BERLIN. (hpd) In Chapel Hill im US-Bundesstaat North Carolina wurden heute Nachmittag drei junge Menschen erschossen. Zufällig war der vermutliche Mörder ein sich selbst als "Anti-theist" bezeichnender Mann. Sofort steht für viele Muslime weltweit fest: die drei Opfer wurden wegen ihres Glaubens ermordet.
Die drei jungen Menschen: Deah Shaddy Barakat, seine Frau, Yusor Mohammad Abu-Salha, sowie deren Schwester Razan Mohammad Abu-Salha waren Studenten an der Universität von Cheptel Hill. Und praktizierende Moslems. Der Rat für Amerikanisch-Islamische Beziehungen (Council on American-Islamic Relations) erklärte: "Drei Muslime sind in Chapel Hill, North Carolina, ermordet worden, weil sie Muslime waren. Was für eine traurige Nacht in Amerika."
Unter den Hashtags #ChapelHillShooting und #MuslimLivesMatter beben seitdem die sozialen Netzwerke Twitter und Facebook. Dort wird diskutiert, ob es sich bei dem Mord um ein Hassverbrechen gehandelt hat oder nicht.
Doch selbst wenn - wie Spiegel-Online schreibt - der vermutliche Mörder, Craig Stephen Hicks, auf seiner Facebook-Seite schrieb: "dass er Religionen hasst", macht das die Tat keineswegs zu einem Hassverbrechen. Bislang spricht nichts dafür, dass die drei jungen Menschen deshalb sterben musste, weil Hicks Atheist und die Opfer Muslime waren.
Die Polizei verhört derzeit den Täter, der - nachdem er sich stellte - zugegeben haben soll, die Opfer aus nächster Nähe erschossen zu haben. Allerdings wird als Grund für diese Tat ein Streit mit "mit den Opfern über Parkplätze" angenommen. Doch das ist bislang weder bestätigt noch widerlegt. Denn Details über die wahren Motive von Hicks gibt es nach wie vor nicht. Chris Blue, Polizeichef in Chapel Hill, sagte laut TAZ in einer Stellungnahme: "Unsere Ermittlungen versuchen herauszufinden, was Mr. Hicks zu dieser sinnlosen und tragischen Tat bewegt haben könnte."
Die Polizei will dabei auch prüfen, ob bei den Morden auch die Religionszugehörigkeit der Opfer eine Rolle gespielt hat. Immerhin trugen die beiden getöteten Frauen Kopftücher.
Schaler Nachgeschmack
Bei aller Abscheu gegen solch ein Verbrechen: Es bleibt jedoch ein schaler Nachgeschmack, wie schnell das "Council on American-Islamic Relations" Wert darauf legte, als Grund für den Mord allein die Religion der Opfer anzusehen. Als wäre es nicht eine bittere - und aus der muslimischen Community nur sehr selten beklagte - Wahrheit, dass die meisten Muslime, die Opfer von Terroranschlägen werden, von Muslimen getötet werden.
Es bleibt ein schaler Nachgeschmack, wenn die drei Opfer von Chapel Hill jetzt dazu benutzt werden, um zum einen Atheisten als Mörder darzustellen und zum anderen mit der Aufregung über diesen Mord zu verdecken, dass islamistische Terroristen in Nigeria, Syrien, Pakistan und Afghanistan - um nur die bekanntesten Brennpunkte zu nennen - täglich im Namen ihres Glaubens Menschen töten. Muslime und Anders- oder Nichtgläubige.
Es bleibt ein schaler Nachgeschmack, dass drei ermordete junge Menschen jetzt instrumentalisiert werden sollen und Reaktionen auf Terrorakte im Namen Allahs oft erst dann erfolgen, wenn dazu aufgefordert wird.
Fotoquelle: twitter.com/ABC
8 Kommentare
Kommentare
A. Gundogdu am Permanenter Link
Ein trauriger Artikel
Mord ist Mord. Man könnte sagen, Marwa al Sharbini wurde auch getötet, weil sie mit dem Täter einen Streit hatte. Sie ist aber auch getötet worden, weil sie eine Muslima war und zudem ihr Mann als Täter verdächtigt und verletzt. Der Hass jenes Mannes hat ihn dazu bewegt zu morden. Parkplatzproblem hin und her, dafür braucht man keinen zu töten, vielleicht hätte er sie schlagen oder etwas demolieren können. Welch ein Hass gegen Islam und Muslime steckt aber in diesem monströsen Menschen, dass er sie alle kaltblütig ermordet.
Wer kann mir das rational erklären?
yves am Permanenter Link
Schade, dass auch in Deinem Kommentar gleich wieder doch die Position bezogen werden muss, dass es der Hass auf den Islam gewesen sein muss - wobei doch der Autor gerade darauf hingewiesen hat, dass das überhaupt nich
Hypothetisch gesprochen... angenommen der Täter hat mit denen gestritten - wegen was auch immer - hat aus Wut eine Waffe gezogen und erschossen... so weit so tragisch. Was hat das zunächst damit zu tun, dass die Opfer Muslime sind? Nichts! Es sei denn, bei der Tat hat es bei der Reaktion des Täters *tatsächlich* eine Rolle gespielt - aber das weiss man doch gar nicht.
Wenn dem tatsächlich so gewesen sein sollte, berufe ich mich aber schonmal vorsorglich auf den abgewandelten Standardspruch, den man sonst von der Gegenseite hört: "Das war kein Atheist - das war ein radikalisierter fanatischer Terrorist. Den Atheismus bedeutet Frieden"
O. am Permanenter Link
Atheismus bedeutet hier nur, daß der Täter sich nicht rausreden kann mit irgendeinem auf Gott zurückführbaren Rechtfertigungsgrund, wie es bei religiös motovierten Bluttaten sonst ja der Fall ist.
Robert Niedermeier am Permanenter Link
Es bleibt wirklich ein fahler Nachgeschmack hängen, nämlich dann, wenn "Humanisten" den Mord an drei US-Amerikanern gegen die Opfer diverser Terrororganisationen aufzurechnen versuchen, weil sie nicht nur Am
Oder der: "um einen Atheisten als Mörder darzustellen", sind die Opfer selbst schuld, und kann ein "Atheist" gar kein Mörder sein? Er wird nicht als Mörder dargestellt, sondern hat drei Menschen ermordet.
Petra Posch am Permanenter Link
"Er wird nicht als Mörder dargestellt, sondern hat drei Menschen ermordet." - Können Sie diesen Satz bitte erklären?
Michael am Permanenter Link
Ein Mann ist wegen eines Nachbarschaftsstreit durchgedreht und hat 3 Menschen erschossen.
Wenn aber überall Waffen frei verfügbar sind, geht die Eskalation so weit, dass es am Ende tote gibt. Ein Szenario, dass in den USA so alltäglich ist, dass es fast trivial ist, dass die Medien sich nicht mehr um jeden einzelnen diese Fälle schlagen. Das Erschreckende ist die Sinnlosigkeit dieser drei Tode. Deshalb holen viele die Religionskarte heraus: Es muss mit dem Glauben der 3 Opfer zu tun haben. Es kann doch einfach nicht so trivial sein, ein Streit um einen Parkplatz, hochgekochte Gemüter und eine Waffe. Es muss einen höheren Sinn hinter dieser Tragödie geben.
Ist der Mörder ein Terrorist? Nein.
Den Mördern im Namen Allahs hat der Glaube den Rücken gestärkt. Sie waren auch nach der Tat überzeugt, das richtige getan zu haben und haben auf ihrer Flucht vor weltlicher Strafe mit dem Morden weiter gemacht.
Dem Mörder in Chapel Hill wurde schnell klar, was er da gemacht hat. Kaum waren die Hormone runter gekühlt und der Verstand wieder eingeschaltet, was klar: Er hat Scheiße gebaut. Gewaltige Scheiße! Statt sich mit seine Tat zu brüsten, ging er zur Polizei und hat sich gestellt.
Hatte er Vorurteile gegen Muslime? Wahrscheinlich ja. Wurden diese durch sein Weltbild verstärkt? Sicherlich auch. Mir als Atheist ist bewusst, dass ich einer Frau mit Kopftuch erst mal voreingenommen gegenüber trete. Daran muss ich arbeiten. Dass ist nun mal die Folge davon, dass man dem Glauben und Religiösen Symbolen grundsätzlich erst mal misstrauisch gegenüber ist.
Viele Muslime ergreifen nun die Gelegenheit, endlich mal nicht als Täter da zu stehen, sondern als Opfer. Die pauschalisieren ironischerweise Ihre eigene Rolle in dem Spiel diesmal genau so, wie die Menschen, die Muslime grundsätzlich zu Terroristen stilisiert haben.
Struppi am Permanenter Link
Traurige Kommentare hier.
Es werden Menschen ermordet und den Leuten fällt nichts besseres als Glaube für das Motiv ein? Bei einem Parkplatzstreit?
Auf dieses Denkmuster muss man erst mal kommen - Jemand denkt er hätte das Recht auf einen Parkplatz weil er nicht an Gott glaube?
So kann nur ein religiöser Fanatiker argumentieren.
Marc Ahrens am Permanenter Link
Ein schaler Nachgeschmack...kommt mir auch wenn ich darüber nachdenke wir wir Atheisten auch gerne reflexhaft die Religionen als Ursache für den Terror ansehen. Zb. den 11. September. Ich kann die Theorien von Prof.
Die Religionen legitimieren das...aber verursachen es nicht. Natürlich muß man fragen, warum Religionen sich so zur Legitimation eignen, aber sind sie ursächlich?