Kommentar

Kirchenrepublik Deutschland

BERLIN. (hpd) Die Studie “Kirchenrepublik Deutschland” von Carsten Frerk wurde im Humanistischen Pressedienst schon mehrfach direkt und indirekt besprochen – allerdings ohne entsprechenden Nach'knall'. Hans Trutnau möchte dem hier nachhelfen.

Ich habe mir angewöhnt, wichtige Inhalte in gelesenen Büchern durch umgeknickte ‘Eselsohren’ der jeweiligen Seite zu kennzeichnen und den Inhalt seitlich zu markieren, um dies später in einer Rezension zu berücksichtigen. Normalerweise gelingt dies spielend. Hier aber nicht.

Denn es ist von den ca. 300 Seiten des Werkes von Carsten Frerk im Schnitt jede zweite mit Eselsohren versehen – so umfangreich ist die Informationsfülle. Und das würde dann eine solche Rezension auf ein Mehrfaches derjenigen von Siegfried R. Krebs auf Amazon veröffentlichten treiben, der ich mir nur anschließen kann. Ich will es daher kurz machen und mich auf wenige Aussagen konzentrieren:

  • Wir leben de facto nicht in einer Demokratie, sondern in einer Kirchenrepublik – fast auch de jure, wenn man bedenkt, wie umfangreich die beiden christlichen Kirchen (jenseits des Grundgesetz-Auftrages “Es besteht keine Staatskirche”) mittels Bundes- und Landesverträgen sowie Absprachen eine demokratisch legitimierte Entscheidungsfindung unterlaufen und in ihrem Sinne beeinflussen. Dies ist verfassungswidrig und gehört abgeschafft!

  • Mal ehrlich: Wer wusste vor der Lektüre des Buches, dass Gesetzentwürfe oder -änderungen VOR der parlamentarischen Debatte an etablierte ‘Kirchenbüros’ durchgereicht werden zur Kommentierung / Korrektur / Änderung / Ergänzung im kirchlichen Sinn? Vor diesem Hintergrund verwundert es überhaupt nicht mehr, wie die Gesetzesänderungen zur (erlaubten) Knabenbeschneidung und (kriminalisierten) Sterbehilfe zustande kamen.

  • Es ist (nicht) überraschend, dass sich die Einflussnehmer darüber sogar selbst im Klaren sind: Der Bevollmächtigte des ehemaligen Evangelischen Büros in Bonn, Bischof H. Kunst, schrieb 1972 (in einem inzwischen offengelegten Brief): … dass “wir in Teufels Küche [sic!] kämen, wenn auch nur andeutungsweise bekannt würde, mit welchen Fragen wir uns beschäftigen” und mahnt ‘äußerste Diskretion’ an (S. 70 f). Das geht bis heute so, einschl. der Tatsachen, dass sich Kirchen nicht im Lobbyregister des Bundestages registrieren lassen müssen – und ihre Bevollmächtigten und Beauftragten dennoch ‘unter der Hand’ und wie selbstverständlich z.B. Hausausweise für den Bundestag erhalten, um dort ihren Einfluss zu verrichten. Und landauf, landab, von oben bis unten durch die gesamte politische Hierarchie, eigentlich überall, quasi ubiquitär wie das DDT-Gift, immer “mit Gottes Segen”.

Das mutet alles wie eine ‘Pfaffia’ (eine maffiös-korrupte Staat-Kirchen-Verfilzung) an? Ja, so ist es! Also: Lesen!

Das Buch wurde seit Erscheinen im hpd mehrfach direkt oder indirekt besprochen (zu finden mit der Suche nach dem Buchtitel); Hermann Josef Schmidt, z.B., würdigte Frerks Werk als eine Untersuchung, “deren langfristige Wirkungen die einer banalen Detonation bei weitem übertreffen dürften.”

Ich hoffe auf eine solche Detonation!