Wenn Menschen, die Opfer von Missbrauch in Institutionen der katholischen Kirche geworden sind, mit ihrem Anliegen in die Öffentlichkeit durchdringen, dann geschieht das meist durch entsprechende Schmerzensgeldprozesse. Betroffeneninitiativen sind nun einen anderen Weg gegangen, in der Öffentlichkeit auf ihr Schicksal hinzuweisen. Und auch auf den Umgang der Kirche damit. Zwei Tage lang präsentierten sie sich mit einem Stand auf dem Bürgerfest des Bundespräsidenten im Garten von Schloss Bellevue in Berlin.
Schon im Vorfeld hatte der hpd über die Aktion der Betroffeneninitiative Hildesheim und das bundesweite Aktionsbündnis der Betroffeneninitiativen gegen sexualisierte Gewalt im kirchlichen Kontext berichtet. Jens Windel, Initiator und Sprecher der Betroffeneninitiative Hildesheim, beklagte nach dem Bürgerfest im Gespräch mit dem hpd: "Es gab leider keine Resonanz von den zuständigen Politikern auf unsere Einladung, unseren Stand zu besuchen. Wir haben die religionspolitischen Sprecherinnen und Sprecher der im Bundestag vertretenen Parteien kontaktiert, und auch einige Ministerinnen und Minister. Doch wir haben nicht einmal eine Antwort erhalten, geschweige denn, dass sich einer an unserem Stand gezeigt hat." Einzig Hubertus Heil von der SPD habe immerhin geantwortet und sich krankheitsbedingt entschuldigt.
Auf dem Bürgerfest des Bundespräsidenten stellen etwa 50 ehrenamtliche Vereine und Initiativen einmal im Jahr vor mehreren Tausend Besucherinnen und Besuchern ihre Arbeit vor. Schon der Weg zur Teilnahme sei steinig gewesen, berichtet Windel. "Drei Mal haben wir vergeblich beantragt, dabei zu sein. Erst als der Humanistische Pressedienst nach der Absage im vergangenen Jahr beim Bundespräsidialamt nachgehakt hatte, ist die Zusage für dieses Jahr gekommen."
Und so hat sich die Betroffeneninitiative Hildesheim mit anderen Bewegungen wie dem "Eckigen Tisch", "Umsteuern! Robin Sisterhood!" aus Köln, "MissBit" aus Trier, der Betroffeninitiative Süddeutschland und weiteren kleineren Organisationen zusammengetan, um das Anliegen auf einem Stand zu präsentieren. Positioniert war dieser zwischen den Ständen von "Brot für die Welt" und der Flüchtlings-Hilfsorganisation "Shelter e.V.".

Und wie war die Resonanz? "Gemischt", fasst Windel zusammen. "Einige haben weggeschaut, weil ihnen das Thema unangenehm ist, andere waren interessiert und haben uns Zuspruch gegeben." Ihn stört aber besonders, dass die Politik trotz entsprechender Einladung den Stand ignoriert hat. "Wir haben einfach keine Lobby", sagt er verbittert. Und anders als für große ehrenamtliche Organisationen, denen reichlich Spenden zufließen, sei es schwierig, für das bedrückende Thema Missbrauch Öffentlichkeit zu organisieren. Allein die Kosten des Standes beim Bürgerfest für Material und Übernachtung der Teilnehmer hätten 12.000 Euro betragen. So etwas könne man nicht so einfach stemmen. In diesem Fall habe geholfen, dass Geld aus dem Vergleich da gewesen sei, mit dem sein zivilgerichtlicher Prozess gegen das Bistum Hildesheim abgeschlossen wurde. Über den Inhalt des Vergleichs hatten die Parteien Stillschweigen vereinbart. Das Bistum hatte danach aber davon gesprochen, dass es sich neben Zahlungen an Windel auch zu einer finanziellen Unterstützung der von Windel gegründeten Betroffeneninitiative Hildesheim verpflichtet habe.
Ob sich die Betroffeneninitiativen auch im nächsten Jahr am Bürgerfest des Bundespräsidenten beteiligen werden, ist noch unklar. Auch wegen der Kosten. Immerhin setzt Windel ein wenig Hoffnung in die Stiftung des Musikers Peter Maffay. Der sei ihm beim Bürgerfest aufgefallen, als er bei einer Podiumsdiskussion von einer evangelischen Pfarrerin auf der Bühne darauf angesprochen wurde, dass man doch Hoffnung im Glauben finden könne. Darauf habe Maffay geantwortet, er sei aus der Kirche ausgetreten. "Das hat mich ermutigt, auf ihn zuzugehen." Im Gespräch habe Maffay dann Kontakt zu der "Peter Maffay Stiftung" hergestellt. Diese hilft traumatisierten Kindern und Jugendlichen mit Gewalterfahrungen.







3 Kommentare
Kommentare
HuGo am Permanenter Link
"Am Gelde hängt doch alles", auch bei den Kirchen, die erst reagieren, wenn ihnen dasselbige vermehrt auszugehen droht!
Dipl. Phil. Hel... am Permanenter Link
Betroffeneninitiativen von brutalsten Sexualstraftaten im Kindes- und Jugendalter im durch kirchliche "Würdenträger" erkämpfen (!) sich auf Nachfrage des hpd einen Stand auf dem Bürgerfest des Bundespräsiden
Trotz entsprechender Einladung an die Politiker der einzelnen Bundestagsfraktionen interessiert man sich nicht für die Vertreter und Informationen des Standes der Betroffeneninitiativen.
Subsumiert - der amtierenden Bundesregierung geht das jahrelange, furchtbare Vergewaltigungsleid von Kindern, Heranwachsenden und Jugendlichen - sorry - "am Arsch vorbei".
In den USA werden die Sextäter der Kirchen mit ihrem vollen Namen, religiösen Amts- und Funktionsbezeichnungen sowie Diözesen öffentlich geführt. Pfui Teufel, ich schäme mich zutiefst für dieses Land.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Es werden noch viele Jahre vergehen und vermutlich noch viele Generationen bis die Verbrechen der Kirchenmänner geahndet und abgeschafft werden.
Die beiden Konfessionen in der BRD schwimmen in Reichtum, ohne je dafür schwer gearbeitet zu haben, dabei hilft Ihnen unsere Regierung, nach dem Motto < halte Du sie
dumm, Wir halten Sie arm >