Humanists at Risk: Action Report 2020

"Um ein Humanist zu sein, musst du den Mut haben, alles zu verlieren"

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Humanists International hat ihren jährlichen Bericht über die Situation von Humanisten in verschiedenen Ländern der Welt veröffentlicht. Demnach nimmt die Bedrohung nichtgläubiger Menschen weltweit zu. Die Organisation fordert unter anderem ein Ende der Blasphemie-Gesetzgebung.

44 Hilfsgesuche hat der internationale Verband in diesem Jahr bereits erhalten. Es gebe immer mehr Beweise dafür, dass die Verfolgung nichtreligiöser Menschen auf der Welt zunimmt, heißt es in einer Mitteilung. Acht Länder in Asien, Afrika und Amerika wurden untersucht: Kolumbien, Indien, Indonesien, Malaysia, Nigeria, Pakistan, die Philippinen und Sri Lanka. Dort herrsche eine mangelnde Trennung von Staat und Religion vor und es gebe ein Aufgebot an Maßnahmen, um Humanisten, Atheisten und Religionsfreie in ihren Rechten zu beschränken. Dazu zählen Gesetze, die Apostasie und Blasphemie unter Strafe stellen ebenso wie die Straffreiheit für Verbrechen an konfessionsfreien Menschen und die staatliche Privilegierung von Religion(en).

Humanists International befragte anonym Menschen aus allen begutachteten Ländern. Aus Kolumbien berichtete eine Person von der klar religiös begründeten Abtreibungsgesetzgebung, ein Mensch aus Indien beschrieb die derzeitige Regierung als die "intellektuellenfeindlichste des unabhängigen Indien". Jeder, der den "Mainstream-Diskurs" des vegetarischen Hinduismus herausfordere, müsse mit Konsequenzen durch den Staat, aber auch durch Lynchmobs rechnen. Ein*e Befragte*r aus Pakistan kam gar zu dem vernichtenden Urteil: "Um ein Humanist zu sein, musst du den Mut haben, alles zu verlieren."

Auf institutioneller Ebene wurde festgestellt, dass in Ländern wie Malaysia und Nigeria parallel operierende religiöse und säkulare Rechtssysteme existieren, die miteinander konkurrieren, sowie Bildungssysteme ohne säkulare Alternative. Aus verschiedenen der überprüften Länder sind Beispiele von religiöser Verfolgung Ungläubiger bekannt. Der aktuell prominenteste Fall ist der von Mubarak Bala, dem Präsidenten der Humanistischen Vereinigung von Nigeria, der Ende April wegen des Vorwurfs der Blasphemie verhaftet wurde (der hpd berichtete). In der Vergangenheit war er wegen seiner atheistischen Gesinnung bereits in eine psychiatrische Klinik eingewiesen worden, jetzt fürchtet man um sein Leben.

Die internationale Humanisten-Organisation hat ausgehend von den Befragungen Empfehlungen an die besagten acht Länder herausgegeben, um die Situation von Nicht-Gläubigen vor Ort zu verbessern. "Zu lange waren Humanisten und andere nichtreligiöse Menschen unsichtbar in den Augen ihrer eigenen Regierung und internationaler Organisationen", so der Vorsitzende von Humanists International, Gary McLelland. "Dieser Bericht wirft ein Schlaglicht auf die gezielte Gewalt, anhaltende Belästigung und soziale Diskriminierung, denen Humanisten in vielen Ländern ausgesetzt sind und öffnet die Tür für Gespräche, wie man Humanisten weltweit am besten schützen kann. Klar ist, dass sämtliche Gesetze und Maßnahmen, die 'Blasphemie' kriminalisieren, abgeschafft werden sollten."

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