Immer wieder gab es Menschen, die sich trotz enormer Widerstände für die Rechte anderer eingesetzt haben. Viele von ihnen sind aus dem kollektiven Gedächtnis verschwunden. Bei der "Säkularen Woche der Menschenrechte" erinnerte die Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) an zwei dieser vergessenen Helden – nämlich Fritz Bauer und Garry Davis.
"Weltbürger statt Reichsbürger!" – Unter diesem Motto fand eine Veranstaltungsreihe anlässlich des bevorstehenden 70-jährigen Jubiläums der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte statt, die von der Giordano-Bruno-Stiftung in Kooperation mit dem Koordinierungsrat säkularer Organisationen, den Evolutionären Humanisten Berlin-Brandenburg, der Richard Dawkins Foundation und der Säkularen Flüchtlingshilfe organisiert wurde.
Die Absicht hinter den zahlreichen Veranstaltungen bestand insbesondere in der Stärkung einer weltbürgerlichen Haltung, die sich gegen nationalistische und autoritäre Bewegungen wendet. Wie gbs-Vorstandssprecher Michael Schmidt-Salomon erklärte, reagiere die Stiftung damit "auf die zunehmenden Versuche von Politikern wie Trump, Putin, Erdogan & Co., religiöse und nationale Identitäten in den Vordergrund zu rücken".
Im Rahmen eines begleitenden Filmfestivals wurde an zwei schillernde Persönlichkeiten erinnert, die nicht nur in besonderem Maße humanistische und kosmopolitische Werte verkörperten, sondern auch einen enormen Einfluss auf die Etablierung und Durchsetzung der Menschenrechte in der jüngeren Geschichte hatten: Der hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer sowie Garry Davis, staatenloser Friedensaktivist und Initiator der Weltbürgerbewegung.
Der Humanismus ist ein Antifaschismus
Zur Erinnerung an Fritz Bauers Engagement wurde in Berlin der Dokumentarfilm "Fritz Bauer – Tod auf Raten" von Ilona Ziok präsentiert, die großen Anteil daran hatte, dass das Vermächtnis Fritz Bauers heute wieder stärker beachtet wird und in der Folge Bücher und weitere Filme entstanden. Zioks Dokumentation zeigt mit Archivmaterial und Zeitzeugengesprächen auf, wie bedeutsam Bauers Wirken für die Bundesrepublik der Nachkriegszeit war.
Dieser trug trotz massiver Widerstände maßgeblich am Zustandekommen der Frankfurter Auschwitzprozesse, der Ergreifung des SS-Obersturmbannführers Adolf Eichmann und der Rehabilitierung der Widerstandskämpfer vom 20. Juli 1944 bei. Darüber hinaus setzte er sich wie kaum ein anderer für eine Humanisierung des Strafrechts ein und war seiner Zeit in vielen gesellschafts- und sozialpolitischen Fragen weit voraus. Bauer, so wurde es auch in dem im Anschluss an die Filmvorführung geführten Gespräch zwischen Ilona Ziok und Michael Schmidt-Salomon deutlich, kann rückblickend als einer der wichtigsten Streiter für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit betrachtet werden.
The World is My Country
In einer weiteren Filmvorführung der Dokumentation "The World is My Country" von Arthur Kanegis wurde an einen weiteren kosmopolitischen Vorkämpfer erinnert, nämlich an den ehemaligen Broadway-Schauspieler Garry Davis. Davis hatte sich nach seinen traumatischen Erlebnissen als Bomberpilot im Zweiten Weltkrieg gegen die Zugehörigkeit zu einer Nation entschieden, vernichtete seinen eigenen Pass und erklärte sich kurzerhand selbst zum staatenlosen "Weltbürger Nr. 1". Angetrieben von der Vorstellung der einen Menschheit entwickelte er sich zu einem der entschiedensten Fürsprecher der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.
Als 1948 die UN-Vollversammlung tagte, besetze Davis das Konferenzgelände in Paris und demonstrierte mit zahlreichen Mitstreitern für das weltbürgerliche Anliegen universeller Rechte und die rechtliche Gleichheit aller Menschen. Mit Unterstützung prominenter Intellektueller wie Albert Camus, Albert Einstein, Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir wuchs der politische Druck auf die Delegierten so stark, dass die Menschenrechtserklärung schließlich verabschiedet wurde.
Aufklärung über Menschenrechte
Zum 70. Jubiläum der Menschenrechte hat die Giordano-Bruno-Stiftung inzwischen eine Broschüre herausgegeben, die über Entstehung und Bedeutung der Menschenrechte aufklärt. Die Broschüre, die u. a. den vollständigen Wortlaut der UN-Menschenrechtserklärung enthält, kann zu Unterrichtszwecken sowie zur politischen Bildungsarbeit ab sofort kostenfrei bestellt werden. Auch eine Onlineversion steht zum Download bereit (pdf-Datei, 5,4 MB).
5 Kommentare
Kommentare
Richard Maxheim am Permanenter Link
Die Story über Garry Davis ist wie immer mal wieder übertrieben. Natürlich sorgte er damals in Paris - d.h. eigentlich nur, weil er von dort bekannten Linksintellekturellen entdeckt wurde - für Furore.
http://weltbuerger-forum.xobor.de/t152f20-Film-ueber-Garry-Davis-The-World-is-my-Country.html
und
http://weltbuerger-forum.xobor.de/t196f20-Heimatland-Erde-Garry-Davis-Biografie.html
Dr.Hans Gerhard... am Permanenter Link
Also...wir sind auf der Welt um uns und
möglichst vielen Anderen ( auch Tieren )
nachhaltig Freude zu machen !
So... !
A.S. am Permanenter Link
Ich habe ein grundsätzliches Problem mit der Weltbürgerbewegung.
Langfristige Aufbauleistungen erbringen nur seßhafte Menschen. Langfristige Aufbauleistungen und ein aufmerksamer Umgang mit der "Heimat" werden gebraucht, Nomadentum nicht.
Da wir Menschen aber biologisch als Nomaden angelegt sind, hat das "Weltbürger-Mem" ein erhebliches Resonanz-Potential in den menschlichen Instinkten. Besser im Sinne von "hilfreich zur Lösung aktueller Probleme" wird es dadurch nicht.
Richard Maxheim am Permanenter Link
Der Begriff "Weltbürger" ist sehr schwammig und wird deshalb oft einseitig bzw. falsch interpretiert. Sieht man den Begriff mehr politisch statt rein filosofisch, wird die Sache klarer.
https://weltbuerger-register.jimdo.com/
Jobst Echterling am Permanenter Link
Der Beitrag setzt, teilweise ausdrücklich, teilweise implizit, den Begriff 'rechts' mit 'Reichsbürger', 'Nazi' und 'Nationalist' gleich.