LEIPZIG. (hpd) Das Bürgerbegehren “(K)eine Million”, das sich mit der Finanzierung des Katholikentages 2016 durch die Stadt Leipzig befasst, geht mit einem unerwartet hohen Ergebnis zu Ende. Bis zum Abschluss der Sammelphase hatten 18.441 Leipziger ihre Unterstützung bekundet und damit deutlich mehr, als zuerst erwartet worden war.
Initiatorin und designierte Stadträtin Ute Elisabeth Gabelmann sagt dazu: “Wir haben natürlich gewusst, dass die Zahl von 25.000 Unterschriften ein Ding der Unmöglichkeit ist, wenn man keine hauptamtlichen Sammler hat, die täglich auf den Straßen stehen. Man sieht also schon an den Vorgaben für so ein Bürgerbegehren, dass ein Erfolg eigentlich seitens des Gesetzgebers gar nicht vorgesehen ist. Umso mehr hat mich überrascht, dass es doch relativ knapp geworden ist.”
Dennoch können die Leipziger weiter versuchen, die Million zu retten, indem sie noch bis zum 18.12.2014 per Brief oder E-Mail einen sogenannten Bürgereinwand gegen den neuen Stadthaushalt formulieren. So können die Einwohner auch über Haushaltsposten wie zum Beispiel die Finanzierungszusage des Katholikentages bestimmen.
“Auf dem Wege des Bürgerbegehrens ist die katholische Kirche mit zwei blauen Augen davongekommen. Aber auch zum nächsten Katholikentag in Münster wackelt die Finanzierung ganz erheblich, so dass unsere Mühe hier keinesfalls umsonst war. Wir werden mit weiteren Aktionen deutlich präsent sein und so dem Zehn-Millionen-Euro-Katholikentag ehrenamtliches bürgerschaftliches Engagement entgegensetzen.”
Künftige Bürgerbegehren werden es leichter haben, da nun auch die offizielle Möglichkeit besteht, diese Anliegen per Postkarte zu unterstützen.
Erwähnenswerte Fakten:
Die weitgereisteste Unterschrift kam aus Belgrad.
Das stärkste Statement war eine unausgefüllte, jedoch sorgfältig verschickte Postkarte mit dem Vermerk eines evangelischen Ehepaars, man möchte neutral bleiben.
Die energischste Rückmeldung kam ebenfalls per offizieller Postkarte: “Ich habe nicht um Information gebeten” verbunden mit einem “Porto zahlt Empfänger”. Die Organisatoren sind allerdings um Zahlung des Portos herum gekommen.
Die zauberhafteste Einsendung war eine DDR-Kunstpostkarte, die aber leider nicht gewertet werden konnte.
Die beste Briefmarke, um das Katholikentags-Bürgerbegehren zu unterzeichnen war jene zu “50 Jahre Zweites Vatikanisches Konzil – diese Wahl ging in die Geschichte ein.”
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3 Kommentare
Kommentare
valtental am Permanenter Link
“Wir haben natürlich gewusst, dass die Zahl von 25.000 Unterschriften ein Ding der Unmöglichkeit ist, wenn man keine hauptamtlichen Sammler hat...
Bei allem Respekt für die Organisatoren ist die zitierte Erklärung für das Scheitern weltfremd. 5% Unterschriften aller Wahlberechtigten sind sowohl deutschlandweit wie auch international eine sehr bürgerfreundliche Hürde, und wurden in Leipzig ja bei anderen Begehren erreicht erreicht. Die Prozentregelung für Bürgerbegehren jetzt als den Grund des Scheiterns auszumachen, dürfte den Blick auf die eigentlichen Ursachen verstellen: entweder eine nicht optimale Kampagnenführung (guter Wille allein zählt da nicht), oder ein immer noch in der Bevölkerung bestehendes grundsätzliches, massives Informationsdefizit über die Zusammenhänge des Themas. Eine solche tiefgründige Ursachenforschung wären wirklich "Erwähnenswerte Fakten", anstelle der im Artikel gebotenen blumigen Aufzählung nebensächlicher Postkartendetails.
valtental am Permanenter Link
Eine vielleicht tiefergehnder Bericht hier auf dem hpd wäre wünschenswert, könnten die Erkenntnisse doch auch von anderen berücksichtigt werden: Was sind die Ursachen, dass mit 18.441 Unterschriften nur 73% der geford
Werner Koch am Permanenter Link
Dass das Bürgerbegehren das Ziel knapp verfehlt hat ist sehr bedauerlich. Was hinter den Kulissen vorging ist allerdings nicht bekannt.
Die Idee, ein Bürgerbegehren durchzuführen um den Stadtratsbeschluss zu kippen, kam nicht von der gbs. Als Initiator des Bürgerbegehrens hat sich Marco Brás dos Santos ausgegeben. Es war schwierig, ihn ausfindig zu machen; er wollte wohl im Hintergrund bleiben. Der Name war tatsächlich echt, sein Großvater ist aus Portugal eingewandert. Marco Bras dos Santos hat in seinem Blog – der inzwischen gelöscht ist – zur Motivation für das Bürgerbegehren geschrieben:
„Auch unter Christen gibt es Menschen, welche die Errungenschaften der Aufklärung und der Französischen Revolution aus dem Jahr 1794 zu schätzen wissen. Ich zähle mich zu dieser Personengruppe, jedoch geht es nicht um sie oder mich. Die Trennung von Kirche und Staat hat in Deutschland, durch die Weimarer Reichsverfassung, erst 1919 Einzug gehalten und die Norm wurde mit Art 140 in unser heutiges Grundgesetz übernommen. So wenig wie ich im Islamischen Staat leben möchte, möchte ich im Christlichen Staat leben, sondern in einem Staat, der seine Neutralität bewahrt. Wenn nach knapp hundert Jahren die Trennung von Kirche und Staat immer noch nicht angekommen ist, läuft meiner Ansicht nach etwas falsch.“ Also ein Kirchenmitglied, das auch für die Trennung von Kirche und Staat eintritt.
Eine offene Zusammenarbeit mit uns wollte man offensichtlich vermeiden. Das Bürgerbegehren hat von Anfang an als Symbol ein Bild von unserer Aktion in Leipzig verwendet: Moses mit der Gesetzestafel und dem 11ten Gebot, aber das Unterteil des Wagens mit der Aufschrift www.11tes-Gebot.de wurde im Bildausschnitt weggelassen und man hat sich auch geweigert das zu ändern. Dieses Bild haben die Piraten beigesteuert, die auch bei unserer Aktion im Juli bereits mitgemacht hatten; aber sich dabei gerne als Initiator der Moses-Aktion ausgegeben haben, teilweise ohne die gbs überhaupt zu erwähnen.
Die Initiatoren des Bürgerbegehrens und die Piraten-Partei wollten anscheinend nur Aufmerksamkeit erzeugen und haben nicht ernsthaft daran gedacht das Bürgerbegehren erfolgreich zu Ende zu bringen.
Nach der Stadtratsentscheidung vom 17. September 2014 waren zwei Monate Zeit, bis zum 17. Dezember 2014, über ein Bürgerbegehren einen Bürgerentscheid einzuleiten. Dazu waren echte Unterschriften von 5% der stimmberechtigten Bürger gefordert.
Das Bürgerbegehren lief sehr zäh an. Die Ausformulierung des Bürgerbegehrens, die Erstellung der Unterschriftenformulare hat bereits lange gedauert. Selbst Anfang Dezember war es noch schwierig herauszufinden, wo man ausgefüllte Unterschriftenlisten abgeben konnte.
Fragen zwischendurch zum aktuellen Stand der Unterschriftenkampagne konnten offensichtlich nicht beantwortet werden.
Die Organisatoren/die Piraten-Leipzig haben sich sehr spät entschieden und Sponsorengelder benötigt um 100.000 Postkarten drucken zu lassen, die die Bürger direkt unterschreiben und abschicken konnten. Diese Aktion in der letzten Woche vor dem Endtermin hat wohl noch viele Stimmen eingebracht, aber mit 18.400 Stimmen das erforderliche Quorum verfehlt. 25.000 Stimmen wären sicherheitshalber erforderlich gewesen.
Die Quintessenz: Mit Transparenz und Kooperation wäre man vermutlich weiter gekommen und das Anliegen „(K)eine Million“ hätte bessere Erfolgschancen gehabt.