde] Menschen unterschiedlicher Überzeugungen", kritisiert der Zentralrat der Konfessionsfreien in einem Statement auf X den "Vorschlag von übergriffigen Religionsgemeinschaften".

Nach einer Erhebung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) selbst sind inzwischen mit 57 Prozent der Bevölkerung eine Mehrheit der Menschen in Schleswig-Holstein säkular und religiös ungebunden, ein neu einzuführender Gottesbezug somit nicht vermittelbar.

Ähnlich wie die Landesbischöfin argumentiert auch evangelisch.de, dass ein "Gottesbezug Orientierung geben könne", wobei sich selbstverständlich die Frage stellt, wieso säkulare Menschen in einem Gottesbezug "Orientierung" oder eine "Verbindung unterschiedlicher Überzeugungen" finden sollten? Ganz im Gegenteil muss jedem bei kurzem Nachdenken die Absurdität dieser Statements auffallen. Eher scheint es, dass eine religiöse Minderheit hier noch ihre Deutungshoheit schützen will, bevor sie endgültig in der Bedeutungslosigkeit versinkt, schließlich sinken die Zahlen der Kirchenmitglieder seit Jahren kontinuierlich.

Während die Grünen-Politikerin und MdB Lamya Kaddor auf X begrüßte, wie besonders schön es sei, dass "die Initiative von einem interreligiösen Bündnis aus muslimischen, jüdischen und christlichen Gemeinden" komme, kritisierte der Arbeitskreis Politischer Islam (AK Polis), dass zu den Initiatoren auch der Verein Schura – Islamische Religionsgemeinschaft und DITIB Nord gehörten. Beide seien dem Feld des Politischen Islam in Deutschland zuzuordnen. DITIB Nord sei durch Erdoğans Religionsfunktionäre der Diyanet kontrolliert. Zur Schura Schleswig-Holstein gehören Mitgliedsgemeinden der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) – der "größten islamistischen Organisation Deutschlands".

Für den AK Polis steht fest: "Die Kirchen werten mit ihrer Allianz diese Islamverbände auf. Damit leisten sie dem Islamismus in Deutschland Vorschub und gefährden die Demokratie – um ihre eigenen Interessen durchzusetzen." Der Bundesvorsitzende der Kurdischen Gemeinde Deutschlands, Ali Ertan Toprak, monierte in einem Statement auf X: "Die Kirchen legitimieren den legalistischen Islamismus. Wer gegen deutschen Rechtsextremismus ist, aber gleichzeitig muslimischen Rechtsextremismus legitimiert, hat ein Glaubwürdigkeitsproblem."

Der Streit um die Rolle der Religion im säkularen Deutschland des 21. Jahrhunderts geht mit dem Vorstoß des Bündnisses in Schleswig-Holstein in eine neue Runde, wobei die Konfliktlinien nicht immer dort verlaufen, wo man sie vermuten würde. Die an Einfluss verlierenden christlichen Kirchen als ehemaliger Platzhirsch gehen Bündnisse mit Verbänden des an gesellschaftlicher Bedeutung gewinnenden Islam ein. Diese islamischen Verbände wiederum werden durch liberale und säkulare Muslime als Werkzeuge des Politischen Islam hart kritisiert und auch schon mal mit Rechtsextremismus in Verbindung gebracht, gegen den sich die Amtskirchen doch immer lautstark äußern, solange es sich denn um deutschen Rechtsextremismus handelt. Daneben steht eine Mehrheit der Deutschen, die sich schlicht nicht für Religion interessiert.

Eine ausführliche Stellungnahme des Zentralrats der Konfessionsfreien finden Sie hier.

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