Die Reichen und Schönen dieser Welt haben für sich eine neue Methode entdeckt, wie sie dem Alterungsprozess ein Schnippchen schlagen können. Und zwar mit Hilfe eines Serums, das aus – ja – Vorhäuten gewonnen wird.
Es klingt unglaublich, ist aber wahr. Der Guardian berichtet von einer neuen Art der kosmetischen Gesichtsbehandlung, auf die offenbar schon einige Promis zurückgegriffen haben. Neueste Kundin sei demnach Kate Beckinsale, bekannt aus den Filmen "Pearl Harbor" und "Underworld". Die Methode funktioniert folgendermaßen: Aus den Vorhäuten frisch beschnittener, neugeborener Babys aus Südkorea werden Stammzellen gewonnen, die Fibroblast enthalten, eine Vorstufe von Bindegewebszellen. Daraus wird wiederum ein Serum mit dem Hautwachstumsfaktor EGF extrahiert. Dieses Serum, das angeblich wie Sperma riecht, wird auf das Gesicht des Patienten aufgetragen. Mit Hilfe von Mikronadeln, die viele winzige Löcher in die Haut stechen, zieht die Flüssigkeit ins Gewebe ein und soll dort Collagen und Elastin bilden. Diese Stoffe sollen für ein jüngeres, strahlenderes Gesicht sorgen. Laut Artikel gibt es eine Warteliste von zwei Jahren für die rund 560 Euro teure Behandlung.
Beckinsale hat einen Ruf zu verlieren: 2009 wurde sie vom Magazin Esquire zur "Sexiest Woman Alive" gekürt. Aber auch Cate Blanchett und Sandra Bullock sollen von der Vorhaut-Therapie begeistert sein.
Der Vorsitzende von MOGiS e. V., Victor Schiering, hingegen ist entsetzt: "Das ist nur ein weiteres Beispiel für die totale Gewöhnung an die Verletzung der genitalen Integrität von Jungen. Es hat regelrecht System: Ihnen wird ein Organ gestohlen und damit Geschäft gemacht, und zwar in aller Öffentlichkeit, ohne jegliche Scham." MOGiS e. V. setzt sich seit Jahren für Beschneidungsbetroffene ein. "Kooperationspartner von uns in den USA und Kanada klären hier schon lange auf. Es braucht aber natürlich noch viel mehr Protest und Druck aus der ganzen Gesellschaft, damit dieser inhumane Irrsinn endlich gestoppt wird", so Schiering weiter.
Dahin dürfte es noch ein langer Weg sein. Zwar wird die Vorhaut-Gesichtstherapie in Deutschland nicht durchgeführt, die Beschneidung aus religiösen Gründen ist aber auch hierzulande erlaubt. Ende 2012 wurde dies in einem Gesetz festgeschrieben. Dass es sich dabei um Körperverletzung handelt, wird teilweise völlig ausgeblendet, sondern im Gegenteil positiv konnotiert, wie jüngst in einem Artikel im Berliner Kurier: "Kleine Jungs, die in Berliner Kliniken beschnitten werden, tun danach unwissend etwas für die Gesundheit und gegen Tierversuche", heißt es da. Der Text dreht sich um eine Forschungsmethode an der Freien Universität Berlin. Dabei werden aus den Vorhäuten Neugeborener Zellen gewonnen, mit Hilfe derer man neue Arzneien unter anderem gegen weißen Hautkrebs finden will. Die Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung fördert die Methode laut Artikel mit 400.000 Euro.
10 Kommentare
Kommentare
Willi Herzog am Permanenter Link
Bin großer Fan von Kate B.
Ich hoffe inständig, sie wusste nicht, was sie sich da spritzen lässt.
Ansonsten hat sie verschissen. Ist ja widerlich.
Helena am Permanenter Link
Das wird die Welt der Kate B. im Innersten auf's Heftigste erschütten, wenn sie bei Ihnen in Ungnade fällt. Ganz bestimmt.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Menschenversuche statt Tierversuche? So was würde ich in Nordkorea verorten - aber in Berlin...?
Ich warte auf den Tag, an dem man aus den Gehirnen Neugeborener auch noch was Passendes mixen kann. Vielleicht ein Gefühlsserum für unsere Politiker, damit sie endlich auch für männliche Babys Empathie entwickeln...
Edward von Roy am Permanenter Link
Man will die unbequemen Fakten nicht nennen, kultiviert, ob den USA oder in Deutschland, in Politik und Presse vielmehr eine angestrengte Ahnungslosigkeit zur Funktion der Penisvorhaut: zum Gefurchten Band, zu Frenulu
70 bis 80 % der Sensitivität des Penis wird bei jeder Zirkumzision amputiert. Die Penisvorhaut ist das sensitiv-sexuelle Pendant nicht zur Klitorisvorhaut, sondern zur Klitoris. Jede Zirkumzision entspricht einer FGM Typ Ib (Klitoridektomie).
Zu den durchweg nachteiligen Auswirkungen jeder medizinisch nicht indizierten männlichen Beschneidung gehört eine lebenslange starke Schädigung der sexuellen Sensitivität, denn die über 73 Meter Nervenfasern und 10.000 bis 20.000 überwiegend spezialisierten Nervenendigungen bzw. Tastkörperchen (Meissner-Körperchen, Vater-Pacini-Körperchen, Ruffini-Körperchen und Merkel-Zellen) werden bei der Zirkumzision, die wir männliche Genitalverstümmelung (MGM) nennen sollten, amputiert. Diese spezialisierten Nervenendigungen dienen dazu, auch leichteste Berührungen sowie Feinheiten von Temperatur, Geschwindigkeit bzw. Vibration oder Textur wahrzunehmen und weiterzuleiten.
Im Vergleich dazu befinden sich auf der Glans penis (Eichel) nur rund 4.000 überwiegend unspezialisierte freie Nervenenden, sogenannte Nozizeptoren, die Schmerzreize aufnehmen und weiterleiten können. Die schmale Zone der Eichel zwischen Corona glandis (Eichelrand) und Sulcus coronarius (Penisfurche), die von Natur aus doch (wenige) Lustrezeptoren enthält, keratinisiert (verhornt) im Laufe der Jahre, was beschnittene Männer als großen Verlust an (restlicher) sexueller Lebensqualität beschreiben und mit Schutzmaßnahmen, vor mechanischer Reibung im Alltag, bzw. mit Restoring, mit dem Versuch der Wiederherstellung der Vorhaut, nur begrenzt ausgleichen können.
Durch die Beschneidung werden dem Jungen oder Mann ein Großteil der Nervenendigungen des Penis insgesamt und fast alle der besonders empfindlichen niedrigschwelligen spezialisierten Nervenendigungen irreversibel entfernt (amputiert). Die empfindlichsten Regionen des unbeschnittenen Penis gehen durch die Beschneidung für immer verloren.
Ja zum grundsätzlichen Schutz und Erhalt des Präputium, Nein zur Routine-Zirkumzision und zur rituellen Zirkumzision an männlichen Minderjährigen (Jungen unter 18 Jahren).
Der Junge braucht anatomisch faktenbasierte Beratung und bis zum Alter von 18 Jahren ein unversehrtes Geschlechtsorgan.
Edward von Roy, Diplom-Sozialpädagoge (FH)
Hans Trutnau am Permanenter Link
"... Serum, das angeblich wie Sperma riecht, wird auf das Gesicht des Patienten aufgetragen. Mit Hilfe von Mikronadeln, die viele winzige Löcher in die Haut stechen ..."
Und falls ja, ginge das nicht einfacher?
Ohne Babys nur aus Südkorea?
Ich komme da jetzt nicht mehr mit.
Karol Dittel am Permanenter Link
Dabei könnten sie das doch so viel einfacher haben. Anzeige in die Zeitung setzen, dass Partner für eine Bukkake-Session gesucht werden und gut ist.
MartinT am Permanenter Link
Der Wachstumsfaktor EGF läßt sich in Zellkultur herstellen (ähnlich wie humaninsulin):
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4794936/
Wo auch was dran ist: Vorhaut ist ein gut verfügbares Stück Haut aus dem Man Hautzellen (Fibroblasten) für die Forschung gewinnen kann. Das nutzen z.B. Leute die Hauttransplantate züchten, behandlungen zur Hautregeneration oder Hautkrebs untersuchen. Andere Quellen sind Hautspenden (z.B. nach extremem Gewichtsverlust) oder wenn es um Stammzellen geht Nabelschnur.
Was mich irritiert ist, daß man angeblich EGF mit Vorhautfibroblasten gewinnt? Meines Wissens - aber ich bin kein Stammzellexperte - muß man ins Wachstumsmedium solcher Zellen sogar EGF dazu geben, damit sie nicht eingehen?
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/7040423
Sind es jetzt die Zellen oder EGF mit dem behandelt wird? Außer ein par Promi-Namen und reißerischem Geschwätz von "Penis ins Gesicht" ist dem verlinkten Artikel (und diesem hier) kaum was zu entnehmen dazu.
Sicherlich sollte man sich gegen Beschneidung einsetzen! Vermutlich auch mal über die Kosmetikindustrie nachdenken und darüber wie wir gesund alt werden, statt alt zu werden und nur nicht so auszusehen... aber so wie es hier anklingt, das es da in Korea Baby-Farmen gibt um Vorhäute für amerikanische Promis zu ernten ist es sicher nicht... wie gesagt, es gibt andere Quellen sowohl für Zellen als auch für den Wachstumsfaktor, aber dann würden die Vorhäute die leider anfallen in die Verbrennung geraten.
A.S. am Permanenter Link
Zum lertzten Satz: typisch Berlin, würde ich sagen: SPD, Linke, Grüne.
Aber wo ist der Beleg? Hat das Projekt einen Namen, unter dem man es recherchieren kann?
Edward von Roy am Permanenter Link
Projekt
BB3R
[...] Etablierung alternativer und tierschonender Methoden für die präklinische Entwicklung von Arzneimitteln und Grundlagenforschung [...]
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Quelle (ebenfalls; vgl.: Berliner Kurier) vom 05.11.2015
"An der FU forschen Wissenschaftler schon intensiv zu diesem Thema. Eine wichtige Rolle spielen Ersatzmethoden für Tierversuche bereits bei Hautkrankheiten. Ein Team um Monika Schäfer-Korting, Pharmakologieprofessorin und erste Vizepräsidentin der FU, hat Krankheitsmodelle aus rekonstruiertem menschlichen Hautgewebe entwickelt. [...] Christian Zoschke gehört als Doktorand zu diesem Team. Ausgangspunkt für die Zellkulturen seien Hautstücke, die bei Operationen anfallen und von den Patienten gespendet werden, erklärte er am Mittwoch. Dafür kämen Schönheits-OPs in Frage oder Eingriffe gegen Vorhautverengung bei Jungen."
https://www.derwesten.de/panorama/forschung-ohne-tierversuche-haut-ersetzt-labormaeuse-id11255385.html
https://www.morgenpost.de/berlin/article206519971/Forschung-ohne-Tierversuche-Haut-ersetzt-Labormaeuse.html
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Die Isolation primärer humaner Keratinozyten erfolgte aus juveniler Vorhaut (Vogler et al., 2003), die bei Zirkumzisionen in kooperierenden chirurgischen Arztpraxen bzw. Kliniken anfiel.
[...] Gysler A, Lange K, Korting HC and Schäfer-Korting M (1997) Prednicarbate biotransformation in human foreskin keratinocytes and fibroblasts. Pharm Res 14:793-7.
https://refubium.fu-berlin.de/bitstream/handle/fub188/8518/Diss_Veroeffentlichung_05.01.2010.pdf?sequence=1
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Hautkrebs aus dem Labor
Doktorand Christian Zoschke arbeitet an einem Ersatzverfahren für Tierversuche
FU Berlin am 27.08.2014
[...] Basis für das Krebs-Modell im Labormaßstab sind etwa zwei Quadratzentimeter große Hautstücke, die aus Überresten von Operationen stammen. [...]
https://www.fu-berlin.de/campusleben/forschen/2014/140827_zoschke_BB3R/index.html
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Lösungen zur Isolation von NHK und NHDF aus juveniler Vorhaut
https://refubium.fu-berlin.de/bitstream/handle/fub188/9540/Dissertation_Said.pdf?sequence=1
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Human dermal microvascular ECs from neonatal foreskin [...] Human juvenile foreskin fibroblasts (FB) were isolated from residual tissue of circumcision surgery (with patient’s ethical consent and permission from Charité, Berlin, Germany [...]
[...] The authors are grateful to Sarah Hedtrich for kindly providing the dermal fibroblasts for this study. Financial support from the Berlin-Brandenburg research platform BB3R and Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Berlin,
https://pdfs.semanticscholar.org/6188/8b5be59c303cabaf0d0f5d25966759c3c9f5.pdf
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in exzidierter humaner juveniler Vorhaut (NHFS) oder adulter Humanhaut (NHS)
[...]
NHFS = normale humane juvenile Vorhaut (eng. normal human foreskin)
https://refubium.fu-berlin.de/bitstream/handle/fub188/10264/Dissertation_Lisa_Grohmann.pdf?sequence=1&isAllowed=y
Edward von Roy am Permanenter Link
Projekt • Berlin-Brandenburger Forschungsplattform BB3R
Etablierung alternativer und tierschonender Methoden für die präklinische Entwicklung von Arzneimitteln und Grundlagenforschung
https://www.bb3r.de/projekt/index.html