BERLIN. (HVD) HVD-Präsident übt scharfe Kritik am Leiter der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung, Frank Richter, nach Äußerungen zu Ursachen für fremdenfeindliche Proteste und Übergriffe.
Richter hatte gegenüber der Tageszeitung "Die Welt" behauptet, die geringe Verbreitung religiöser Überzeugungen in der Bevölkerung müsse als Ursache der seit Monaten laufenden Demonstrationen und wiederholten Übergriffe gegen Geflüchtete gelten. "Die Bevölkerung ist zu 80 Prozent areligiös. Religion als Ressource ethischer Maßstäbe und Haltungen steht weithin nicht zur Verfügung", sagte der Sozialwissenschaftler und Theologe in einem gestern veröffentlichten Interview mit der "Welt".
Die Äußerungen hat der Präsident des Humanistischen Verbandes Deutschlands (HVD), der Philosoph und Politologe Frieder Otto Wolf, am Mittwoch in Berlin mit deutlichen Worten kritisiert. "Mit solchen Erklärungen versucht der Kollege Richter offenbar, sowohl über das langjährige Versagen der CDU-geführten Landesregierung wie auch das Versagen seiner eigenen Behörde beim Kampf gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und -hass hinwegzutäuschen", sagte Wolf dazu.
Die Worte Richters enthielten nicht nur höchst zweifelhafte Spekulationen, sondern hätten auch eine diffamierende Wirkung. "Die Abwesenheit von religiösen Überzeugungen als eine relevante Ursache für die Existenz ausländerfeindlicher Bewegungen in Sachsen anzuführen, ist ein Affront gegenüber der sehr großen Zahl von Menschen in der Bevölkerung, die ihr Leben ohne Rückgriff auf religiöse Vorstellungen führen und sich von solchen Bewegungen distanzieren bzw. sich sogar aktiv für eine offene und humane Gesellschaft einsetzen – in Sachsen und anderswo", sagte Frieder Otto Wolf dazu. Weiter sagte er: "Dem akademischen Niveau des Direktors der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung hätte es gut zu Gesicht gestanden, sich nicht zuletzt angesichts der deutschen und europäischen Geschichte daran zu erinnern, wie wenig Religion per se eine Ressource humaner ethischer Maßstäbe ist. Religion bzw. religiöser Glaube waren noch nie ein Allheilmittel gegen Fremdenhass und Gewalt – was sich auch aktuell daran zeigt, dass wiederholt kirchliche Symbole in Pegida-Demonstrationen zu beobachten waren und führende Persönlichkeiten der AfD bekennende Christen sind", so der Präsident des Humanistischen Verbandes.
Frieder Otto Wolf rief den Leiter der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung daher auf, dieser möge der "ihm vom Staat übertragenen Aufgabe als verantwortungsbewusster und engagierter Förderer einer offenen, pluralistischen und humanen Gesellschaft noch effektiver nachkommen statt sich wie ein Missionar zu gebärden, der stets zunächst in der Abwesenheit des eigenen Glaubens die Wurzel allen Übels sieht."
9 Kommentare
Kommentare
Uwe Lehnert am Permanenter Link
Vielleicht sollte der Herr Theologe mal ein wenig in die jüngste Geschichte schauen.
»Die nationalsozialistische deutsche Führung hat mit zahlreichen Dokumenten unwiderleglich bewiesen, daß dieser Krieg in seinen weltweiten Ausmaßen von den Juden angezettelt ist. Als Glieder der deutschen Volksgemeinschaft stehen die unterzeichneten deutschen Evangelischen Landeskirchen und Kirchenleiter in der Front dieses historischen Abwehrkampfes, der unter anderem die Reichspolizeiverordnung über die Kennzeichnung der Juden als der geborenen Welt- und Reichsfeinde notwendig gemacht hat. Schon Dr. Martin Luther erhob nach bitteren Erfahrungen die Forderung, schärfste Maßnahmen gegen die Juden zu ergreifen und sie aus deutschen Landen auszuweisen. Von der Kreuzigung Christi bis zum heutigen Tage haben die Juden das Christentum bekämpft oder zur Erreichung ihrer eigennützigen Ziele missbraucht oder verfälscht. Durch die christliche Taufe wird an der rassischen Eigenart des Juden, seiner Volkszugehörigkeit und seinem biologischen Sein nichts geändert. Eine deutsche evangelische Kirche hat das religiöse Leben deutscher Volksgenossen zu pflegen und zu fördern. Rassejüdische Christen haben in ihr keinen Raum und kein Recht. Die unterzeichneten deutschen Evangelischen Kirchen und Kirchenleiter haben deshalb jegliche Gemeinschaft mit Judenchristen aufgehoben. Sie sind entschlossen, keinerlei Einflüsse jüdischen Geistes auf das deutsche religiöse und kirchliche Leben zu dulden.«
(Quelle, siehe z.B. Google: Die ersten fünf Wörter in Anführungsstrichen eingeben)
Matz am Permanenter Link
Danke für diesen wertvollen Kommentar !
Udo Endruscheit am Permanenter Link
Da verschlägt es einem den Atem.
Mir ist ein Rätsel, wie man den Nerv haben kann, in der Position von Herrn Richter und mit dessen fachlichem Background, derartiges in aller Öffentlichkeit abzusondern.
WoMA am Permanenter Link
Sorry, sehr geehrter Herr Endruscheit, aber wie kann Ihnen in diesem Gottes-Staat ein Rätsel sein, daß ein sicher beamteter Leiter einer Landeseinrichtung für politische Bildung - wie die Pfaffen bestens aus weltliche
Udo Endruscheit am Permanenter Link
Eigentlich ist es mir vor dem Hintergrund ein Rätsel, weil meines Erachtens -wenn ich mich mal ganz bescheiden in dessen Person versetze- für das Renomee von Herrn Richter durch so extremen Unsinn doch erheblicher Sch
Ulf am Permanenter Link
Diese komplette, bereits seit längerer Zeit blühende, ekelhaft moralisierende Streitfrage zwischen Theologen und humanistischen Freidenkern, wer jetzt warum in dieser oder jenen Bewegung oder Partei überrepräsentiert
An deren Ende steht die irreversible Schädigung der Demokratie und eine einsetzende Radikalisierung in dieser oder jenen Richtung.
Wir haben eigentlich alle Vorrausetzungen: Eine gebildete politische Gesellschaft, eine funktionierende Wirtschaft...Was hätten wir für Möglichkeiten und (solidarische) Mittel, ein leuchtender Hot Spot der Moderne in der Welt, ein Vorbild in vielerlei Hinsicht zu sein und damit auch Richtung und Hoffnung zu geben für andere Gesellschaften!
All das geht gerade unter, es säuft ab in triefender Ideologie, in moralinsaurem Idealismus, in Opportunismus, in knallharten ökonomischen Interessen. Als Resultat konstatieren wir ständig breiter werdende Gräben zwischen den Menschen in diesem Land und der EU als Ganzes...
Ich habe immer noch Hoffnung, dass wir als Gesellschaft zurückfinden zu pragmatischem Realismus, denn nur aus diesem kann man tragfähige Lösungen erarbeiten, selbstredend nicht von heute auf morgen, aber dafür nachhaltig und klug.
Was mir persönlich zu kurz kommt, ist die einfache Erkenntnis: Andersdenkende sind die Essenz einer Demokratie und nicht deren Untergang!
Es gibt keine tumbe Masse an gleichgeschalteten Idioten, weder bei Pegida und schon gar nicht in der AfD und auch nicht bei SPD und Grünen.
Daran ändern auch geifernde Lautsprecher aus all diesen Organisationen nichts, die zur Untermauerung der eigenen Ansichten präsentiert werden!
Weiterhin gilt: Ein klarer Blick, Argumente und deren Austausch ohne Denkverbote, offene Diskurse, Konsenssuche, Abstimmungen zur Mehrheitsfindung, dies sind die Grundlagen...
Bisher immer noch alles Fehlanzeige. Die jüngste bundesweite pauschale Schmutzkampagne beispielsweise gegen Sachsen und seine Bürger, vorgetragen von immer infantiler agierenden Medien und empörten Rufern aus elfenbeinernen Turmfenstern zeigen dies wieder mehr als deutlich!
Ich habe oben vom Kern in Bezug auf die Diskussionen im aktuellen Deutschland geredet. Diesen Kern kann man derzeit definieren mit dem Wort Flüchtlingsdebatte. Ich habe dies schon mehrmals versucht zu umreißen: Es gibt weder in Sachsen noch in Deutschland insgesamt, abgesehen von den üblichen Spinnern im Promillebereich die es in jeder Gesellschaft gibt, Fremdenhass oder gar Rassismus.
Was es gibt ist aber eine geteilte Gesellschaft: Wir haben auf einer Seite jene, die die Vorzüge der vielbeschworenen Freiheit, der offenen Grenzen in vollen Zügen geniessen können, die 10 Prozent, ich nenne sie hier mal vereinfacht Kapitalisten, die Luxusgüter konsumieren,gefolgt von weiteren abgesicherten Existenzen: Berufspolitiker, gefragte Künstler und Schauspieler, Journalisten von Leitmedien, Beamte im höheren Dienst, sowie jene Bürger des Mittelstandes (ca. 40%) denen immerhin noch die regelmässige (Fern)Reise, ein Eigenheim mit 10 Jahresfinanzierung und ab und zu ein Neuwagen der Mittelklasse möglich ist, nicht zu vergessen Studenten, meist Töchter und Söhne akademischer Eltern mit mäßigen Zwängen ihr Leben betreffend. Für diesen Teil der Gesellschaft sind Ausländer in der Regel Menschen ihrer eigenen Gesellschaftsschicht, der Kommilitone aus dem Erasmusprogramm, die Familie bei der man wohnt im Auslandsstudienjahr, der Geschäftspartner bei einem internationalen Kongress oder der Künstler auf einer gemeinsamen Ausstellung.
Auf der anderen Seite haben wir aber 50 % Bürger denen zum einen all diese Freiheiten nicht vergönnt sind: Sie hangeln sich von einem Monat zum anderen in Zeitarbeit, sie haben einen Mindestlohn mit späterer Rente auf Grundniveau, ein unbefristeter Festvertrag in einem größeren Unternehmen wird wie ein Lottogewinn gefeiert... Zum anderen sehen und fühlen aber genau diese Menschen auf ihrer Ebene die anderen Auswirkungen unkontrollierter Migration: Wachsende Kriminalität und Gewaltausbrüche, Drogenszenen an Bahnhöfen oder öffentlichen Plätzen fest in afrikanischer Hand, die Ausbreitung totalitärer Religionen, maffiöse Strukturen von Clans, das grandiöse Scheitern der, besonders von der anderen Seite der Gesellschaft, viel beschworenen multikulturellen Vielfalt schon im Flüchtlingsheim vor Ort, wenn wieder einmal streng getrennt werden muss nach Ethnien, Nationen und Religionen um ständig keimende Gewalt zu minimieren und dazu plötzlich auftauchende Milliardensummen im Haushalt, die sie zwar mit erarbeitet, die für sie selbst bisher aber auf keinen Fall verfügbar waren. Doch wir sind noch lange nicht am Ende was diese 50 % betrifft: Stagnierende oder sinkende Realeinkommen seit Jahren, gefolgt von steigenden Mieten und Krankenkassenbeiträgen, sowie, machen wir uns nichts vor, der stetig steigenden Gefahr eines schon in wenigen Jahren implodierenden Sozialstaates. Warum? Jeder ohne Scheuklappen weiß, dass Integration nur funktionieren kann mit Teilhabe an der Gesellschaft, dafür zwingend in erster Linie sind Arbeitsplätze. Haben wir diese denn wirklich? Wer kennt die Hintergründe der Wortkonstrukte Industrie 4.0, Digitalisierung usw usf. Wieviel Arbeitslose gibt es allein in der europäischen Union? Wer nimmt zur Kenntnis wie es genau mit dieser jetzt bei uns stattfindenden Einwanderung in anderen europäischen Ländern weiterging? Wer liest die Studien zur sozialen Situation von Migranten nach Jahren der Anwesenheit aus Skandinavien, Frankreich, Holland oder GB. Ernüchterung statt Jubelstimmung aller Orten. Die gebetsmühlenhafte Erklärung vieler "Experten" dazu, die aufnehmende Gesellschaft sei Schuld, greift wie so oft viel zu kurz!
Subsidiärer Schutz und Asyl im eigentlichen Sinne, ich behaupte, niemand hat etwas dagegen, nicht AfD, nicht Pegida. Die Unterstellung aber, wir in Europa bräuchten Migration aus demographischen Gründen (Demographie ist kein Naturgesetz) und wegen Arbeitskräftemangel ist eine offensichtliche Lüge und dies erzürnt Menschen dieser zweiten Schicht aus meiner Sicht zu Recht. Wir als Humanisten mit der Institution Europäische Union müssen und können dafür sorgen und daran mitarbeiten, dass weltweit jeder Mensch in seiner Heimat eine Zukunft hat, Schritt für Schritt.
Dies ist möglich, dafür müssten aber eine nicht unerhebliche Anzahl an bisherigen strategisch-politisch-ökonomischen Spielregeln der westlichen Welt ihrer Bedeutung beraubt werden. Das ist die Aufgabe der agierenden Ober-und Mittelschicht! Nicht das Fingerzeigen auf die eigene sozial benachteiligte Schicht, die sich mit der dunkleren Seite, den anderen Auswirkungen der Willkommenkultur herumschlagen muss.
Grüße
Dieter Bauer am Permanenter Link
Religionen beruhen auf menschlichen Wunschvorstellungen, die in ihrem zeitlichen Verlauf von Anhängern der jeweiligen Ausrichtung interessengesteuert verändert und uminterpretiert wurden und werden.
Noncredist am Permanenter Link
>> Religion als Ressource ethischer Maßstäbe und Haltungen steht weithin nicht zur Verfügung <<
Nanü? Existieren keine Kirchen mehr(!) in Sachsen? Hat man in Dresden sämtliche Geistliche gefeuert? Ist der religiöse Glaube dort plötzlich - und nachweislich - unauffindbar?
Natürlich nicht! Jeder Mensch kann dort in eine der zahlreichen Kirchen gehen. Geistliche gibt es - insbesondere - auch im Osten.
Typischer Fehlschluss: Vertauschung von Korrelation und Kausalität. Es deckt wahrscheinlich, dass die meisten dort nicht Sonntagskirchengänger sind. Aber die Ursache für den Fremdenhass ist damit noch lange nicht genannt worden. Das Argument der Resource halte ich hingegen für plausibel, nur stützt sie nicht die implizierte Annahme, dass Religion zu weniger(!) Gewalt führt.
Stefan am Permanenter Link
Das kommt wieder davon wenn man einem Theologen politische Aufgaben gibt. Diese Unsitte muss endlich aufhören.