Säkulare Buskampagne 2019 – Tag 13 bis 17: Saarbrücken, Mainz, Frankfurt, Nürnberg, Heidelberg, Stuttgart

Trickdieb sabotiert Kampagnen-Berichterstattung

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Der Musiker Chris Paulson unterstützt die säkulare Buskampagne

In Frankfurt wurde die berichtende hpd-Redakteurin Opfer eines Diebstahls. Deshalb musste die Berichterstattung einige Tage unterbrochen werden. Währenddessen ging die Tour weiter Richtung Süden und hat jetzt auch ein weiteres Team-Mitglied: Den Singer-Songwriter Chris Paulson, ein atheistischer Straßenmusiker, der Rund um den Kampagnen-Bus entspannte Lagerfeuer-Atmosphäre verbreitet, dabei allerdings auch eine Botschaft hat: Er braucht keine Religion.

Ein sehr unerfreuliches Erlebnis hat die Kampagnen-Berichterstattung jäh unterbrochen. Zunächst standen noch an Tag 13 und 14 die Besuche in Saarbrücken und Mainz an. Dann kam Frankfurt: Hier stieß zunächst die reparierte Haltestellenblume in voller Pracht wieder dazu. Die technische Leitung hatte sie beim Düsseldorfbesuch in der Tilly’schen Werkstatt abgeliefert. Neben dem Bus hatte sich – wie an vielen Tagen zuvor – ein Straßenmusiker platziert. Doch nicht irgendeiner, wie sich herausstellen sollte: "No one knows the reason behind the big bang" ("Niemand kennt den Grund des Urknalls") oder "I will live my life free from religion" ("Ich werde mein Leben frei von Religion leben") drang da an das Ohr des Kampagnen-Teams. Chris Paulson aus San Francisco, seit 31 Jahren als Straßenmusiker in Frankreich, Deutschland, Spanien und Mexiko unterwegs, ist Atheist und singt darüber. Als Besucher an seinem Krankenbett nach einer Rückenoperation für ihn beten wollten, habe er angefangen nachzudenken. Er entdeckte Richard Dawkins und Christopher Hitchens. Für Paulson gibt es keinen Grund, an Gott zu glauben, sagt er. Nach dem Attentat auf die Charlie-Hebdo-Redaktion 2015 seien ihm dann auch die negativen Folgen, die Religion haben kann, bewusst geworden. Er schrieb einen Song über den Jihad mit dem Titel "Delusion" ("Täuschung"), mit Liedzeilen wie "You want to take us back to the Dark Ages" ("Ihr wollt uns in das finstere Mittelalter zurückversetzen") oder "stoning women, burning witches in the name of your primitive God" ("Frauen steinigen, Hexen verbrennen, im Namen eures primitiven Gottes"). Bei diesem Song habe er mitunter Angst, ihn auf der Straße zu singen, vor allem in Frankreich, erzählt er.

Nach einer kurzen Eispause geschah es dann: Aus dem Kampagnen-Bus heraus konnte man sehen, wie ein Mann die Fahrertür des Begleitfahrzeugs öffnete und langsam zwei schwarze Taschen herausnahm. Nichts ungewöhnliches, da die Helfer vor Ort bisweilen ihr Hab und Gut vorübergehend im Sprinter unterbringen. Aber ob das wirklich alles so seine Richtigkeit hat? Spurt zum Fahrzeug – aber da war niemand mehr. Auch sonst war nirgendwo jemand zu sehen. Das Team Begleitfahrzeug war einem äußerst geschickten Trickbetrüger aufgesessen. Das Auto war verriegelt – nur die Fahrertür nicht. Wie konnte das sein? Vermutlich hatte sich der Dieb an der fensterlosen Seitenwand versteckt und den Griff beim Abschließen festgehalten. Auf diese Weise öffnet sich die Tür wieder, wenn man ihn erneut betätigt. Die Bilanz: Eine geklaute Kameratasche und zwei gestohlene Laptoptaschen mit sämtlichem Inhalt wie Verbindungs- und Ladekabel, Kopfhörer, Computermäuse, Festplatten. Eine der beiden Taschen gehörte der berichtenden hpd-Redakteurin. Daraufhin musste natürlich Anzeige erstattet werden. Trotz noch weiterer Bemühungen aller Art gibt es bis heute keinerlei Erkenntnisse zum Dieb oder den gestohlenen Geräten. Deshalb war die Berichterstattung einige Tage unterbrochen, bis der erste Schock überwunden, alles einigermaßen geregelt und eine Ersatzlösung gefunden war.

An Tag 15 ging es weiter über die "Haltestellen" Erlangen und Fürth nach Nürnberg, wo die Ludwig-Feuerbach-Gesellschaft auf der Stadtrundfahrt ausführlich über das Leben des Philosophen berichtete, dessen akademische Karriere an der Universität Erlangen jäh unterbrochen wurde, nachdem er eine religionskritische Schrift veröffentlicht hatte. Zwar hatte er dies anonym getan, allerdings gelang es der Polizei, ihn als Verfasser zu ermitteln. Der Aufklärer ist heute auf dem Johannisfriedhof beerdigt, wo ihn die Busgäste "besuchten". Währenddessen liefen zwei Mitglieder des Bundes für Geistesfreiheit (bfg) Fürth durch die Nürnberger Fußgängerzone: Einer war als Handwerker verkleidet und zog den anderen, der den Bischof mimte, in einer goldenen Badewanne hinter sich her. Sie warben auf diese kreative Weise für die Abendveranstaltung, auf der Kristina Hänel ihr Buch "Das Politische ist persönlich – Tagebuch einer 'Abtreibungsärztin'" im Marmorsaal vorstellte.

Am nächsten Tag ging es weiter nach Heidelberg und von dort aus nach Stuttgart. Dieser Tag 17 war der erste Tourtag, an dem es dauerregnete. Das Verdeck des Doppeldeckers, das man aufschieben kann, ist leider nicht vollständig dicht. Vor allem an den Ecken fand der ein oder andere Regentropfen seinen Weg ins Businnere. Zusätzlich ließ sich die Heizung nicht mehr abstellen, was für ein regenwaldähnliches Klima bei der Stadtrundfahrt sorgte.

Dank Ausnahmegenehmigung konnte sich der Oldtimer in Deutschlands Feinstaubhauptstadt frei bewegen. Auch in Stuttgart wurde säkulare Werbung abgelehnt, erzählte Stadtführer Christoph Houtman: Die Stuttgarter Regionalgruppe der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) hatte eine Animation zum Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche erstellt, angelehnt an die Grafiken der Karlsruher gbs. Ihre Platzierung auf Werbe-Videotafeln wurde von der Betreiberfirma abgelehnt, mit der Begründung, dass es vonseiten der Geschäftsleitung untersagt sei, "Werbespots zu den Themen Politik, Vereine oder Gruppierungen mit religiösem Hintergrund zu senden".

Am Abend hielt Politikwissenschaftler Carsten Frerk seinen Vortrag zum Marketing vor allem der katholischen Kirche, wobei er das Konzept Kirche an sich als das beste Geschäftsmodell aller Zeiten beschreibt.