Sigmar Gabriel veranstaltete eine dreitägige Konferenz zur "Friedensverantwortung der Religionen". Im Vorfeld der Konferenz, die gestern endete, schrieb der Außenminister einen Gastbeitrag für den Berliner Tagesspiegel. Dort warnte er davor, Religionen stets nur als konfliktverschärfend anzusehen und verharmloste dabei das enorme Gewaltpotenzial, das von ihnen ausgeht. Ein Kommentar.
Die Geschichte der Religionen ist zu großen Stücken eine Kriminalgeschichte. Und auch in der Gegenwart vergeht kaum ein Tag, an dem nicht über religiös motivierte Gewalt und Terrorismus berichtet wird. Es mag auf den ersten Blick irritieren, dass ausgerechnet jene Weltanschauungen, die Nächstenliebe und Barmherzigkeit predigen, ein solches Gewalt- und Eskalationspotenzial aufweisen. Handelt es sich also womöglich bloß um einen Missbrauch der Religion, wie jüngst von Sigmar Gabriel apodiktisch erklärt wurde?
Für den Außenminister liegt es jedenfalls auf der Hand, dass die weltweiten Konflikte nicht wirklich religiös, sondern "pseudoreligiös aufgeladen" werden. Die Religion werde "als reines Feigenblatt" benutzt. Dadurch bestehe die Gefahr, dass die "positive Kraft" der Religionen verkannt wird, nämlich "die Überwindung der Angst, das Vertrauen auf die Barmherzigkeit und die Weitergabe dieser Barmherzigkeit an den Nächsten." Einen großen Fehler begehe daher derjenige, der "nur das Stereotyp pflegt, dass Religion stets konfliktverschärfend wirkt."
Missbrauch oder Gebrauch der Religion?
Offenbar ist Sigmar Gabriel nicht bewusst, dass er mit seinem Mantra vom "Missbrauch der Religion" eine problematische Verharmlosungsstrategie bedient. Ein Missbrauch der Religion setzt nämlich voraus, dass es eine wahre, friedliche Auslegung der Religion gibt, die den zugrunde liegenden Texten entspricht. Wirft man einen unvoreingenommenen Blick auf die Texte der Offenbarungsreligionen, wird jedoch schnell deutlich, dass es schon einiger selektiver Wahrnehmung oder exegetischer Verrenkungen bedarf, um eine menschenfreundliche Lesart zu entwickeln. Die Gewalt ist ein wesentlicher Bestandteil der Religionen, die nicht missbraucht, sondern gebraucht wird.
Anstatt den Wahrheitsanspruch "heiliger Texte" grundsätzlich infrage zu stellen und sich von ihrer vermeintlichen Unantastbarkeit zu emanzipieren, pickt man die friedlichen Stellen heraus und verschließt die Augen vor jenen Passagen, die zu Gewalt und Hass aufrufen. Ihre Macht verlieren letztere dadurch allerdings nicht.
Intellektuelle Redlichkeit statt Verniedlichung
Die Annahme, dass Religion stets konfliktverschärfend wirkt, ist natürlich eine unzulässige Verallgemeinerung der politischen Realität. Sigmar Gabriel pflegt aber selbst ein weitaus realitätsferneres Stereotyp, wenn er Religionen pauschal verniedlicht und ihr innewohnendes Gewaltpotenzial nicht klar benennt. Er verhindert dadurch eine intellektuell redliche Auseinandersetzung mit jener Gewalt, die ihre Motivation, Rechtfertigung, Organisation und Ideologie direkt aus der Religion bezieht. Frieden lässt sich mit einer solchen Naivität jedenfalls nicht schaffen.
58 Kommentare
Kommentare
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Ein sehr guter Kommentar, Florian.
Ich pflege zu sagen, nicht die Muslime sind gewaltverherrlichend, sondern der Islam. Entsprechend auch alle anderen Religionen. Wir müssen endlich die Menschen von den Ideologien trennen. Wäre dies unmöglich, hätte es nie eine Entnazifizierung in Deutschland gegeben. Wer sagt, der Islam gehöre zu Deutschland, akzeptiert dessen Gewaltpotential. Wer sagt, Muslime gehörten zu Deutschland, äußert eine Binse.
Die christlichen Kirchen reiten so gerne und mittlerweile (so scheint es) fast nur noch auf der "Nächstenliebe" herum. Doch ist das eine christliche Erfindung, doch woher stammt sie? Der Corpus Qumran verrät es uns:
Nächstenliebe als Konzept gab schon lange vor dem Christentum in einer der vielen Strömungen des Judentums vor dem Fall Jerusalems 70 u. Z. Dort diente sie der Entschärfung von Nachbarschaftsstreits. Nicht mit Hass, sondern mit Liebe sollte man dem wörtlich Nächsten begegnen, wenn es Konflikte gab. Es war eine Art Mediationsprogramm, dass man sich nicht über den Gartenzaun hinweg erschlug.
Heute liest es sich in klerikalen Propagandaschriften, als sei die ganze Welt unser Nächster. Ich bestreite ja nicht, dass dies ein löblicher Ansatz ist, doch wer garantiert, dass nicht eines Tages wieder ein Luther auftaucht, der bei Blitzgewitter schwört, die Bibel wörtlich auszulegen? Was, wenn dieser genauso wirkmächtig wird, wie der Hassprediger? Wenn dieser die ganzen Vernichtungsweihen in der Bibel findet, die "Gott" über Abtrünnige verhängte?
Die "heiligen" Schriften bergen samt und sonders Sprengstoff, den nur ein geistig äußerst sparsam Bemittelter nicht erkennt. Herrn Gabriel zähle ich nicht zu dieser Gruppe, sondern er ist ein typischer Lobbitiker, der Lobby mit Polis verwechselt. Die lautesten Schreihälse werden bedient. Und wie man andere niederbrüllt, haben gerade die Kirchen, Moscheen und auch Synagogen in einem elend langen Praxistest erprobt.
Religion wird nur durch konsequente Privatisierung gesellschaftstauglich - wenn wir von einer pluralistischen und bunten Gesellschaft ausgehen. Bei monokulturellen Null-Spaß- und Null-Toleranz-Gesellschaften sieht das wieder anders aus. Aber selbst die würde ein Herr Gabriel nicht wollen. Trotzdem spielt er mit dem Feuer...
Wolfgang Kloste... am Permanenter Link
Schon in Levitikus 19, 18b steht:
Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.
Brunhild Krüger am Permanenter Link
Nächstenliebe bei Konfuzius - 500 Jahre vor Jesus Gebot der Nächstenliebe UND der Feindesliebe -
[Der Schüler] Fan Chi wollte wissen, was sittliches Verhalten sei.
(Gespräche, Kapitel XII, Gespräch 22)
Thomas am Permanenter Link
"Wir müssen endlich die Menschen von den Ideologien trennen. Wäre dies unmöglich, hätte es nie eine Entnazifizierung in Deutschland gegeben."
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"Die christlichen Kirchen reiten so gerne und mittlerweile (so scheint es) fast nur noch auf der "Nächstenliebe" herum. Doch ist das eine christliche Erfindung, doch woher stammt sie?"
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Das kann einem moralischen Menschen zum Glück völlig egal sein. Weder ist es ethisch akzeptabel, sein Verhalten von weitestgehend unbeeinflußbaren Emotionen wie Liebe oder Haß abhängig zu machen, noch spielt es eine Rolle, was man empfindet, während man sich leidvermeidend nach dem Gleichheitsprinzip verhält. "Nächstenliebe" ist also KEINE ethische Kategorie, und wer darauf "herumreitet", outet sich nur als ethisch ahnungslos.
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"Religion wird nur durch konsequente Privatisierung gesellschaftstauglich"
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Dem kann ich so nicht zustimmen. Religiotie besteht in (meist unkorrigierbarem) fälschlichem für-wahr-Halten. Wer Falsches glaubt, verhält sich auch falsch, und wenn zwei unterschiedliche irrationale Überzeugungen aufeinandertreffen, sind unlösbare Konflikte praktisch vorprogrammiert. Religion wird niemals "gesellschaftstaugliche Privatsache" sein, weil sie es unmöglich sein KANN. Es ist richtig und notwendig, ihren politischen und gesellschaftlichen Einfluß zurückzudrängen, aber das letzte Ziel muß die Vertreibung des Irrationalismus aus den Köpfen der Menschen sein.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Nach meinen Urteilskriterien hat eine Entnazifizierung tatsächlich niemals stattgefunden, denn Nazis gibt es seit ihrem ersten Auftreten ohne Unterbrechung bis heute,..."
Aber es ist doch nicht von der Hand zu weisen, dass es inzwischen weniger Nazis gibt, als zu Adolf Nazis Zeiten. Dass es rechts-nationales Gedanken"gut" in praktisch jeder Gesellschaft gibt, ist doch eine Binse. Nicht jeder (inkl. z.B. D. Trump) sieht den Vorteil internationaler Zusammenarbeit - mit dem Ziel der Überwindung des Nationalstaates. Das Motiv dahin ist wohl größtenteils Angst.
"Das [Herkunft der Nächstenliebe, Anm.] kann einem moralischen Menschen zum Glück völlig egal sein. Weder ist es ethisch akzeptabel, sein Verhalten von weitestgehend unbeeinflußbaren Emotionen wie Liebe oder Haß abhängig zu machen, noch spielt es eine Rolle, was man empfindet, während man sich leidvermeidend nach dem Gleichheitsprinzip verhält."
Das ist unbestreitbar. Auch die Quellen vor dem Christentum - und darum ging es mir - kannten Nächstenliebe, vermutlich aus Beobachtungen ihrer Mitmenschen. Die christliche Religion maßt sich jedoch bis heute an, dieses "erfunden" zu haben, bzw. - noch schlimmer - dass man ohne Anerkennung von Jesus Christus gar nicht nächstenlieb sein könne.
""Religion wird nur durch konsequente Privatisierung gesellschaftstauglich"
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Dem kann ich so nicht zustimmen. Religiotie besteht in (meist unkorrigierbarem) fälschlichem für-wahr-Halten. Wer Falsches glaubt, verhält sich auch falsch, und wenn zwei unterschiedliche irrationale Überzeugungen aufeinandertreffen, sind unlösbare Konflikte praktisch vorprogrammiert."
Das ist richtig. Aber was machen wir, wenn das "für-wahr-Halten" wirklich "unkorrigierbar" ist? Gehirnwäsche?
"Religion wird niemals "gesellschaftstaugliche Privatsache" sein, weil sie es unmöglich sein KANN."
Doch, Religion kann nur als privater Spleen überleben. Und private Spleens dürfen wir nie durch eine Gedankenpolizei verbieten lassen. Wir dürfen aufklären und an die Vernunft appellieren, aber letztlich kann man niemanden davon abhalten, an kleine grüne Männchen oder den Mr. Big Zampano im Himmel zu glauben.
"Es ist richtig und notwendig, ihren politischen und gesellschaftlichen Einfluß zurückzudrängen, aber das letzte Ziel muß die Vertreibung des Irrationalismus aus den Köpfen der Menschen sein."
Wie gesagt, das wäre in letzter Konsequenz unethisch. Menschen haben - als Ergebnis der Evolution - einen gewissen Hang, in eine Fantasiewelt abzutauchen. Die meisten machen das phasenweise als eine Art Urlaub von der Realität. Gläubige sind so gesehen im Dauerurlaub.
Das ist nicht gut, aber das einzige Mittel, das ich akzeptiere, diesen Umstand zu ändern, ist radikale schonungslose Aufklärung. Niemand soll mir mit dummem Zeug kommen, ob das Chemtrails am Himmel sind oder ein Herr Jesus am gleichen Ort.
Und bis die Menschen darüber aufgeklärt sind, wie die Realität funktioniert, müssen wir vordringlich verhindern, dass Kinder mit dem Mythenmüll vollgestopft werden - zumindest da, wo der Staat das Sagen hat. Und wir müssen die abergläubischen Lügner aus den Medien fernhalten (ihre eigenen, deutlich erkennbaren ausgenommen). Wir müssen die Politik davon reinigen, aber nicht die Politiker - die dürfen privat weiter an Geister im Weltraum glauben.
Ganz wichtig: Kein Geld mehr von der öffentlichen Hand für Geistergläubige. Keine Subventionen von Kirchentagen, keine Dotationen etc. pp.
Wenn wir das hinkriegen - schwer genug bis unmöglich -, dann wird der Wahnsinn nach und nach auf den Köpfen verschwinden - ganz ohne Gedankenpolizei...
Thomas am Permanenter Link
"es ist doch nicht von der Hand zu weisen, dass es inzwischen weniger Nazis gibt, als zu Adolf Nazis Zeiten."
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"Auch die Quellen vor dem Christentum - und darum ging es mir - kannten Nächstenliebe, vermutlich aus Beobachtungen ihrer Mitmenschen. Die christliche Religion maßt sich jedoch bis heute an, dieses "erfunden" zu haben, bzw. - noch schlimmer - dass man ohne Anerkennung von Jesus Christus gar nicht nächstenlieb sein könne."
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Mein Punkt war, daß diese Behauptung ethisch gegenstandslos ist, weil Emotionen generell kein Ersatz für ethische Abwägungsprozesse sind. Weder stellt es ein "Verdienst" dar, "Nächstenliebe" zu empfinden, noch ist diese Empfindung erforderlich, um sich moralisch verhalten zu können. Entsprechend wenig überrascht es, daß die gesamte "christliche Nächstenliebe" der letzten 2000 Jahre nicht verhindern konnte, die Historie des Christentums zur mit Abstand widerwärtigsten aller Verbrechensgeschichten zu machen (und ja, sie stellt sogar die Braune Periode weit in den Schatten).
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"was machen wir, wenn das "für-wahr-Halten" wirklich "unkorrigierbar" ist? Gehirnwäsche?"
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Solange Religiotie als Menschenrecht gilt und sich die Psychos geschlossen weigern, sie als Wahn anzuerkennen, können wir kaum mehr tun, als den Widerstand auf allen Ebenen fortzusetzen und zu hoffen, daß er irgendwie und irgendwann zu Ergebnissen führt.
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"Religion kann nur als privater Spleen überleben."
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Ich weiß nicht, ob sie kann, bin aber ganz entschieden der Meinung, daß sie nicht sollte. Menschen, die begriffen haben, wie gefährlich beliebiges Glauben ist, werden es einfach nicht mehr tun - weder "privat", noch öffentlich.
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"Und private Spleens dürfen wir nie durch eine Gedankenpolizei verbieten lassen."
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Gedanken lassen sich ohnehin nicht verbieten, also wäre es irrational, dergleichen zu fordern.
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"letztlich kann man niemanden davon abhalten, an kleine grüne Männchen oder den Mr. Big Zampano im Himmel zu glauben."
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Oh doch, und zwar durch Bildung im Dienst einer kulturellen Entwicklung, die dahin führt, den Irrationalismus als Verbrechen gegen die menschliche Vernunft und als Todfeind der Ethik zu begreifen.
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""das letzte Ziel muß die Vertreibung des Irrationalismus aus den Köpfen der Menschen sein.""
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"Wie gesagt, das wäre in letzter Konsequenz unethisch."
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Aber ganz im Gegenteil! Nur, wenn die Menschen ihr für-wahr-Halten unter strenger rationaler Kontrolle halten, werden sie das vermeidbare Leid auf der Erde systematisch und erfolgreich bekämpfen können.
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"wir müssen die abergläubischen Lügner aus den Medien fernhalten (ihre eigenen, deutlich erkennbaren ausgenommen). Wir müssen die Politik davon reinigen, aber nicht die Politiker - die dürfen privat weiter an Geister im Weltraum glauben."
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Sie tun es eh, aber da fälschliches für-wahr-Halten und schon die Bereitschaft dazu hochgefährlich ist, sollten wir es/sie ihnen unter keinen Umständen aktiv zugestehen. Wer EINEN Blödsinn glaubt, den hält nichts mehr davon ab, auch noch anderen Blödsinn zu glauben. Und weil sich Menschen ihrem Glauben gemäß verhalten, sind irrationale Überzeugungen niemals Privatsache und niemals wirklich harmlos. Deshalb können wir sie in keiner ihrer Erscheinungsformen tolerieren, ohne uns an den Verheerungen der weltweiten Kultur des Irrationalismus mitschuldig zu machen. Hier schließt sich nun auch der Kreis zu meinem ersten Absatz.
Rudi Knoth am Permanenter Link
Zitat:"Nächstenliebe als Konzept gab schon lange vor dem Christentum in einer der vielen Strömungen des Judentums vor dem Fall Jerusalems 70 u. Z. Dort diente sie der Entschärfung von Nachbarschaftsstreits.
Wenn ich mich nicht falsch an meinen Religionsuntericht erinnere, Soll der "Nächste" nicht nur der jüdische Nachbar sein. Denn zu diesem Satz gab es dann das Gleichnis des barmherzigen Samariters. Die Samariter waren zur Zeit von Jesus bei den Juden nicht sehr beliebt.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Wenn ich mich nicht falsch an meinen Religionsuntericht erinnere, Soll der "Nächste" nicht nur der jüdische Nachbar sein. Denn zu diesem Satz gab es dann das Gleichnis des barmherzigen Samariters.
Zum Samariter-Gleichnis könnte ich einen Vortrag halten. Mir ging es darum, dass die Idee der "Nächstenliebe" als Mem schon vor Jesus existierte (und da ursprünglich in der Tat als Mediationsprogramm für Nachbarschaftsstreitigkeiten). D.h. die Erfinder des Christentums haben diese bewusst in ihre Ideologie eingebaut, um damit eine gewisse Wiedererkennung zu erzielen. Das Christentum entstammt ja jüdischen Strömungen, wie der Islam christlichen Strömungen entstammt.
Die Nächstenliebe ist natürlich angeboren und entstammt einer Millionen Jahre dauernden Evolution. Die einzigen, die dagegen immer wieder aus irrationalen Gründen verstoßen haben und noch immer verstoßen, sind religiöse Menschen, weil sie im Wahn leb(t)en, in Gottes Auftrag den Nächsten umbringen zu dürfen. Auch politisch Religiöse zählen für mich dazu, die handeln dann allerdings im Auftrag höchst irdischer Führer...
Friedhelm Mandt... am Permanenter Link
Das Gewaltpotenzial der Religionen sollte man nicht verharmlosen:
Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter:
kaum unsägliche Aktionen starten.
Friedhelm Mandt gbs/köln
Roland Mross am Permanenter Link
Diesen Sachverhalt kann man angesichts auf dem "religiösen Auge" offensichtlich blinder, Rosinen pickender Politiker gar nicht oft genug öffentlich darstellen - danke, Florian!
Hans Trutnau am Permanenter Link
Ich so (ungläubig, als ich Foto und Titel sah): DAS hat Gabriel gesagt?
Volkmar H. Weber am Permanenter Link
Wer eine Gemeinschaft gründet, der sperrt andere aus, da die ideologisch begründeten Gemeinschaften immer auch jemanden braucht, der außen steht und bekehrt werden muss oder als Gegner zu behandeln ist.
Wolfgang am Permanenter Link
Religion stützt sich vor allem und hauptsächlich auf die Angst.
Bertrand Russell
Roland Fakler am Permanenter Link
Volle Zustimmung an den Autor und Bernd K.
Thomas B. Reichert am Permanenter Link
WARUM SOLL ES GUT SEIN …?
Stellen wir uns noch einmal Fragen:
(Fragen sind Denkwerkzeuge!)
- Warum soll es gut sein Menschen zu verdummen?
- Warum soll es gut sein Menschen einen Wahn einzureden?
- Warum soll es gut sein Menschen zu belügen?
- Warum soll es gut sein Menschen in Gruppen zu spalten?
- Warum soll es gut sein mit einem imaginären Mann im Himmel zu reden?
- Warum soll es gut sein irgendwelche Märchen als Wahrheit zu definieren?
- Warum soll es gut sein irgendetwas zu glauben und nichts zu hinterfragen?
- Warum soll es gut sein unsere Geschichte zu fälschen?
- Warum soll es gut sein Wissen zu zensieren?
- Warum soll es gut sein auf ein Leben nach dem Tod vertröstet zu werden?
- Warum soll es gut sein in einer Märchenwelt zu leben?
(Nein, es gab keinen Adam, keine Eva, keinen Abraham, kein Moses, kein Jesus, keine Maria, kein …. es sind Allegorien.)
- Warum soll es gut sein …?
- Warum …?
Ich kenne nur eine Antwort auf all diese Fragen: MACHT! Macht über andere Menschen.
Betrunkene (gläubige) Menschen kann man nunmal einfacher dominieren, da diese nicht mehr klar denken können.
Mark Keller am Permanenter Link
Was soll man denn von Gabriel anderes erwarten.
Gleichzeitig soll parallel dazu die Landes- und Kommunalpolitik regelmäßig von Kirchenoffiziellen weichgeklopft werden, selbst solchen Vereinigungen wie der Ditib die KdöR angedeihen zu lassen, damit die Kirchen ihre Privilegien effektiver sichern dürfen.
In politischer Verantwortung ist in der SPD auch selten jemand, der nicht in irgendeiner Form im Ehrenamt und irgendwelchen Posten mit Caritas und Diakonie verbändelt sind - zumindest ist die Ratio schon extrem hoch, wenn es nicht traditionell die Awo ist.
Das ist die Ausgangslage, und deshalb erzählt einer wie Gabriel eben weiter die "Legende des religiösen Missbrauchs", und er wird auch in seiner eigenen Partei damit ungeschoren davon kommen.
Leuten wie Gabriel dürfte es nicht einmal bewusst sein, dass er damit gegenüber seiner Basis sogar eine zweite Front neben der Sozialpolitik aufmacht. In dieser Partei sind sie gegenüber ihrer Basis schon wirklich so abgehoben, dass das nicht einmal registriert werden dürfte.
Aufmerksame Leser dieser Seite dürften wissen, dass sich Kirchenkritik in jüngster Zeit bestenfalls zaghaft und fast schon exklusiv bei den Grünen formiert und eine kleine Plattform beansprucht. In den anderen relevanten Parteien findet sie nicht statt - nicht einmal bei den Linken.
Deshalb wiegt es umso schwerer, dass sich gegenwärtig die AfD auch mit Kirchenkritik und Kritik an den Sozialkonzernen profilieren will, indem sie sich immer wieder gegen die Kirchen positioniert.
Wenn hier also irgendjemand in politischer Verantwortung in den Parteien mitlesen sollte: reagiert endlich auf die Kritik, die mittlerweile mindestens von einem Viertel der Bevölkerung gestützt werden sollte, indem ihr innerhalb eurer Partei Alarm schlagt.
Wer nicht zügig auch kirchenkritische Töne innerhalb der Partei zulässt, der riskiert, von der AfD wieder einmal von rechts überholt zu werden, und er hat es in diesem Fall sogar nicht besser verdient.
Mein persönlicher Wirkradius ist in dieser Frage äußerst begrenzt. Aber ich bemerke, dass nicht nur die üblichen Verdächtigen der CDU und CSU gewaltig polternde Fürsprecher für die Kirchenmacht und den gegenwärtigen Status quo sind, sondern auch die Gabriels, Schulz und Gysis.
Wer diesen Status der Kirchen nicht schon bedenklich genug findet, der sollte jetzt spätestens wach werden, wenn er nunmehr weiß, dass die AfD auch wieder hiermit auf Stimmenfang geht, und auch dies sehe ich als konkrete Gefahr für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, demokratische Verhältnisse, Humanismus und das Grundvertrauen in diese Werte als übergeordnete Prinzipien.
Kay Krause am Permanenter Link
Bei all den kirchlichen salbungsvollen Worten von Frieden und Freiheit, Gottes- und Nächstenliebe sollten wir nicht übersehen (das gilt besonders für den Kirchenmann Gabriel!), dass die Kirchen bei ALLEN historisch na
Thomas Gerlach am Permanenter Link
"Offenbar ist Sigmar Gabriel nicht bewusst, dass er mit seinem Mantra vom "Missbrauch der Religion" eine problematische Verharmlosungsstrategie bedient." – Das kann ich mir nur schwer vorstellen.
Mark Keller am Permanenter Link
Leider ist das auch in anderen Parteien nicht viel besser, inklusive der Linken. Bestenfalls bei den Grünen läuft zaghaft etwas mehr.
Arno Gebauer, ... am Permanenter Link
Moin,
Religion und Gewalt sind miteinander verschwistert.
Der größte Teil der Kriege geht auf das Konto der Religionen!
Religionen sind Kriegsverursacher!
Solange Aufrufe zu Mord und Gewalt sich in heiligen Schriften finden, muss man mit christlichen Attentätern rechnen!
Toleranz gibt es nicht im Christentum (auch nicht in anderen Religionen).
"Es führt kein anderer Weg zum Vater denn durch mich", sagte Jesus. Das heißt: Jegliche Toleranz wird ausgeschlossen.
Erwähnt werden soll auch der Ausspruch des Philosoph Karl Jaspers: „Was Hitler getan, hat Luther geraten, mit Ausnahme der direkten Tötung durch Gaskammern!“
Nächstenliebe bleibt auf die eigene Religionsgemeinschaft beschränkt.
Christliches Wertesystem ist religiöse Propaganda!
Die Bibelappelle der Bergpredigt sind nicht geeignet, das menschliche Zusammenleben zu verbessern. Erwähnt werden soll der in der Bibel festgeschriebene menschenrechtsverletzende Missbrauch von unmündigen Kindern (Schlagen, Züchtigen, Beschneiden, usw.).
Die Beschneidung ist eine religiös motivierte Vergewaltigung,
wenn sie ohne Zustimmung des Betroffenen durchgeführt wird.
Soziales Engagement hat nichts mit Religionen, Glauben, Krieg, Mobbing, usw. zu tun. Empathie und Altruismus haben eine genetische Basis.
Kirche war schon immer Teil des Problems, nie Teil der Lösung.
Nur eine entkirchlichte Gesellschaft ist fit für die Zukunft!
Das Christentum ist eine Kultur des Todes!
Solange sich die Kirchen, mit staatlicher Unterstützung, das Etikett
des Mitgefühls und der Fürsorge aufkleben können, wird das im
Kern menschen-verachtende Wesen der christlichen Organisationen nie offenbar.
Gruß
Arno Gebauer
Sylvia Blau am Permanenter Link
Wenn Herr Gabriel sich über das Gewaltpotenzial von Religionen äußert betreibt er tatsächlich eine unkritische Islamapologetik in doppelter Hinsicht.
David Boehme am Permanenter Link
Ja, es verharmlost in der Tat den Islam.
Norbert Schönecker am Permanenter Link
Professor Niewiadomski von der Universität Innsbruck vertritt diesbezüglich eine interessante und zumindest überlegenswerte These:
Grundsätzlich wohnt dem Glauben ein hohes Gewaltpotenzial inne. Gründe: Er unterscheidet zwischen "wir" und "alle anderen"; er beruft sich auf eine unhinterfragbare Autorität; er ist fast immer missionarisch; er kennt höhere Werte als irdische Güter, u.U. sogar höhere Werte als das menschliche Leben.
Um dieses Gewaltpotenzial zu zügeln, gibt es die Theologie. Wer seinen eigenen Glauben und zusätzlich den seiner Gruppe (Religion, Kirche, ...) intellektuell hinterfragt, der wird in den meisten Fällen feststellen, dass menschliche Gewalt nicht das geeignete Mittel ist, um den Willen Gottes /der Götter auf der Erde zu verwirklichen.
Die Geschichte und v.a. die Gegenwart scheinen mir diese These zu bestätigen: Terroristen, Kriegsherren und andere Gewalttäter unter dem Banner des Glaubens waren meistens lausige Theologen. Das galt für die Judenverfolgung bei den Kreuzzügen (angefacht von ungebildeten Schwärmern, gestoppt von den Bischöfen); für den Hexenwahn (die besten Theologen waren in Italien und Spanien am Ruder - dort wurde der Hexenwahn schleunigst gestoppt); das gilt heute für den Islam (von der Universität von Alexandria kommen ausschließlich vernünftige Urteile, was islamischen Terror angeht, während die Mehrzahl der Terroristen keine Ahnung von islamischer Theologie hat).
Mohammed selbst würde ich übrigens als schlechten Theologen bezeichnen. Seine Suren sind ein reichlich diffuses Durcheinander. Es ist erstaunlich, was islamische Gelehrte manchmal da an Ordnung herausholen. Naja, bei manchen biblischen Büchern machen wir es ebenso. Auch nicht alle biblischen Autoren waren große Theologen. Sie waren inspiriert. Das ist etwas Anderes.
Also, worauf ich hinauswill: Glaube und Religion brauchen die Theologie, um die Gewalt zu zügeln. Offenbar funktioniert das oft tatsächlich.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Um dieses Gewaltpotenzial zu zügeln, gibt es die Theologie."
Das ist der Brüller des Tages. Doch, Theologen haben hin und wieder auch Humor - nur leider keine Selbstreflexion...
Norbert Schönecker am Permanenter Link
Ich habe meine Aussage sowohl theoretisch als auch historisch begründet.
Vielleicht schaffen Sie das mit Ihrer "Aussage" auch.
Auch wenn es natürlich viel einfacher ist, in hysterisches Brüllen auszubrechen.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Lieber Herr Schönecker,
Sie wollen für Ihre Aussage: "Um dieses Gewaltpotenzial zu zügeln, gibt es die Theologie." wirklich eine theoretische und historische Begründung?
Wie wäre es mit Logik? "Gäbe es keine Religion, bräuchte es keine Theologie, diese zu zügeln." Oder: "Hätten Theologen keine Religion (auf Basis des weitverbreiteten Wunder- und Aberglaubens) erfunden, bräuchte es keine Theologie, um den Geist, den sie rief, zu bändigen."
Theologie hilft hin und wieder gerne bei der Lösung von Problemen, die sie selbst geschaffen hat. Dass Sie als Theologe dem aus reinem Eigennutz vehement widersprechen (Sie widersprechen ja sogar dem Eigennutz), kann ich nachvollziehen. Deshalb muss Theologie endlich als Geisterwissenschaft angesehen werden und alle staatlich unterstützten Fakultäten die Mittel der öffentlichen Hand entzogen bekommen.
Und natürlich brauchen wir auch keinen Verblödungsunterricht in der Schule, eher schonungslose Aufklärung über die Blutspur der Religionen quer durch die Geschichte - eine Blutspur, die offenbar kein Theologe verhindern konnte.
Was Sie dann ohne der Allgemeinheit auf der Tasche zu liegen alles intern machen, geht mich nichts an. Von mir aus können Sie dann den ganzen Tag ihre Kollegen davon abhalten, gewalttätig zu werden... :-) Ich werde das dann auch nicht mehr belächeln. Es gibt so viele spleenige Vereine, da kommt es auf den einen oder anderen mehr kaum an...
Norbert Schönecker am Permanenter Link
Gäbe es keinen Glauben, dann bräuchte es auch keine Theologie. Das ist schon klar.
Es gibt aber Glauben. Das ist eine Tatsache.
Und Glaube ist potentiell gewalttätig oder gewaltfördernd. Dem werden Sie nicht widersprechen.
Kommentare wie Ihre sind kaum geeignet, die Gewaltbereitschaft zu mindern. Andere auszulachen wirkt eher aggressionssteigernd.
Auf meine (bzw. Niewiadomskis) Behauptung samt dazugehörigen Belegen, dass Theologie hingegen sehr wohl die Gewaltbereitschaft der Religion senken kann, sind Sie auch diesmal nicht eingegangen.
Sie meinen anscheinend, dass die Verbannung der Religion eine bessere Methode wäre, die damit verbundene Gewalt zu entfernen. Dem halte ich entgegen: Solche Versuche haben in der Geschichte bisher nie funktioniert. Es sind immer sofort Ersatzkulte entstanden, die meist ein höherers Gewaltpotential hatten - möglicherweise eben wegen des Fehlens von Theologie.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Gäbe es keinen Glauben, dann bräuchte es auch keine Theologie. Das ist schon klar."
Natürlich gab es in vormodernen, vorempirischen Zeiten einen weitverbreitenen Magie- und Wunderglauben. Teleologisches Denken, das z. T. auf HADD basiert, einer sehr wichtigen Errungenschaft unseres Gehirns durch die Evolution, ist dafür verantwortlich.
So gesehen war der Glaube zuerst da. Doch als dieser Glaube in Formeln und Riten gepresst wurde, waren die ersten Vorstufen von Theologen beteiligt. Diese haben aus reinem Eigennutz "heilige" Schriften erfunden und sogar (im Monotheismus) die Frechheit besessen, alle anderen Formen von Magie- und Wunderglauben als falsch zu erklären.
Mehr noch: Diese Theologen haben mit geschickter Lobbyarbeit dafür gesorgt, dass dieser Glaube Staatsreligion, dogmatisiert und sogar Kindern eingetrichtert wurde, damit ja keine Generation ausfällt. Im Gegensatz zum echten Wissen verträgt nämlich eine Religion den Ausfall mehrerer Generationen nicht. Das zeigen 10.000e ausgestorbener Religionen und auch in der ehemaligen DDR scheint sich der Glaube nicht wirklich erholen zu wollen.
Heute wäre der Magie- und Wunderglaube unserer Vorfahren längst durch moderne Erkenntnis und empirische Forschung ausgestorben. Nur "dank" Theologen lebt diese Pest im Schoße der Gesellschaft weiter. Auch das sollte klar sein.
"Und Glaube ist potentiell gewalttätig oder gewaltfördernd. Dem werden Sie nicht widersprechen."
Doch, dem widerspreche ich vehement. Wenn der Glaube eine Privatangelegenheit wäre ("Jedem Tierchen sein Pläsierchen."), dann wäre er für Machthaber völlig uninteressant. Doch um Massen für Kriege zu mobilisieren oder auch nur für Einzeltaten, braucht es eine massive Legitimation. Und das haben Theologen geliefert, die ihre Religion genau zu diesem Zweck erfunden haben.
UFO-Gläubige sind harmlos, weil sie sich keiner staatlichen Unterstützung sicher sein können. Trotzdem hat deren Spleen auch etwas zutiefst religiöses.
"Kommentare wie Ihre sind kaum geeignet, die Gewaltbereitschaft zu mindern. Andere auszulachen wirkt eher aggressionssteigernd."
Ich lache niemanden aus, höchsten an... Im Ernst: Ich finde Religion im höchsten Maße lächerlich. Das ist nun mal Fakt. Insofern werden von mir skurrile Vorstellung zu "Gott" gerne belächelt. Doch das tut niemandem weh. Anders, als die lodernden Scheiterhaufen der Inquisition. Die sollen höllisch gebrannt haben.
"Auf meine (bzw. Niewiadomskis) Behauptung samt dazugehörigen Belegen, dass Theologie hingegen sehr wohl die Gewaltbereitschaft der Religion senken kann, sind Sie auch diesmal nicht eingegangen."
Doch, ich bin darauf eingegangen. Die Aussage, dass die Religion Probleme löst, die sie selbst geschaffen hat, ist doch wohl deutlich genug.
"Sie meinen anscheinend, dass die Verbannung der Religion eine bessere Methode wäre, die damit verbundene Gewalt zu entfernen."
Ja.
"Dem halte ich entgegen: Solche Versuche haben in der Geschichte bisher nie funktioniert."
Auch die erste Demokratie kam irgendwann - nach vielen ups and downs. Man muss nur hartnäckig dranbleiben und genügend Menschen finden, denen am Wohl der Menschheit gelegen ist.
"Es sind immer sofort Ersatzkulte entstanden, die meist ein höherers Gewaltpotential hatten - möglicherweise eben wegen des Fehlens von Theologie."
Herr Schönecker: Wie viel gewalttätiger als die Monotheismen will Religion denn noch werden? Durch keine Ideologie sind mehr Menschen gewaltsam gestorben, als durch die Monotheismen. Aber ich stimme Ihnen zu: Religionen sind nicht die einzigen brandgefährlichen Ideologien. Auch dass die Konkurrenten alle sehr "kultig" daherkommen, mit Erlöser-Gedanken und Heilsversprechen, ist klar. Es ist auch richtig, dass Menschen sehr anfällig für solche Ideologien sind. Es gibt ja auch Millionen, die Lotto spielen.
Doch diese Erkenntnis relativiert die Gefahr von Religion kein bisschen. Wir sollten eher anfangen, die jungen Menschen rational zu erziehen, ihr Denken in der Wirklichkeit zu verwurzeln und nicht in Spinnereien des Vorderen Orients aus vormoderner Zeit. Theologen arbeiten nicht gegen diese Gefahr, sondern sie unterstützen durch ihre Tätigkeit diesen Volksglauben, der keinerlei praktischen Nutzen hat, außer Kirchenkassen zu füllen. Den Placeboeffekt durch Geisterbeschwörung - der durchaus vorhanden ist - kann auch billiger mit weniger Weihrauch erzeugt werden.
Diesmal habe ich nicht gelacht!
Norbert Schönecker am Permanenter Link
S.g. Herr Kammermeier!
Ich glaube, wir haben unterschiedliche Auffassungen darüber, was Theologie und Theologen sind.
Das Lexikon für Theologie und Kirche definiert: "Theologie ist die methodisch geleitete Erhellung und Enfaltung der ... Offenbarung Gottes."
Das heißt: Nicht jeder, der behauptet, eine Offenbarung Gottes bekommen zu haben, ist ein Theologe; ganz unabhängig davon, ob diese Offenbarung wirklich von Gott kommt oder nicht.
Franz von Assisi z.B. war kein Theologe. Ich betrachte ihn als großen Mystiker. Gott hat ihm viel geoffenbart. Außerdem hat er einen Orden gegründet, der schon zu seinen Lebzeiten zahlreiche Mitglieder hatte. Er hat eine Ordensregel aufgestellt und religiöse Schriften verfasst. Aber das ist alles noch keine Theologie. Es fehlt das methodisch geleitete Nachdenken über die Offenbarung Gottes.
Und dasselbe kann ich über viele Gründer von Religionen, Kirchen und religiösen Gemeinschaften sagen. Nur wenige davon waren gleichzeitig Theologen.
Die Verfasser diverser Heiliger Schriften (warum meinen Sie übrigens zu wissen, dass sie "aus reinem Eigennutz" gehandelt haben?) waren selten Theologen. In der Bibel können Paulus und evtl. noch Johannes als Theologen gelten, weil sie systematisch über die Offenbarungen nachdenken. Die meisten anderen biblischen Schriftsteller geben Offenbarungen wieder.
Also: So wie nicht jeder, der Experimente macht oder die Natur beobachtet, ein Naturwissenschaftler ist, so ist auch nicht jeder, der göttliche Offenbarungen hat (oder zu haben glaubt) oder weitererzählt, ein Theologe.
Sicherheitshalber nocheinmal: Dabei spielt die Echtheit oder Falschheit der Offenbarungen nicht die geringste Rolle.
Und nochmal zum eigentlichen Thema: Gewaltpotential der Religionen.
Wer göttliche Offenbarungen hat (zu haben glaubt - ab jetzt lasse ich das weg) oder an göttliche Offenbarungen anderer glaubt, hält das oft für wichtig. Und zwar nicht nur für sich selbst, sondern auch für andere. Deshalb wird er diese Offenbarungen weitererzählen.
Wenn das mit dem Erzählen alleine nicht klappt, dann wird er vielleicht auch zu heftigeren Mitteln greifen, vielleicht auch zu Gewalt. Deshalb habe ich den Glauben als potentiell (!) gewaltfördernd bezeichnet.
Wenn aber ein Mensch sich selbst und seine eigenen Ansichten reflektiert und überprüft, dann senkt das üblicherweise das Gewaltpotential.
Genau das tut die Theologie: Sie reflektiert und überprüft das, was man glaubt. Sie lässt auch Zweifel zu - das gehört zur theologischen Methode.
Vielleicht hätte ich mir besser den ganzen oberen Teil sparen sollen und nur diesen Satz stehenlassen:
Theologie erlaubt das Zweifeln, und deshalb wirkt sie gewaltmindernd, während Glaube alleine die Möglichkeit des Fanatismus zulässt.
Thomas am Permanenter Link
"Theologie erlaubt das Zweifeln, und deshalb wirkt sie gewaltmindernd,"
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unprüfbar als die Aussage "Gott existiert und will nicht-x". Entsprechend grotesk ist es, wenn Religioten (gern auch immer wieder nach Terroranschlägen) die Wahnvorstellungen anderer Religioten kritisieren - als gäbe es "richtige" und "falsche" Wahnvorstellungen. Jeder einzelne Irrationalist ist Teil der weltweiten Kultur des Irrationalismus und daher mitverantwortlich für ihre Verwüstungen! Diese Kultur muß überwunden werden, wenn sich die Menschheit ethisch entwickeln und ihr Planet ein nennenswert leidfreierer Ort werden soll.
Norbert Schönecker am Permanenter Link
Alleine die Zulassung der Fragestellungen "Existiert Gott wirklich?" und "Will Gott wirklich x oder vielleicht doch nicht-x?" wirkt gewaltmindernd. Und diese Fragen stellt die Theologie.
Der praktische Materialismus hat sich übrigens als nicht gar so ethisch überlegen gegenüber dem Irrationalismus erwiesen.
Zu Ihrer Verwendung des Begriffs "Religioten":
http://www.diesseits.de/perspektiven/nachrichten/international/1422226800/oesterreich-freidenker-lehnen-religioten-begriff
Thomas am Permanenter Link
"Alleine die Zulassung der Fragestellungen "Existiert Gott wirklich?" und "Will Gott wirklich x oder vielleicht doch nicht-x?" wirkt gewaltmindernd. Und diese Fragen stellt die Theologie.
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Fragen zu stellen, ohne auch Antworten haben zu wollen, ist doch sinnlos! Tatsächlich GEBEN Theologen Antworten, und die können aufgrund ihrer vollkommenen Beliebigkeit ebenso gewaltfördernd wie gewaltmindernd sein. Im Übrigen gehört Ergebnisoffenheit nicht zu den Kennzeichen theologischer Diskurse. Es beginnt ja schon damit, daß die logische Unmöglichkeit der Existenz des Christengottes praktisch selbstevident ist. Man kann sich also jeden Versuch der Erforschung des ohnehin Unerkennbaren sparen, um die Frage "Existiert Gott wirklich?" zu beantworten, das christliche Glaubenssystem als wahnhaft und die Theologie selbst als buchstäblich gegenstandslos zu entlarven.
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"Der praktische Materialismus hat sich übrigens als nicht gar so ethisch überlegen gegenüber dem Irrationalismus erwiesen."
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Das stimmt so nicht. Während Wissenschaft und Wissenschaftlicher Materialismus unabdingbare Voraussetzungen für eine bestmögliche Funktionalität der Ethik sind, kann fälschliches Glauben das Bemühen um möglichst erfolgreiches moralisches Verhalten nur be- oder verhindern - sei es, weil man auf falsche Vorstellungen vom Zustand und von der Beschaffenheit der Welt zurückgreift, sei es, weil man irrationale statt ethische Ziele verfolgt.
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"Zu Ihrer Verwendung des Begriffs "Religioten":
http://www.diesseits.de/perspektiven/nachrichten/international/1422226800/oesterreich-freidenker-lehnen-religioten-begriff"
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Das mögen die Herrschaften handhaben, wie sie wollen. Ich hingegen nehme mir einfach heraus, den katastrophalsten kulturellen Fehlleistungen der Menschheit (wie z.B. Religion, Faschismus und Kapitalismus) mit angemessenem Abscheu zu begegnen und diesem gelegentlich verbalen Ausdruck zu verleihen.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Ich glaube, wir haben unterschiedliche Auffassungen darüber, was Theologie und Theologen sind.
Theologie ist eine Geisterwissenschaft, die sich mit angeblichen Augenzeugenberichten irrationaler Vorgänge beschäftigt. Frage: Wer "leitet methodisch"? Was ist eine "Erhellung"? Was ist die "Entfaltung der Offenbarung Gottes"? Was ist in diesem Zusammenhang "Gott"?
Von hinten aufgerollt: Wenn es keinen "Gott" gibt (wovon erkenntnistheoretisch ausgegangen werden muss, zumindest wenn es um den spezifischen "Gott" des Christentums geht), dann gibt es keine "Offenbarung". Gibt es keine Offenbarung, dann gibt es nicht deren "Entfaltung" oder "Erhellung". Und wenn es das alles nicht gibt, dann macht auch eine "methodische Anleitung" keinen Sinn. Die Bedienungsanleitung einer nicht existenten Zeitmaschine braucht mir auch niemand zu erklären.
"Das heißt: Nicht jeder, der behauptet, eine Offenbarung Gottes bekommen zu haben, ist ein Theologe; ganz unabhängig davon, ob diese Offenbarung wirklich von Gott kommt oder nicht."
Da für mich weder "Gott" noch dessen angebliche "Offenbarung" eine Rolle spielen, weil deren Herkunft historisch und etymologisch durch andere Ursachen nachweisbar ist, kann dies für mich nicht das Kriterium für einen Theologen sein.
Theologie ist eine Scheinwissenschaft, weil sie nicht ergebnisoffen arbeitet, d.h. "Gott" und dessen "Offenbarung" sind dogmatisierte Bestandteile dieser Geisterwissenschaft. Wären sie real, bräuchten sie nicht dogmatisiert werden.
Der Rest ist primär ein Rhetorikstudium und das Auswendiglernen von Riten und Prozeduren, um mit möglichst viel Brimborium die Gläubigen davon zu überzeugen, es gäbe diesen "Gott" und seine "Offenbarung".
"Franz von Assisi z.B. war kein Theologe. Ich betrachte ihn als großen Mystiker. Gott hat ihm viel geoffenbart. Außerdem hat er einen Orden gegründet, der schon zu seinen Lebzeiten zahlreiche Mitglieder hatte. Er hat eine Ordensregel aufgestellt und religiöse Schriften verfasst. Aber das ist alles noch keine Theologie."
Für mich sind das Spitzfindigkeiten. Wann würden Sie denn den ersten Theologen sehen wollen? Mit Entstehung der ersten theologischen Fakultäten? Ist ein Priesterstudium oder eine Ausbildung zum Rabbi kein Studium des Inhalts der jeweiligen Religion?
Ich sehe das einfacher, als Sie: Theologen sind Menschen, die sich beruflich zum Broterwerb mit dem "Religion" genannten Irrationalismus beschäftigen. Dabei werden sie von älteren Kollegen angeleitet oder sie bilden sich gleich ein, "Gott" persönlich habe ihnen mittels "heiligem" Geist die Religion übermittelt. Das klingt alles nicht wirklich seriös.
"Es fehlt das methodisch geleitete Nachdenken über die Offenbarung Gottes."
Wie gesagt: Wenn es "Gott" gäbe, wenn es eine "Offenbarung" gäbe Ist das alles jedoch eine Luftnummer, fällt das Kartenhaus "Theologie" in sich zusammen.
"Die Verfasser diverser Heiliger Schriften (warum meinen Sie übrigens zu wissen, dass sie "aus reinem Eigennutz" gehandelt haben?) waren selten Theologen."
Niemand kennt die echten Verfasser der Bücher der Bibel (AT und NT), also können wir ehrlicherweise über deren Berufsstand nichts aussagen. Der Eigennutz ergibt sich aus den Inhalten.
Ich versuche ein Beispiel:
Wenn ich ein Buch schriebe, demzufolge mir ein höheres Wesen, das Macht über die Erde habe, aufgetragen hätte, ich solle von allen Gemeindemitgliedern gewisse Opfer fordern (Geld, Essen, Schutz, Töchter), ansonsten seien sie nach ihrem Tode (!) mit höllischen Strafen bedroht, dann könnte man mir einen gewissen Eigennutz nicht absprechen. Oder?
Komisch, dass das in den "heiligen" Büchern genauso gehandhabt wird. Dass da natürlich auch noch ein bisschen herumfabuliert wurde, wie toll es den Getreuen erginge und schlimm ihre Feinde leiden würden etc., das versteht sich von selbst. Zur Peitsche gehört auch immer das Zuckerbrot.
"In der Bibel können Paulus und evtl. noch Johannes als Theologen gelten, weil sie systematisch über die Offenbarungen nachdenken. Die meisten anderen biblischen Schriftsteller geben Offenbarungen wieder."
Das behaupten Sie. In Wahrheit ist das alles nicht im Mindesten belegt. Letztlich läuft es darauf hinaus, dass Theologen heute das alles GLAUBEN müssen.
"Also: So wie nicht jeder, der Experimente macht oder die Natur beobachtet, ein Naturwissenschaftler ist, so ist auch nicht jeder, der göttliche Offenbarungen hat (oder zu haben glaubt) oder weitererzählt, ein Theologe."
Charles Darwin war studierter Theologe. Würden Sie ihn also nicht zu den Naturwissenschaftlern zählen? Oder Leonardo da Vinci? Hat er nicht - trotz kirchlicher Repressalien - naturwissenschaftlich geforscht? Sicher ist ein fundiertes Studium besser, als sich autodidaktisch zu bilden. Gerade heute, wo die Wissenschaft schon über eine gewaltige Grundlage verfügt.
Doch Theologe ist für mich eben keine Wissenschaft. Sie verfügt zwar über ein dickes Buch, aber nur über eine dünne Grundlage. Sie haben das Problem, dass Sie das Theologie-Studium überschätzen. Sie können darin nichts über einen "Gott" lernen, weil sich dieser nie offenbart hat.
Alpha Centauri-Biologie wäre - zumindest heute - ein vergleichbar sinnloses Studium, weil wir noch nicht einmal wissen, ob es dort überhaupt Planeten gibt, die biologische Prozesse hervorgebracht haben.
"Sicherheitshalber nocheinmal: Dabei spielt die Echtheit oder Falschheit der Offenbarungen nicht die geringste Rolle."
Doch, das tut sie. Sind alle "Offenbarungen" falsch, dann hat Theologe absolut kein Fundament mehr. Dann ist sie reiner Verwalter sinnloser Riten und Regelwerke, die keinerlei Bezug zur Wirklichkeit haben. Nur wenn "Gott" UND seine "Offenbarung" real existieren, macht Theologie, so wie Sie sie verstehen, Sinn.
"Wer göttliche Offenbarungen hat (zu haben glaubt - ab jetzt lasse ich das weg) oder an göttliche Offenbarungen anderer glaubt, hält das oft für wichtig. Und zwar nicht nur für sich selbst, sondern auch für andere. Deshalb wird er diese Offenbarungen weitererzählen."
So ist der ganze Unsinn ja entstanden.
"Wenn das mit dem Erzählen alleine nicht klappt, dann wird er vielleicht auch zu heftigeren Mitteln greifen, vielleicht auch zu Gewalt."
Das ist eigentlich der Regelfall. Wobei ich den Begriff "Gewalt" hier etwas weiter fasse, als Sie. Für mich ist bereits frühkindliche Indoktrination die Anwendung von Gewalt. In jedem anderen Lebensbereich würden Sie mir vermutlich sofort zustimmen. Wenn wir Kinder politisch "auf Linie trimmen" würden oder sexuell oder oder...
Nur Religion darf man in Kinderköpfe trichtern ohne sich dafür zu schämen?
"Deshalb habe ich den Glauben als potentiell (!) gewaltfördernd bezeichnet."
Ich widerhole mich: Das stimmt, aber nur wenn der Glaube einen gemeindebildenden oder gar staatsbildenden Charakter hat. Der Glaube an UFOs oder den Yeti zeigt keine Intention, Gemeinden oder Staaten zu bilden, zumindest wird er nicht entsprechend gefördert.
Doch Religion nutzt diesen Volks-/Geister-/Magieglauben, um im Klüngel mit den Herrschenden die Gemeinden, Staaten und als Endziel die ganze Welt zu erobern. Es geht dabei um pure Macht, totalitär ausgeübte Macht über willenlose Untertanen. So ist das Christentum angelegt und wenn Sie Ihr Studium nicht nur mit Bibelversen verbracht haben, dann wissen Sie das.
"Wenn aber ein Mensch sich selbst und seine eigenen Ansichten reflektiert und überprüft, dann senkt das üblicherweise das Gewaltpotential."
Würden Gläubige ihre eigenen Ansichten reflektieren und überprüfen, dann wären sie keine Gläubigen mehr. Aber die Theologie, die scheinseriös daherkommt, hindert die Gläubigen immer wieder an dieser Reflexion. Doch mehr und mehr entkommen ihr.
"Genau das tut die Theologie: Sie reflektiert und überprüft das, was man glaubt. Sie lässt auch Zweifel zu - das gehört zur theologischen Methode."
Dann besteht die Hoffnung, dass sich Theologie eines Tages - sagen wir innerhalb der nächsten 10.000 Jahre - selbst auflöst, weil sie endlich kapiert hat, dass sie keine Grundlage hat? WOW!
"Vielleicht hätte ich mir besser den ganzen oberen Teil sparen sollen und nur diesen Satz stehenlassen:
Theologie erlaubt das Zweifeln, und deshalb wirkt sie gewaltmindernd, während Glaube alleine die Möglichkeit des Fanatismus zulässt."
Ich versuche es auch einmal mit einem Satz:
Ohne scheinlegitimierende Theologie würde der Staat nicht mehr seine Hand schützend über Geistergläubige halten, sodass diese sich nicht mehr im Recht fühlen und gegen vermeintliche Ketzer vorgehen würden.
Norbert Schönecker am Permanenter Link
Ich möchte beim ursprünglichen Thema "Gewaltpotential der Religionen" und bei der These "Theologie wirkt gewaltmindernd" bleiben.
Zuerst zu Ihrem letzten Satz:
"Ohne scheinlegitimierende Theologie würde der Staat nicht mehr seine Hand schützend über Geistergläubige halten, sodass diese sich nicht mehr im Recht fühlen und gegen vermeintliche Ketzer vorgehen würden."
Dem halte ich die gegenwärtige politische Lage des Islam Europa entgegen:
Im Allgemeinen gilt nach meiner Beobachtung: Je höher die formale theologische Bildung der Imame ist, desto weniger predigen sie die Gewalt.
Terroristen hingegen fühlen sich ganz offensichtlich im Recht, obwohl der Staat sich ganz entschieden gegen den Terrorismus ausspricht. Und Theologie brauchen Terroristen überhaupt keine, Ideologie reicht völlig.
Woher Sie die Annahme nehmen, dass islamischer (oder sonstwie ideologischer) Terrorismus abnähme, wenn der Staat die Religion nicht mehr schützen würde, ist mir schleierhaft.
Viele Imame haben leider ausschließlich ein Koranstudium, kein Theologiestudium. Den Unterschied beschreibt der Rektor der Universität Baghdad in einer Äußerung über den Anführer des IS so:
"Er hat den Koran studiert: dabei geht es in erster Linie darum, auswendig zu lernen, nicht um Analysen oder Interpretationen.“
(Zitat aus: https://de.wikipedia.org/wiki/Abu_Bakr_al-Baghdadi)
Dabei wäre gerade die Erfahrung, dass der Koran unterschiedlich interpretiert werden kann und auch von durchaus verehrten Gelehrten unterschiedlich interpretiert worden ist, ein gutes Mittel gegen Radikalisierung. Sie führt nämlich zum Gedanken, dass die eigene Interpretation auch falsch sein kann. Dieser Gedanke ist im Glauben und in der Religion noch nicht zwingend beinhaltet. In der Theologie schon.
"Theologen sind Menschen, die sich beruflich zum Broterwerb mit dem "Religion" genannten Irrationalismus beschäftigen."
Das ist einfach falsch. Nicht jeder Prediger, Mönch oder Guru ist ein Theologe. Auch nicht jeder hauptberufliche Religionskritiker. Bitte zur Kenntnis nehmen.
Ihren Absatz über Darwin und Galilei verstehe ich nicht. Ich habe nie behauptet, dass ein Universitätsstudium Voraussetzung für einen Theologen sei. Es geht um das richtige Anwenden einer Methode. Sei es die Methode der Naturwissenschaft, der Jurisprudenz, der Theologie oder der Astrologie.
Ich glaube übrigens nicht an die Astrologie. Aber ich könnte unterscheiden (wenn ich mich damit beschäftigen würde), ob jemand die astrologische Methode korrekt anwendet oder er frei daherfabuliert. Das ist ein Unterschied. Ich würde zwar an keines der Ergebnisse glauben; aber dennoch könnte ich zwischen methodisch korrektem Vorgehen und purem Draufloserzählen unterscheiden.
Und analog behaupte ich jetzt: Selbst für einen Menschen, der nicht an Gott glaubt und der folglich auch weder inhaltlich an die Predigten eines theologischen Laien noch an die eines studierten Theologen glaubt, ist der Unterschied zwischen korrektem theologischen Denken und purem religiösen Reden prinzipiell erkennbar.
Und weiter behaupte ich: Unabhängig vom inhaltlichen Für-wahr-Halten bewirkt theologisches Denken eine Reduktion der Gewaltbereitschaft. Aus den von mir mehrfach genannten Gründen, und mit historischen Indizien untermauert.
"Würden Gläubige ihre eigenen Ansichten reflektieren und überprüfen, dann wären sie keine Gläubigen mehr."
Ich sehe zwei Möglichkeiten, diesen Satz zu verstehen:
Entweder haben Sie gemeint, dass Glaube jedes Reflektieren verbiete, dass also nur blinder Glaube echter Glaube sei. Als Gläubiger Mensch und Priester versichere ich Ihnen: Diese Ansicht widerspricht der katholischen Lehre von Anfang an. Die theologische Formel lautet seit dem Hochmittelalter "fides quaerens intellectum".
Oder Sie haben gemeint, dass ein Mensch, der seinen Glauben überprüft, zwangsläufig zum Schluss kommen muss, dass sein Glaube falsch sei. Diese Vermutung widerspricht der normativen Kraft des Faktischen: Es gibt Millionen von Gläubigen, die ihren Glauben gründlich überprüft haben.
Dass Religionen genauso wie Staaten dazu neigen, Macht anzusammeln und zu missbrauchen, ist unbestritten. Eine Zukunft ohne organisierte Religion und ohne Staat wäre in mancher Hinsicht sehr schön. Aber (noch?) eine Utopie. Noch brauchen wir den Staat, z.B. für Bildung und Rechtssprechung. Und noch brauchen wir die Kirche zur Glaubensunterweisung und Sakramentenspendung. (Ja, ich glaube, dass wir sie dafür brauchen. Nein, ich brauche sie nicht für mein Geldbörsel. Das können Sie sich diesmal sparen.)
Hochachtungsvoll
Schönecker
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Im Allgemeinen gilt nach meiner Beobachtung: Je höher die formale theologische Bildung der Imame ist, desto weniger predigen sie die Gewalt."
Wer entscheidet, wann eine theologische Bildung hochwertig ist? Gerade im Fall des Islams zeigt sich, dass es z.B. Theologie-Professoren in Münster nicht leicht haben, wenn sie hochwertigen Unterricht anbieten wollen, der aber den muslimischen Verbänden nicht genehm ist. Prof. Sven Kalisch wurde herausgemobbt und auch sein Nachfolger Prof. Khorchide hat dort einen schweren Stand, weil er einen humanistischen Islam unterrichten will.
Das ist also durchaus politisch gesteuert, was als "höhere formale theologische Bildung" wahrgenommen wird, respektive was erlaubt wird.
"Und Theologie brauchen Terroristen überhaupt keine, Ideologie reicht völlig."
Imame sind selten (nie?) Terroristen, aber einige von ihnen rufen zum Dschihad auf. Was der Terrorist braucht, ist ein fester Glaube, dass ihn nach seinem Anschlag 72 großäugige Jungfrauen im Paradies begrüßen. Ohne diesen Glauben würde sich kein Mensch in die Luft sprengen. Das haben z.B. die RAF-Terroristen nie getan.
"Woher Sie die Annahme nehmen, dass islamischer (oder sonstwie ideologischer) Terrorismus abnähme, wenn der Staat die Religion nicht mehr schützen würde, ist mir schleierhaft."
Dass Sie das nicht verstehen (wollen) ist mir klar. Stellen Sie sich aber bitte einmal für eine Sekunde (auch wenn es schwer fällt) eine Welt völlig ohne Religion vor. Sie wären vielleicht ein erfolgreicher Philosoph oder Künstler. Es gibt keine staatlich unterstützten theologischen Fakultäten, keine Kleriker, keine Kirchensteuer etc.
Wie sollte in dieser Welt eine Gefahr von Religion ausgehen? Würde sich in dieser Welt ein Mensch freiwillig in die Luft sprengen, um ein wie auch immer geartetes Ziel zu erreichen? Nur der Jenseitsglaube und die irrationale Hoffnung auf Belohnung dort lassen Menschen derart irrational handeln.
Ich spreche also NICHT davon, dass der Staat Religion unterdrücken sollte (die fördert in der Tat religiösen Terrorismus), sondern dass er durch Verweigerung der finanziellen Unterstützung die "offizielle Wirkung" von Religion zurückfährt, bis Religion reine Privatsache ist.
""Er hat den Koran studiert: dabei geht es in erster Linie darum, auswendig zu lernen, nicht um Analysen oder Interpretationen."
Ja, das ist das Wesen des Islams insgesamt. Dies entstammt dem islamischen Menschenbild, der keine eigenen Gedanken zur Religion entwickeln darf, daher werden eigene Gedanken (die ja zu Häresien führen könnten) verhindert. Barbara Köster hat hierzu in "Der missverstandene Koran" einige Beispiele angeführt.
"Dabei wäre gerade die Erfahrung, dass der Koran unterschiedlich interpretiert werden kann und auch von durchaus verehrten Gelehrten unterschiedlich interpretiert worden ist, ein gutes Mittel gegen Radikalisierung."
Das ist fraglos richtig, wird aber - siehe aktuell den Fall Prof. Khorchide - vom orthodoxen Islam und dessen Verbandsvertretern massiv verhindert.
"Sie führt nämlich zum Gedanken, dass die eigene Interpretation auch falsch sein kann. Dieser Gedanke ist im Glauben und in der Religion noch nicht zwingend beinhaltet. In der Theologie schon."
Bis zu Luthers Zeit galt dies auch für die römische Kirche. Erst seit dem - begleitet von furchtbarsten Kriegen und Konflikten - haben sich freie Gedanken entfalten können. Es ist also nicht DIE Theologie, sondern EINE Theologie, die sich säkularen Prinzipien untergeordnet hat. Wäre die Reformation erfolgreich verhindert worden, hätten wir noch heute eine durchdogmatisierte Theologie ohne jede Denkfreiheit.
"Und analog behaupte ich jetzt: Selbst für einen Menschen, der nicht an Gott glaubt und der folglich auch weder inhaltlich an die Predigten eines theologischen Laien noch an die eines studierten Theologen glaubt, ist der Unterschied zwischen korrektem theologischen Denken und purem religiösen Reden prinzipiell erkennbar."
Sicher ist der Unterschied erkennbar, aber da beide zu dem gleichen unsinnigen Ergebnis kommen, ist dieser Unterschied für mich marginal.
"Und weiter behaupte ich: Unabhängig vom inhaltlichen Für-wahr-Halten bewirkt theologisches Denken eine Reduktion der Gewaltbereitschaft. Aus den von mir mehrfach genannten Gründen, und mit historischen Indizien untermauert."
In Ihrer Art theologisch zu denken mag ich das gerne annehmen. Ich unterstelle ja Theologien auch nicht pauschal, gewaltfördernd zu sein. Doch gibt es auch Theologen, die für sich in Anspruch nehmen echte Theologien zu sein, die das anders sehen - aus ihren spezifischen Gründen. Z.B. die Theologen, die im Dritten Reich Waffen gesegnet haben, waren auch ordentlich ausgebildete Theologen. Ich hätte gerne einen Disput zwischen denen und Ihnen erlebt.
"Oder Sie haben gemeint, dass ein Mensch, der seinen Glauben überprüft, zwangsläufig zum Schluss kommen muss, dass sein Glaube falsch sei. Diese Vermutung widerspricht der normativen Kraft des Faktischen: Es gibt Millionen von Gläubigen, die ihren Glauben gründlich überprüft haben."
Das hängt davon ab, was man unter "überprüfen" versteht. Es gibt genügend Menschen - auch studierte und sogar promovierte Theologen (z.B. Dr. theol. Heinz-Werner Kubitza) -, die aus dem Glauben kommend durch Überprüfung zu dem Ergebnis kamen, dass es sich bei Religion um ein Kunstprodukt zur Manipulation und Steuerung von möglichst großen Personengruppen handelt. Ich z.B. wurde - damals noch gläubig - von meinem ev. Religionslehrer (einem ev. Pfarrer) auf den Weg gebracht, Religionen kritisch zu hinterfragen und am Ende dieses Weges stand die Erkenntnis, dass Religion menschengemacht ist und der Unterstützung/Aufrechterhaltung totalitärer Systeme dient.
Für viele Noch-Gläubige ist dieses "Überprüfen" ein "In-sich-gehen" und keine nüchterne faktenbasierte historische Analyse.
"Noch brauchen wir den Staat, z.B. für Bildung und Rechtssprechung."
Wenn wir begreifen, dass WIR der Staat sind - d.h. die Summe aller Bürger - ist dagegen nichts einzuwenden.
"Und noch brauchen wir die Kirche zur Glaubensunterweisung und Sakramentenspendung. (Ja, ich glaube, dass wir sie dafür brauchen. Nein, ich brauche sie nicht für mein Geldbörsel. Das können Sie sich diesmal sparen.)"
Wer braucht eine Unterweisung im Geisterglauben? Warum nicht auch in Ufologie, Parapsychologie, Astrologie, Yeti-Forschung oder Leberorakel-erstellen?
Nur weil SIE nicht an Astrologie, aber an Jesus Christus glauben, soll der Theologie ein Vorrang eingeräumt werden? Finden Sie das nicht ein wenig beliebig? Wo sind die objektiven Kriterien, denen sich jede Wissenschaft unterwerfen muss, um universitären Status zu erlangen? War "Gott" ja an einer theologischen Fakultät, um eine Vorlesung zu halten, z.B. mit dem Titel: "Warum es richtig war, (fast) die gesamte Menschheit zu ersäufen."?
Was sind Sakramente? Das sind kleine Erpressungsversuche, mit denen man Gläubige gefügig hält. Das Sakrament der Taufe ist ewig gültig, wie der nette Bischof Overbeck vor laufender Kamera spöttisch grinsend antwortete auf die Frage, ob man aus der Kirche austreten könne. Das Sakrament der Ehe hat schon viele den Job gekostet, weil sie sich wiederverheiratet haben.
Und zum Thema Geld: Wären alle Theologen so wie Sie, also selbstlos und nach dem Vorbild Jesu völlig verarmt, dann gäbe es keine Bischofs- und Kardinalsgehälter mit über 12.000,00 Euro/Monat (+ Extras). Doch gerade der unverschämte Reichtum der katholischen Kirche in Deutschland spricht eine andere Sprache, als Ihr aufrichtiges Armutsgelübde...
Norbert Schönecker am Permanenter Link
"Wer entscheidet, wann eine theologische Bildung hochwertig ist?"
Am ehesten die Universitäten. Im Spezialfall des Islam gilt als eine besonders hohe Instanz die Universität von Alexandria. Und gerade diese spricht sich - um beim Thema zu bleiben - sehr deutlich gegen Gewalt und Terrorismus aus.
"Ohne diesen Glauben würde sich kein Mensch in die Luft sprengen."
Allerdings gab es in Japan die sogenannten Kamikaze-Flieger - ich halte das durchaus für vergleichbar.
Wie auch immer: Dass der Glaube zu Gewalt und Fanatismus führen kann, habe ich ja nicht bestritten.
Zu "Staat und Religion": Vermuten Sie etwa, dass Religion ohne staatliche Unterstützung ausstürbe? Also, ich glaube das nicht. In Frankreich z.B. sehe ich keine Anzeichen dafür.
"Dies entstammt dem islamischen Menschenbild, der keine eigenen Gedanken zur Religion entwickeln darf."
Ich bin beileibe kein Koranexperte. Aber offenbar gibt es im Islam auch große Strömungen, die eigene Gedanken zulassen und fördern. Sie selbst haben den geschätzten Prof. Khorchide erwähnt. Mir scheint übrigens, dass heute der Koran viel enger und sturer ausgelegt wird als noch vor 200 Jahren, als Juden und Christen immerhin friedlich (wenn auch nicht gleichberechtigt) im Nahen Osten leben durften. Einen Grund dafür habe ich noch nicht gefunden.
"Bis zu Luthers Zeit galt dies auch für die römische Kirche. Erst seit dem - begleitet von furchtbarsten Kriegen und Konflikten - haben sich freie Gedanken entfalten können."
Aber gerade an den Universitäten des Mittelalters gab es weit mehr Gedankenfreiheit als sonstwo. Auch in theologischen Dingen. Gewaltaufrufe gegen Andersgläubige kamen mehrheitlich von den Fürsten, aus politischen Erwägungen (wobei die Fürstbischöfe hier keine Ausnahme darstellten), oder aus dem ungebildeten Volk selbst (z.B. beim ersten bzw. beim schamhaft nicht mitgezählten, sozusagen nullten Kreuzzug).
In der Antike, als auch der theologische Bildungsstand noch weit höher war, ist mir nur ein einziges Todesurteil (sprich: Mord) gegen Andersgläubige bekannt.
"die Theologen, die im Dritten Reich Waffen gesegnet haben"
Dafür, dass es das gegeben hat, hätte ich gerne Belege. Zumindest Waffensegnungen durch Katholische Priester bezweifle ich.
Zur Klarstellung: Ich spreche von der wirklichen Segnung von Waffen. Nicht von der Segnung von Menschen, die gerade eine Waffe in der Hand halten, während dahinter Panzer stehen. Letztere hat es sicher gegeben. Warum auch nicht.
Begründung: Segnungen wurden und werden gemäß vorgegebenen Texten durchgeführt. Diese waren damals einheitlich (auf Latein) im Rituale Romanum abgedruckt und enthielten keinen Waffensegen.
Vorstellbar ist allemal, dass Priester z.B. durch die SS gezwungen wurden, Waffen zu segnen. Dann geschah dieser Segen trotz, nicht wegen der Theologie.
Formellen Waffensegen gab es überhaupt jemals nur einen: Den Segen für das Schwert anlässlich des Ritterschlags, vorgenommen durch den Bischof.
Zu Ihrem Religionslehrer: Dieser selbst, so vermute ich, hat seinen Glauben aber nicht verloren. Und ich kenne naturgemäß mehr Menschen, die vom Atheismus zum Glauben gefunden haben. Und noch viel mehr, deren Glauben durch Überprüfung stärker geworden ist und sich von einem kindlichen zu einem erwachsenen Glauben gewandelt hat.
"Wer braucht eine Unterweisung im Geisterglauben? Warum nicht auch in Ufologie ...?"
Würde ich glauben, dass es Gespenster gäbe, dann wäre es wichtig, dass alle darüber informiert werden - besonders die, in deren Haus es spukt. Damit sie mit den Gespenstern gut zurande kommen.
Da ich aber an Gott glaube, ist es mir wichtig, dass alle über ihn informiert werden. Und da Gott allgegenwärtig ist, sollten wirklich alle mehr über ihn erfahren. Damit sie seine Gnade erfahren.
"Was sind Sakramente?"
Sakramente sind wirksame Zeichen der Liebe Gottes. Wenn ich davon ausgehe, dass Gott seine Liebe nicht zurücknimmt, dann behalten natürlich Taufe und Ehe ihre Gültigkeit.
Zum Thema Geld: Da ich kein deutscher Bischof bin, sondern ein österreichischer Gefängnisseelsorger, muss ich mich dazu nicht äußern. Was deutsche Bischöfe mit dem vielen Geld tun, weiß ich nicht. Es geht mich auch nichts an.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Allerdings gab es in Japan die sogenannten Kamikaze-Flieger - ich halte das durchaus für vergleichbar."
Bei den Kamikaze-Fliegern gab es ein ausgeprägtes Ehrgefühl und eine bedingungslose Liebe zum Kaiser. Außerdem ging es um zwar verzweifelte, aber immer noch militärische Taktiken, da hier der Feind aufgehalten werden sollte. So gesehen ist fast jeder Frontsoldat auf einem "Himmelfahrts-Kommando", denn er riskiert massiv sein eigenes Leben.
Selbstmordattentäter indes haben keinerlei militärischen Nutzen. Kleine Kinder und andere Unschuldige in den Tod zu reißen funktioniert nur mit ideologischer Verblendung.
"Vermuten Sie etwa, dass Religion ohne staatliche Unterstützung ausstürbe? Also, ich glaube das nicht. In Frankreich z.B. sehe ich keine Anzeichen dafür."
Ich gehe von einem langwierigen Siechtum der Religionen aus. Es wird sicher drei Generationen dauern, bis wir diesen Irrsinn völlig überwunden haben. Die Austrittszahlen sind ein Indiz, aber erst, wenn die Enkel keine gläubigen Großeltern mehr kennenlernen können (weil die allesamt mit Religion nichts mehr zu tun haben wollen) stirbt Religion wirklich aus. Bis dahin ist es noch ein gutes Stück.
Ob sich einige Kulte hartnäckig halten? Kann sein. Das ist aber nicht so wichtig. Es wird dann keinen Religionsunterricht mehr geben (und Religionsgeschichte wird Bestandteil des regulären Geschichtsunterrichtes sein), keine theologischen Fakultäten (zumindest nicht staatlich unterstützt) und Kirchen dienen besseren Zwecken, als einen Diktator um sein Kommen anzuflehen.
"... offenbar gibt es im Islam auch große Strömungen, die eigene Gedanken zulassen und fördern. Sie selbst haben den geschätzten Prof. Khorchide erwähnt."
Prof. Khorchide repräsentiert jedoch keine Strömung. Auch der "Euro-Islam eines Bassam Tibi, den ich ebenfalls hochschätze, hatte nie eine Chance, weil es eben nicht diese Strömungen gibt. Fast alle islamischen Länder verfolgen einen restriktiven Islam, weil der Islam so ist, wie der Islam eben ist. Das schließt nicht aus, dass es immer wieder reformbereite Imame oder Großmuftis gibt, doch die scheitern immer wieder an der Reformunfähigkeit und vor allem am Reformunwillen der überwiegenden Mehrheit der muslimischen Geistlichen.
"Mir scheint übrigens, dass heute der Koran viel enger und sturer ausgelegt wird als noch vor 200 Jahren, als Juden und Christen immerhin friedlich (wenn auch nicht gleichberechtigt) im Nahen Osten leben durften. Einen Grund dafür habe ich noch nicht gefunden."
Der Grund liegt m.M.n. im Gefühl, Verlierer zu sein, das sich in der islamischen Welt breit macht. Weder wirtschaftlich (vom Öl abgesehen), noch wissenschaftlich, intellektuell oder politisch haben diese Länder etwas zu melden. Gibt es kein Öl mehr (man kann ausrechnen, wann das sein wird), dann stehen diese Länder vor dem Nichts. Das spürt die intervernetzte Jugend sehr genau und sie weiß auch, dass sie mit mittelalterlichen Lebensmodellen keinen Anschluss an den "Westen" finden werden.
Daher rumort es dort seit vielen Jahren und junge Blogger setzen ihr Leben und ihre Freiheit aufs Spiel, um die Gedankenwelt zu modernisieren. Raif Badawi ist so ein Beispiel. Da dies die konservativen Religionshüter nicht dulden können, gibt es eine repressive Gegenbewegung, um den Status Quo zu erhalten. Daher redet man den Muslimen in Europa ein, sie würden ausgegrenzt - was dazu führt, dass sie sich selbst ausgrenzen und in Teilen mehr auf den Koran berufen.
Aber vielleicht haben eines Tages die Evangelikalen wieder die Oberhand und dann gibt es Repressionen, wenn man sein Vaterunser nicht ordentlich betet. Vor diesen Wellenbewegungen ist kein Irrationalismus gefeit, weil er eben keine Faktenbasis hat.
"Aber gerade an den Universitäten des Mittelalters gab es weit mehr Gedankenfreiheit als sonstwo. Auch in theologischen Dingen."
Praktisch nur in theologischen Dingen, denn ursprünglich konnte man außer Jura dort nichts studieren. Aber das dort Häretiker nicht gerne gesehen wurden, werden Sie hoffentlich zugeben. Wie eng die Grenzen noch zu Luthers Zeiten gezogen wurden, zeigt z. B. seine Verteidigungsschrift "Dass Jesus Christus als Jude geboren wurde", in der er erklären musste, dass er den Unsinn von der Jungfrauengeburt auch wirklich glaubte. Noch 1981 (?) wurde Uta Ranke-Heinemann aus ihrem Amt als Theologie-Professorin gejagt, weil sie diesen Quatsch nun einfach nicht mehr glauben wollte.
Freiheit gilt also immer nur innerhalb der Dogmen.
"Zumindest Waffensegnungen durch Katholische Priester bezweifle ich."
Bis zum 2. Vatikanischen Konzil 1962 enthielt das römische Pontifikale je ein Formular zur Segnung von Waffen, des Schwertes und einer Kriegsfahne. Ob dies praktiziert wurde, ist nicht so wichtig. Die katholische Kirche hat dies erst nach 1962 intern verboten.
"Zu Ihrem Religionslehrer: Dieser selbst, so vermute ich, hat seinen Glauben aber nicht verloren."
Das weiß ich nicht. Er ging sehr locker damit um und sah die Religionsentwicklung als sehr stark politisiertes Auf und Ab, teilweise als Produkt von Zufällen. Aber die ev. Kirche hat auch den Vorteil, keine Dogmen zu kennen.
"Und ich kenne naturgemäß mehr Menschen, die vom Atheismus zum Glauben gefunden haben. Und noch viel mehr, deren Glauben durch Überprüfung stärker geworden ist und sich von einem kindlichen zu einem erwachsenen Glauben gewandelt hat."
Das stelle ich nicht in Abrede. Aber das sind statistisch vernachlässigbare Größenordnung. Generell strebt der Menschen der Vernunft entgegen. Unser gesamter Fortschritt wäre ohne diese Entwicklung nicht erklärbar.
"Würde ich glauben, dass es Gespenster gäbe, dann wäre es wichtig, dass alle darüber informiert werden - besonders die, in deren Haus es spukt. Damit sie mit den Gespenstern gut zurande kommen."
Trotzdem entbehrt dies jeder Faktenbasis. Auf diese Weise könnte man tausende von Spleens öffentlichkeitswirksam machen.
"Da ich aber an Gott glaube, ist es mir wichtig, dass alle über ihn informiert werden. Und da Gott allgegenwärtig ist, sollten wirklich alle mehr über ihn erfahren. Damit sie seine Gnade erfahren."
Das ist halt Ihr persönlicher Spleen. Nicht mehr und nicht weniger.
"Sakramente sind wirksame Zeichen der Liebe Gottes. Wenn ich davon ausgehe, dass Gott seine Liebe nicht zurücknimmt, dann behalten natürlich Taufe und Ehe ihre Gültigkeit."
Mit Negativ-Folgen für Menschen, die nun einmal real vorhanden sind? Ihr "Gott" soll sich schämen, so was seinen angeblich geliebten Geschöpfen anzutun. Was sind denn "wirksame Zeichen"? Wenn man sie dazu benutzt, andere wirksam zu piesacken? Oder worin drückt sich diese "Wirksamkeit" aus? Es ist doch faktisch ausschließlich der soziale Druck innerhalb der Gemeinde, der damit erzeugt wird.
Meine Schwiegermutter (Katholikin) hatte mich vor vielen Jahren weinend, heulend angefleht, wir sollten unsere Kinder taufen lassen, weil sie sonst in die Hölle kämen, wenn ihnen etwas passiert. Die Frau war wegen dieser "wirksamen Zeichen der Liebe Gottes" völlig fertig und mehrfach einem Nervenzusammenbruch nahe. Vielleicht sollte sich Ihr "Gott" mal auf der Erde umsehen, was er mit seiner "Liebe" so alles anrichtet an Elend und Leid.
"Zum Thema Geld: Da ich kein deutscher Bischof bin, sondern ein österreichischer Gefängnisseelsorger, muss ich mich dazu nicht äußern. Was deutsche Bischöfe mit dem vielen Geld tun, weiß ich nicht. Es geht mich auch nichts an."
Sehr bequeme Antwort. Was interessieren mich die anderen in meinem Verein? Hauptsache Scheuklappen an und durch...
Norbert Schönecker am Permanenter Link
"Selbstmordattentäter indes haben keinerlei militärischen Nutzen. Kleine Kinder und andere Unschuldige in den Tod zu reißen funktioniert nur mit ideologischer Verblendung."
"Ideologisch" wird stimmen. Dazu zählen dann auch Nationalismus, Anarchismus oder Kommunismus. Der Mörder der "Kaiserin" Sisi z.B. hat seine eigene Hinrichtung in Kauf genommen - Hauptsache, er kann eine (persönlich nicht sonderlich schuldige) hohe Adlige töten. Ein Glaube an ein besseres Leben nach dem Tod war nicht beteiligt.
"Ich gehe von einem langwierigen Siechtum der Religionen aus."
- Ich nicht. Aber einen Beweis werden wir beide nicht erleben.
Die Selbstsicherheit der Träger der Französischen Revolution, das Christentum innerhalb weniger Jahrzehnte abzuschaffen, war jedenfalls unbegründet. Das gibt mit Hoffnung für die Zukunft.
"Bis zum 2. Vatikanischen Konzil 1962 enthielt das römische Pontifikale je ein Formular zur Segnung von Waffen, des Schwertes und einer Kriegsfahne."
- Ja, das Pontificale. Das ist für die Bischöfe. Ein Priester hat so etwas normalerweise gar nicht, und darf es auch nicht verwenden.
"Ob dies praktiziert wurde, ist nicht so wichtig."
- Doch, ich finde das durchaus wichtig. Zumal Sie es ja behauptet haben.
Zum "europäischen" Islam:
Soweit ich es mitbekomme (wie gesagt, ich bin kein Experte), steht die im Islam hoch angesehene Universität von Alexandria dem "europäischen" Islam viel näher als dem sog. Islamschen Staat.
Ihre Gedanken über die Gründe für den Wandel des Islam hin zum Radikalismus erscheinen mir höchst bedenkenswert.
"Aber das dort Häretiker nicht gerne gesehen wurden, werden Sie hoffentlich zugeben."
- Es war zweifellos ein langer Weg bis zu echter Toleranz. Aber die Einübung, fremde (auch herätische) Gedanken nachzuvollziehen (statt sie nur zu bekämpfen), die stammt aus den theologischen Fakultäten und hat dann, nach langer Entwicklung, zu echter Toleranz geführt.
Auch heute noch ist Katholische Theologie nicht ergebnisoffen (und unterscheidet sich dadurch von sonstiger Wissenschaft oder von Wissenschaft überhaupt, aber das ist immer noch nicht das Thema). Aber inzwischen können Katholische Theologen respektvoll mit evangelischen, islamischen oder hinduistischen Theologen oder auch mit Atheisten diskutieren. Ich glaube, dass das Gläubigen ohne die Vorarbeit der Theologie nicht so leicht fiele.
"Generell strebt der Menschen der Vernunft entgegen." - Dann werden wir ja irgendwann alle vollständig von Gottes Geist erfüllt sein, zu dessen Gaben Weisheit, Einsicht und Erkenntnis (nach älterer Übersetzung: Wissenschaft) gehören.
"Was sind denn "wirksame Zeichen"?"
- Ein wirksames Zeichen ist zum Beispiel eine rote Rose, die ein Mann einer geliebten Frau schenkt. Sie bezeichnet eine Wirklichkeit: die Liebe des Mannes. Die Rose kann aber auch etwas bewirken, wenn sie von der Frau richtig verstanden wird. Im besten Fall Gegenliebe.
Die Fehldeutungen der Taufe sind höchst bedauerlich. Besonders die Hysterie um die Bedeutung der Kindertaufe hat tatsächlich viel Leid bei besorgten Eltern und Großeltern angerichtet, weil die Zeichenhaftigkeit übersehen wurde zugunsten eines magischen Verständnisses.
Aber: Haben Sie sich damals auch überlegt, wie viel Elend und Leid Sie angerichtet haben (bei Ihrer Schwiegermutter), indem Sie Ihre Kinder nicht getauft haben? Ich hoffe, Sie haben wenigstens abgewogen, welches Übel in Ihren Augen schlimmer ist: Die Tränen Ihrer Schwiegermutter oder die rein formelle Mitgliedschaft Ihrer Kinder in einer Ihrer Meinung nach verbrecherischen Organisation.
Nachtrag zum Geld: Ich vermute wohlwollend, dass die Bischöfe mit ihrem Geld viel Gutes tun. Da Almosen gemäß Bergpredigt nicht hinausposaunt werden sollen, will ich gar nicht erst fragen. Was Bischof van Elst gebaut hat, ist allerdings eine Schande für die ganze katholische Kirche. Von meinem Bischof hingegen weiß ich, dass er im Zug nach Rom zweiter Klasse fährt.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
""Ideologisch" wird stimmen. Dazu zählen dann auch Nationalismus, Anarchismus oder Kommunismus."
Natürlich. Bis auf den Anarchismus, der vom Wort her schon jede Hierarchie ablehnt. Ideologien sind jedoch auf (von außen) bestimmte Ideale festgelegte Formen, in denen es Führer, zentrale Bücher, Untergebene und Repressionen bei Missachtung sowie fehlende Meinungsfreiheit gibt. Das treffen wir genauso in Theokratien an.
"Der Mörder der "Kaiserin" Sisi z.B. hat seine eigene Hinrichtung in Kauf genommen - Hauptsache, er kann eine (persönlich nicht sonderlich schuldige) hohe Adlige töten. Ein Glaube an ein besseres Leben nach dem Tod war nicht beteiligt."
In den USA nimmt jeder Mörder seine Hinrichtung in Kauf. Und was sagt uns das in Bezug auf Selbstmordattentäter?
" "Ob dies [Waffensegnungen] praktiziert wurde, ist nicht so wichtig."
- Doch, ich finde das durchaus wichtig. Zumal Sie es ja behauptet haben."
Da Sie hier so sehr insistieren: Sind Sie wirklich der Meinung, die Kirche hätte sich immer ablehnend dem Krieg gegenüber gezeigt? Ich hoffe, dass Sie die Fakten besser kennen. Ich ändere also meine Aussage ab: Kriege, auch solche der Nazi-Zeit, fanden auch mit dem Segen der Kirchen statt.
"Soweit ich es mitbekomme (wie gesagt, ich bin kein Experte), steht die im Islam hoch angesehene Universität von Alexandria dem "europäischen" Islam viel näher als dem sog. Islamschen Staat."
Woran machen Sie das fest? Und was nutzt dies letztlich, wenn sich die deutschen Islam-Verbände um den "europäischen Islam" der Universität von Alexandria einen feuchten Kehricht kümmern? Außerdem ist die Al Azhar Universität in Kairo deutlich bedeutsamer. Und was ist mit Mekka und Medina? Diese Ort sind vergleichbar mit dem Vatikan. Auch deren Meinung zum Islam wird in der muslimischen Welt gehört.
Das Problem, das Sie nicht übersehen sollten, ist, dass es keine einheitliche Zentralstelle oder Zentralautorität im Islam gibt. Daher ist die islamische Welt ja untereinander so heillos zerstritten.
"Ihre Gedanken über die Gründe für den Wandel des Islam hin zum Radikalismus erscheinen mir höchst bedenkenswert."
Das finde ich sehr freundlich von Ihnen. Ich möchte an dieser Stelle einmal einflechten, dass ich mir zu allen Themen reiflich Gedanken mache, viel lese und viel diskutiere. Keiner meiner Gedanken basiert auf bloßen Vermutungen. Daher ist mir das Kontroverse diverser Positionen durchaus bewusst. Jedoch gestehe ich mir eine Meinung zu, die auf Rationalismus beruht.
"Es war zweifellos ein langer Weg bis zu echter Toleranz. Aber die Einübung, fremde (auch herätische) Gedanken nachzuvollziehen (statt sie nur zu bekämpfen), die stammt aus den theologischen Fakultäten und hat dann, nach langer Entwicklung, zu echter Toleranz geführt."
Diese Aussage, die ich so nicht teile, widerlegen Sie mir dem Folgenden:
"Auch heute noch ist Katholische Theologie nicht ergebnisoffen (und unterscheidet sich dadurch von sonstiger Wissenschaft oder von Wissenschaft überhaupt, aber das ist immer noch nicht das Thema)."
Nicht ergebnisoffen = dogmatisiert = bestenfalls tolerant im Sinne der Duldung, nicht im Sinne der Akzeptanz.
"Aber inzwischen können Katholische Theologen respektvoll mit evangelischen, islamischen oder hinduistischen Theologen oder auch mit Atheisten diskutieren."
Auch über Trinität? Über das Wesen von Jesus Christus? Natürlich kann man respektvoll miteinander diskutieren. Warum auch nicht? Was ich persönlich enervierend finde - und was solche Diskussionen müßig macht - ist ihre vorprogrammierte Sinnlosigkeit.
Ich glaube nicht, dass je ein Katholik einen Juden oder Moslem von der Trinität oder Gottessohnschaft Jesu überzeugen kann. Und ein Atheist wird einen Katholiken in der Öffentlichkeit nie von der Unmöglichkeit einer Wiederauferstehung überzeugen können. Etc. pp.
Schon beim Thema Abendmahl versagen derartige Gespräche zwischen Katholiken und Protestanten.
"Ich glaube, dass das Gläubigen ohne die Vorarbeit der Theologie nicht so leicht fiele."
Ohne Theologie gäbe es die Notwendigkeit für derartige Gespräche nicht.
""Generell strebt der Menschen der Vernunft entgegen." - Dann werden wir ja irgendwann alle vollständig von Gottes Geist erfüllt sein, zu dessen Gaben Weisheit, Einsicht und Erkenntnis (nach älterer Übersetzung: Wissenschaft) gehören."
Nicht sehr lustig dieser Witz, aber den Versuch anerkenne ich.
"Ein wirksames Zeichen ist zum Beispiel eine rote Rose, die ein Mann einer geliebten Frau schenkt. Sie bezeichnet eine Wirklichkeit: die Liebe des Mannes."
Rosen, Männer und Frauen sowie Blumengeschäfte existieren real. Sie wissen doch genau, dass ich die "Wirksamkeit" der Sakramente meinte, also irgendwelche "Taten", die ein "Gott" bewirken soll. Nichts Reales (Blumen, Männer, Frauen ...) beweist Irreales. Und trotzdem kommen Gläubige immer mit derart leicht zu widerlegenden "Argumenten". Warum ist das so? Haltet ihr uns Humanisten für doof?
"Die Fehldeutungen der Taufe sind höchst bedauerlich. Besonders die Hysterie um die Bedeutung der Kindertaufe hat tatsächlich viel Leid bei besorgten Eltern und Großeltern angerichtet, weil die Zeichenhaftigkeit übersehen wurde zugunsten eines magischen Verständnisses."
Die Taufe an sich ist 1. lächerlich (Wasserspritzen soll einen Effekt außer nassen Haaren haben?) und 2. in Deutschland bedenklich, weil damit ein unmündiger Bürger zwangsweise einen Vertrag mit dem Finanzamt eingeht. Wäre die Kirche so von ihrer Wirkung überzeugt, dann könnte man dies auch auf die Zeit nach dem 14. Lebensjahr verlegen, wenn der Bürger religionsmündig geworden ist.
"Aber: Haben Sie sich damals auch überlegt, wie viel Elend und Leid Sie angerichtet haben (bei Ihrer Schwiegermutter), indem Sie Ihre Kinder nicht getauft haben?"
Das ist zynisch! Weil ich meinen Kindern eine freie (wirklich freie!) Wahl bezüglich Religion lassen wollte, habe ICH Leid erzeugt? Das Leid meiner Schwiegermutter entstand ausschließlich, weil sie in dem Geisterglauben erzogen wurde, es gäbe einen "Gott", der Wert darauf lege, dass man Babys mit Wasser bespritzt. Ohne Religion - um zum Thema zurückzukehren - hätte es dieses irrational verursachte Leid nie gegeben.
"Ich hoffe, Sie haben wenigstens abgewogen, welches Übel in Ihren Augen schlimmer ist: Die Tränen Ihrer Schwiegermutter oder die rein formelle Mitgliedschaft Ihrer Kinder in einer Ihrer Meinung nach verbrecherischen Organisation."
Meine Antwort ist doch wohl klar. Ich arbeite ja dafür, dass der Geisterglaube eines Tages aufhört und werde den Teufel tun, daran mitzuwirken, dass er in die nächste Generation getragen wird. Irgendwann muss man den Mut haben - auch gegen soziale Zwänge -, dieses Schneeballsystem zu unterbrechen.
"Nachtrag zum Geld: Ich vermute wohlwollend, dass die Bischöfe mit ihrem Geld viel Gutes tun. Da Almosen gemäß Bergpredigt nicht hinausposaunt werden sollen, will ich gar nicht erst fragen. Was Bischof van Elst gebaut hat, ist allerdings eine Schande für die ganze katholische Kirche. Von meinem Bischof hingegen weiß ich, dass er im Zug nach Rom zweiter Klasse fährt."
Diese Schande ist in Deutschland leider weitverbreitet. Tebartz van-Elst wurde nur medial besonders intensiv ausgeschlachtet. Es gab und gibt weiteraus mehr Verschwendungs- und Prunksucht im deutschen Katholizismus.
Wobei - auch dies gehört zur Wahrheit - dies keiner meiner zentralen Kritikpunkte an der Kirche ist. Es gibt Firmen, in denen weit mehr geprotzt wird. Mir geht es hier darum, dass zum einen der Steuerzahlen zur Kasse gebeten wird (z. B. die berühmten Dotationen und Kirchentagsfinanzierungen), aber zum bedeutenderen Teil um die Einmischung der Kirchen in Bereiche, in denen sie überhaupt keine Kompetenz haben.
Selbst in Fragen der Ethik spreche ich Kirchenvertretern jede Kompetenz ab, denn man kann nicht Ethik ernst nehmen und gleichzeitig die durch und durch unethische Bibel hochhalten als der Weisheit letzter Schluss.
Wäre Kirche ehrlich und würde offen zugeben, dass sie einem alten Geisterglauben frönt und dessen Riten pflegt, hätte ich viel weniger Probleme damit. Dann könnte ich sagen: Lass sie doch!
Norbert Schönecker am Permanenter Link
"In den USA nimmt jeder Mörder seine Hinrichtung in Kauf. Und was sagt uns das in Bezug auf Selbstmordattentäter?"
- Es besagt, dass es auch andere Gründe als die Hoffnung auf ein besseres Jenseits gibt, um andere und sich selbst zu töten. Für manche reicht die Aussicht, die Ex-Frau zu ärgern, um die gemeinsamen Kinder und sich selbst zu ermorden. Ich wollte nur klarstellen: Es gibt AUCH andere Gründe.
"Kriege, auch solche der Nazi-Zeit, fanden auch mit dem Segen der Kirchen statt."
- Ja, dieser Satz ist unbestreitbar.
"Das Problem, das Sie nicht übersehen sollten, ist, dass es keine einheitliche Zentralstelle oder Zentralautorität im Islam gibt."
- Das übersehe ich nicht. Ganz Ähnliches gilt übrigens für die evangelikalen Kirchen in den USA.
"Nicht ergebnisoffen = dogmatisiert = bestenfalls tolerant im Sinne der Duldung, nicht im Sinne der Akzeptanz."
- So ist es. So verstehe ich auch "Toleranz". Das Anderssein des anderen aushalten, selbst wenn es weh tut. Wenn zwei Männer einander küssen, dann empfinde ich das zunächst als unästhetisch, vielleicht sogar als etwas widerlich. Aber mein Verstand sagt mir: Sie dürfen das, sie tun ja nichts Böses, sie halten sich halt offenbar nicht an die Katholische Lehre, da ich nicht ihr zuständiger Hirte bin, geht es mich nichts an. Ich muss das also aushalten. Das ist für mich der Inbegriff der Toleranz. Um einem küssenden Hetero-Paar wohlwollend zuzusehen hingegen muss ich nicht tolerant sein.
Die Haltung "Jeder soll machen was er will, ist mir egal" ist auch wieder kein Ausdruck der Toleranz, sondern des trägen Desinteresses.
"Was ich persönlich enervierend finde - und was solche Diskussionen müßig macht - ist ihre vorprogrammierte Sinnlosigkeit."
- Der Wert dieser Diskussionen liegt darin, dass man den anderen und dessen Positionen besser kennenlernt - vorausgesetzt, die Teilnehmer sprechen nicht nur, sondern hören auch zu. Das fördert meistens die gegenseitige Wertschätzung. Sowohl sachlich als auch persönlich. Es führt dazu, dass man den anderen nicht für einen Ignoranten hält, und die andere Meinung nicht für dumm. Das erscheint mir sinnvoll.
"Ohne Theologie gäbe es die Notwendigkeit für derartige Gespräche nicht."
- Doch. Dann gäbe es nämlich Glaube ohne Theologie. Und der ist, wie ich die ganze Zeit zu erklären versuche, viel gefährlicher als ein Glaube mit Theologie.
Zur Wirksamkeit der Sakramente:
Man könnte ja wissenschaftlich untersuchen, ob Menschen nach der Krankensalbung ihre Krankheit besser aushalten oder sogar eher gesund werden als ohne Sakrament; ob kirchlich geschlossene Ehen besser halten als rein standesamtliche; ob sich gefirmte Menschen geistig besser entwickeln als ungefirmte.
"Wasserspritzen soll einen Effekt außer nassen Haaren haben?"
- Ja. Das Überreichen einer roten Rose kann ja auch einen Effekt haben, der über kleine Stichwunden hinaus geht.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Es besagt, dass es auch andere Gründe als die Hoffnung auf ein besseres Jenseits gibt, um andere und sich selbst zu töten.
Andere Gründe für Morde, ja. Aber worin sollte der Kick bei einem Mörder ohne religiösen Hintergrund bestehen, sich selbst - für welches absurde Ziel auch immer - zu töten? Hin und wieder töten sich Väter oder Mütter, wenn sie aus Verzweiflung ihre Familie umgebracht haben, selbst. Doch dies ist m.M.n. eher das Gegenteil des religiösen Selbstmordes. Dieser Mörder empfindet wohl Scham und Erschrecken über seine Tat, bei der oft auch die eigenen Kinder sterben, und richtet sich selbst hin. Er erwartet nicht, im Jenseits aufzuwachen und heftig für seine Tat belohnt zu werden.
"Das Anderssein des anderen aushalten, selbst wenn es weh tut. Wenn zwei Männer einander küssen, dann empfinde ich das zunächst als unästhetisch, vielleicht sogar als etwas widerlich. Aber mein Verstand sagt mir: Sie dürfen das, sie tun ja nichts Böses, sie halten sich halt offenbar nicht an die Katholische Lehre, da ich nicht ihr zuständiger Hirte bin, geht es mich nichts an. Ich muss das also aushalten. Das ist für mich der Inbegriff der Toleranz. Um einem küssenden Hetero-Paar wohlwollend zuzusehen hingegen muss ich nicht tolerant sein."
Was würde geschehen, wenn Sie deren "Hirte" wären? Dazwischen gehen? Sie innerlich verfluchen? Sie zur Beichte einladen? Sie schrieben selbst: "sie tun ja nichts Böses". Also ist die katholische Lehrer etwas, das auch gegen Verhaltensweisen ist, die nicht böse sind? Warum?
Gäbe es bei uns ein Gesetzbuch, das noch immer Homosexualität unter Strafe stellt, würde sich erneut Widerstand regen. Warum geschieht nichts bei der katholischen Lehre? Will man dort nichts hinzulernen. Z.B. dass es niemanden etwas angeht, wie zwei Menschen - solange es freiwillig geschieht - miteinander umgehen? Ich bin nicht schwul, aber ich muss nicht derart mit mir kämpfen - wie Sie - falls ich eine schwules Liebespaar sehe.
Ich brauche dafür keine Toleranz, sondern ich akzeptiere das. Hier ist der Unterschied zwischen religiösen Menschen und humanistischen Menschen deutlich zutage getreten. Finden sie nicht auch?
"Die Haltung "Jeder soll machen was er will, ist mir egal" ist auch wieder kein Ausdruck der Toleranz, sondern des trägen Desinteresses."
Falsch: Es ist Zeichen der Akzeptanz. Toleranz ist nämlich die schlechteste aller noch als positiv zu bezeichnenden Verhaltensweisen. Warum muss "erduldet" werden, wenn zwei Männer sich lieben? Warum brauchen Sie diese Duldung nicht bei einem heterosexuellen Liebespaar?
In beiden Fällen ist die Aktion der Paare für Sie reine Fiktion - wenn Sie Ihren Beruf als katholischer Priester ernst nehmen. In beiden Fällen geht es Sie nicht das Geringste an. Die katholische Kirche muss lernen, dies zu akzeptieren.
"Der Wert dieser Diskussionen liegt darin, dass man den anderen und dessen Positionen besser kennenlernt - vorausgesetzt, die Teilnehmer sprechen nicht nur, sondern hören auch zu."
Das ist sicher ein wichtiger Aspekt. Da ich jedoch genügend Bücher von Gläubigen unterschiedlichster Ausprägung gelesen habe, ist mir diese Seite des Mondes durchaus bekannt.
"Das fördert meistens die gegenseitige Wertschätzung. Sowohl sachlich als auch persönlich. Es führt dazu, dass man den anderen nicht für einen Ignoranten hält, und die andere Meinung nicht für dumm. Das erscheint mir sinnvoll."
Damit bin ich prinzipiell einverstanden - nur verstehe ich dann nicht, warum sich ganz selten Gläubige auf offensichtliche Erkenntnisse einlassen. Was geschieht mit Ihnen, wenn Sie z.B. das Buch "Wir brauchen keinen Gott" des französischen Philosophen Michel Onfray (Besteller Nr. 1 in Frankreich!) lesen? Dort wird in ruhigem sachlichem Ton die gesamte monotheistische Ideologie demontiert - und zwar für jeden nachvollziehbar, ohne zu kompliziert zu werden.
Ich bin mir sicher, dass dieses Buch auf Sie keinen Effekt haben würde, weil Sie Ihr Glaube gegen Kritik von außen immunisiert. Diese Selbstimmunisierung ist ja auch in allen sogenannten "heiligen" Schriften angelegt. Dort unterstellt man gerne dem "Teufel", verwirrende Stellen eingebaut zu haben oder gar "Gott", der den Gläubigen Zweifler geschickt habe, um sie zu prüfen. Das alles sind jedoch leicht durchschaubare Taktiken, wie die Erfinder der Monotheismen sich vor Kritik abschotten wollten.
Dieser geistliche Panzer - Dogma genannt und deshalb gesegnet - macht Diskussionen so unergiebig.
"Dann gäbe es nämlich Glaube ohne Theologie. Und der ist, wie ich die ganze Zeit zu erklären versuche, viel gefährlicher als ein Glaube mit Theologie."
An diesem Punkt kommen wir nicht zusammen. In einem anderen Forum diskutiere ich seit geraumer Zeit mit einem "wahren Christen", der Religion und Kirche rundweg ablehnt, mit der genau umgekehrten Begründung, wie Sie. Die Kirche und die Religion (und damit die Theologie) hätten den Glauben missbraucht und gefährlich gemacht. Daher hält er sich ausschließlich an das NT und spricht mit seinem Jesus durch dessen angeblichen Worte.
Der Mensch ist nicht dumm und kennt sich gut aus, doch er kommt innerhalb des gleichen Glaubenskonstrukts zu einem um 180° verkehrten Weltbild, verglichen mit Ihrem. Das zeigt auch die Beliebigkeit der Ansichten, was bei mir nur einen Reflex auslöst: Ich stehe in der Mitte und lehne beide extremen Ränder ab.
"Man könnte ja wissenschaftlich untersuchen, ob Menschen nach der Krankensalbung ihre Krankheit besser aushalten oder sogar eher gesund werden als ohne Sakrament; ob kirchlich geschlossene Ehen besser halten als rein standesamtliche; ob sich gefirmte Menschen geistig besser entwickeln als ungefirmte."
Das ist untersucht, ohne Befund. Es gibt keinen nachweisbaren Unterschied. Wobei natürlich der Placebo-Effekt wirkt (aber eben auch nach Verabreichung von Placebos, die nicht kirchlich gesegnet sind) und ob kirchlich getraute Paare vielleicht deswegen eher zusammenbleiben, weil sie den Druck ihrer Gemeinde oder die Verantwortung vor "Gott" empfinden, wäre zu klären.
"Das Überreichen einer roten Rose kann ja auch einen Effekt haben, der über kleine Stichwunden hinaus geht."
Sie haben offenbar Schwierigkeiten, meinen Punkt zu verstehen. Im Falle der Rose ist alles existent. Selbst für die "Liebe" an sich brauche ich kein höheres, "liebespendendes Geistwesen". Dies ist ein Mix aus Hormonen und Sehnsüchten, dem Wunsch nach Geborgenheit/Sicherheit etc.
Liebe ist also nicht immateriell - wie ein Sakrament spendender Geist -, sondern im materiellen Hier und Jetzt verankert. Ohne materielle Menschen gäbe es keine Liebe. Aber das gesamte Universum gäbe es auch ohne einen "Gott" - mehr noch: das gesamte Universum GIBT es ohne "Gott". Er ist schlicht überflüssig...
Karl-Heinz Büchner am Permanenter Link
"Allerdings gab es in Japan die sogenannten Kamikaze-Flieger - ich halte das durchaus für vergleichbar. Wie auch immer: ..."
O Herr Schönecker, das war ein Eigentor. Nur zur Auffrischung:
Dass der Tennō heute kein richtiger Gott mehr ist, ist dem misslichen Umstand geschuldet, dass er den zweiten Weltkrieg im Pazifik verloren hat. So etwas ist immer blöd für einen Gott. Aber seine Flieger des "göttlichen Windes" hatten mit ihren Selbstmordkommandos ebensowenig Probleme wie heutzutage die Herren mit den Sprengstoffgürteln. Wie gesagt: Religion und nur Religion macht Massenselbstmorde möglich, bei denen sich die Betroffenen auch noch mehr oder weniger gut fühlen.
Dr. Karl-Heinz ... am Permanenter Link
Lieber Herr Schönecker,
versetzen Sie sich mal in meine Lage:
Zumindest hie und dann. Wenn ihnen danach ist. Nicht etwa, wenn es nach überwältigender Ansicht derer, die sie darum bitten, dringend geboten wäre?
Würden Sie es als Beleidigung ansehen, wenn ich diese erwachsenen Menschen als intellektuell dysfunktional ansähe? Und wenn ja, warum?
Norbert Schönecker am Permanenter Link
Erstens: Was Sie denken, ist Ihre Sache. Wenn Sie es auch sagen, dann würde ich es selbstverständlich als Beleidigung ansehen. Selbst objektiv nachweisbare Wahrheiten können eine Beleidigung sein.
Zweitens: Ich kann mich leicht in Ihre Lage versetzen, indem ich den Glauben an Gott durch den Glauben an Astrologie ersetze. Es will mir nicht in den Kopf, dass ansonsten völlig zurechnungsfähige Menschen meinen, dass das eigene Leben aus der Stellung von Gasbällen mit Kernfusion ablesbar (oder sogar von ihnen bestimmt) ist, die teils Tausende von Lichtjahren entfernt sind auf uns rein physikalisch weniger Einfluss haben als das Umspannwerk des Nachbardorfes.
Aber ich weiß aus persönlicher Erfahrung mit Mitmenschen, dass der Glaube an Astrologie mit Intelligenz und Lebenstüchtigkeit vereinbar ist. Und ich würde heftig widersprechen, wenn jemand pauschal alle Astrologiegläubigen als Idioten oder als intellektuell dysfunktional abqualifizieren würde.
Ich verstehe zwar nicht, wie sich Intelligenz und Astrologieglaube vereinbaren lassen. Aber andererseits kann ich ja auch nicht in Aspruch nehmen, alles in der Welt zu verstehen. Das wäre reichlich anmaßend.
Dr. Karl-Heinz ... am Permanenter Link
Ich fürchte, Sie haben keine Ahnung, was "dysfunktional" bedeutet. Legastheniker oder Menschen mit Dyskalkulie sind intellektuell dysfunktional.
Fühlen Sie sich jetzt immer noch beleidigt wegen Ihrer Annahme, unsichtbare Geister (in Ihrem Fall sind es drei, nehme ich an) hätten dieses Universum geschaffen und Sie seien ein Ebenbild dieser Figuren? Wie gesagt, die Mehrzahl aller Menschen sieht das anders.
Norbert Schönecker am Permanenter Link
"Intellektuell dysfunktional" bedeutet nicht nur, dass "bestimmte Gehirnleistungen nicht dem des Durchschnitts der Bevölkerung" entsprechen.
Wenn Sie jemanden als "intellektuell dysfunktional" bezeichnen, dann sagen Sie also über diesen Menschen aus, dass er geistig allgemein oder in einer bestimmten Hinsicht SCHLECHTER funktioniert als der Durchschnitt (so weit reicht mein Griechisch noch).
Nun kann man ganz objektiv darüber diskutieren (oder besser noch forschen), ob es sich bei mystischen Erfahrungen um eine Wahrnehmung echter transzendenter Zustände oder gar transzendenter Personen handelt, oder ob es sich um eine Wahrnehmungsstörung handelt (das würde dann die Vorsilbe "dys-" rechtfertigen).
Ich hielte es aber immer noch für unhöflich, einen Menschen, der sich völlig gesund fühlt, mit "Sie sind behindert" anzusprechen, solange er keine Gefahr für andere Menschen darstellt.
Wenn er z.B. an Paranoia erkrankt ist, dann muss ihm das jemand mitteilen. Für diese Diagnose ist aber ein Facharzt zuständig.
Die meisten Fachleute (Philosophen, Psychologen, Neurologen) halten aber Religion für keine Geisteskrankheit, auch nicht für eine Dysfunktionalität, und auch nicht für gefährlich. Deshalb nehme ich für mich in Anspruch, geistig gesund und normal zu sein, und empfinde eine Bezeichnung wie "intellektuell dysfunktional" oder gar "Religiot" (wie Thomas und andere gerne schreiben) als Beleidigung.
Was die Mehrzahl aller Menschen sieht, ist für die Wahrheitsfindung zwar nicht wirklich entscheidend. Aber ich kann Sie darauf hinweisen, dass die Mehrzahl aller Menschen dem Satz "Es gibt sicher keinen Gott" NICHT zustimmt. Und trotzdem betrachte ich Sie nicht als geistig dysfunktional, sondern nehme einfach an, dass Sie sich in dieser Hinsicht irren. Eine Eselei kann ja jedem mal passieren (angelehnt an den sicher geistig höchst fitten Albert Einstein, zu einem ganz anderen Thema).
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Ich hielte es aber immer noch für unhöflich, einen Menschen, der sich völlig gesund fühlt, mit "Sie sind behindert" anzusprechen, solange er keine Gefahr für andere Menschen darstellt."
Sie haben doch hoffentlich nichts gegen Behinderte. 1532 wollte Martin Luther noch ein 12-jähriges Kind in der Mulde ertränken, was ihm jedoch die Obrigkeit verbot. Es ist durchaus nicht von der Hand zu weisen, dass die Wahnvorstellung, man sei ein Geschöpf - gar Ebenbild - eines überlegenden Geistwesens, zum Trugschluss verleitet, dass alle Behinderten nicht Gottes Plan entsprechen - ergo dem Teufel zufallen. In 3.Mose 21,16f verrät uns Ihr "Gott" höchstpersönlich, dass er Missgebildete im Priesteramt nicht duldet.
"Die meisten Fachleute (Philosophen, Psychologen, Neurologen) halten aber Religion für keine Geisteskrankheit, auch nicht für eine Dysfunktionalität, und auch nicht für gefährlich."
Da hat sich der Stand der Forschung aber ein bissl weiterentwickelt. Mittlerweile gibt es Studien darüber, wo im Gehirn die Gläubigkeit sitzt. Es ist blöderweise genau der Bereich, wo auch Rassismus und Intoleranz angesiedelt sind. Daher kommen die drei so gerne im Dreiklang daher. Man konnte bei diesen Studien übrigens die Gläubigkeit (und auch die anderen negativen Effekte) für etliche Minuten neutralisieren, indem man diese Hirnregion Magnetstrahlen aussetze.
Ihr "Gott", lieber Herr Schönecker, füllt nur einen Bruchteil Ihres Gehirns aus und lässt sich mit Magnetstrahlen abschalten. Das stimmt hoffnungsfroh für die Zukunft...
Norbert Schönecker am Permanenter Link
Nein, ich habe nichts gegen Behinderte. Ich hatte das lehrreiche Vergnügen, meinen Zivildienst im Verein für Spastiker zu leisten.
Die Schlussfolgerung in Ihren letzten Absatz ist übrigens nicht logisch. Der hintere mediale Frontalkortex scheint zwar tatsächlich der Ort im Gehirn zu sein, wo religiöse Glaubensvorstellungen verarbeitet werden. Mit der Abschaltung dieses Teils des Gehirns wird aber nicht Gott abgeschaltet, sondern nur dessen Wahrnehmung durch den Menschen. Schließlich wird auch nicht die restliche Welt abgeschaltet, wenn alle Sinneswahrnehmungen blockiert werden.
Ich halte es übrigens durchaus für denkbar, dass bei dauerhafter Abschaltung dieses Teils des Gehirns dessen Aufgaben (ganz oder teilweise) durch andere Teile übernommen werden. Beim Sprachzentrum z.B. kommt das vor.
Dass Rassisten überdurchschnittlich religiös wären, ist mir bislang nicht aufgefallen. Weder in meinem persönlichen Umfeld, noch historisch, noch aktuell politisch. Und das Neue Testament, und dort speziell die Paulusbriefe, sind ausdrücklich antirassistisch.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
" Mit der Abschaltung dieses Teils des Gehirns wird aber nicht Gott abgeschaltet, sondern nur dessen Wahrnehmung durch den Menschen.
So können nur Geistergläubige antworten. Für mich existiert Ihr "Gott" nicht, während es für die Existenz der Welt durchaus einige Indizien gibt. Tatsächlich konnten sich die Probanden bei diesen Versuchen kurzfristig nicht einmal vorstellen, dass es übernatürliche Wesen gibt.
"Ich halte es übrigens durchaus für denkbar, dass bei dauerhafter Abschaltung dieses Teils des Gehirns dessen Aufgaben (ganz oder teilweise) durch andere Teile übernommen werden. Beim Sprachzentrum z.B. kommt das vor."
Das ändert nichts an den Ergebnissen dieser Studien. Gäbe es "Gott" und wäre ihm an dauerhafter Anbetung derart gelegen, wie alle Monotheismen behaupten (es geht letztlich ausschließlich um die permanente Anbetung, Lobpreisung dieses "Gottes"), würde er diese Abschaltung seines Hirnzentrums zu verhindern wissen. Oder er ist nicht allmächtig. Oder ihm liegt gar nicht so viel an Anbetung.
"Dass Rassisten überdurchschnittlich religiös wären, ist mir bislang nicht aufgefallen. Weder in meinem persönlichen Umfeld, noch historisch, noch aktuell politisch."
Da stellen Sie einen falschen Zusammenhang her. Es heißt nur, dass es wohl ähnliche Strukturen gibt, die Religiosität, Rassismus und Intoleranz unterstützen oder hervorrufen.
"Und das Neue Testament, und dort speziell die Paulusbriefe, sind ausdrücklich antirassistisch."
Auch in Bezug auf die Juden? Sie sollten sich z.B. 1. Thessalonicher noch mal genauer durchlesen - vielleicht mal aus der Perspektives eines Juden. Das könnte Ihre Meinung leicht korrigieren.
Das ist übrigens stets ein guter Trick beim Lesen sogenannter "heiliger" Schriften: Man versetze sich in die Lage des Opfers göttlichen Zorns. Gläubige neigen dazu, sich in die Lage der jeweiligen Profiteure göttlichen Zorns zu versetzen. Das liest sich dann angenehmer.
Rassismus war für einen arischen Nazi sicher auch das geringere Problem...
Dr. Karl-Heinz ... am Permanenter Link
"Wenn Sie jemanden als "intellektuell dysfunktional" bezeichnen, dann sagen Sie also über diesen Menschen aus, dass er geistig allgemein oder in einer bestimmten Hinsicht SCHLECHTER funktioniert als der
Nein nicht allgemein, sondern im Besonderen:
Erwachsene Menschen, die sich einbilden, es gäbe Götter, die Zahnfee, Harry Potter oder ein rosa Einhorn (allesamt unsichtbar und unbeweisbar) haben eine intellektuelle Fehlfunktion ausgebildet.
Die "Wahrnehmung echter transzendenter Zustände oder gar transzendenter Personen" ist ein Widerspruch in sich. Entweder sind die Zustände oder Personen transzendent oder man kann sie wahrnehmen beides zusammen geht so wenig wie ein Mensch entweder lebendig oder tot sein kann, aber nie beides gleichzeitig.
Der Satz "Es gibt sicher keinen Gott" ist keine Wahrheit, sondern eine Meinungsäußerung, die von keiner Evidenz gestützt wird.
Vor 2500 Jahren waren ausnahmslos alle Menschen, die über das Problem nachgedacht haben, der Meinung, die Sonne drehe sich um die Erde. Es war trotzdem damals so falsch wie heute. Und zur Begründung. "weil es eben so ausgesehen hat" kann man nur fragen: "wie würde es denn aussehen, wenn sich die Erde um die Sonne drehte"?
Abgesehen davon ging es nicht darum, jemandem seine Dysfunktionalität ins Gesicht zu schmettern, sondern sie einfach festzustellen.
Norbert Schönecker am Permanenter Link
"Abgesehen davon ging es nicht darum, jemandem seine Dysfunktionalität ins Gesicht zu schmettern, sondern sie einfach festzustellen."
Da Sie die Nichtexistenz Gottes für evident halten, können Sie wohl auch schwer anders, als jede andere Meinung für die Folge einer (speziellen) Dysfunktionalität zu halten.
Da Sie diese Meinung niemandem ins Gesicht schmettern, erkenne ich hier (anders als bei Thomas) auch keine Unhöflichkeit.
Sie müssen aber damit leben, dass manche Christen Ihre völlige Unempfänglichkeit für Gottes Gegenwart auch für eine Dysfunktionalität Ihrerseits halten, ohne dass Sie sich dadurch beleidigt fühlen.
Ich meinerseits, der ich mit so manchem Atheisten oder Agnostiker befreundet bin (ich weiß es nicht immer genau, wir haben andere interessante Gesprächsthemen), halte mich mit solchen Urteilen zurück und wünsche Ihnen, dass Sie einst erkennen und spüren, dass Gott da ist. Und falls das doch nicht geschieht, wünsche ich Ihnen auch so ein glückliches Leben.
Dr. Karl-Heinz ... am Permanenter Link
Hallo Herr Schönecker,
Sie müssen übrigens nicht zwischen Atheisten und Agnostikern unterscheiden. Für beide sind unsichtbare Geister grober Unfug, der eine sagt nur, er lehnt diesen Unfug ab, bis man ihm das Gegenteil beweisen kann, der andere sagt, man kann diesen Unfug weder beweisen noch widerlegen, aber es bleibt Unfug.
Norbert Schönecker am Permanenter Link
"Entweder etwas existiert, dann haben wir dafür auch Sinnesorgane oder Messinstrumente, durch die wir wissen, dass es existiert oder es existiert nicht."
Mit diesem Argument hätte man vor 200 Jahren Radiowellen und vor 20 Jahren Higgs-Bosonen leugnen können.
Und weder Messinstrumente noch Tiere können Vertrauen, Sinn oder Kunsterfahrung messen. All das können wir aber durchaus alltäglich wahrnehmen und sogar selbst produzieren.
Weniger alltägliche übersinnliche Wahrnehmungen wie z.B. Marienerscheinungen können ein durchaus spannendes Feld auch für Neurologen sein.
Die Behauptung, dass nichts existiert, was nicht mit Messinstrumenten (seien sie künstlich oder biologisch) auf physikalischer Basis gemessen werden kann, ist unbeweisbar.
Die Alltagserfahrung hingegen lehrt das Gegenteil. Deshalb lebe ich mit der Annahme, dass Liebe, Sinn, Schönheit und Gott wirklich existieren. Drei dieser vier Dinge kann ich sogar selbst hervorbringen, an allen vieren kann ich mich erfreuen. Die Annahme, dass sie gar nicht existieren, erscheint mir so absurd, dass ich die Beweislast dem Leugner zuschiebe.
Dr. Karl-Heinz ... am Permanenter Link
"Mit diesem Argument hätte man vor 200 Jahren Radiowellen und vor 20 Jahren Higgs-Bosonen leugnen können." Richtig, vor 200 Jahren durften Sie behaupten, dass Radiowellen nicht existent waren, weil sie weder
Vertrauen, genauso wie Liebe, Sinn, Schönheit und Gott sind neuronale Vorgänge in ihrem Gehirn. Es gibt keine Möglichkeit, all diese Dinge zu beweisen, denn wie sollte der Beweis aussehen? Sind diese Dinge bewiesen, nur weil Sie behaupten, sie existierten? Sie lachen, weil Ihnen etwas komisch vorkommt, aber Sie können auch lachen, ohne dass Sie etwas lustig finden. Es gibt sogar Leute, die es in diesen Fertigkeiten zur Meisterschaft gebracht haben, man nennt sie Schauspieler. Die sterben sogar auf Bühne und Leinwand und treten morgen wieder auf. Ist Ihnen überhaupt nicht klar, dass Sie Ihr eigenes Kopfkino ständig mit der Realität verwechseln?
Realität ist das, was nicht verschwindet, auch wenn Sie aufhören, daran zu glauben. Nichts anderes!
Thomas am Permanenter Link
"Sie müssen aber damit leben, dass manche Christen Ihre völlige Unempfänglichkeit für Gottes Gegenwart auch für eine Dysfunktionalität Ihrerseits halten, ohne dass Sie sich dadurch beleidigt fühlen."
Wer philosophisch wohlorientierter Wissenschaftler ist oder wie ein solcher zu denken gelernt hat und sich deshalb mit den Wissenschaftlern und ihrem Tun identifiziert, muß es als UNERHÖRTE IMPERTINENZ auffassen, wenn wissenschaftlich Ahnungslose meinen, sie könnten "einfach so" Kenntnis von etwas haben, das den Wissenschaftlern mit all ihren ausgefeilten Forschungsmethoden und hochentwickelten technischen Hilfsmitteln bisher entgangen sein muß (z.B. "Gott"/"Götter", "Elfen", "Feen", "Trolle", "Geist" oder "Seele" als eigenständig existierendes Objekt, "Wassergedächtnis", "Erdstrahlen", "Morphische Felder", Kräfte, die von bestimmten Konstellationen kosmischer Objekte ausgehen [Astrologie], Wirkungen ohne Wirkstoff ["Hochpotenz"homöopathie], Wahrsagerei usw. usf.). Das ist in etwa so, als würde sich ein musikalischer Analphabet herausnehmen, J. S. Bach als stümperhaften Komponisten zu beurteilen und implizit Abertausende seiner fachkundigen Bewunderer für Trottel zu halten. Wer das tut, den kann schon mal der Zorn der Geschmähten treffen.
Menschen, die in ihren Irrationalismen erstarrt sind, mögen das Folgende kaum verstehen und reflektieren können, aber ich möchte es trotzdem einmal in aller Klarheit darstellen:
1. Wenn etwas überhaupt erkennbar ist (!), dann können es die Wissenschaftler mit ihren Mitteln weitaus besser erkennen, als jeder Nichtwissenschaftler ohne diese Mittel. Wer das bestreitet und den Nachweis einer strukturellen Insuffizienz der Wissenschaft erbringt, ist ein sicherer Kandidat für den Nobelpreis.
2. Kommt etwas in den Naturwissenschaften nicht vor, darf man mit GRÖSSTMÖGLICHER Berechtigung und b.a.W. davon ausgehen, daß es nicht existiert.
3. Der Wahrheitswert empirisch unprüfbarer Aussagen ist nicht ermittelbar. Folglich ist es falsch, sie zu glauben, und lügnerisch, sie in Kenntnis ihrer Unprüfbarkeit als wahr auszugeben. Die korrekte Antwort auf die Frage "Ist die empirisch unprüfbare Aussage x wahr oder unwahr?" lautet: Das weiß niemand.
4. Logische Falschheit ist ABSOLUTE Falschheit! Das Glauben logisch falscher Aussagen ist falsch, eine Aussage in Kenntnis ihrer Falschheit als wahr auszugeben, eine Lüge, und sie unkorrigierbar für wahr zu halten, wahnhaft.
Fazit: Da einem langjährig tätigen Kleriker wie Ihnen in religionskritischer Hinsicht weder Unkenntnis, noch Irrtum zugestanden werden kann, bleibt nur, Sie für einen Lügner oder wahngestört zu halten. Sind Sie ein Lügner, ist es vollkommen gerechtfertigt, Ihre religiösen Absonderungen als beleidigend zu empfinden und entsprechend verärgert zu reagieren. Haben Sie ein Wahnproblem, sollten Sie sich zeitnah in psychiatrische Behandlung begeben. Für diesen Fall wären Ihnen meine tief empathischen Genesungswünsche sicher.
Thomas am Permanenter Link
"Nun kann man ganz objektiv darüber diskutieren (oder besser noch forschen), ob es sich bei mystischen Erfahrungen um eine Wahrnehmung echter transzendenter Zustände oder gar transzendenter Personen handelt, oder
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Man "kann", aber man muß es nicht. Gäbe es "transzendente" Zustände oder Personen und wären sie als solche erkennbar (was notwendige Voraussetzung für prüfbare Aussagen über sie ist), wären sie höchstwahrscheinlich längst Teil wissenschaftlicher Theorien, wenn nicht gar empirisch nachgewiesen. Bis zu dem Tag, an dem die Wissenschaft die Existenz "transzendenter" Objekte zumindest postulieren muß (wie einst die Quarks oder Higgs-Bosonen), darf man sehr wohl von Wahrnehmungsstörungen, bzw. fehlinterpretierten Wahrnehmungen ausgehen. Mir als Ex-Religiot sind solche Wahrnehmungen übrigens wohlbekannt, aber im Gegensatz zu wissenschaftlich ungebildeten Irrationalisten sehe ich keinen Grund (mehr), sie als transzendent zu bezeichnen (was immer dieser Begriff überhaupt bedeuten soll). Es handelt sich einfach um Äquivalenzklassen bestimmter Vorgänge in meinem Nervensystem, die sich auf verschiedene Weise wie z.B. auch durch bewußtseinsverändernde Drogen und/oder den Genuß bestimmter Arten von Musik auslösen lassen.
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"Die meisten Fachleute (Philosophen, Psychologen, Neurologen) halten aber Religion für keine Geisteskrankheit,"
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http://tr63.alfahosting.org/rk/tp/wahn.htm
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"auch nicht für eine Dysfunktionalität,"
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http://tr63.alfahosting.org/rk/tp/erziehung.htm
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"und auch nicht für gefährlich."
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Schwerer kann man sich kaum irren! Eigens für Sie aus älteren Beiträgen zusammengestellt: http://tr63.alfahosting.org/rk/nsch.htm. Und bitte entspannen Sie Ihren Umgang mit dem Begriff "Religiot", bzw. seinen Derivaten. Verglichen mit dem, was Kleriker (oder Verblödungsbeauftragte, wie ich sie auch schon mal liebevoll nenne) von mir zu lesen oder zu hören bekämen, wenn ich meine Kinderstube vorübergehend komplett vergäße, ist meine Auseinandersetzung mit Ihnen von vollendeter Höflichkeit geprägt (und hoher sachlicher Qualität sowieso. Es ist in erster Linie sie und nicht verlogene Sprachzensur, mit der ich meine Duskussionsspartner würdige.).
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"Deshalb nehme ich für mich in Anspruch, geistig gesund und normal zu sein, und empfinde eine Bezeichnung wie "intellektuell dysfunktional" oder gar "Religiot" (wie Thomas und andere gerne schreiben) als Beleidigung."
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Das würde sich ändern, sobald Sie die krasse Absurdität und Gefährlichkeit Ihres Überzeugungssystems erkannt haben. Mir z.B. macht es nicht das Geringste aus, die religiöse Person, die ich einst war, mit allen nur denkbaren verächtlichen Formulierungen zu beschreiben. Es ist unverzeihlich, wie sich Familie, Katecheten und Pfaffen als Elemente einer durchreligiotisierten Gesellschaft an mir vergangen haben, aber ich schäme mich auch zutiefst dafür, das alles ohne jeden Widerstand hingenommen und mich nur dank massiver Hilfe unter ebenso grausamen wie langwierigen Mühen und mit bleibenden Schäden wieder davon gelöst zu haben. Das hat mir ein intimes Verständnis dafür vermittelt, was es beispielsweise bedeutet, nach entsprechender Indoktrination zum Mitläufer oder gar Täter im Dritten Reich oder unter anderen verbrecherischen Regimen geworden zu sein. Allerdings hatte ich nie darum gebeten.
Bernd Kockrick am Permanenter Link
Herr Gabriel ist halt auch nur ein Politiker, der meint, auf die Stimmen der religiös Orientierten angewiesen zu sein.
Klaus Bernd am Permanenter Link
Vielleicht ist die eine oder andere Formulierung der Diplomatie geschuldet, um die „Konferenz der Religionen“ am 22.
„Religionen bewahren ein tiefes Wissen um Schuld, Vergebung und Versöhnung.“
- das „tiefe“ Wissen um Schuld ist in aller Regel esoterisch, transzendental und wenig geeignet als
Grundlage für Gesetzgebung und praktische Politik; Schuld sind immer die Atheisten, diese platte
Diffamierung geht quer durch alle Religionsgemeinschaften.
- das „tiefe“ Wissen um Vergebung bezieht sich hauptsächlich auf den fragwürdigen Begriff der Sünde;
und gewöhnlich wird sie ganz selbstverständlich für jede eigene Schandtat eingefordet.
- das „tiefe“ Wissen um Versöhnung war Jahrtausende lang „tief“ verborgen; oder muss man daran
erinnern, dass der 30-jährige Krieg gegen den ausdrücklichen Willen des Papstes beendet wurde ?
(Allein das Wörtchen „tief“ lässt meine Nackenhaare sich aufstellen. Das wird jeder theologischen Banalität wie ein Orden angeheftet und soll gegen Hinterfragen oder gar Kritik immunisieren. Andächtig soll der Gläubige und auch der Ungläubige als Tatsache hinnehmen, was nur mit der Taucherausrüstung eines jahrelangen Theologiestudiums „erkannt“ werden kann.
„Religionsgemeinschaften können für Ausgleich und Gerechtigkeit in ihren Gesellschaften eintreten.“
Sie könnten, sie tun es aber oft genug nicht; oder sind die Privilegien der Großkirchen in D etwa ein
Zeichen für Ausgleich und Gerechtigkeit ?
„Sie haben ein langes Zeitverständnis“
Ja, seit 2000 Jahren warten wir darauf, dass die „christliche Kultur“ zu einem dauerhaften Frieden führt.
Anders ausgedrückt: sie versuchen einfach alles auszusitzen. Und dass sie sich vornehmlich auf
jahrtausende alte „Authoritäten“ stützten hat seinen guten Grund; das öffnet dem Geschwurbel
Tür und Tor
„Und sie machen an den Grenzen der Nationalstaaten nicht halt.“
Nein, tun sie nicht, aber in jedem Nationalstaat segnen sie die Waffen; Deutschland und Frankreich
waren über Jahrhunderte, u.a. auch im 30-jährigen Krieg das beste Beispiel dafür.
„Welche best practices insbesondere im sozialen Engagement, in der Fürsorge, Erziehung und
Friedensarbeit bestehen?“
Die Verhältnisse in Deutschland mahnen gerade dazu, dass eine säkulare Grundversorgung in diesen Bereichen unabdingbar ist.
„Wir wollen mit unserer Initiative daher bewusst auf das Friedenspotenzial der Religionen und auf ihre Verantwortung für den Frieden in den Gesellschaften schauen. Denn das ist die „Zumutung“, die wir an die Religionsgemeinschaften richten möchten.“
Eine Zumutung wird es sein, man sollte es aber einfordern.
Ich kann nur wiederholen: Ein Friedenspotenzial der Religionen, so winzig es auch sein mag, kann sich nur entfalten, wenn die Grundeinsicht „Glauben heißt: nicht wissen“ anerkannt wird. Bei all den Predigten
höchster Kleriker gegen den „Relativismus“ sehe ich da wenig Grund zum Optimismus.
Jedenfalls sollte H. Gabriel die Frage nach der Einstellung zum Atheismus auf die Tagesordnung setzen.
Das ist für mich der Lakmustest für das Friedenspotenzial der Religionen. Allein ich vermute, das ist eine allzu große Zumutung.