Als die Mitglieder der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland e. V. vergangenen Donnerstag den Weltnudeltag begingen, hatte das oberste deutsche Gericht ohne ihr Wissen bereits über sie entschieden. Wie erst jetzt bekannt wurde, wies das Bundesverfassungsgericht am 11. Oktober die anhängige Verfassungsbeschwerde der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters
Deutschland e. V. ab.
Die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland e. V. (KdFSMD) versteht sich als Weltanschauungsgemeinschaft. Seit 2014 kämpft sie darum, ebenso wie andere Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften an den Ortseingangsstraßen von Templin mit Schildern auf ihre wöchentliche Nudelmesse in der Templiner Mutterkirche der deutschen Pastafaris hinweisen zu dürfen. Nachdem das Brandenburgische Oberlandesgericht am 2. August 2017 geurteilt hatte, dass die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland e. V. nicht als Weltanschauungsgemeinschaft zu betrachten sei und dass ihr mithin auch nicht das Recht zustehe, ihre Nudelmessehinweisschilder aufzustellen, hatte die KdFSMD Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt.
Diese Verfassungsbeschwerde wurde nun von der 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts am 11. Oktober 2018 einstimmig abgewiesen. Die lapidare Erklärung der Richter hierzu:
"Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil eine weltanschauliche Betätigung des Beschwerdeführers nicht plausibel gemacht wurde. Von einer Begründung im Übrigen wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen. Diese Entscheidung ist unanfechtbar."
Rechtsanwalt Dr. Winfried Rath, der die KdFSMD in rechtlichen Angelegenheiten vertritt, zeigt sich überrascht vom Beschluss des Bundesverfassungsgerichts: "Wir haben in unserer Verfassungsbeschwerde auf 32 Seiten ausführlich erklärt, weshalb sich die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland e. V. als Weltanschauungsgemeinschaft versteht und wie ihre Mitglieder diese Weltanschauung leben. Die KdFSMD ist ein Verein, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, humanistische Werte zu vermitteln. Sein Ziel ist die Förderung der Gleichbehandlung religiöser Zwecke mit wissenschaftlich orientierten Weltanschauungen sowie die Verbreitung einer offenen und toleranten Ethik. Dass die Zurückweisung unserer ausführlichen Erklärungen dem Bundesverfassungsgericht nicht einmal eine Begründung wert ist, ist – gelinde gesagt – äußerst erstaunlich."
Auch für den Vorsitzenden der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland e. V. Jan Splett sowie den Ehrenvorsitzenden des Vereins, Rüdiger Weida, der die Verfassungsbeschwerde initiiert hatte, ist die Entscheidung der Karlsruher Richter vollkommen unverständlich. "Wir haben alle Eigenschaften, die Weltanschauungsgemeinschaften ausweisen. Wir haben eine gemeinsame, verbindliche Ethik, die auf den 8 Am Liebsten Wäre Mirs (ALWM) und den 10 Angeboten des Evolutionären Humanismus aufbaut, wir haben eine gemeinsame Weltsicht, den Naturalismus, wir haben gemeinsame Riten entwickelt, die wir regelmäßig feiern", sagt Rüdiger Weida. "Wir haben gemeinsame Leitsätze, mit dem regelmäßigen Wort zum Freitag eine ständige Vermittlung unserer Werte und wir bieten Hochzeiten, Taufen und Beerdigungen, entwickelt passend zu unserer Weltanschauung. Kommendes Wochenende findet in unserer Templiner Kirche beispielsweise schon wieder eine Trauung statt."
Einer gewissen Kuriosität entbehrt übrigens nicht, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von Richtern mit den Namen "Kirchhof", "Christ" und "Ott" getroffen wurde. Wobei zumindest von Ferdinand Kirchhof, Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts und Mitglied einer katholischen Studentenverbindung, eigentlich eine Entscheidung zu erwarten gewesen wäre, die sich durch größere Offenheit gegenüber Religions- und damit auch Weltanschauungsgemeinschaften auszeichnet. Vor einem Jahr zitierte ihn das christliche Medienmagazin pro mit der Äußerung, dass es die Gretchenfrage von Artikel 4 des Grundgesetzes bleibe, was Religion eigentlich sei. "Der Staat darf sie nicht verbindlich für seine Bürger beantworten, denn der Schutz dieses Grundrechts gilt gerade der persönlichen Weltanschauung des Einzelnen."
Für die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland e. V. ist auf jeden Fall klar, dass ihr Kampf noch nicht zu Ende ist: "Unsere Juristen prüfen derzeit", sagt der Vorsitzende der KdFSMD Jan Splett, "ob und wie wir unser berechtigtes Anliegen, als Weltanschauungsgemeinschaft anerkannt zu werden, jetzt bei den Gerichten auf europäischer Ebene vorbringen können."
19 Kommentare
Kommentare
David See am Permanenter Link
wie sagte schon karlheinz deschner: die Justiz ist eine Willkür und sich als kür darstellt
Hans Trutnau am Permanenter Link
Nu ja, andernfalls hätte sich das klerikale Establishment verhohnepipelt gefühlt und wieder die in ihren religiösen Gefühlen verletzte, beleidigte Leberwurst gespielt ("Unsere ernsthafte Andacht wird mit einer
Aber, liebe Pastafarias, jetzt nicht eurerseits beleidigt sein, gelle?
Rüdiger Weida am Permanenter Link
Alles gut, Hans, obwohl es schon etwas verwegen ist, unsere ernsthafte Nudelmesse mit der hochgradig lachhaften Heiligen Messe zu vergleichen. :)
Kay Krause am Permanenter Link
Das wäre überhaupt und grundsätzlich wunderbar, Herr Weida:wenn man über dieses ganze geheuchelte kirchliche Brimborium mehr lachen könnte!
Hans Trutnau am Permanenter Link
Verwegenheit ist mir eine Ehre, Rüdiger; speziell bzgl. Nudelmesse...
Aber mit dem Vergleichen meinte ich eher das "klerikale Establishment" - zu dem das FSM wohl (noch) nicht gehört?!?
Rüdiger Weida am Permanenter Link
Schon klar, Hans, ich hatte mich auf das ("Unsere ernsthafte Andacht wird mit einer 'Nudel'messe verglichen, heul")
bezogen.
Rene Goeckel am Permanenter Link
Kleiner Trost, lieber Rüdiger Weida, JETZT werde ich Mitglied der KdfSD. Freundliche Grüße.
Rüdiger Weida am Permanenter Link
Willkommen an Bord, Rene. :)
Junius am Permanenter Link
Was ist an solch einer Entscheidung erstaunlich? Hattet ihr was anderes erwartet?
Gondel am Permanenter Link
Tja, ohne missbrauchbare junge Gemeinde, ohne Auftragsmörderinnen als Feindbilder und vor allem ohne milliardenschwere staatliche PR-Alimentierung wird das wohl nichts.
Ingo Schmidt am Permanenter Link
Da haben es sich die Richter wohl leicht gemacht, frei nach dem Motto: Was nicht sein darf, kann nicht sein!
Dann steht wohl jetzt der Gang nach Europa an!
Michel am Permanenter Link
Höre ich da das EUGH? Das wird lustig :D
Karl Kraus am Permanenter Link
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, eine Beschwerde nicht zur Entscheidung anzunehmen, ist IMMER unanfechtbar, eine Begründung ist nicht nötig, wovon in der Regel – wen wundert – auch Gebrauch gemacht wi
“weil eine weltanschauliche Betätigung des Beschwerdeführers nicht plausibel gemacht wurde”.
Gleich drei Begriffe werden willkürlich definiert und verwurstet: “Weltanschauung, Betätigung, plausibel (machen). Das Gericht darf natürlich nicht ehrlich sagen “Basta, leckt uns am Arsch”.
Selbst hatte ich etwas mehr Glück mit der Staatsmacht: das Urteil des BVG 1 BvR 482/13.
Anlass war eine Dienstaufsichtsbeschwerde über ein säuisches Zivilurteil der Richterin F. aus NRW, deren rechtswidriges Verhalten und Urteilen ich anprangern musste. Die Quittung war eine mich verleumdende Anzeige der Vorgesetzten wegen vermeintlicher Beleidigung. Über Jahre hin verfolgte mich die Justiz, sie liessen nicht locker, 3 mal Staatsanwalt, Amtsgericht, 3 mal Landgericht.
Die Justiz macht, wie sie will, in “Unabhängigkeit” ist sie jeder Kritik entzogen.
Als Aufklärungsmaterial hierzu dient mein Aufsatz über das beschriebene Verfahren, welchen ich auf Anfrage an grundsatz@gmail.com sehr gerne zuschicke. Er lohnt sich:
Mythos von Moral und Fähigkeit der Richter. Der Umgang mit der Meinungsfreiheit in der Justiz, wenn sie selbst davon betroffen ist.
Über: 37 Ns 203/14, 115 Js 251/09 in Duisburg.
Kay Krause am Permanenter Link
Ich vermute, der EGH wird nicht anders entscheiden, darum hier mein Tipp für die Pastis: gründet eine Geheim-Organisation ähnlich "Opus Dei" (Eine der kath.
Udo Endruscheit am Permanenter Link
Ersichtlich wollte der Klub der Juraklerikalen - wie die Vorinstanzen auch - dem weltanschaulichen Inhalt der Kirche des FSM nicht nähertreten. Wo kämen wir da hin!
Über diese nicht völlig unerwartete kognitive Sperre hinaus wird zudem deutlich, dass faktisch eine Gleichstellung religiöser und weltanschaulicher Positionen, wie sie das GG doch postuliert, nicht vorhanden ist. Es wird immer den transzendental-unbegründbaren Positionen, dem wohligen Schauer des Irrationalen, der Vorzug gegeben vor konkreten Positionen, die vom Menschen handeln. Der Mensch wird sozusagen zur Profanität herabgestuft, das Irrationale zum Anbetungswürdigen hochstilisiert. Nun, was will man von einem Spruchkörper erwarten, der regelmäßig tiefernsten Austausch mit den ebenfalls bunt gekleideten Partnern von der irrationalen Fraktion pflegt? Denen man - gegen Wortlaut und Sinn des GG - längst ein "Supergrundrecht Religionsfreiheit" (Prof. Schachtschneider) gebastelt hat, mit dem es sich als Staat im Staate erstklassig schmarotzen lässt?
Wir sind noch lange nicht frei von Hexenwahn, Aberglauben und unangebrachter Ehrfurcht vor alten dummschwätzenden Männern in bunten Kleidern, die nicht aus der Karnevalskasse, sondern von den Steuerzahlern bezahlt werden.
Dieter Bauer am Permanenter Link
@ ….Wir sind noch lange nicht frei von Hexenwahn, Aberglauben ….
Jürgen Roth am Permanenter Link
Satire ist so lange komisch, bis es noch jemanden gibt, der darüber lacht. Dieser Nudelverein vermag indes nur noch zu nerven.
Hans Trutnau am Permanenter Link
"... Überarbeitung seiner unglücklichen Rechtsprechung zum Recht der Kirchen. Dann hätte das Treiben der Spaghetti -Fans doch noch was Gutes bewirkt."
René am Permanenter Link
@Jürgen Roth: Augenscheinlich hast Du die Intention des "Nudelvereins" und die Argumentation der "Spaghetti-Fans" nicht verstanden.