Umfragen zeigen:

Das Vertrauen in die Kirchen schwindet

Die Deutschen vertrauen Universitäten mehr als Kirchen, das ergab eine Forsa-Umfrage. Weltliche Vertreter sind demnach in den Augen der Befragten wesentlich vertrauenswürdiger als die Hüter ewiger Wahrheiten. In den USA schnitten Kleriker bei einer ähnlichen Umfrage des Gallup-Instituts so schlecht ab wie nie zu vor.

Das renommierte Meinungsforschungsinstitut Forsa führt die "Vertrauensfrage" seit über zehn Jahren jährlich durch. Diesmal waren RTL und ntv die Auftraggeber. Zwischen 19. Dezember und 2. Januar bat man 2.515 Menschen um ihre Meinung. Uneingeschränkter Spitzenreiter ist seit Jahren die Polizei, ihr vertrauen 78 Prozent der Bundesbürger. Darauf folgen Universitäten und Ärzte (jeweils 77 Prozent). Danach kommen mit jeweils 66 Prozent kommunale Unternehmen und der eigene Arbeitgeber. Dann nähern wir uns schon der 50-Prozent-Marke. Den Schulen vertrauen nur noch 53 Prozent der Deutschen, im Vorjahr waren es noch 63. Das Radio halten 51 Prozent für vertrauenswürdig, während die Presse gleich um zehn Prozent schlechter abschneidet und das Fernsehen gar bei nur 27 Prozent rangiert.

Auffällig sind die schlechten Ergebnisse religiöser Institutionen. Die Evangelische Kirche steht mit 38 Prozent (minus 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahr) noch am besten da, es folgen auf dem gleichen Platz der Zentralrat der Juden und der Papst (34 Prozent). Der "Vertreter Gottes auf Erden" ist damit der größte Verlierer des Jahres: Bei der Umfrage im vergangenen Jahr hatte er es noch auf 20 Prozent mehr gebracht. Dramatisch ist der Verlust auch auf längere Sicht: Bei der Vertrauensumfrage 2015, die damals der Stern in Auftrag gegeben hatte, erreichte der "Heilige Vater" sogar noch 60 Prozent – er hat seinen Vertrauenswert also innerhalb von vier Jahren fast halbiert.

Die 18-Prozent-Marke teilen sich schließlich Versicherungen, die Katholische Kirche und Banken. Dahinter folgen noch der Zentralrat der Muslime (9 Prozent) und der Islam (7 Prozent). Auch bei diesen beiden ist ein dramatischer Vertrauensverfall seit 2015 zu erkennen: Damals erreichte ersterer noch 28, letzterer 25 Prozent. Das Schlusslicht der aktuellen Umfrage bilden Werbeagenturen mit 4 Prozent.

Der Gesamttrend des RTL/n-tv-Trendbarometers zum Jahreswechsel 2018/19 ist ein breiter Vertrauensverlust auf fast allen Ebenen. Im Vergleich zum Vorjahr konnten nur Presse, Unternehmer, Versicherungen und Manager einen leichten Anstieg verzeichnen, für alle anderen ging es bergab. Forsa-Geschäftsführer Manfred Güllner führt das auf "die mühsame Regierungsbildung" und die "für die meisten nicht nachvollziehbaren Streitigkeiten in Union und Koalition" zurück, zitiert ihn die Mediengruppe RTL. Auch denkt er, dass die zahlreichen Defizite in staatlichen wie in nichtstaatlichen Institutionen dazu beitrügen, dass die Bürger deren Funktionsfähigkeit generell weniger vertrauten. Einen so flächendeckenden Abfall des Vertrauens habe es in der Geschichte dieser Umfrage noch nie gegeben.

Auffällig sind die Ergebnisse bei AfD-Anhängern. Wenig überraschend vertrauen den Medien besonders wenige von ihnen, aber auch Schulen und Evangelische Kirche schneiden in diesem Personenkreis noch schlechter ab als unter den übrigen Befragten. Bei Bundeswehr, Unternehmern, Managern und Arbeitgeberverbänden sowie Ärzten und Werbeagenturen fällt das Vertrauensverhältnis dagegen so aus wie bei den anderen Umfrageteilnehmern.

Vertrauensverlust auch in den USA

In den Vereinigten Staaten gibt es eine ganz ähnliche Befragung: Seit 1976 fragt Gallup, eine weltweit tätige Analyse- und Beratungsfirma, die US-Bürger nach Ehrlichkeit und ethischen Standards verschiedener Berufsgruppen. Diesmal beteiligten sich im Zeitraum von 3. bis 12. Dezember 1.025 Personen. Seit 17 Jahren stehen Krankenpfleger/-schwestern unangefochten auf Platz eins, diesmal mit 84 Prozent positiven Bewertungen. Auch andere Berufe aus dem medizinischen Spektrum werden hoch angesehen: So wurden Ärzte von 67 Prozent und Apotheker von 66 Prozent der Umfrageteilnehmer als (sehr) ehrlich und ethisch eingestuft. Danach folgen Highschool-Lehrer (60 Prozent) und Polizisten (54 Prozent).

Kleriker fuhren ihr schlechtestes Ehrlichkeits- und Ethikergebnis seit Beginn dieser Befragung ein. Sie erreichten lediglich 37 Prozent positive Bewertungen. 43 Prozent bewerteten ihre Standards als "durchschnittlich", 15 als (sehr) niedrig. Auch unter Katholiken (31 Prozent) und Protestanten (48 Prozent) fielen die guten Meinungen dürftig aus. Vor 1999 gehörten Geistliche regelmäßig zu den am besten bewerteten Berufsgruppen. 2002 folgte der erste Missbrauchsskandal in den USA, den das Recherche-Team "Spotlight" des Boston Globe aufgedeckt hatte. Nach einer vorübergehenden Erholung fallen die Werte seit 2012 stetig immer weiter ab. Im vergangenen Jahr füllte der Missbrauch Minderjähriger durch Priester wieder die Schlagzeilen, als das Gericht von Pennsylvania einen Bericht über Täter und Opfer in dem Bundesstaat veröffentlichte.

Die Huffington Post zitiert in ihrem Artikel zur Gallup-Studie Stephen Prothero, Professor für Amerikanische Religionen an der Universität Boston, der einen weiteren Grund für den Vertrauensverlust der Kirchen darin sieht, dass das Christentum zunehmend als eine rechte Bewegung wahrgenommen werde, die sich mehr darum kümmere, dass Menschen wie Präsident Trump gewählt würden und weniger darum, dass Seelen gerettet würden.

Journalisten landen sogar noch hinter den Geistlichen mit fast gleichen Teilen an (sehr) hoher, durchschnittlicher und (sehr) niedriger ethisch-ehrlicher Bewertung. Das ist nicht gerade herausragend, allerdings liegen die positiven Werte fast 10 Prozent höher als noch vor zwei Jahren, als Trump im Wahlkampf seinen Medienkrieg startete. Vor allem Anhänger der Demokraten bewerten laut Gallup Journalisten besonders positiv, bei den Republikanern ist es genau anders herum.

Das Schlusslicht bilden die Mitglieder des amerikanischen Kongresses. Ihnen bescheinigen 58 Prozent der befragten US-Bürger (sehr) schlechte Werte, was ihre Ehrlichkeit und ihre ethischen Standards betrifft. Nur acht Prozent bewerten sie positiv. Sogar Autoverkäufer stehen etwas besser da, zwar mit den gleichen Positiv-Bewertungen, aber nur 44 Prozent negativen.

Hier finden sie die Grafiken inklusive Erläuterungen der Umfragen von Forsa und Gallup.